Beinahe wäre Maria Solheim eine Kollegin von mir geworden: Im zarten Altern von 14 fing sie an als Freelance-Reporterin in ihrer nordnorwegischen Heimat zu arbeiten. Doch Maria hatte das Journalisten-Mikrofon nicht lange im Gepäck – bald nahm sie Mikros in Studios in die Hand und sang ihre selbst komponierten Songs. Auf Englisch: Denn schließlich wollte sie, dass die Eltern nicht wirklich so ganz verstehen, was sie damals als Teenager über die Liebe sang. Ihr Talent und ihre Beharrlichkeit sorgten schließlich dafür, dass sie mit 19 ihr Album-Debüt feiern durfte und mit der US-Singer-Songwriter-Ikone der 80er Jahre, Suzanne Vega, auf Tour in Deutschland ging. Es folgten Auftritte mit der eigenen Band bis nach Japan, mit ihrem vierten Album There Will Be Spring gelang ihr sogar der Sprung über den großen Atlantik-Teich in die USA. Kommt Zeit, kommt Tat: Neben ihrem Songwriting produzierte sie Bücher und Kunst. Sowas geht auch nicht am hochehrwürdigen Königshaus vorbei. Und so kam es, dass Maria die Ehre zuteil wurde, zur Taufe von Prinzessin Ingrid Alexandra im norwegischen Königsschloss aufzutreten. Zudem folgten viele Nominierungen und Auszeichnungen. Und nun das Album Maria Solheim Stories Of New Mornings.
Nun wissen wir, wer die junge Frau ist. Was sie musikalisch kann, zeigt Maria Solheim Stories Of New Mornings erscheint ganz wunderbar. Denn es folgt nicht den typischen Nordic-Folk-Pfaden, sondern bringt zudem weltoffene Pop- und Indie-Einflüsse schillernd-schön an die Ohren. Und Maria Solheim Stories Of New Mornings enthält die eine oder andere eindringliche Kurzgeschichte beziehungsweise Reflexion.
Oder wie erklärt Solheim ihre Musik? „“Heart Heart“ ist „ein Lied, das meine Selbsterforschung widerspiegelt. Durch die Musik und den Text fühle ich, dass ich mit der Person in Kontakt komme, die ich als Kind war. Die Person, die ich war, als ich eine Jugendliche war. Die Person, die ich jetzt bin. Die Stimme in meinem Kopf ist dieselbe. Es ist eine beruhigende Stimme.“ Dabei versucht Solheim, die Vergangenheit und die Gegenwart in den gleichen drei , vier, fünf Minuten zu erfassen. Und das klingt hier psychedelisch-spacig, fragil, getragen von wiegenden Folk-Rhyhtmen.
„The River“ betört durch seinen mysthischen Touch, der Verbundenheit mit den Elementen. Akustisch handgemacht schön in Szene gesetzt und vokal mit einem Hauch Nancy-Sinatra-Ambiente versehen. Das Stück „wurde nach meinem Umzug nach Svelvik geschrieben. In dieser kleinen, ländlichen Gemeinde ergaben sich bald drastische Änderungen.“ Als sie einmal nach Hause lief, „dachte ich darüber nach, wie unglaublich erschreckend es ist, jemanden zu mögen oder zu lieben und sich damit in eine Situation zu begeben, in der man verletzt werden könnte.“ Auf dem Weg „schaute ich auf den Fjord, in den der Drammen-Fluss mündet. Das Wasser floss an mir vorbei. „The River“ wurde geboren. Ich sang den ganzen Weg nach Hause und war all meine Sorgen in das fließende Wasser und es floss vorüber und floss … und floss …“ Das Stück war einer der ersten Songs, die sie für das Album geschrieben hatte.
„Summer Came With You“ widmet Maria ihrer jüngsten Tochter. „Als sie zur Welt kam, hatte ich eine Explosion von Songs im Kopf, es war wie wenn sie für viele meiner Gedanken die Türen geöffnet hätte, die zuvor fest verschlossen waren. Meine Familie gibt mir ein Zugehörigkeitsgefühl, das ich in meiner Jugend nicht gekannt hatte. Ich bin weniger ruhelos. Aber ich trage noch immer ein Sehnen in mir. Ein Verlangen danach, immer noch ein wenig mehr zu wachsen. Vielleicht ein wenig mehr zu verstehen. Mehr wunderbare, strahlende Morgen zu erleben.“ Ihren „Summer“ inszeniert Maria mit engelsgleicher Stimme, sonnigen Refrains, Gitarrenklängen und Latin-Touch.
In „Music And Love“ wiederum schimmert die musikalische Seele von Suzanne Vega dezent und elegant durch, „Antidote“ zeigt, dass Maria auch Kante zeigen kann – mit trashigen Gitarrensounds und einem feinen Händchen für mitreißende Pop-Melodiestrukturen. „The Search“ geht als veritabler Westcoast-Song durch und „Mornings With You“ glänzt als soulig-bluesig-Jazz-Stück.
Die feine Toningenieurskunst des Albums verleiht den Songs zudem markanten Wind unter den Noten-Flügeln: Hier stimmt ganz vieles – Klangfarbentreue, Auflösung, Raumempfinden mit Plastizität und Druck im Tieftonkeller. Insofern: Der norwegische Frühling kann kommen.
Maria Solheim Stories Of New Mornings erscheint bei Kirkelig Kulturverksted (Indigo) und ist erhältlich als Audio-CD und mp3-Download.
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