Bei Beschallung mit einem breitbandigen Signal stellt sich am Trommelfell je nach Einfallswinkel ein typisches Frequenzgangprofil des herrschenden Schalldruckpegels ein – die sogenannte “Außenohr-Übertragungsfunktion”, auf englisch: Head-Related Transfer Function (HRTF).
Der Name lässt bereits erkennen, dass der Verlauf der HRTFs deutlich von der richtungsabhängigen, akustischen Filterwirkung der Ohmuschel (Pinna) geprägt wird. Einen erheblichen Anteil am Verlauf der HRTFs bilden jedoch auch richtungsunabhängige Komponenten, vor allem die Ohrhöhlen(Concha-)- sowie die Ohrkanalresonanz. Mitbestimmend sind darüber hinaus Druckstau- und Schallbeugungseffekte am Kopf selbst sowie sekundäre Einflüsse von Schulterpartie und Torso.
Die je nach Schalleinfallswinkel typisch verlaufenden HRTFs stellen quasi eine Codierung dar, mit deren Hilfe das Gehör die räumliche Position eintreffender Schallereignisse entschlüsseln kann. HRTFs fallen dabei in allen drei Ebenen (horizontal, median, frontal) des kopfbezogenen Koordinatensystems an. (siehe Grafik).
Zur Lokalisierung wertet das Gehör jedoch nicht allein den Verlauf der HRTFs am jeweiligen Ohr, sondern auch die Intensitäts-, Laufzeit- und Klangfarbenunterschiede zwischen beiden Ohren aus.
Da die Anatomie der Ohrmuscheln bei jedem Menschen stark individuell geprägt ist, fällt auch der Verlauf der HRTFs von Person zu Person unterschiedlich aus – frequenzabhängige Abweichungen von 10 Dezibel sind dabei keine Seltenheit.
Jedoch lassen sich die einzelnen Elemente von Ohmuscheln auf mathematischem Wege hinreichend genau beschreiben, sodass durch entsprechende Synthese auch eine „generische“ Formgebung von Ohmuscheln möglich ist.

Wie nachfolgende Grafik zeigt, finden sich bei den HRTFs trotz aller individuellen Unterschiede einige markante Gemeinsamkeiten. Hier fällt besonders der ausgeprägte „Buckel“ bei etwa 2,6 Kilohertz ins Auge, verursacht durch die dicht benachbarten Resonanzen von Ohrhöhle (Concha) und Ohrkanal.
Bezeichnend darüber hinaus ist auch der anschließende, allmähliche Pegelabfall in Richtung hoher Freqeuenzen mit seinem Minimum bei etwa 10 Kilohertz: Dieser wird verursacht durch eine Reflexion an der Rückseite der Concha, die sich unter Freifeld-Bedingungen bei frontalem, horizontalem Schalleinfall ausbildet.
Um ihre Winkelabhägigkeit exakt darstellen zu können, werden HRTFs in der Regel unter reflexionsarmen Freifeld-Bedingungen ermittelt. HRTFs spielen nicht nur bei der Entzerrung von Kopfhörern eine Rolle. Vielmehr ist es mit ihrer Hilfe möglich, Schallquellen über digitales Signalprozessing bei binauraler Wiedergabe nahezu beliebig im virtuellen Raum zu platzieren.
Abschließend sei noch erwähnt, dass die richtungsabhängige Filterung durch die Ohrmuscheln nur die akustische Vorarbeit darstellt. Die eigentliche Raumwahrnehmung findet als äußerst komplexer, psychoakustischer Prozess im Hörzentrum des Gehirns statt.