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Wilson Benesch Omnium Paar
Die Wilson Benesch Omnium ist bringt die Vorzeige-technologie der Briten in einem vollkomen neuen Gehäuse. Die Sache ist faszinierend, aber mit 129.000 Euro nicht ganz billig...(Foto: Wilson Benesch)

Wilson Benesch Omnium: Nachhaltigkeits-Standlautsprecher für 130.000 Euro

Wilson Benesch. Der britische Lautsprecherspezialist lässt Kenner wegen seiner extrovertierten Lautsprecher-Skulpturen weltweit mit der Zunge schnalzen. Nur hierzulande fand die Marke bislang noch nicht den richtigen Zugang. Das dürfte sich wohl nun ändern: Die Briten kamen Vertriebs-technisch erst kürzlich bei der IAD (unter anderem: Quad, Mission, Luxman, Line Magnetic, Lumin und viele andere) unter. Doch das ist nur die zweitwichtigste Botschaft. Noch wichtiger: Die Briten haben eine neue Lautsprecher-Linie aufgelegt, die – wie alles von Wilson Bensch auch im Preis extravagant ist: Die drei Modelle kosten zwischen 25.000 Euro und 190.000 Euro. Schon das ist eine Ansage. Aber die Briten verwenden bei der neuen Serie erstmals Verbundwerkstoffe aus natürlichen Materialien. Diese wurde im Rahmen des europäischen Forschungs- und Entwicklungsprojektes SSUCHY entwickelt – und flossen prompt in die Wilson-Benesch-Entwicklung mit ein. Das erste Modell dieser Reihe kommt nun auf den Markt: die Wilson Benesch Omnium.

Das Besondere an der Wilson Benesch Omnium

Der erste Blick auf die Omnium zeigt offenbar kaum Neues: Mit einem Fibonacci Hybrid Hochtöner, drei Tactic 3.0 Tiefmittelton-Chassis und drei Isobaric Drive Tiefbass-Systemen stammen die Schlüsseltechnologien der Omnium direkt aus dem Wilson Benesch Flaggschiff Eminence. Allerdings besteht das Gehäuse, im PR-Sprech A.C.T. Monocoque Rahmen genannt, erstmals aus vollständig erneuerbaren Materialien. Die Briten halten sich zugute, dass sie seit jeher auf Nachhaltigkeit ausgerichtet wären. Dabei drängte sich das neue, in Zusammenarbeit mit dem europäischen SSUCHY Projekt entwickelte Bio-Composite-Material direkt au, zumal es auch akustische herausragende Eigenschaften haben soll: angeblich ist der neue A.C.T. 3Zero Rahmen um ein Vielfaches fester als seine Vorgänger.

Zum SSUCHY Projekt: Das Ganze wurde im Jahr 2017 ins Leben gerufen, um die Entwicklung innovativer und nachhaltiger Werkstoffe aus Pflanzenfasern und Biopolymeren voranzutreiben – auch, um damit die Abhängigkeit von fossilen Ressourcen zu überwinden. Das „Sustainable Structural & Multifunctional Bicomposites from Hybrid Natural Fibres & Bio-Based Polymers“ Konsortium setzt sich aus 13 Universitäten, verschiedenen Blue-Chip-Konzernen und vier mittelständischen Unternehmen zusammen – eines davon der britische High-End-Hersteller Wilson Benesch. Durch eine EU-Förderung in Höhe von 7,4 Millionen Euro war SSUCHY in der Lage, Forschungskapazitäten zu bündeln und Ergebnisse zu erreichen, für die ein einzelnes Unternehmen Jahrzehnte gebraucht hätte. Und eines der Resultate aus dieser Forschung ist der Verbundwerkstoff des neuen A.C.T. 3Zero Monocoque-Rahmens.

Wilson Benesch Omnium Deckel
Ein Großteil des Omnium-Gehäuses besteht aus dem neuen Komposit-Material. So auch der „Stealth“-Deckel, der nach vielen Forschungsrunden seine schräge Stellung erhielt: klingt besser (Foto: Wilson Benesch)

Natürlich reicht es nicht, einen neuen Werkstoff einzuführen: Finite-Elemente-Analysen halfen dabei, die Fließ-Eigenschaften der Harze zu optimieren und den Fertigungsprozess effizienter zu gestalten. Dies gewährleistet nicht nur eine äußerst gleichmäßige Materialstruktur, sondern spart darüber hinaus im Vergleich zu vorherigen Herstellungsmethoden bis zu 50 Prozent Energie ein. Craig Milnes, Design Director bei Wilson Benesch, zeigt sich begeistert: „Auch wenn Nachhaltigkeit bereits seit einigen Jahren ein zentraler Bestandteil unserer Unternehmenskultur ist, können die Ergebnisse des SSUCHY Projektes als revolutionär bezeichnet werden. Das SSUCHY Projektteam hat nicht nur die festgelegten Ziele erreicht, sondern war darüber hinaus in der Lage, in kürzester Zeit marktreife Erzeugnisse zu erschaffen.“

Nachhaltig mag das neue Material ja sein. Der Lautsprecher selbst ist wohl vor allem deshalb nachhaltig, weil niemand einen so teuren Lautsprecher wegwerfen will. Denn viele Punkte würde ich nicht unter „Nachhaltigkeit“ verorten. Da ist vor allem der 38 Kilo schwere, aus dem Vollen gedrehte Aluminiumfuß, der die kinetische Energie clever abfließen lassen soll, dafür aber vorher ganz schön viel Energie frisst…

Wilson Benesch Omnium Fuß
Der Fuß ist ein als dem Vollen gedrehter, 38 Kilo Alu-Block, der durch Form und Ausrichtung die kinetische Energie effizient abführen will (Foto: Wilson Benesch)

Eine Besonderheit ist sicherlich der Mittenbereich, der aus nicht weniger als drei Mitteltönern besteht, die alle unterschiedliche Aufgaben haben. Und dann ist da noch der so genannte Tactic 3.0 Tiefmitteltöner. Seine spezielle Polyporopylen-Membran gewährleistet einen mechanischen Roll-off bei vier Kilohertz, so dass das Tactic 3.0 Chassis ganz ohne elektronische Weichenbauteile direkt an den Verstärker gekoppelt werden kann: quasi ein Aktivzweig in einer Passivbox.

Ebenfalls bekannt, aber immer noch absolut überzeugend ist der Tieftonbereich, bestehend aus drei Paar zusammengeschalteter 17 cm Tieftöner, die Membran an Membran arbeiten. Das ist zwar teuer, aber man kann sich so quasi den ideellen Bass zusammenstellen: die Membranfläche addiert sich mit der Masse der eingeschlossenen Luft.

Wilson Benesch Omnium Tiefton
Man sieht nur die Hälfte der Tieftöner. Die anderen drei sitzen inwandig mit ihrer Membran nach vorn. So entsteht ein Push/Push Compound-System, von Wilson Bensch „Isobarik“ genannt (Foto: Wilson Benesch)

So oder so: Bei Wilson Benesch kommet immer sehr viel High Tech mit verwegenen Ideen zusammen. Schon dass die extravaganten Schallwandler jetzt wahrscheinlich öfter mal wieder zu hören sein werden. Womöglich auf der HIGH END 2022?

Preis und Verfügbarkeit

Die Wilson Benesch Omnium ist nach Rücksprache bei den Händlern HiFi Bamberg und Raum+Ton in Fulda erhältlich. Die unverbindliche Preisempfehlung für das Lautsprecherpaar beträgt 129.000,00 Euro. Weitere Informationen unter www.wilson-benesch.de/omnium

Die technischen Daten

Wilson Benesch Omnium
Technisches Konzept:Mehrwege-Standbox mit Compound-Bass und Kunststoff-Gehäuse
Bestückung:HT: 1 x 25 mm, MT: 3 x 17 cm, TT: 6 x 17 cm
Bandbreite:28 – 30.000 Herz (+/- 2dB)
Mind. empf. Verstärkerleistung:2 x 100 Watt an 4 Ohm
Besonderheiten:organisch geformtes Gehäuse aus Komposit-Material, zweiteilig
Abmessungen (B xH x T (Fuss):28,0 (59,0) x 180,2 x 28,0 (63,0)
Gewicht:140 Kilo
Alle technischen Daten

Autor: Holger Biermann

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Chefredakteur mit Faible für feinste Lautsprecher- und Verstärkertechnik, guten Wein und Reisen: aus seiner Feder stammen auch die meisten Messe- und Händler-Reports.