Hätten Sie’s gewusst? Deutschland ist Europas Chip-Hochburg. Im Jahr 2020 exportierten wir für 12,8 Milliarden US-Dollar integrierte Schaltkreise. Klingt gut, ist jedoch nichts im Vergleich zu Asien. China, Taiwan und Hongkong zusammen kamen im selben Jahr auf einen Exporthandelswert von 394 Milliarden US-Dollar. Europa muss also im Bereich der Chip-Produktion aufholen und selbstständiger werden. Dass man das ernst nimmt, demonstrierte jüngst erst das Wirtschaftsministerium, in dem es den Verkauf der Elmos‘ Fab in Dortmund an ein chinesisches Unternehmen untersagte.
Eine nicht ganz unumstrittene Entscheidung, denn dort werden recht betagte Chips für die Automobilindustrie im 350-Nanometer-Fertigungsprozess produziert. Weniger beachtet wurde auch eine weitere chinesische Investition gestoppt, die in den bayerischen Zulieferer ERS Electronic. Das Unternehmen hat sich auf Technologie für Wafer-Tests spezialisiert und produziert neben Germering bei München auch an den Standorten Dallas (USA) und Shanghai (China).
Die vergangenen zwei Jahre haben die Abhängigkeit von Asien deutlich gemacht, denn wegen Pandemie-bedingter Lockdowns (oder wenn statt Halbleitern FFP2-Masken produziert werden müssen), bekam die Weltwirtschaft Schluckauf. Dem soll nun einerseits mit dem Stopp des Verkaufs von wichtigen Industriebetrieben im Segment der Halbleiter begegnet werden, andererseits mit einem größeren Investment in die Chipproduktion. Dazu wurde Ende 2021 der „European Chips-Act“ vorgestellt. Dieser beinhaltet unter anderem die Förderung der europäischen Chip-Produktion mit einem Budget von 145 Milliarden Euro. Zudem soll ein sogenannter „Chips-Fond“ mit einem Kapital von zwei Milliarden Euro entstehen, der Start-Ups und Scale-Ups in Sachen Chip-Produktion fördern soll. Hier klinken sich aktuell der Verband der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) und der Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE) ein. Gemeinsam begrüßt man die Investitionsbemühungen der EU, wünscht sich jedoch weitere Mittel.
„Der EU Chips Act ist von hoher Bedeutung, denn der Mikroelektronikindustrie kommt in Deutschland und Europa eine essenzielle Rolle zu, weil sie die in der Lieferkette nachgeschalteten Anwenderindustrien versorgt“, so ZVEI-Präsident Dr. Gunther Kegel in einer Pressemitteilung. Er schränkt jedoch ein: „Im internationalen Wettbewerb können wir nur bestehen, wenn wir wichtige europäische Industrieprojekte mit hohem Einsatz umsetzen.“
Soll heißen: „Standortnachteile im Bereich der Ansiedlungs- und Betriebskosten, des Wettbewerbsrechts und der Besteuerung müssten abgebaut werden“ – so ZVEI in seiner Presseaussendung. Tatsächlich könnte es zum Beispiel etwas für das technologische Vorzeigebundesland Bayern schwieriger werden, weil die Energieversorgung nicht gewährleistet werden kann. Mittlerweile ist der Freistaat vom Stromexporteur zum Stromimporteur geworden. Standorte in Norddeutschland mit einem hohen Anteil an regenerativer Energieproduktion gewinnen nun bei moderner Industrieansiedlung.
So soll in Heide (Schleswig-Holstein) eine Batteriezellenfertigung für die E-Mobilität mit einem Investitionsvermögen von 4,5 Milliarden Euro gebaut werden. Bis zu 3000 Arbeitsplätze könnten entstehen. Doch die Amerikaner mit ihrer starken Förderpolitik könnten das Projekt derzeit noch zu Fall bringen. Sie locken mit finazieller Unterstützung von bis zu 800 Millionen Euro, Schleswig-Holstein will 150 Millionen einbringen. Da passt das Zitat von VDE-Präsident Dr. Armin Schnettler: „Europa braucht einen diskriminierungsfreien und krisenfesten Zugang zu den weltweiten Lösungen der Mikroelektronik, um technologisch souverän bleiben zu können.“