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Black Rebel Motorcycle Club Wrong Creatures
Black Rebel Motorcycle Club: Das Trio aus San Francisco spielt auf Wrong Creatures einen psychedelisch-struppigen Rocksound, so retroesk und schnörkellos wie eine schwarze Bikerjacke – und genauso klassisch-zeitlos

Black Rebel Motorcycle Club Wrong Creatures – CD der Woche 03

Abgehärtet durch manche Rückschläge, hat sich der Black Rebel Motorcycle Club aus San Francisco zu einer selbstbewussten Indie-Noise-Psychedelic-Rock-Formation entwickelt, die nur noch auf sich selbst hört und auf oberflächlichen Ruhm und falsche Freunde pfeift. Auf seinem siebten Album, Black Rebel Motorcycle Club Wrong Creatures, präsentiert das Trio nun klassische alternative Saitensounds ohne jedes modische Beiwerk: musikalischer Real Stuff, so cool und zeitlos wie eine schwarze Motorradjacke.

Dass es diese Band noch gibt, ist ein kleines Wunder. Nur kurz wurde der Black Rebel Motorcycle Club (BRMC) nach seiner Startphase im Jahr 1998 als willkommene Bereicherung der Alternative-, Indie- Noise- und Garagenrockszene geliebt.

Später taten sich ihre Geschäftspartner oft schwer mit der Musik von Peter Hayes, Robert Levon Been und Schlagzeugerin Leah Shapiro – ein Label droppte das Trio aus San Francisco gar komplett. Da könnte man schon mal die Flinte ins Korn werfen.

Aber der BRMC biss sich auch durch etwas zähere Zeiten, ehe das Leben 2014 den nächsten großen Rückschlag für die Band bereithielt: Leah Shapiro musste sich einer Hirnoperation unterziehen. Sie war an einer Chiari-Malformation erkrankt; einer Verschiebung von Teilen des Kleinhirns, die schwere Balance- und Koordinationsstörungen verursacht. Ausgang: ungewiss.

Black Rebel Motorcycle Club Wrong Creratures
Ob’s die auch in Farbe und in Geschmacksrichtung „süß“ gibt? Klares Nein: Der Black Rebel Motorcycle Club macht seinem Namen auch mit seinem siebten regulären Album alle Ehre

Vier Jahre später: Shapiro hat ihre Operation (finanziert übrigens in weiten Teilen durch Spenden von Fans der Band) bestens überstanden und drischt mit unverminderter Vehemenz und Kompromisslosigkeit auf ihr Drumset ein.

Und der BRMC spielt noch immer diesen ganz eigenen, trockenen Rocksound, der in der Musikszene seinesgleichen sucht: Noisig und psychedelisch ist dieser von doppeltem Gitarren-/Bassspiel befeuerte Sound amerikanischer Herkunft, zieht bisweilen aber auch verträumt und in der Nähe britischer Shoegaze-Bands seine Kreise – als hätten sich Jesus & Mary Chain, die Stooges und Slowdive für ein gemeinsames neues Projekt zusammengetan.

In der Vergangenheit driftete dieser Sound mal Richtung Bluesrock, mal Richtung Folk weg; auf Black Rebel Motorcycle Club Wrong Creatures bleibt er überwiegend bei einem garagigen Rockgestus, der so zeitlos wirkt wie die klassische schwarze Motorradjacke.

Man nehme nur das reduzierte, auf ein, zwei Riffs aufbauende aber dampfwalzenartig intensive „Spook“ und das schön struppige „King Of Bones“: zwei Saitenrocksongs, die stoisch ihre Bahnen ziehen, um in Refrain und Instrumentalmittelteil mächtig aufzubrausen.

Black Rebel Motorcycle Club Wrong Creatures Logo
Das Logo der BMRC

Bei Black Rebel Motorcycle Club Wrong Creatures mischt sich ein Hauch jener Geisteshaltung der einstigen „Generation X“ in den Sound, der einst Genres wie Grunge oder Stoner-Rock hervorbrachte.

Hayes erledigt den Job am Mikrofon dabei mit einer Coolness, als wäre er der Enkel von Lou Reed, alles wirkt gelassen und kontrolliert – aber unter der Oberfläche ist diese Musik so wach und aktionsbereit wie ein Tiger auf dem Sprung, schaltet von einem Takt zum nächsten von lässigem musikalischem Slackertum auf Fiebrigkeit und Angriffslust um.

Die Stücke auf Black Rebel Motorcyle Club Wrong Creatures

Auch „Echo“, das mit einem Onkel-Lou-/Velvet-Underground-Gedächtnisbass Marke „Walk On The Wild Side“ eröffnet, untermauert nachdrücklich das Faible des BRMC für Sixties-/Seventies-Sounds. Und die musikalische Klasse des BRMC, der diesen Track dann in fast Dreamrock-artige Sphären abheben lässt.

Dass Hayes mit seinem hellen Jungmänner-Organ stimmlich eineinhalb Oktaven oberhalb des späten Reed agiert (natürlich auch altersbedingt), tut dem keinen Abbruch. Und noch aus einer zweiten Quelle speist sich Black Rebel Motorcycle Club Wrong Creatures: Immer mal wieder („Circus Bazooko“) schimmert der psychedelische Kosmos der Doors in dieser Musik auf.

In Tracks wie dem sechseinhalbminütigen Saitengewitter „Ninth Configuration“ und dem punkigen, 3:18 kurzen Quickie „Little Thing Gone Wild“ kommt dann eine schöne Portion Premium-Lärm ins Spiel, die Black Rebel Motorcycle Club Wrong Creatures weit weg von der üblichen Standardware für die Indiedisco rückt.

Am anderen Ende der Dynamikskala angesiedelt und der große Kontrastpunkt in diesem Album: die dunkle Ballade „Haunt“, die Twin-Peaks-Zwielichtigkeit und einen Hauch von Nick Cave’schem Existenzialismus zusammenbringt.

Alles zusammen ergibt eine Disc, die jeden Anflug von konsensorientierter Freundlichkeit mit nur noch selten zu hörender Vehemenz aus den Rillen fegt. Wem der Sinn nach einer großen Koalition aus Pop und Rock steht, der muss jedenfalls woanders suchen. Der BRMC präsentiert sich auch anno 2018 noch als glaubwürdige musikalische Oppositionskapelle – gut so.

Black Rebel Motorcycle Club Wrong Creatures Cover

Black Rebel Motorcycle Club Wrong Creatures erscheint bei PIAS im Vertrieb von Rough Trade und ist erhältlich als CD, Doppel-LP + Download-Code und als MP3-Download.

Black Rebel Motorcycle Club Wrong Creatures
2018/01
Test-Ergebnis: 3,8
GUT
Bewertungen
Musik
Klang
Repertoirewert

Gesamt

Autor: Christof Hammer

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Seit vielen Jahrzehnten Musikredakteur mit dem Näschen für das Besondere, aber mit dem ausgewiesenen Schwerpunkt Elektro-Pop.