de
Klaus Dotter
Eines der letzten Bilder: Klaus Dotter, umtriebiger Lautsprecherentwickler alter Schule, starb Anfang Februar 2019

Der Lautsprecher-Charmeur: Nachruf auf Klaus Dotter

In den letzten Jahren war es still um ihn geworden. Klaus Dotter, Lautsprecherentwickler von ATL, von Braun, von Canton und zuletzt bei Sony erlitt 2012 einen Schlaganfall und war seitdem an den Rollstuhl gebunden. Er nahm es mit dem ihm eigenen Unernst: den Schalk hatte er immer im Nacken – oder doch zumindest im zwinkernden Auge. Und charmant war er, der Klaus. So charmant, dass er glatt hätte als Wiener Bohème durchgehen können. Und manchmal kokettierte er auch ein bisschen damit…

Der geborene Franke startete 1969 als Entwicklungs-Ingenieur bei der SEL (Standard Elektrik Lorenz), als die sich noch um HiFi und Beschallung kümmerte. 1975 ging er für sechs Jahre zu Braun, von dort aus zu Canton und von 1989 bis 1992 zu ATL, die damals in Puchheim bei Köln zu Hause war. Überall setzte er akustische Ausrufezeichen, weil er – anders als damals im Trend – nicht nur messen und rechnen wollte, sondern seine Entwicklungen vor allem über das Hören zum größtmöglichen Wohlklang brachte. Was ihm gelang. Und doch blieb ihm in Deutschland die letzte Anerkennung verwehrt.

Die bekam er dann, als er 1992 zu Sony wechselte. Er brachte die Japaner dazu, wieder große Lautsprecher zu bauen, bewies aber auch sein besonderes Gespür für die günstigen Boxen, die Sony für ihre kleinen Kompaktanlagen brauchte. Und die Japaner verehrten ihn. „Dotter San“ war für sie die fleischgewordene europäische Musikkultur. Nicht nur, weil Klaus Dotter stets ein so feines Händchen bei der Entwicklung hatte, sondern weil er auch ein exzellenter Klavierspieler war und sehr viel mehr über Harmonien und Harmoniefolgen wusste als fast alle seine Kollegen weltweit.

In meiner Erinnerung war das immer das größte Bild: Wenn Klaus mit wehendem weißen Seidenschal durch die Gänge oder Hallen schritt und die Sony-Japaner ihm in huldvoller Haltung und Abstand nachfolgten.

Klaus Dotter Fellbach
Der weiße Schal war sein Markenzeichen: Klaus Dotter (links) im Rahmen seiner Mitarbeiter

Für sie war dieser Klaus Dotter der Größte. Obwohl Sony mit der Schließung der Dependance in Fellbach auch ihn nicht weiterbeschäftigte, blieben ihm seine japanischen Mitarbeiter eng verbunden. Und so veranstalteten sie am 09.02.2019, am Tag seiner Beerdigung, eine rührende Abschiedsfeier. Eine Ehre, die wahrscheinlich keinem anderen Europäer jemals zuteilwurde.

Abschiedsfeier für Klaus Dotter
Am Tag seiner Beerdigung fand in Tokyo eine Abschiedsfeier statt. Eine tiefe Verbeugung der Sony-Mitarbeiter vor einem, der viel bewegte und immer das Herz am rechten Fleck hatte

Autor: Holger Biermann

Avatar-Foto
Chefredakteur mit Faible für feinste Lautsprecher- und Verstärkertechnik, guten Wein und Reisen: aus seiner Feder stammen auch die meisten Messe- und Händler-Reports.