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IPS 2022
Die IPS (International Parts &+ Supply) fand parallel zu HIGH END 2022 statt. Ein Besuch bei Firmen, die im Hintergrund arbeiten, ohne die aber echtes High End gar nicht möglich wäre

HIGH END 2022: im Kosmos der Zulieferer-Messe IPS 2022

Ganz im Westen des M.O.C. (Munich Order Center), fernab der Publikumsmagneten der HIGH END 2022, wartete dieses Jahr das eigentliche Abenteuer, das der Zulieferer, Software-Entwickler und anderer, die nicht in die Hallen der Gerätehersteller passten. IPS – International Parts + Supply nannte sich das Ganze, das erstmals unter dem Dach der HIGH END sein eigenes Areal bekam. Eine Stippvisite in die Welt der Zulieferer.

Links am elektrifizierten DeLoran vorbei, bis es nicht mehr weitergeht, kommt gleich zur Rechten die Halle 1. Schon beim Eintritt fällt auf, dass es dort besinnlicher zugeht. Für eine Messe, die sich der Wiedergabe von Musik verschrieben hat, ist es sogar ausgesprochen ruhig. Die üblichen Kugelschreiber-, Textiltaschen- und Aufkleberjäger verirren sich zumindest kaum hierher. Die Stände der Aussteller sind eher klein, die jeweiligen Repräsentanten vielfach in ihre Tablet-PCs oder Smartphones vertieft.

Catawiki auf der IPS 2022: Rares für viel Bares

Der erste Stand passt eigentlich gar nicht zu einer Bauteile-Messe, sondern gehört – wie geil ist das denn? – zu einem originellen Auktionshaus. Und so ist auch die Standbesatzung in Form von Ariel Cabello für die IPS ungewöhnlich aktiv, tritt am Stand auf mich zu und fragt in Spanisch gefärbtem Englisch: „Do you know Catawiki?“. Ich verneine, was ihn anspornt, mich aufzuklären: „Catawiki ist ein Internet-Aktionshaus für Sammler.“ So lerne ich, dass die Plattform seit 2008 im Netz ist und sich auf Seltenes und Teures beschränkt. Rares für viel Bares, sozusagen. Da passt eine Messe, wie die High-End ganz gut ins Bild.

Pioneer SX-737
Der Pioneer SX-737 bei Catawiki. Im Moment steht die Auktion bei 180 Euro (Foto: Catawiki)

Der Stand ist dementsprechend mit Unikaten geschmückt, die des Sammlers Herz höherschlagen lassen und die stets irgendetwas mit Musik zu tun haben. Wenn auch vereinzelt im weitesten Sinne. Etwa der handgeschriebene und gerahmte Vers von Rammstein-Frontmann Till Lindemann aus dem Song „Wollt ihr das Bett in Flammen sehen?“. Ein Original, wie alles hier auf dem Stand, wie mir Cabello versichert. Oder die E-Gitarre aus dem Besitz der Schwedisch-Norwegischen Crossover-Band „Clawfinger“,

Clawfinger Gitarre
Eine Gibson Les Paul aus Clawfinger-Bestand schmückte ebenfalls den Catawiki-Stand (Foto: A. Weber)

Oder der „Sargsummer“, ein Röhren-Gitarrenverstärker im Design eines Kindersargs. Morbid, zugegeben, aber eben ein seltenes Original, darauf kann man sich bei Catawiki verlassen. Die Plattform ernennt zur Prüfung „Experten“, die die Exponate auf ihre Authentizität hin abklopfen. Ariel Cabello etwa ist Catawiki-Experte für Audio. Besonders Seltenes und Teures schaut er sich dann auch schon mal direkt vor Ort an.

Sargsummer
Der Sargsummer ist ein Gitarren-Röhren-Verstärker, der den Stand von Catawiki auf der HIGH END 2022 zierte (Foto: A. Weber)

Etwa das Beolit(e) 39 von Bang & Olufsen, das ein dänischer Sammler eingestellt hat, eine Art „Blaue Mauritius“ unter den Röhrenradios. Startgebot: 50 Euro. „Das ist ein Entwurf von Peter Bang und eines der ersten Radios ganz aus Bakelit“, erklärt der Catawiki-Mann. Zudem weist er auf die Besonderheit der Modellbezeichnung „Beolite 39“ hin. Der zu Weihnachten 1939 vorgestellte Empfänger weist einen Schreibfehler beziehungsweise Druckfehler auf, eigentlich sollte „Beolit 39“ draufstehen.

Dumm gelaufen, die ersten Geräte waren bereits hergestellt und verkauft, bevor der Irrtum korrigiert werden konnte. Heute sind diese wenigen Exemplare – logisch – begehrte Sammlerstücke. Zum Schluss erzielt der Anbieter 2.900 Euro für das alte Röhrenradio. Weniger als vom Experten geschätzt, der setzte die Marke bei 4.500 Euro. Durchaus nachvollziehbar, bei einer Online-Auktion in Großbritannien wurden für ein Modell in vergleichbarem Zustand schon mehr als 6.000 £ aufgerufen. Ein sichere Anlage ist das Beolite 39 aber allemal, denn billiger wird es kaum werden.

Beolit(e) 39
Catawiki: Das Beolit(e) 39 von B&O fand für 2900 Euro einen neuen Liebhaber (Screenshot: A. Weber)

Loudsoft: Sehen, was Sie hören

Nur ein paar Schritte weiter hat Loudsoft seinen winzigen Stand auf der HIGH END 2022 in Halle 1 aufgebaut. Dabei ist das dänische Unternehmen ganz und gar kein Zwerg und Firmeninhaber und Gründer von Loudsoft in der Branche auch keine unbekannte Größe. Peter Larsen kann auf eine äußerst erfolgreiche Karriere in der Erforschung und Konstruktion von Lautsprechern blicken, seit 1974 ist er in der Branche aktiv. So arbeitete er für SEAS, war Chefingenieur bei Vifa-Speak und für Dynaudio tätig.

Die Liste seiner Kunden und Auftraggeber bei Loudsoft lässt kaum eine bekannte Marke aus. Genannt seien hier etwa JBL, Dolby, Panasonic, Sony, Samsung oder Yamaha. Auch Standnachbar Dr. Kurt Müller ist dabei. Was also macht Loudsoft, dass selbst die Elektronikriesen so scharf auf das Knowhow von Peter Larsens Company sind?

Peter Larsen, Loudsoft
Sehen Sie, was Sie hören: Peter Larsen von Loudsoft aus Dänemark (Foto: A. Weber)

Die Dänen sind einer der führenden Anbieter von verschiedenster Diagnosesoftware für Lautsprecher. Ähnlich dem Messsystem für Lautsprecherchassis von Wolfgang Klippel, das bei LowBeats immer wieder mal lobend Erwähnung findet, hilft die Software von Loudsoft den Herstellern bei der Abstimmung auf das gewünschte Klangverhalten ihrer Lautsprecher. Wobei Larsen es sich nicht nehmen lässt, zu erwähnen, dass er seine Anwendungen für besser hält. Diese These lässt sich vor Ort nicht überprüfen…

Über das Testsystem „Fine QC“ sagen die Kunden, dass sie mit dessen Hilfe sehen, was sie hören. Aufwändige Hörtests können dadurch, so Larsen, entfallen. Nachvollziehbar, denn das spart Zeit und Geld. Das Versprechen der Dänen: „FINE QC beinhaltet die effektive selbstlernende Rub & Buzz-Methode FINEBuzz, die sich bei mehreren Kunden als die beste in der Branche erwiesen hat, da sie den menschlichen Test ersetzt. FINE QC führt einen kompletten Test einschließlich Rub & Buzz in 0,5-1 Sekunden durch.“ Jürgen Schröder, Toningenieur und Mess-Leiter bei LowBeats, hat jedenfalls schon Interesse angemeldet und will die eine oder andere Software aus dem Hause Loudsoft unter die Lupe nehmen.

Fischer Elektronik: „Wir können immer liefern“

Ein weiteres deutsches mittelständisches Unternehmen, das seine Produkte auf der HIGH END 2022 in Halle 1 präsentiert, ist „Fischer Elektronik“. Fischer stellt Gehäuse, Kühlkörper, Steckverbinder und Wärmeleitmaterial her und Entwicklungsleiter Jürgen Harpain lässt es sich nicht nehmen, prominente Kunden aufzuzählen, etwa AVM, Burmester oder ASR.

Nachvollziehbar, schließlich handelt es sich dabei um die Crème de la Crème des deutschen HiFi. Seit 1968 produziert Fischer in Lüdenscheidt und blieb, ähnlich wie Dr. Müller, bei seinen Leisten. Lieferschwierigkeiten? Gewinnend schüttelt der Diplom-Physiker Harpain den Kopf: „Wir können immer liefern.“ Zwar gibt er zu, dass es im Bereich Aluminium zu Preisanpassungen kommen musste, doch sei Fischer stets in der Lage kleine, als auch große Mengen zu liefern. „Auch wer nur ein, oder zwei Gehäuse benötigt, wird von uns bedient“, so Harpain.

Was vielleicht auch daran liegt, dass die Lüdenscheidter eine eigene Lagerwirtschaft betreiben und somit Lieferengpässe ausgleichen können. In den Hochzeiten der Corona-Pandemie hat Fischer-Elektronik zudem Komponenten für Beatmungsgeräte hergestellt. Ein Unternehmen mit Verantwortung also. 400 Mitarbeiter zählt Fischer und setzt im Jahr über 48 Millionen Euro um. Ob Eloxieren, verzinnen, vergolden, kühlen, schützen oder verbinden – Fischer kann das. Klar ginge das auch woanders sicherlich billiger, aber „Made in Germany“ steht doch noch immer für eine extrem hohe Qualität. Die Chinesen jedenfalls ziehen es der Qualität aus dem eigenen Land vor…

Wenn Sie also im kommenden Jahr über die High-End schlendern, statten Sie doch auch mal Fischer Elektronik, Loudsoft und all den Firmen und den klugen Köpfen, die dahinter stecken einmal einen Besuch ab. Es lohnt sich, denn erst hier bekommt man eine Idee der Qualität und der klugen Detaillösungen, die High-End-Komponenten von heute ausmachen…

Autor: Andrew Weber