Schon seit 17 Jahren – also einer halben Ewigkeit – mischen die Junior Boys die Elektropop-Szene auf. Die Säulen ihres Sounds: hier der songorientierte, weiße Synthiepop der 1980er-Jahre, dort der rhythmuslastige Techno-House, mit dem ein Jahrzehnt später schwarze DJs von Chicago oder Detroit aus die Dancefloors eroberten. Die Räume dazwischen füllen die Masterminds Jeremy Greenspan und Matt Didemus gern mit allerlei Genres von Dubstep über Ambient bis Industrial – und skizzieren so eine Blaupause für aktuelle Digitalmusik, die den Zwang zu Hipstertum bestechend souverän ignoriert. Während viele Kollegen einen hysterischen Hang zur „Trendyness“ offenbaren und dabei in permanentem Aktionismus einen Effekt nach dem anderen auf das Ohr des Hörers abfeuern, verkörpern die beiden Knöpfchendreher aus dem kanadischen Hamilton (einem 500.000-Einwohner starken City-Langweiler im Bundesstaat Ontario) quasi das Gegenkonzept. Ja, die Musik von Big Black Coat ist modern, aber sie ist zugleich auch zeitlos. Sie ist stilistisch klar zu verorten, aber was die Soundästhetik betrifft, könnte dieses Album im Jahre 2001 ebenso aufgenommen worden sein wie 2008 oder eben 2016. Big Black Coat besticht denn auch weder als reines Groove-Monster noch als Kompendium herausragender Kompositionen, sondern bezieht seinen Reiz vor allem aus ungewöhnlichen Strukturen. Jedes der elf Stücke ist Song und Track zugleich, Breaks und Rhythmusverschiebungen sorgen für Transformationen und Bewegung. So entsteht eine formvollendete Klangkulisse aus dezent technoider Elektronik, streng getakteten Beats und der ins Falsett hinaufkletternden Stimme von Greenspan, inszeniert als wunderbar kontemplativen Gleitflug zwischen Nacht und Tag und von einer eleganten, urbanen Melancholie durchdrungen.
Autor: Max Worthmann
Bewertung
KlangMusikGesamt |
Big Black Boat (City Slang; Vertrieb: Universal) | |
Erhältlich als LP, CD und Download | |