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Marcus King Live
Marcus King ist nich jung und doch schon einer der Götter des Southern Rock. Nun erscheint sein Debüt „Soul Insight“ erstmals offiziell auch außerhalb der USA – für Schwarzgold-Fans auch als Doppel-LP auf leckerem 180-Gramm-Vinyl (Foto: Universal)

Marcus King Band Soul Insight – das Album der Woche

Im Oktober 2015 veröffentliche der damals gerade mal 19 Jahre junge Marcus King des Debütalbum seiner zwei Jahre zuvor gegründeten Marcus King Band. Seither hat sich der Blues-Youngster aus South Carolina zum Top-Act der Szene empor gespielt und tüchtig nachgelegt: Der eponyme Zweitling von 2016, das dritte Werk „Carolina Confessions“ (2018) oder sein Solodebüt „El Dorado“ (2020) dürften bei vielen Zwölftakt-Fans im Plattenschrank oder auf Festplatte lagern. Doch ausgerechnet das Erstlingswerk „Soul Insight“ war jahrelang nur als Importscheibe zu haben. Nun erscheint dieser furiose erste Karrierecoup eines Hochbegabten erstmals offiziell auch außerhalb der USA – für Schwarzgold-Freunde auch als Doppel-LP-Schmankerl auf 180-Gramm-Vinyl. Im Nachhinein adeln wir deshalb Marcus King Band Soul Insight zum Album der Woche.

Warren Haynes wusste es schon von Anfang an. „Es gibt da einen jungen Gitarristen und Sänger aus South Carolina, Marcus King sein Name“, verriet er im Sommer 2015 dem amerikanischen Rolling Stone. „Der Typ wirbelt gerade eine Menge Staub auf, und ganz ehrlich: Ich glaube, sein Potenzial ist fast unendlich.“ Ein paar Monate später durfte sich Haynes (als Chef der großartigen Gov’t Mule sowie als Mitglied der aktuellen Formation der Allman Brothers sowie der Grateful-Dead-Revival-Band The Dead quasi die Ikone des Southern-Rock) bestätigt fühlen: Am 30. Oktober betrat der seinerzeit gerade mal 19 Jahre alte Youngster aus Greenville mit einem fulminanten Debüt die Szene. Und wo wurde „Soul Insight“ im Original wohl veröffentlich? Richtig: auf Warren Haynes‘ eigenem Label namens Evil Teen Records natürlich …

Marcus King Live
Flinkfinger mit enormem Charisma: Marcus King begeistert als virtuoser Gitarrist ebenso wie als seelenvoller Sänger und Performer. Sein Repertoire umfasst beherzt elektrifizierte Zwölftakter und akustisch-countryeske Songs ebenso wie Soul, Funk und Jazz. Alles zusammen bündelte er 2015 zu einem Southern-Rock-Album der Extraklasse (Foto: Universal)

Damals wie heute zu bestaunen: ein Blues-Man durch und durch und ein Gitarrero der Extraklasse. „Ich glaube, ich wusste, dass ich zum Gitarrenspielen geboren war, als ich sieben war“, sagt King. „Damals bekam ich meine erste E-Gitarre, und während alle anderen Kinder draußen spielten, war ich drinnen an der Gitarre. Wenn ich in der Schule Ärger bekam, sagte mein Vater, ich könne wählen zwischen einer Tracht Prügel und dem Wegnehmen meiner Gitarre für eine Woche. Ich nahm die Tracht Prügel.“

Jenseits schulischer Auffälligkeiten oder den üblichen pädagogischen Verwerfungen zwischen Vater und Sohn funkten die beiden Kings allerdings auf derselben Wellenlänge – schließlich war Daddy Marvin selbst als Bluesmusiker aktiv. „Mein Vater ist immer noch mein größter musikalischer Held“, sagt Marcus King heute. „Als ich ein kleines Kind war, sah ich ihn in den frühen Morgenstunden nach Gigs nach Hause kommen, und ich dachte, er hätte den coolsten Job überhaupt. Und ich wollte das Erbe weiterführen. Schon sein Vater spielte Geige und Gitarre, sein Großvater spielte Geige. Als er mich also mitnahm, um meine ersten Gigs mit ihm zu spielen – ich war damals etwa 11 –, fühlte es sich schon ganz natürlich an.“

Die Nähe zur Gitarre und die Leidenschaft für die Musik strotzt denn auch aus jeder Note, jedem Takt von „Soul Insight“. Der Blues bildet dabei zwar die Basis allen Schaffens, doch von Rock über Psychedelic und Funk bis zu Soul, Country und Jazz ist so ziemlich alles dabei an Genres, was im Süden der USA seine Heimat hat oder von der dortigen Musikszene über Jahrzehnte lang adaptiert wurde. Neben dem Chef selbst für die musikalische Umsetzung auf „Soul Insight“ zuständig: ein Band-Sextett, bestehend aus Etienne Rivera (Percussion), Jack Ryan (Schlagzeug), Anthony House (Gitarre), Alex Abercrombie (Orgel, Keyboards), Harold Todd (Saxofon, Flöte) sowie Trompeter Rafa, das als perfektes Begleitensemble funktioniert, aber auch ausgiebig eigene solistische Akzente setzen darf. Dazu Marcus Kings recht helle, aber kehlig-kräftige Gesangsstimme – und fertig ist ein line-up, das sich so leidenschaftlich und freudvoll in seinen Sound hineinwirft wie ein Hundewelpe in ein frisch angerichtetes Bällebad.

Die Musik von Marcus King Band Soul Insight

„Always“ eröffnet mit fiebrigem Funk-Rock, der ebenso wie das zunächst akustische, dann rassig aufbrausende „Boone“ deutlich von Kings‘ Faible für feurige Saitensounds im Stil von Jimi Hendrix kündet. Kings Slide-Resonator-Gitarre röhrt hier so resolut wie ein Südstaaten-Kojote, der seine Revieransprüche in die Prärie hinausbellt und erinnert damit auch jenen Kollegen, der Ende der 1970er-Jahre ungefähr ebenso fulminant in eine atemberaubende Bluesrock-Karriere startete wie nun Marcus King: Auch der Geist des unvergessenen, 1990 viel zu früh verstorbenen Stevie Ray Vaughan durchdringt jeden Akkord von Kings mitreißend virtuosem, sowohl energischem wie auch tief emotionalem Gitarrenstil.

Es folgen zehn weitere Tracks, die heute noch genauso aktuell und mitreißend klingen wie bei ihrer Premiere im Jahr 2015. An Position 3 folgt mit „Fraudulent Waffle“ eines von drei Instrumentals – hier steht Kings Gitarrenspiel in der Tradition der Allman Brothers und trifft auf eine fette Hammondorgel Marke Booker T, einen behänden Tiefbass und auf Latin-Rock-Rhythmen mit leichtem Santana-Flair. Zähflüssig wie bester Südstaaten-Honig shuffelt sich dann „Honey“ durch Boogie- und Blues-Gefilde, ehe der Chef und sein Sextett mit dem Interlude „Dave’s Apparicion“ beweisen, dass man auch in Jazzgefilden sattelfest unterwegs ist: Mit quecksilbrig-eleganten Riffs verneigt sich Marcus King hier vor dem großen Wes Montgomery; Harold Todd assistiert mit leichtfüßigen Flötentönen. Auch „No Decency“ spielt mit Orgelsolo und einem bravourösen Bläsersatz mit jazzigen Stimmungen, wird von fauchenden Riffs aber resolut in rockiger Spur gehalten.

Ganz großes Gitarrenkino bietet auch „Booty Stank“ – ein Paradebeispiel dafür, wie virtuos Marcus King rassige Triolen und ausdrucksstarke Arpeggios aus den Saiten fieselt. Fast noch intensiver: „Keep Moving“, das nochmals an Druck und Tempo zulegt. Mit dem sehnsuchtsvollen, federleicht rhythmisierten und schlicht, aber eindringlich gezupften „I Won’t Be Here“ beschließt Marcus King seinen Songreigen schließlich in klassischer Country-Manier – Outback-Atmosphäre in Gestalt von Grillenzirpen und Hundegebell inklusive.

Nun also feiert dieses beeindruckende Erstlingswerk also seine offizielle Album-Premiere außerhalb der USA. Die Lizenz hierfür erhielt Fantasy Records, eine der Top-Adressen für Roots Music amerikanischer Provenienz. Und dort ließ man sich nicht lumpen und spendierte diesem Meilenstein-Album des aktuellen Bluesrock neben einer (etwas schmucklosen) CD-Fassung und einer normale LP-Version zusätzlich auch noch auch einen Auftritt als Doppel-LP auf schwerem 180-Gramm-Vinyl – klar, wofür die meisten Schwarzgold-Fans sich entscheiden werden …

Marcus King Band Soul Insight Cover
The Marcus King Band Soul Insight erscheint bei Fantasy Records im Vertrieb von Universal und ist erhältlich als CD, LP, Doppel-LP und als stream/download (Cover: amazon)

Und heute? Sechs Jahre sind seither vergangen, und vom Nachwuchstalent hat sich Marcus King längst zu einem der Stars der Blues- und Bluesrock-Szene empor gespielt. Und längst zählt nicht nur Warren Haynes zu seinen Mentoren und Bewunderern, sondern auch Eric Clapton – bitte hier entlang…

Marcus King Live
Auch „Slowhand“ gehört inzwischen zu seinen Fans: 2019 holte Eric Clapton den Youngster aus Greenville, South Caroline, ins line-up seines Crossroads Guitar Festival – Adelsschlag von höchster Stelle (Foto: Universal)
Marcus King Band Soul Insight
2021/05
Test-Ergebnis: 4,4
SEHT GUT
Bewertungen
Musik
Klang
Repertoirewert

Gesamt

 

Autor: Christof Hammer

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Seit vielen Jahrzehnten Musikredakteur mit dem Näschen für das Besondere, aber mit dem ausgewiesenen Schwerpunkt Elektro-Pop.