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Bjørn Erik Edvardsen
Im Dezember 2018 verstorben: die Verstärker-Legende Bjørn Erik Edvardsen (Foto: NAD)

Nachruf zum Tode von Bjørn Erik Edvardsen

Das Jahr 2018 geht mit einer traurigen Nachricht zu Ende: Die Verstärker-Ikone Bjørn Erik Edvardsen ist am 16. Dezember gestorben. Dies teilte die Lenbrook Gruppe Kanada mit, zu der Edvardsens einstiger Arbeitgeber NAD gehört. Dort war er zu Lebzeiten unter dem Spitznamen „BEE“ bekannt und man war sehr stolz auf die Leistungen des Ingenieurs. Das zeigte man auch gern nach außen: Von ihm konstruierte Geräte trugen, einer Auszeichnung gleich, seine Initialen – BEE. Zu Recht, denn Bjørn Erik Edvardsen hat für die HiFi-Welt Bedeutendes geschaffen, nämlich einen bezahlbaren, hervorragend klingenden Verstärker, den legendären NAD 3020. Das war 1978 und der Ruhm ist unter Kennern bis heute nicht verblasst.

NAD 3020
Die Mutter aller günstigen Einsteiger-Verstärker: der NAD 3020 aus dem Jahre 1978 (Foto: NAD)

Da wundert es auch nicht, dass der 3020 laut Lenbrook bis heute der „meistverkaufte Verstärker von NAD“ ist. Die US-amerikanische Fachzeitschrift „The Absolute Sound“ führt den NAD 3020 sogar in der Top 10 der besten Verstärker aller Zeiten – neben Boliden von Krell, Mark Levinson oder McIntosh. Das ist besonders bemerkenswert, da der 3020 zum Zeitpunkt seiner Erscheinung lediglich 280 DM kostete.

Wie kam es dazu? Die sprichwörtliche Sparsamkeit der Schotten hat der geborene Norweger Bjørn Erik Edvardsen möglicherweise während seines Studiums an der Universität in Edinburgh verinnerlicht. Praxiserfahrung in Sachen Elektronik beziehungsweise HiFi sammelte er danach durch Jobs bei ITT, Dolby und Acoustic Research. In Boston, dem Firmensitz von Acoustic Research, lernte er auch seinen späteren Förderer kennen, den Präsidenten des Unternehmens, Martin (Marty) Borish. Dieser erkannte in dem jungen Entwickler nicht nur das technische Know-How, sondern schätzte auch dessen Erfahrungen mit der Herstellung von elektronischen Komponenten in Asien. Borish ahnte, dass der Markt nach gutem und günstigen HiFi gierte, doch den Durchbruch hatte er mit der 1972 in München erstmals erdachten „New Acoustic Dimension“, kurz NAD, noch nicht geschafft.

Das gelang erst, als er 1976 seinen gut dotierten Job in den USA kündigte und Bjørn Erik Edvardsen zum Firmensitz von NAD nach London holte. Ein Schritt, den Marty niemals bereuen sollte. Um einen günstigen Einstiegspreis realisieren zu können, konnte Edvardsen auf seine Kontakte nach Taiwan bauen, somit wurde sein Erstwerk, der NAD 3020, von Anfang an bei Fulet (Proton) in Taiwan hergestellt. Doch das ist nur ein Teil der Geschichte. Das Geniale war Edvardsens Konstruktion. Während zur damaligen Zeit, Mitte der 1970er Jahre, bei HiFi-Komponenten vor allem technische Messwerte im Vordergrund standen, machte sich BEE daran, einen Verstärker zu realisieren, der vor allem gut klingen sollte. Theoretische Zahlen, wie Verzerrungen oder die Leistungsabgabe traten bei ihm in den Hintergrund. Tatsächlich sind die technischen Daten des 1978er Amps nicht berauschend: 20 Watt an 8 Ohm riefen bei Testern nicht mal ein müdes Lächeln hervor. Zudem lästerten die Fachzeitschriften über den militärischen Look und die filigranen Lautsprecherklemmen.

Doch die Vorurteile waren wie weggeblasen, als der NAD 3020 aufspielen durfte, denn die Redakteure vernahmen unerwarteten, warmen Wohlklang. Der Verstärker trat auf wie ein Großer und war ungemein spielfreudig. Die zunächst belächelte Endstufe spielte auch an 2 Ohm Last absolut stabil. Die schon damals eingesetzte „PowerDrive“-Technologie registriert heftige Bassimpulse, um je nach Bedarf höhere Spannungen zu realisieren. Das Resultat ist eine dynamische Basswiedergabe, auch wenn viel Leistung angefordert wird. Das von Edvardsen konstruierte „Soft-Clipping“ sorgte zudem dafür, dass die Leistung erst dann langsam reduziert wird, wenn Beschädigungen an Verstärker und Lautsprechern aufzutreten drohen. Mit dem NAD 3020 war guter Klang mit einem Schlag finanzierbar, Millionen Musikfreunde danken es BEE bis heute.

Edvardsen hat danach noch viele NAD-Produkte entwickelt und war bis wenige Monate vor seinem Tod für das Unternehmen tätig. Sein Name wird auch in weiterhin bei Produkten von NAD Bestand haben. Bjørn Erik Edvardsen ist am 16. Dezember 2018 im Alter von 73 Jahren an Leukämie gestorben.