
Und was machen die Mädels so? Schwieriges Thema. Im dancefloor-lastigen Mainstream-Pop herrscht ja fast ein Überangebot an Weiblichkeit: Ellie Goulding, Marina & The Diamonds, Charlie XCX, La Roux, Meghan Trainor undundund … Aber was eben jene elektronisch generierten Klänge im Grenzbereich zwischen Club- und Kopfhörer-Musik betrifft – da wird das Angebot an weiblichem Input deutlich dünner. Seit 2011 aber eine feine Adresse in diesem Segment: die amerikanische Band Poliça mit ihrer charismatischen Sängerin Channy Leaneagh.
Auf ihrem dritten Album United Crushers, das Spiegel Online kürzlich zur wichtigsten Platte der Woche kürte, beleuchtet das Quintett aus Minneapolis mit einem Mix aus Pop, TripHop und R&B die dunklen Seiten amerikanischer Stadtlandschaften. Den Schriftzug „United Crushers“ könne man in ihrer Heimatstadt an vielen Brücken, Häusern oder Wassertürmen lesen, berichtet Channy Leanea; Geltung habe er allerdings für ganz Amerika: die USA als Vereinigte Zerstörungswerke(r), effiziente Abwrackmaschine, die gecrashte menschliche Beziehungen und heruntergekommene Stadtlandschaften voller Rassismus, Polizeigewalt und Kommerzwahn produziert.
Entsprechend beklemmend geriet die Klangsprache auf United Crushers. Rhythmen von TripHop über R & B bis zu angedeuteten Drum-&-Bass-Mustern halten die Songs in ständiger Bewegung, drüber sorgen düstere elektronische Klänge für vielschichtige Soundpanoramen und Tiefenschärfe. Und wenn die Arrangements mit ihren nervös züngelnden Beckensounds, den funky Bassfiguren und den an- und abschwellenden Synthesizerflächen doch mal zum Stillstand kommen, dann nur, um nach kurzer Atempause wieder fieberhaft neues Tempo aufzunehmen. Von plumper Depressionsmusik ist das dritte Album der amerikanischen „Indielectro“-Band also weit entfernt – nicht zuletzt auch deshalb, weil Leaneagh während der Produktion des Albums schwanger war. „Dann hat man die stärksten Beschützerinstinkte“, sagt sie – und gibt ihrem Dutzend Songs mit femininen vokalen Akzenten eine zusätzliche Dimension: Mit bluesiger, mal chansonesker Stimme trotzt sie den „United Crushers“ und beschwört das Private im Gesellschaftspolitischen, das Licht im Dunkel.
Autor: Max Worthmann
Bewertung
KlangMusikGesamt |
CD-Bestellnummer: Memphis Industries 120521 | |
Erhältlich als LP, CD und Download | |