LowBeats Autor Christof Hammer hat Auge und Ohren in allen Musik-Genres und stellt bei uns ab heute jede Woche ein besonders hörenswertes Album vor. Seine erste LowBeats CD der Woche stammt aus dem Bereich Elektropop, ist das letzten Freitag veröffentlichte Debüt-Album von Marius “Roosevelt” Lauber und heißt – Roosevelt.
Keine Daft-Punk-Disc am Horizont, das jüngste Super-Album der Pet Shop Boys liegt auch schon wieder fast ein halbes Jahr zurück, und das angekündigte Comeback von Chic wird vielleicht noch später fertig als BER oder S21: höchste Zeit für profunden Nachschub in Sachen stylischem Electro-Dancepop.
Nach Harieschaim, dem Frühlings-Coup des pfälzischen New-Wave-Narzissten Max “Drangsal” Gruber, kommt das nächste Glanzlicht dieses Genres – Überraschung – erneut aus Deutschland.
Und auch Roosevelt, das Debüt-Album von Marius “Roosevelt” Lauber entpuppt sich als lupenreine, hitverdächtige Konsens-Musik, auf die sich vom Spex!-Leser bis zum Zeit-Abonnenten so ziemlich alle halbwegs Zeitgeist-affinen Musikfans einigen können. Denn der 25-jährige aus Köln macht bei seinem Erstling eine ganze Menge gut und richtig.
Selbstbewusst und lässig kreuzt der Roosevelt-Sound die verführerische Süße des Elektropop mit der Coolness des Indiepop und dem eskapistischen Flair amerikanisch-italienischer Disco Music.
Kraftwerk und Giorgio Moroder wird hier ebenso Referenz erwiesen wie Duran Duran und Human League, den Disco-Göttern Chic oder dem Synthie-Soul, wie ihn in den siebziger und achtziger Jahren amerikanische und britische Acts wie Shalamar oder Imagination (remember „Just An Illusion“?) kultivierten.
Außerdem begnügt sich Lauber nicht mit rein instrumentalen Soundscapes, sondern fordert sich auch als Komponist von klassischen Drei- bis Vierminütern – und auch als Sänger.
Roosevelt – Der lässige Elektropop-Sound des Spätsommers
Diese Jobs erledigt er mit feinem Händchen für eingängige Melodien und für Arrangements, die den Hörer mit der Wärme alter analoger Keyboardsounds, schön altmodischen Conga- und Handclap-Sounds sowie Spurenelementen von modernem Indielectro Marke Hot Chip und Caribou um den Finger wickeln.
Und nicht zuletzt mit einer äußerst angenehmen Musizierhaltung: Selbstverständlich sind Tracks wie “Night Moves” (mit blubbernden Loops), “Fever” (bestückt mit einem fast OMD-artigen, kleinen Synthie-Thema) oder “Colours” (mit hart angeschlagenem Piano) allesamt party-taugliche, mit genretypischen Geschmacksverstärkern aufbereitete Dancefloor-Leckereien.
Aber Lauber gibt zu keiner Sekunde den dauergrinsenden Gute-Laune-Onkel, der seine Klientel mit musikalischem Fast Food abfüttert.
Statt im Stakkato-Rhythmus brachiale Beats und Mitgröhl-taugliche “hohoho”-Chöre zur schnellen Triebbefriedigung abzufeuern, pflegt er vielmehr einen eleganteren, unaufdringlicheren Stil, der mit einer diskreten Melancholie zwischen Spätpubertät, coming-of-age-Adoleszenz und vorgezogener Midlife-Crisis gefällt.
Dazu etwas Chill-Wave und fluffigen Balearic House sowie jede Menge bratzige (“Belong”) oder auf schlanken Achtelnoten vorbeisurfende Indie-Gitarren (sehr schön zu besichtigen in “Hold On”) – und fertig ist ein Album wie ein Sahnebonbon und die perfekte Spätsommer-Platte der Saison.
Roosevelt: Roosevelt (City Slang / Universal). Als Audio-CD, Vinyl LP und MP3-Download.
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