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Test: Aktiver Standlautsprecher Manger MSMs1

Manger MSMs1: das Konzept

Ebenso kompromisslos wie beim MSW selbst ging Manger Audio auch beim MSMs1 vor. Das zeigt sich beispielsweise beim 20 Zentimeter durchmessenden Tieftonchassis, das den MSW im Frequenzbereich unterhalb von 330 Hertz unterstützt. Hier kommt eine Ausführung mit einer Sandwich-Membran aus Glasfaser und Polyester zum Einsatz.

Für ein dem MSW angemessen gutes Impulsverhalten arbeitet der Tieftöner selbstverständlich auf ein geschlossenes Gehäuse. Die bei Bassreflexkonstruktionen oftmals hörbaren Ventilationsgeräusche sind für den MSMs1 somit ebenfalls kein Thema.

Manger MSMs1 Woofer
Der 20 Zentimeter durchmessende Tieftontreiber im Manger MSMs1 arbeitet ebenso wie der MSW auf ein eigenes, geschossenes Gehäusevolumen (Foto: J. Schröder)

Pro Lautsprecher stehen jeweils zwei kräftige, in klassischer Class-AB-Technik arbeitende Leistungsendstufen zur Versorgung der Chassis bereit –  eine 250 Watt Spitzenleistung starke Ausführung für den Tieftöner sowie eine 180 Watt Variante für den MSW. Auch bei der ungewöhnlich massiv aufgebauten Elektronik gilt: Keine Lüfter – keine störenden Nebengeräusche.

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MangerMSMs1 amplifier block with heatsink
Dank großflächiger Kühlkörper, die sich optisch elegant ins Gehäuse integrieren, kann die Verstärkerelektronik des Manger MSMs1 auf geräuschträchtige Lüfter verzichten (Foto: J. Schröder)
Manger MSMs1 Control Panel
Das rückseitige Control Panel des Manger MSMs1 bietet ein vielfältig einstellbares Ortsanpassungsfilter (Foto: J. Schröder)
Manger MSMs1 Connection Terminal
Der symmetrische XLR-Eingang sowie die IEC-Buchse für den Netzanschluss befinden sich geschickt im Sockelbereich untergebracht. Dennoch ist ausreichend Platz selbst für raumgreifende, audiophile IEC-Kupplungen vorhanden (Foto: J. Schröder)
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Zur einfachen Anpassung an unterschiedliche Aufstellungs-Szenarien sind die MSMs1 mit einem recht umfangreichen Ortsfilter ausgestattet, das sich im Bass-, Präsenz- und Hochtonbereich dank Stufenschaltern reproduzierbar einstellen lässt. Der Präsenzsteller mit einer Mittenfrequenz von 3,2 Kilohertz ist unter anderem dazu gedacht, eventuelle Verluste bedingt durch Aufstellung hinter einer Leinwand zu kompensieren.

Zum Anpassen an Quellgeräte mit unterschiedlichem Arbeitspegel – beispielsweise D/A-Wandler aus dem Tonstudiobereich – verfügen die MSMs1 über ein zwischen 0 dBu und +6dBu (0,775V/1,55V) umschaltbaren Eingangspegel. Mit „Input Trim“ ist zusätzlich ein Pegel-Feinabgleich von +/- 2 Dezibel möglich.

Meine erste Begegnung als HiFi-Tester mit einem Manger-Lautsprecher hatte ich 1996 bei der Zeitschrift stereoplay. Es war die passive Zerobox 107, die neben dem nach vorn abstrahlenden MSW auch einen seitlich angeordneten, Tiefpass-gefilterten MSW besaß. Mit der Zerobox 107 hatte ich damals viel Freude, sodass das Testergebnis denn auch sehr positiv ausfiel.

Entsprechend groß war die Vorfreude denn auch, als ich 2012 den Manger MSMs1 im Auftrag von Fidelity zuhause testen durfte. Das allerdings floppte total: In meinem heimischen Hörraum brachte ich den MSMs1 absolut nicht zum Spielen – er klang stets irgendwie muffelig. An der Quelle – damals das Cantata Music Center von Resolution Audio, das ich nach wie vor für einen der besten D/A-Wandler halte – lag es bestimmt nicht, denn das Cantata MC macht seinem Namen Resolution wirklich alle Ehre. Ganz und gar nicht zufrieden, habe ich auf diesen Auftrag schlussendlich verzichtet.

Der Hörtest

Nicht zuletzt durch die Aufnahmen, die ich für das LowBeats Klang Orakel von den Test-Lautsprechern mache, bin ich mittlerweile um einige raumakustische Erfahrungen reicher – speziell, was das Wechselspiel Lautsprecher-Raum angeht. Vor diesem Hintergrund keimte der Wunsch in mir auf, es mit dem Manger MSMs1 erneut zu versuchen.

Manger MSMs1 at LowBeats listening room
Auf der sehr genau festgelegten Standard-Lautsprecherposition im LowBeats Hörraum spielten die Manger MSMs1 vom ersten Ton an perfekt – und wurden fortan nicht mehr bewegt (Foto: J. Schröder)

Tatsächlich wurde daraus eine Art Versöhnungsfeier: Nachdem Daniela Manger den MSMs1 persönlich in die Redaktion brachte. stellten wir ihn gemeinsam im LowBeats Hörraum auf – und zwar genau auf die „geeichten“ Positionen, auf denen die Lautsprecher auch für die Aufnahmen stehen. Und höre da – dort spielte er vom ersten Ton an absolut perfekt, so dass ich ihn um keinen Millimeter mehr bewegen musste. Das einzige, was ich in den folgenden Wochen änderte, war das Absenken des Präsenz-Equalizers um eine Stufe (-1,5dB), weil mir die Formanten bei weiblichen Gesangsstimmen bisweilen einen Tick zu forsch erschienen.

Das impulsoptimierte Klangerlebnis beginnt mit den Manger MSMs1 bereits im Bassbereich. Der nämlich ist schlichtweg eine Wucht – und das im wahrsten Wortsinn: Bei entsprechendem Tonmaterial entwickeln die MSMs1 ein massives Fundament und kommen dabei ausgesprochen vehement zur Sache.

Hier zahlen sich die geschlossenen Gehäuse voll aus: Von den Manger MSMs1 kommt eine pralle Druckfront, die dank sauberer Impulswiedergabe nicht in dröhnendes Gewaber ausartet – somit werden auch extrem tieffrequente Anteile nicht maskiert und sind deshalb sehr gut hör-, vor allen Dingen auch erlebbar. An ultrafiesen PsyTrance-Tracks wie dem untenstehenden „We Have To Go Even Deeper“ lässt sich das prima nachvollziehen.

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Oberhalb von 300 Hertz als Breitbandschallwandler arbeitend, zeichnen sich die Manger MSMs1 durch ein äußerst homogenes akustisches Abbild aus. Man stelle sich dazu sehr gute Koaxiallautsprecher vor, jedoch mit noch höherer Integrität des Signals. Phasenverhältnisse zwischen linkem und rechtem Kanal oder darauf basierende Effekte stellen die MSMs1 eindrucksvoll wie kaum ein anderer Schallwandler dar. Gleiches gilt für die mitunter geradezu verblüffende Raumtiefe, sehr gut zu hören im grandios-verführerischen „Chariot Rise“ von Kate Kilbane.

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Als Toningenieur und somit „Berufshörer“ wollte ich natürlich auch wissen: „Was höre ich mit dem zeitrichtig arbeitenden Manger MSMs1 besser als mit üblichen Lautsprechern?“ Für einen solchen Test liegt die Dauerbrenner-Frage „Welcher digitale Oversampling-Filtertyp klingt besser – linearphasig (FIR) oder minimalphasig (IIR)?“ quasi auf der Hand, bieten doch mittlerweise sehr viele D/A-Wandler und CD-Spieler umschaltbare Digitalfilter zur Auswahl an.

So wählte ich zum Ansteuern der MSMs1 den herausragend guten DAC-Preamp RME ADI-2 Pro, der sich mit seinem vierfach umschaltbaren Digitalfilter für dieses Experiment besonders gut eignet. Natürlich kann man auch mit herkömmlichen Lautsprechern mitunter deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Filtern hören. Jedoch gelang es mir mithilfe der Manger MSMs1 erstmals, ihren jeweiligen Einfluss in nur wenigen Worten eindeutig und komplett zu beschreiben.

So besitzen minimalphasige IIR-Filter eine definiertere und straffere Impulswiedergabe als die linearphasigen FIR-Filter, klingen jedoch in tonlicher Hinsicht etwas flacher und nicht ganz so frei atmend. Das lässt FIR-Filter mitunter dynamisch einen Tick impulsiver erscheinen, hinsichtlich Konturenschärfe und Präzision nehmen sie’s dagegen nicht so genau wie IIR-Filter.

Kann man mit den Mager MSNs1 offensichtlich das Gras wachsen hören, drängt sich natürlich die Frage auf: Wie reagiert ein solches zeitoptimiertes System auf klanglich eher mäßige Tonkost? Weniger kritisch als erwartet, denn die tendenziell kultivierte Klangbalance des Manger-Duos bleibt in jedem Falle erhalten. Allerdings büßt das Klangbild insgesamt an Kontur ein, wirkt „wuschiger“, unschärfer – die Musikwiedergabe verliert ihren Reiz.

Wenn die Musik es hergibt, geht die Post allerdings richtig ab – auch in dynamischer Hinsicht. Denn die Manger MSMs1 eignen sich keineswegs nur für Leisehörer bei Kammermusik. So habe ich zum Test mit tonal ziemlich verwegenen, extrem dynamikreichen Dubstep-Tracks (etwa dem untenstehenden „Swaggered“ von Kalya Scintilla) bei „Vollgas“ und offenem Hörraum-Fenster den Innenhof unseres Areals mit den MSMs1 standesgemäß beschallt – natürlich unabsichtlich. Nicht ohne Reaktion der Nachbarn, deren SMS-Kommentare von „Fenster zu!!“ bis hin zu „Geile Mucke – was’n das??“ reichten. Alle befanden jedoch einstimmig, es habe super geklungen.

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Zum Schluss noch eine Anmerkung: Natürlich habe ich mich während der Testphase oft gefragt, warum die MSMs1 im LowBeats Hörraum hervorragend spielten, in meinem eigenen Hörraum dagegen absolut nicht klingen wollten. Eines Abends dann fiel mir auf: Meine Hörerfahrungen mit Manger-Lautsprechern waren immer dann sehr positiv, wenn der Raum über eine gute Akustik verfügte.

Das klingt zunächst mal trivial, weil natürlich jeder Lautsprecher bei guter Raumakustik klanglich aufblüht. Allerdings zeigt sich der MSW in dieser Hinsicht offenbar anspruchsvoller als andere Systeme. Professor Heckls mathematische Analyse des MSW legt denn auch nahe, dass er deutlich empfindlicher auf von zu nahen Seitenwänden stammende, frühe Schallreflexionen reagiert – weil diese den axial abgestrahlten, zeitrichtigen Direktschall recht destruktiv torpedieren.

Interessant dabei: Seitliche Frühreflexionen entstehen im LowBeats Hörraum kaum, in meinem eigenen Hörraum dagegen durchaus. Wegen der achsensymmetrischen Abstrahlcharakteristik der MSW kommt daher auch eine Akustikdecke oder ein Deckensegel wie im LowBeats Hörraum in Betracht – damit kann mein eigener Raum nicht dienen.

Fazit

Der Manger MSMs1 ist ohne Frage ein Manifest heimischer Ingenieurs- und Handwerkskunst. Mit seinem auf zeitrichtige Wiedergabe ausgelegten Schallwandlerkonzept klingt er außergewöhnlich homogen und impuls-realistisch – der Manger MSMs1 ist damit im wahrsten Sinne ein Präzisionsinstrument, das dem Musikhören durchaus eine neue Dimension verleihen kann.

Durch seine formale Ästhetik ist er darüberhinaus ein echter Hingucker, ohne sich dabei spektakulär in den Vordergrund zu stellen – auch in optischer Hinsicht hat der MSMs1 das Zeug zum Klassiker.

Um sein klangliches Potenzial voll entfalten zu können, erfordert der MSMs1 jedoch eine akustisch günstige Umgebung und will zudem auch optimal aufgestellt sein. Ein guter Ausgangspunkt hierfür ist das klassische Stereo-Dreieck – sprich: Lautsprecherbasis gleich Hörabstand zu linkem und rechtem Lautsprecher, wobei diese wegen der ausgeprägten Schallbündelung der MSW zu höheren Frequenzen hin axial möglichst genau auf den Hörplatz auszurichten sind.

Je nach akustischer Lebhaftigkeit des Raumes sollte der Hörabstand nicht allzu groß ausfallen, was für einen ausreichenden Direktschallanteil sorgt.

Lässt man dem Manger MSMs1 die nötige akustische Aufmerksamkeit zukommen, so erhält man mit ihm auf jeden Fall einen Lautsprecher fürs Leben.

Manger MSMs1
2017/03
Test-Ergebnis: 4,7
ÜBERRAGEND
Bewertung

Bewertungen:

Klang:
Praxis:
Verarbeitung:

Gesamt:

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Ultrapräziser, sehr homogener und natürlicher Klang
Extrem saubere und tiefreichende Basswiedergabe
Pegelfest
reagiert im Mittelhochtonbereich recht sensibel auf ungünstige Raumakustik

Vertrieb:
Manger Audio
Hendunger Strasse 53
97638 Mellrichstadt

www.mangeraudio.com

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Manger MSMs1: ab 15.200 Euro

Weitere Lautsprecher mit speziellen Mittelhochtönern:

Test: Tannoy Canterbury GR
Test: Ascendo Live 15

Autor: Jürgen Schröder

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Toningenieur, R&D-Spezialist und das (mess-)technische Gewissen von LowBeats. Kümmert sich am liebsten um Wissens-Themen, Musik und den spannenden Bereich zwischen Studio und HiFi.