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Trigon Audio Excellence Front
Der Trigon Audio Excellence ist ein Machtwort zum Thema Vollverstärker aus Deutschland: schwer, kräftig, klanglich schnell. Sein Preis: 13.900 Euro (Foto: Trigon Audio)

Trigon Audio Excellence: Porträt einer Traditionsschmiede und Test eines großen Verstärkers

Mal nachgefragt: Wie lebt, wie überlebt ein kleiner, mittelständiger High-End-Produzent aus Deutschland? Zieht der Zauber vom „Made in Germany“ noch? Wir suchen Antworten beim hessischen Spezialisten Trigon Audio und fanden bei ihm gleich noch einen brandneuen und hoch-interessanten Vollverstärker: den Trigon Audio Excellence.

Eine beschauliche Werkshalle, irgendwo in der Mitte der Republik. Um ganz genau zu sein: in der absoluten Mitte der Republik, nahe Kassel. Hier gibt es keinen roten Teppich, keine goldenen Wasserhähne. Alles ist der Sachlichkeit unterworfen. Trigon wurde 1996 gegründet. Mit starken Wurzeln. An Restek erinnern sich noch viele High-End-Freunde. Michail Gorbatschow wünschte sich eine HiFi-Kombi für seine Datscha. Sie wurde ihm als offizielles Gastgeschenk der Bundesrepublik Deutschland überreicht. Die Elektronik steuerte Restek bei – ein markantes Foto mit dem Herren des Kreml – und die Umsätze schossen in die Höhe. Goldene Zeiten. Lange vorbei. Im Strudel vieler Wandlungen setzen sich zwei Masterminds ab. Ralf Kolmsee und Rainer Reddemann gründeten ihr eigenes Unternehmen, eben Trigon. Die Nähe zu Kassel ist geblieben. Hier hat Rainer Reddemann Elektrotechnik studiert und verfiel als junger Absolvent dem HiFi-Virus, wie so viele andere auch.

Trigon Audio: Ralf Kolmsee und Rainer Reddemann
Kennen alles von der Pike auf: die Trigon-Macher Ralf Kolmsee (links) und Rainer Reddemann (Foto: A. Guenther)

Damals wie heute produziert man mit einem Maximum an Ehrlichkeit. Zieht das Logo von „Made in Germany“ noch auf dem Weltmarkt? Reddemann: „Es ist deutlich ruhiger geworden. Klar sind wir uns bewusst, dass wir in einer Nische arbeiten, eigentlich die Nische in einer Nische.“ Doch die ernährt noch ihr Mannen. Zehn Mitarbeiter beschäftigt Trigon, die rund 300 Komponenten im Jahr fertigen. Auf bewusst klein gewählter Flamme ist die Company ausgelastet. Denn es gibt zugleich eine gehobene Nachfrage für eine OEM-Fertigung, eben Aufträge, bei denen Trigon den eigenen Schriftzug versteckt, aber das volle Know-how einbringt.

Trigon Audio Produktion
Das zeigt den Anspruch der Nordhessen: einen Bestückungs-Automaten findet man nur bei den wenigsten High End-Herstellern (Foto: A. Guenther)

Für die eigenen Elektronikbausteine liegt der wichtigste Markt in der Heimat. Dann folgen die Briten und Franzosen. In Asien sind die Chinesen am meisten interessiert. Die konkreten Umsatzzahlen kennt das Finanzamt Kassel, wir auch – halten die Publikation aber für einen unangemessenen Striptease. Auf den Parkplätzen vor der Halle stehen zumeist Volkswagen, auch ein Zeichen für die Treue zur Region, in der eben VW mit dem Werk in Baunatal der größte Arbeitgeber ist. Porsche sollen andere fahren – auch die gibt es im deutschen HiFi zuhauf. Doch Trigon möchte nichts ausstellen, nichts beweisen, man fliegt eher unter dem Radar.

Ein Fehler in Zeiten der modernen Medien. Wer Fankult, gar Ruhm und Umsätze generieren will, der muss bei Instagram mitspielen und einen eigenen YouTube-Kanal unterhalten. Nichts liegt den beiden Chefs ferner. Man könnte meinen, schon diese Reportage überschreitet eine emotionale Hürde…

Trigon Audio Phono-Produktion
Die Phonostufe Advance III in der Produktion (Foto: A. Guenther)

Doch wozu diese Bescheidenheit? Sie ist unangebracht. Die Fertigung genügt höchsten Ansprüchen. Auch bei den günstigen Produkte aus dem Hause Trigon. Schon länger experimentiere ich mit dem Kopfhörer-Verstärker Trogon Exxpert herum. Klanglich ist der großartig, tendenziell hell, transparent, reich an feinen wie groben Informationen. Vollkommen stressfrei, geradlinig auch in der Bedienung – und er macht Musik. Was nicht zwingend jeder High-End-Komponente gegeben ist. Ich finde, der Exxpert ist mit 550 Euro deutlich zu günstig.

Der Vollverstärker Trigon Audio Excellence

Das kann man von dem neuen Vollverstärker „Excellence“ nicht sagen. 13.900 Euro sind eine Menge Geld – auch, wenn andere Hersteller die Latte in dieser Leistungs- und Verarbeitungsklasse noch um einiges höher legen

Der Excellence ist ein Machtwort mit 26 Kilogramm und doppelten 300 Watt. Die Messergebnisse könnten nicht schöner sein: Bandbreite 2 bis 200.000 Hertz, bei einem Klirrfaktor von 0,02 Prozent. Da zeigt sich der Ehrgeiz eines deutschen Ingenieurs. Vor ein paar Tagen hatte ich das gute Stück doch noch offen gesehen? Rainer Reddemann hat die Botschaft verstanden, geht in sein Büro und holt einen Schraubendreher. Keiner könnte die Schaltung schneller freilegen als sein Schöpfer.

Trigon Audio Excellence innen
Full House: der Excellence ist standesgemäß bis unters Dach voll mit feinsten Bauteilen (Foto: A. Guenther)

Aber es dauert, die Schrauben sind unsichtbar angebracht, eine massive Aluplatte versiegelt die Geheimnisse über den seitlichen Kühlrippen. Vorsicht, keinen Druck ausüben, denn die Füße sind sensibel. Trigon verbaut hier eine Eigenentwicklung, eine Spindel, eher eine Membran, die alle ungewünschten Vibrationen abfedert. Meine Erwartungshaltung sagt mir, dass mich gleich die mächtigen Trafos optisch anspringen werden. Nein, sie sind fast unsichtbar, ganz unten auf der Bodenplatte montiert. Darüber liegt die Verstärkerplatine mit Elkos von Samwha. Das ist ein Edelausstatter mit Sitz in Südkorea.

Trigon Audio Excellence Steuerboard
Kleinkunst: Das Steuer-Board mit Display-Ausgang (Foto: A. Guenther)

Gesichert ist eine extrem lange Lebenszeit von über 20.000 Stunden. Das wäre der größte Platinen-Baustein, dahinter liegt die Eingangsschaltung, an den Seiten die Leistungsstufen mit je acht Transistoren (Toshiba) mit direktem Kontakt zu den Kühlrippen. Ein Class-A/B-Aufbau, in maximaler Symmetrie gehalten, in doppeltem Mono. Man könnte das gute Stück auch mit der Flex in der Mitte tranchieren und hätte zwei eigenständige Mono-Blöcke. Aber was ist das für eine kleine, aufgestockte Platine zwischen den Elkos? Das flache Kontaktband führt zur Front. Hier hat sich Trigon einen wirkmächtigen Prozessor gegönnt, der natürlich außerhalb aller Signalwege liegt, aber das Display mit Informationen versorgt.

Trigon Audio Excellence Display
Das Display gibt dem User mannigfache Möglichkeiten. Das Bild zeigt die Bedienoptionen in der zweiten Ebene (Foto: A. Guenther)

Dafür haben die Nordhessen deutlich Geld in die Hand genommen; nicht nur das Gesamtdesign des Excellence demonstriert ein Gespür für die ästhetischen Vorlieben der Gegenwart, auch das Display ist ein schlauer Mix aus hochaufgelöstem Kleinkino und intuitiver Bedienbarkeit. Versteht jeder, links die Quellenwahl, rechts die Lautstärke. Erst eine Software-Schicht tiefer öffnet sich auf Wunsch ein weiterführendes Menü – in dem man beispielsweise auch alle Eingänge nach eigenen Vorlieben benennen kann.

Derer gibt es zwei symmetrische und zwei unsymmetrische, in der Übermacht erscheinen die digitalen Kontaktmöglichkeiten – zwei koaxiale, zwei optische Eingänge, ein USB. Also kann der Neuling auch wandeln? Stimmt: Ein ESS-Sabre-Chip erreicht mehr als aktuelle Werte von 32Bit/768 Kilohertz bei PCM, plus DSD64. Aber ein Streamer ist der „Excellence“ nicht. Dafür gibt es den „Exxeed“ im Programm (4.950 Euro) und für die Phono-Fans gleich drei externe Amps in unterschiedlichen Ausbau- und Preisstufen (bis 1.600 Euro).

Trigon Audio Excellence Rückseite
Der symmetrische Aufbau ist auch an den Anschlüssen zu erkennen (Foto: A. Guenther)

Hörtest

Jetzt nicht lachen: Aber mir steht der Sinn nach einer Superschnulze – Nat King Cole singt „Mona Lisa“. Gibt es mittlerweile in einer Deluxe-Edition in 24 Bit und 192 Kilohertz. Ein Vollverstärker ist weit entfernt davon, hier den Turbo zünden zu müssen. Doch die Samtstimme und die jauchzenden Geigen wollen Eleganz. Man hängt ja auch das berühmte Da-Vinci-Gemälde im Louvre nicht in einen Raum mit dreißig Leuchtstoffröhren. Röhren-Amps können das aus genetischen Gründen, aber ein Transistor kann in Härte umschlagen.

Nat-King-Cole Mona Lisa
Glänzt dank HiRes-Remaster mit allerfeinsten Details: „Mona Lisa“ von Nat King Cole in der Deluxe Edition (Cover: amazon)

Das war auch ein Vorurteil gegenüber dem Trigon Excellence – dieser Hang zur Analyse und der Dauergegenwart von strammen Muskeln. Ich lege Nat King Cole als Vinylscheibe auf – und schlürfe schönstes Musizieren. Dann der High-Res-File. Super, auch hier die süffige Präsenz der frühen Stereo-Ästhetik aus den USA, doch mit deutlich mehr Informationen über den Raum und die dynamischen Verhältnisse zwischen Singstimme und Orchester. Dann eine frühe CD-Veröffentlichung – und aller Zauber ist hinweg. Der Excellence unterscheidet nicht zwischen tieferen musikalischen Werten und schlechtem Mastering, das servierte er ungefiltert. Botschaft hier: Die Quelle bestimmt über die Harmonie, Trigon will kein Mit-Interpret sein, sondern maximal ehrlicher Vermittler.

Erstaunlich, wie viele große und kleine Künstler sich an diesen kleinen Song gewagt haben. „Mona Lisa“ kann es bei Qobuz fast mit „Yesterday“ aufnehmen. Die Liste scrollt tiefer und tiefer und will nicht aufhören. Ich lasse mich treiben. Wer mal so richtig ausziehen will, das Fürchten zu lernen: Julio Iglesias haucht den Song im halligen Schwimmbad mit synthetischen Streichern und Engelsstimmen als Hintergrundchor. Aber dieser gewaltige Raum – der Excellence staffelt ihn übergroß, nicht nur in die Tiefe der Stereoachse, sondern weit links und rechts von den Geithains, an Orte, an denen eigentlich keine Membranen sind. Das ist große High-End-Kunst.

Martin-Taylor "Mona-Lisa"
Flirrendes Gitarrenspiel, hohe Dynamik: Die Mona-Lisa-Version von Martin Taylor (Cover: amazon)

Shakin’ Stevens überspringen wir einmal. José Carreras, Willie Nelson und Peter Kraus ebenso. Aber die Gegenseite der Mona-Lisa-Interpretationen steckt Martin Taylor mit den sechs Saiten seiner Gitarre ab. Kein Gesang und viel Zeit. Also gemächlich? Genau im Gegenteil, ein Verstärker muss hier schnell sein, die Saiten-Energie will ich an den flirrenden Härchen in der Gehörschnecke erleben. Zudem atmet Taylor mit, hörbar, aber auch da sind auch kleine Schwankungen des Tempos – da braucht ein Verstärker so etwas wie den Mut zur Lücke, die Innenspannung darf nicht abreißen. Der Neuling von Trigon verbindet genau diese Werte, souverän, anstrengungslos.

Geht „Mona Lisa“ auch so richtig fett? Bis an die Leistungsgrenzen einer Class-A/B-Schaltung? Das geht: Gregory Porter wurde von seinen Produzenten in der Royal Albert Hall in einen musikalischen XXXL-Anzug gesteckt. Die erste Minute kann noch als Huldigung an Nat King Cole durchgehen. Dann volles Orchester, Kesselpauke, Dinosaurier-Bässe von hart rechts. Amps der Mittelklasse neigen dann zum Komprimieren. Der Excellence kannte keine Bremse, voller Treibstoff an die Membranen.

Gregory Porter "Mona Lisa"
Volle Kapelle: Gregory Porters Version von „Mona Lisa“ fordert die volle Dynamik der Kette (Cover: amazon)

Fazit Trigon Audio Excellence

Der Neuling ist, wenn überhaupt, nur in einem Punkt etwas leichtgewichtig – beim Preis. Einerseits angesichts der Fertigungsqualität, aber auch in der Gegenleistung der Klangpotenz. Wobei der Trigon Excellence natürlich erst einmal das Raubtier gibt und mit seiner Leistungsbereitschaft prahlt. Er ist kein Mit-Interpret, er ist Vermittler, nicht klinisch, so aber doch rein. Schlechte Aufnahmen werden nicht geschönt, bei wirklich gutem Stoff darf man sich treiben lassen und gute Musik atmen. Das Bedienkonzept ist ebenso stringent wie der Innenaufbau. Wirkliche Ingenieurskunst.

Trigon Audio Excellence
2024/05
Test-Ergebnis: 4,3
SEHR GUT
Bewertungen
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Dynamisch-frischer, offen-analytischer Klang
Dank Display einfachste und weitreichende Bedienung
Höchste Leistungsbereitschaft auch an kritischen Boxen
Perfekt in der Verarbeitung

Vertrieb:
Trigon Elektronik GmbH
Crumbacher Str. 60
34277 Fuldabrück
www.trigon-audio.de

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Trigon Audio Excellence: 13.900 Euro
Aufpreis Chromfront: 1000 Euro

Technische Daten

trigon audio excellence
Konzept:2-Kanal Transistor-Vollverstärker
Ausgangsleistung (8 / 4 Ohm, 2 Kanäle):
2 x 200 / 2 x 330 Watt
Eingänge analog:2 x XLR, 2 x Cinch
Eingänge digital:4 x SPDIF (2 x Coax, 2 x Opt.), 1 x USB
Ausgänge:1 x XLR (Pre-Out), 1 x Lautsprecher, 1 x Kopfhörer
Abmessungen (B x T x H):44,0 x 17,9 x 42,5 cm
Gewicht:26,1 kg
Alle technischen Daten


Autor: Andreas Günther

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Der begeisterte Operngänger und Vinyl-Hörer ist so etwas wie die Allzweckwaffe von LowBeats. Er widmet sich allen Gerätearten, recherchiert aber fast noch lieber im Bereich hochwertiger Musikaufnahmen.