de
Wire 2017
Noch immer schwer auf Draht: Das Londoner Quartett Wire, das vor exakt 40 Jahren seine Bühnenpremiere feierte, reiht ein hörenswertes Album an das nächste. Nummer 15 heißt Silver/Lead – und ist mindestens so gut wie seine Vorgänger

Wire Silver/Lead – LowBeats CD der KW 12

1977: Im selben Jahr wie Fischer-Z gingen auch die Kollegen von Wire an den Start. Dass ihr neues Werk Wire Silver/Lead auf den Tag exakt zum 40. Bühnenjubiläum (erstmals live zeigte man sich am 31. März 1977) erscheint? Reiner Zufall, beteuert das Quartett aus London. Und Wire gehören zu jenen Bands, denen man eine solche Aussage tatsächlich glaubt – zumindest LowBeats Musicman Christoph Hammer nimmt es den Vieren ab.

Noch nicht einmal britisches Unterstatement steckt hinter dieser Haltung, sondern die Unaufgeregtheit von Charakteren, die Kraft, Geld und Zeit lieber in die Musik stecken anstatt an oberflächlichen Chi-Chi zu verschwenden.

Umso akribischer bastelten Colin Newman & Co. daran, einem gitarrendominierten Post-Punk-Sound einen guten Schuss an schräger Elektronik zu injizieren und Wire zu einer der wichtigsten Adressen für modernen Britrock zu machen, der Generationen weiterer Bands von R.E.M über Sonic Youth bis Blur beeinflusste.

Konzentration aufs Wesentliche kennzeichnet auch ihr 15. Werk namens Silver/Lead. Die zehn Drei- bis Vierminüter enthalten alles, was zeitloser Alternative-/Indie-Rock haben muss – und in vielen Fällen noch jene Prise an Psychedelik und Melancholie, die gute Songs zu kleinen Hymnen macht.

Mit tiefem Bass und metrisch-minimalistischem Schlagzeugspiel liegt Wire Silver/Lead satt wie ein Sattelschlepper auf der Straße; die Gitarren pflügen durch Postpunk und etwas College Rock, verbinden splitternde Riffs mit schimmerndem Glanz.

Kommt dann noch der bandtypische Schuss an unkonventioneller Elektronik hinzu (wie im furiosen „Diamonds in Cups“), ist Wire Silver/Lead so auf- und anregend wie ein Stück modernster Museumsarchitektur aus den Studios von Zaha Hadid oder Frank Gehry: Aus einer silbrig-glitzernden Fassade ragen kantige oder kühn geschwungene Designelemente und schrägwinkelige Bruchstellen hervor, alles wirkt drahtig, sehnig, atmet pure Spannung und Zeitlosigkeit.

Cover Art Wire Silver/Lead
Cover Art Wire Silver/Lead (Cover: Amazon)

Wire Silver/Lead erscheint bei Pink Flag Records im Vertrieb von Cargo und ist erhältlich als Audio-CD und Vinyl LP.

Wire Silver/Lead
2017/03
Test-Ergebnis: 4,2
SEHR GUT
Bewertungen
Musik
Klang
Repertoirerwert

Gesamt

 

Autor: Christof Hammer

Avatar-Foto
Seit vielen Jahrzehnten Musikredakteur mit dem Näschen für das Besondere, aber mit dem ausgewiesenen Schwerpunkt Elektro-Pop.