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Schallplattenmuseum
Seit einem Jahr würdigt das Deutsche Schallplattenmuseum in Nortorf die Geschichte der Tonträger, sowie der Musik und HiFi im Allgemeinen. LowBeats war zu Besuch vor Ort (Foto: F. Borowski)

Das Deutsche Schallplattenmuseum – viel mehr als nur Vinyl

Vor rund einem Jahr öffnete im Schleswig-Holsteinischen Nortorf das Deutsche Schallplattenmuseum erstmals seine Tore. Ein Ort, der nicht nur für eingefleischte Musik- und HiFi-Freunde ein absolut lohnenswertes Ziel ist. LowBeats war am 1. Oktober 2023 zum einjährigen Jubiläum des Museums vor Ort und gibt Ihnen einen kleinen Einblick in die wirklich faszinierende Ausstellung, die nicht nur einen riesigen Vinyl-Schatz beherbergt.

Die Zahlen mögen in Zeiten von Streamingdiensten, die mit bis zu hunderten Millionen Titeln in ihrem Portfolio werben, nicht sonderlich beeindrucken. Aber für eine physische Schallplattensammlung tun sie es doch: Rund 200.000 Singles und LPs, teils in Schellack, aber überwiegend in Vinyl gepresst, hat das Deutsche Schallplattenmuseum in Nortorf unter seinen Fittichen, um sie für die Nachwelt zu erhalten.

Nortorf? Das Örtchen mit knapp 7.000 Einwohnern liegt in Schleswig-Holstein, ungefähr zwischen Kiel und Neumünster. Warum das Deutsche Schallplattenmuseum gerade dort seine Heimat gefunden hat, liegt an den historischen Wurzeln, denn hier hatte die TELDEC (Telefunken/Decca) seit den fünfziger Jahren ihren Sitz, war lange Zeit größter Arbeitgeber vor Ort und produzierte in Nortorf bis 1989 rund 850 Millionen Schallplatten. Und eine Zeitlang auch CDs.

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Am Morgen des einjährigen Jubiläums versammeln sich die ersten Gäste (Foto: F. Borowski)

Die TELDEC-Gebäude sind inzwischen größtenteils abgerissen, aber es existiert noch das Kesselhaus, in dem sich das Deutsche Schallplattenmuseum einquartiert hat. Geleitet wird das rein ehrenamtlich betriebene Museum als Verein vom 1. Vorsitzenden Lutz Bertram. Gemeinsam mit vielen weiteren ambitionierten Vorstands- und Vereinsmitgliedern hat das Haus neben Vinylschätzen auch eine stattliche Sammlung historischer Audioprodukte, sowie Maschinen und Werkzeuge aus der TELDEC-Produktion zur Besichtigung parat. – Und darüber hinaus Geschichten, Hintergründe, Anekdoten und Fachwissen ohne Ende.

Der Besuch im Deutschen Schallplattenmuseum ist Dienstag bis Sonntag zwischen 10 – 17 Uhr möglich. Der Eintritt beträgt pro Person 4 Euro für Erwachsene und 2 Euro für Jugendliche bis 18 Jahren. Kinder bis 12 Jahre kommen kostenlos rein. Auch Gruppenführungen sind mit vorheriger Anmeldung möglich.

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Die Förderer und Unterstützer des Vereins (Foto: F. Borowski)

Das Schallplattenmuseum in Nortorf: der Rundgang

Die Geschichten um die Exponate wie um die Entstehung des Deutschen Schallplattenmuseums sind zu vielschichtig, um sie sich nicht von einem der Experten vor Ort erzählen zu lassen – weswegen ich hier nur ein paar grundlegende Fakten zur Ausstellung aufzählen möchte. Beispielsweise, dass ein Großteil des Plattenschatzes aus den Archiven des NDR Radio stammt. Sowohl aus dem Funkhaus Hamburg als auch aus dem Funkhaus Kiel. Die Platten sind zum größten Teil in einem hervorragenden Zustand, weil diese zu einem nicht unerheblichen Teil nur einmal aufgelegt wurden. Was zum Teil auch daran liegt, dass der NDR Hamburg jede Schallplatte auf Band „gerippt“ und von dort abgespielt hat.

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Der Eingangsbereich (Foto: F. Borowski)
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An dem schönen Kinotresen zahlt man gerne den sehr fairen Eintrittspreis (Foto: F. Borowski)
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Im Erdgeschoss beim Eingang finden sich erste Exponate, wie diese bezaubernde Jukebox. Die Hauptausstellung ist im Kellergeschoss (Foto: F. Borowski)
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Doch es finden sich auch historische Schätze, angefangen mit Schellack-Platten aus allen Epochen ihrer Existenz. Oder kuriose Spezial-Schallplatten und -Spieler in Übergröße, oder auch Exponate, die von den Nazis verboten wurden, oder solche von den Nazis, die wiederum nach dem Krieg verboten wurden.

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Betram und seine Vereinskollegen informieren die Besucher persönlich (Foto: F. Borowski)
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In einem Karteikartenschrank für Schellackplatten finden sich auch Einträge von Titeln, die heute verboten sind (Foto: F. Borowski)
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Bertram zeigt ein Schellack-Exponat … (Foto: F. Borowski)
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… das nur einseitig bespielt ist. Erst später wurden Schallplatten beidseitig gepresst (Foto: F. Borowski)
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Neben den Tonträgern auf Schellack und Vinyl sind auch Tonbänder und Bandmaschinen ein großes Thema, sowie eher kurzlebige Musikspeicher, wie DAT, MiniDisc und Vorläufer der Compact Cassette. Ebenso tolle historische und klassische HiFi-Komponenten, auch darunter einige echte Exoten. 

Im Folgenden zeigen wir Ihnen ein paar besonders bemerkenswerte Exponate im bebilderten Rundgang. Einen Besuch vor Ort können die zwar kaum ersetzen, aber auf jeden Fall Appetit machen…

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Lutz Bertram, 1. Vorsitzender des Museumsvereins, führte LowBeats durch die heiligen Hallen und fütterte den Autor mit Geschichten um das Museum (Foto: F. Borowski)
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Die „Disco“. Hier lagern unzählige Singles (Foto: F. Borowski)
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Natürlich können die 45-er Scheiben auch jederzeit (von einem Mitarbeiter) aufgelegt und abgespielt werden (Foto: F. Borowski)
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Viele der Singles sind mit Anmerkungen der Musikverlage versehen, die Infos zur Musik enthalten (Foto: F. Borowski)
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So tingelten DJs damals durch die Lande (Foto: F. Borowski)
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Überall sieht man diese speziellen Wagen. Die stammen von Teldec und dienten zum Transport von Master-Tonbändern. Zum Glück eignen sie sich auch hervorragend für LPs (Foto: F. Borowski)
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Pressmaschine von Teldec. Einige Funktionen sollen wieder gangbar gemacht werden, um den Prozess besser veranschaulichen zu können (Foto: F. Borowski)
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Hier wurde das Vinyl gepresst (Foto: F. Borowski)
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Das Museum befindet sich im ehemaligen Kesselhaus von Teldec. Durch mehrere solcher Tunnel wurden die Produktionshallen versorgt (Foto: F. Borowski)
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Doch es gibt nicht nur Software. Das Deutsche Schallplattenmuseum hat einen kleineren Bereich, in dem es auch Wiedergabe-Exponate ausgestellt hat – was uns natürlich besonders interessiert:

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Die Sammlung an historischen HiFi-Geräten ist nicht riesig, aber mit legendären und wegbereitenden Komponenten bestückt. Hier beispielsweise der Transrotor Golden Shadow (Foto: F. Borowski)
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Der Studio-Plattenspieler 948 von EMT. Der Direkttriebler (natürlich spielbereit) kann per Tastendruck praktisch auf Schlag gestoppt werden. Etwa für Zwischen-Ansagen (Foto: F. Borowski)
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Auch dieser Telefunken CS20 ist ein Direkttriebler, aber für Daheim gedacht (Foto: F. Borowski)
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Eine legendäre Braun Atelier aus den frühen Achtzigern (Foto: F. Borowski)
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Schon mal gesehen? Ein Ghettoblaster mit integriertem Vertikal-Plattenspieler (Foto: F. Borowski)
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So wunderschöne Musiktruhen gibt es heute nicht mehr. Sogar die Flaschen-Bestückung im Schrank rechts ist stil- und zeitgerecht (Foto: F. Borowski)
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Den Hund kennt jeder (Foto: F. Borowski)
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Und da kommt er her (Foto: F. Borowski)
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Selbsterklärend (Foto: F. Borowski)
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Mit dem Drahttongerät konnte Musik von Schallplatte auf einen dünnen Draht überspielt werden (Foto: F. Borowski)
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Von der Drahtrolle rechts wird der feine Draht wie bei einem Tonband an einem Magnetisierungskopf vorbei geführt. Der Klang soll kaum schlechter als von Kompaktkassette sein, was ich vor Ort nicht überprüfen konnte (Foto: F. Borowski)
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An mehreren solcher Stationen können Besucher Schallplatten anhören – und nebenbei alte Ausgaben der BRAVO lesen (Foto: F. Borowski)
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Eine NSM Jukebox aus einer berühmten Hamburger Kneipe … (Foto: F. Borowski)
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… befüllt mit Singles und zusätzlich schon mit einem CD-Wechsler ausgestattet. Man kann sogar noch ein wenig den Kneipen-Muff erschnüffeln (Foto: F. Borowski)
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Eine Teldec-Innovation war das Aufzeichnungsverfahren DMM (Direct Metal Mastering) bei dem die Aufnahme vom Band direkt in einen Metallmaster geschnitten wurde (Foto: F. Borowski)
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Von dieser Bandmaschine wurde die Musik an die DMM-Maschine übertragen (Foto: F. Borowski)
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Hier die DMM-Maschine im Detail (Foto: F. Borowski)
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Auch solche Spielereien gab es bei Teldec: Ein direkt in eine LP gepresster 20-Mark-Schein. Die Platte ist abspielbar (Foto: F. Borowski)
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Ein Schmuckstück, das Geschichte schrieb: Nagra SN Mini-Tonbandgerät (Foto: F. Borowski)
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Weniger bekannt dürfte dieses Exemplar sein. Ein „sabamobil“-Recorder des einstigen Schwarzwälder Herstellers SABA aus den frühen Sechzigern (Foto: F. Borowski)
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Das Besondere sind diese beidseitig bespielbaren Kassetten, die als Vorläufer der Compact Cassette angesehen werden können (Foto: F. Borowski)
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So wird die Kassette eingelegt. Auch dieses Gerät ist spielbereit (Foto: F. Borowski)
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Auch die Kassette links im Bild ist ein Sonderformat, das dem Siegeszug der Compact Cassette letztlich erlag. Konkurrierende Formate gab es also auch schon weit vor VHS vs. Beta vs. Video 2000 und anderen (Foto: F. Borowski)
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Einer der Sponsoren des Museums, die Kieler Firma ELAC, hat selbst eine lange Geschichte und zeigt einige seiner Klassiker in Nortorf (Foto: F. Borowski)
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Und es gibt noch sehr viel mehr zu entdecken … (Foto: F. Borowski)
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… (Foto: F. Borowski)
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Fazit: Erlebniswelt Musik

Das Deutsche Schallplattenmuseum in Nortorf ist nicht nur deutschlandweit, sondern sogar weltweit ziemlich einmalig. Wer die Gelegenheit hat, sollte hier unbedingt einmal reinschauen. Spätestens beim nächsten Strandurlaub im Land zwischen den Meeren gehört ein Abstecher nach Nortorf auf die Aktivitätenliste für die ganze Familie.

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Auch Udo Lindenberg war schon hier… (Foto: F. Borowski)

Autor: Frank Borowski

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LowBeats Experte für Schreibtisch-HiFi und High End kennt sich auch mit den Finessen der hochwertigen Streaming-Übertragung bestens aus. Zudem ist der passionierte Highender immer neugierig im Zubehörbereich unterwegs.