Ein Trio aus Berlin mit Multikulti-Wurzeln mischt die Weltmusik auf: Mit einem illustren Ensemble aus verschiedensten Akustik-Instrumenten entlassen Tolyqyn sprühende folkig-jazzige bis afro-kubanische Rhythmen in die Welt – das alles eingebettet in ein tontechnisch feines Klangbild macht Tolyqyn “Silver Seed“ zu unserem audiophilen Album der Woche.
Einen passenden, knackigen Namen für eine Band zu finden ist manchmal gar nicht so leicht. Und bevor man sich auf allzu verkopfte oder abgedroschene Worte in zähen Diskussionen einigt, kann man ja auch einfach mal googeln – dachten sich Mastermind Roland Satterwhite (Moka Efti Orchestra), Tal Arditi und Rafat Mohamad. Und siehe da: Die Silbenkombi „Tolyqyn“ gilt bei der Suchmaschine weltweit als rar – und wurde deshalb von den Dreien gebongt.
Soweit die formale Story. Musikalisch blicken die Wahl-Berlin-Neuköllner auf viele abendfüllende Sessions zurück. Der Kanadier Roland Satterwhite mit Vocals, Viola, Bass, Violine – und mit seiner Bratsche, die er sehr speziell mit seinen Daumen bearbeitet, animiert vom westafrikanischen Ngoni-Spiel. Tal Arditi steht für Vocals nebst psychedelischer Akustik- und E-Gitarrenarbeit, Rafat Mohamad für Drums plus Percussion in prickelnder Afrobeat-Tradition.
Da geht was. Kommen wir deshalb rasch zur Musik.
Die Musik von Tolyqyn “Silver Seed“
Im Studio in Berlin-Heinersdorf, im Bezirk Pankow, formten bis zu elf MusikerInnen ein virtuoses Team voller Spielfreude die acht Stücke von „Silver Seed“. Neben dem Kerntrio Satterwhite-Arditi-Mohamad steuert Péter Somos prägnante Schlagzeugparts bei. Und die charmanten Stimmen von Victoria Priester, Christine Serafin sowie Lila Bloom und Esther Cowens formen anmutige mehrstimmige Vokalsätze. Dazu Floria Menzel an Trompete und Flügelhorn, Regis Molina am Alt-Saxofon und Pietro Fornara am Bass. Die Mischung lässt schon ahnen, welche blühende Soundpracht da auf uns zukommt.
Ein solch einigermaßen komplexes Musikgeschehen bildet zudem oft eine Herausforderung an die Tontechnik. Hier verblüfft, dass die Stücke mehr oder minder „selbst“ aufgenommen wurden, weitgehend kuratiert von Roland Satterwhite, gemischt von Fabian Koppri und gemastered von Alain Paul. Und das zusammen lässt die Klangfarben leuchten, die Feindynamik sprühen und das Ganze schön aufgefächert und prima aufgelöst erstrahlen.
Gleich der Opener „Bella Coola“ bezirzt so mit wunderbar harmonischen Vocals und ebenso anrührenden mehrstimmigen Backgroundstimmen. Ein alternativer schwereloser Folk-Pop-Rausch, geadelt von Saxofon-Einsprengseln.
„Puppetman“ tanzt im Upbeat-Modus von sonnigem Afrobeat, gekonnt pointiert inszeniert. Angesichts der Spielfreude fällt einem spontan der umtriebige Andrew Bird als geistiger Sparringspartner ein. Oder sonnige Westcoast-Kost, garniert mit funky-jazzy-Touch.
„Goldmine“ schillert wie einst Latin Quarter oder Bruce Cockburn in ihren guten Zeiten, mit dabei feine Vokalsätze, schöner gechillt-sanfter Rhythmus, fein ziselierte Violine – und schon wieder guckt Alternative-Geiger Andrew Bird um die Ecke. Doch bitte nicht missverstehen: Die Assoziationen sollen Tolyqyn lediglich adeln :-)
Dann „Silver Seed part I and II“, ein Fast-Zehnminüter. Der geht glatt als Afro-American-Opus durch: sphärisch-leicht, im sanften Flow, jazzig-improvisatorisch sanft abdriftend, die Instrumente dürfen sich bis hinauf in jazzig-psychedelische Gefilde herrlich ausbreiten. So weit. Den Rest einfach anhören. Eine Audio-/Video-Probe gibt’s hier mit „Bella Coola“:
Wer Tolyqyn live erleben möchte: hier geht’s:
24. November: Musikbunker, Aachen
25. November: Kulturzentrum Faust, Hannover
7. Dezember: Groundlift Studio, München
8. Dezember: Groundlift Studio, München
Weitere Tourdates gibt’s auf Soulfire-artists.de
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