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Blues-Man im Klangfarben-Rausch: Auf seinem neuen Album JPEG RAW zeichnet Gary Clark Jr. ein mitreißendes Kaleidoskop voller Sounds und Stile, das von Blues, Rock und Soul bis hin zu HipHop und Jazz reicht (Foto: M. Miller)

Gary Clark Jr. JPEG RAW: das Album der Woche

Blues-Rock, Soul und noch viel mehr: Mit seinem neuen Album Gary Clark Jr. „JPEG RAW“ untermauert der US-Amerikaner seine Entwicklung vom ehemaligen Gitarren-Wunderkind zum ungebrochen neugierigen und permanent abenteuerlustigen Innovator der Zwölftakt-Szene.

Manchmal kommt man sich bei der Gestaltung des LowBeats-Musikteils so vor, als betreibe man eine Almhütte in den österreichischen Bergen oder oberhalb des Chiemsees: Erst kommt gar keiner; dann kommen alle Gäste auf einmal. Zäh war der Start ins Jahr 2024, und nur wenige Highlight in Hörweite – jetzt aber geht es Schlag auf Schlag. Mit neuen Alben unter anderem von Elbow, Ride, Nick Cave & The Bad Seeds, The Jesus & Mary Chain, den Pet Shop Boys, den Einstürzenden Neubauten oder den Still Corners ist der Tisch für die kommenden Wochen jedenfalls reich gedeckt.

Los geht das musikalische Frühlingswachen für mich aber mit einem Vertreter aus der Gitarren-/Bluesrock-Fraktion – und das will was heißen. Wird – beziehungsweise bleibt – der Sound, egal ob klassische Zwölftakter oder rustikaler Southern-/Country-Rock-Entwurf, allzu traditionell, bin ich als Fan von Indie- und Alternative-Rock sowie Elektropop-Entwürfen aller Art (gerne mit leicht avantgardistischem Touch) nämlich eher nicht so dabei.

Wird es etwas zeitgemäßer – wie zum Beispiel bei Joe Bonamassa und Marcus King –, sieht die Sache allerdings schon ganz anders aus. Und endgültig „on fire“ bin dann auch ich, wenn jüngere Blues-Men ihr Genre an die Moderne andocken und mit anderen Stilrichtungen verknüpfen. Womit wir bei Gary Clark Jr. wären. Schon seit rund einem Jahrzehnt gehört daher der Gitarrenzauberer aus Austin, Texas zu meinen absoluten Favoriten, und sein 2019er-Coup „This Land“ schaffte es spielend leicht in meine damalige Top 10 der Alben des Jahres.

Die Musik von Gary Clark Jr. JPEG RAW“

Fünf Jahre später nun also „JPEG RAW“: Längst ist aus der einstigen „Zukunft des Texas Blues“ (so 2012 das amerikanische Fachmagazin Jambase) dessen Gegenwart geworden – und aus dem einstigen Bluesrock-Wunderkind ein mittlerweile 40 Jahre alter Topstar der Szene, der vier Grammys im Schrank stehen hat. Und doch ist eines unverändert: Gary Clark Jr. bleibt nie stehen. Auch auf „JPEG RAW“ erweitert er sein Soundspektrum einmal mehr und bleibt jener abenteuerlustige und unberechenbare Sound-Innovator, dessen Standbein fest im Blues verankert ist, während sein Spielbein lustvoll andere Gefilden durchpflügt.

Gehören Rock, R&B, Hip-Hop, Country, Funk und Soul schon seit Langem zu den Basiszutaten seines vielschichtigen Stils, so gehört die Hauptrolle auf „JPEG RAW“ diesmal immer mal wieder dem Jazz – entweder in Gestalt von Samples aus dem Katalog unter anderem von Thelonious Monk und Sonny Boy Williamson oder in Form von Gastauftritten wie dem des US-Trompeters Keyon Harrold, welcher „Alone Together“ mit verhangenen „blue notes“ und butterweichem Falsettgesang in eine traumhaft schöne Soul-Jazz-Ballade mit Seventies-Anleihen verwandelt. Und natürlich steuert auch der Chef selbst seinen Teil zum jazzbetonten Charakter etlicher Kompositionen bei – so etwa in „To The End Of The Earth“, das sich kurze, aber intensive 1:09 Minuten vor dem quecksilbrig-eleganten Spiel des großen Wes Montgomery verbeugt.

Auf eher bluesigen Pfaden wandelt dann „What About The Children“ mit dem ohne Frage prominentesten aller Gäste: Kein Geringerer als Stevie teilt sich hier das Mikro mit Gary Clark und bläst zudem einige seiner prägnanten Mudharmonika-Soli. In „This Is Who We Are“ – ebenfalls ein klares Highlight im zwölf Tracks und rund 54 Minuten starken Programm – ist es dann die ghanaisch-britische Musikerin Naala, die ein markant rockiges Grundkonzept mit Elementen aus elektronischem R&B, Weltmusik und Gospel auflädt. Außerdem mit dabei: US-Kollegin Valerie June (in „Don’t Start“) sowie Funk-Altmeister George Clinton, der in „Funk Witch U“ inmitten eines schön glühendem Saiten-Feuerwerkes für lässige Grooves sorgt.

Gary Clark jr. JPEG
Gary Clark Jr. JPEG RAW erscheint bei im Vertrieb von Warner Music und ist erhältlich als CD, Download und Stream, als 2-LP-Set auf schwarzem 140-Gramm-Vinyl oder als limitierte Deluxe Edition entweder auf schwarzem 180-Gramm-Vinyl oder 140-Gramm-„bone vinyl“.

Dem gegenüber stehen raue, von beinahe industrialartig massiven Beats angetriebene Rocker wie „Maktub“, „Hearts In Retrograde“ oder der Titelsong „JPEG RAW“, in denen Gary Clark Jr. seine Gitarren (zum Portfolio des Meisters gehören unter anderem diverse Gibsons, verschiedene Fender-Stratocaster- und Telecaster-Modelle sowie aus dem Hause Epiphone die akustische Masterbilt und eine elektrische Casino) nach Herzenslust fauchen lässt, sowie jede Menge breitbandige Fuzz-Riffs und virtuose Soli aus den Saiten fieselt. „Triumph“ erstrahlt dann in fast Prince-artiger Grandezza, ehe „Habits“ mit zunächst songwriterhaften Strukturen, dann mit rasanten Saitencrescendi für ein furioses Finale sorgt.

Gary Clark Jr.
„JPEG RAW“
2024/04
Test-Ergebnis: 4,4
SEHR GUT
Bewertungen
Musik
Klang
Repertoirewert

Gesamt

 

 

Autor: Christof Hammer

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Seit vielen Jahrzehnten Musikredakteur mit dem Näschen für das Besondere, aber mit dem ausgewiesenen Schwerpunkt Elektro-Pop.