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Mit einem neuen Sendemast traten im LowBeats-Testkino Störgeräusche auf: Die Bundesnetzagentur kam und prüfte den Sachverhalt (Foto: R. Vogt)
Mit einem neuen Sendemast traten im LowBeats-Testkino Störgeräusche auf: Die Bundesnetzagentur kam und prüfte den Sachverhalt (Foto: R. Vogt)

Reportage HF-Funkstörungen: Die Bundesnetzagentur hilft, auch bei LowBeats

Eigentlich geht es im beschaulichen LowBeats Referenz-Kino in Worms friedlich zu: Die Testgeräte und das fest installierte Interieur arbeiten seit Jahren angenehm störungsfrei. Nun aber stellte die Telefonica (O2) einen Sendemast direkt in die bisher ungetrübte Aussicht auf den 1000-jährigen Dom. Und plötzlich war vieles anders – es hagelte HF-Funkstörungen…

Der Störenfried: Ein LTE/5G-Sendemast der Telefonica. Vorne eine der gestörten Aktivboxen, dahinter der Wormser Dom (Foto: R. Vogt)
Der Störenfried: Ein LTE/5G-Sendemast der Telefonica, dahinter der Wormser Dom. Vorne eine der gestörten Aktivboxen mit improvisierter Schirmung gegen HF-Funkstörungen – einem Aluminiumhut (Foto: R. Vogt)

Vor allem akustisch. Nach der Inbetriebnahme des Mastes hörte ich von all jenen Aktivboxen des LowBeats Kinos, die direkte „Sichtverbindung“ zum neuen Sendemast haben, diese Einstreuungen:

Das Audiosignal übertreibt nicht. Die Aufnahme stammt von dem linken Surroundspeaker, der am ärgsten betroffen ist. Zunächst dachte ich an einen Defekt der Elektronik des aktiven Studiomonitors Focal Solo 6 BE. Vier von ihm bilden seit einigen Monaten – tonal passend zu drei Mainspeakern Focal SM 9 hinter der Leinwand – die Surroundkanäle ab.

Doch die Elektronik war es nicht und die Störung ließ sich auch recht schnell eingrenzen: Selbst, wenn nur das Netzkabel steckte, prasselten die Störungen aus diesem Lautsprecher; bei den drei anderen und dem linken Frontkanal waren die HF-Funkstörungen ebenfalls zu hören, aber abgeschwächt. Ich versuchte mit Bordmitteln, das Problem einzugrenzen und hielt eine große Rührschüssel aus Edelstahl über die Solo 6 am Fenster. Und siehe: Mit dem „Stahlhelm“ verpuffte das Problem und die Richtung der lästigen Einstreung ließ schnell auf den neuen Sendemasten als Verursacher eingrenzen.

Die Bundesnetzagentur kommt bei Funkstörungen (Foto: R. Vogt)
Die Bundesnetzagentur kommt bei Funkstörungen (Foto: R. Vogt)

Ich wusste, dass die Bundesnetzagentur für solche Probleme zuständig ist. Konkret meldet man eine solche Störung bei: funkstö[email protected] oder telefonisch unter 04821-895555. Nach wenigen Versuchen hatte ich eine freundliche Mitarbeiterin am Telefon, die sich geduldig die Problematik und meine Laien-Analyse anhörte und dann zusagte, einen Messwagen zu schicken.

Der Messwagen der Bundesnetzagentur im Einsatz (Foto: R. Vogt)
Der Messwagen der Bundesnetzagentur im Einsatz (Foto: R. Vogt)

Etwa zwei Wochen später kam ein Anruf vom Team und bestätigte den Termin. Der Messbeamte Thomas Gebhardt und zwei Mitarbeiter ließen sich das Problem im LowBeats Kino zeigen und begannen sofort mit der Dokumentation. Im Dialog merkte man schnell: Das sind routinierte Profis, die wissen wirklich, wovon sie sprechen. „Schon auf Grund der klanglichen Signatur des hörbaren Störgeräuschs müsste es sich um ein LTE-Signal handeln“, mutmaßte Herr Gebhardt. Also platzierten die Techniker den Messwagen quasi direkt vor dem Fenster am Kino und begannen mit einer langen Messreihe. Auf immerhin 10 Meter lässt sich der Antennenmast ausfahren und dabei mit verschiedensten Antennen bestücken.

Der Wagen integriert gleich mehrere Messplätze mit Analysegeräten für praktisch alle möglichen Funkstörungen (Foto: R. Vogt)
Der Wagen integriert gleich mehrere Messplätze mit Analysegeräten für praktisch alle möglichen Funkstörungen, nicht nur von Telefonmasten (Foto: R. Vogt)

Ein massives Rad unter dem Tisch mit den imposanten Analysern von Rohde & Schwarz erlaubt den Mast mitsamt Antenne um 360° zu drehen. Schnell bestätigten die Messungen den Anfangsverdacht: Das LTE-Signal des neuen Telefonica-Sendemastes verursacht die HF-Funkstörungen –  und zwar auf dem etwas exotischen, nur von O2 verwendeten 800MHz-Band. Ärgerlich für mich: Die maximale Signalstärke betrug knapp 1V/m. Die Telefonprovider dürfen aber bis zu 3V/m emittieren. Seitens O2 ist also alles im erlaubten Limit.

Innenraum-Analyse mit dem Narda Analyzer, hier die Breitband-Antenne (Foto: R. Vogt)
Innenraum-Analyse mit dem Narda Analyzer, hier die Breitband-Antenne (Foto: R. Vogt)

Flux wurde ein zweiter Messtermin für einen Check im Haus vereinbart – auch, wenn die Hoffnung, dort seien die Störung signifikant größer, gering war. Bereits am übernächsten Werktag stand Herr Gebhardt mit seinem Mitarbeiter wieder im LowBeats Testkino. Dieses Mal mit einem mobilen Messplatz von Narda samt Breitbandantenne auf einem Dreibeinstativ. Dieses ist aus Holz, damit nicht das Stativ selbst schon als Antenne oder Reflektor agiert.

Innenraum-Analyse mit dem Narda Analyzer (Foto: R. Vogt)
Innenraum-Analyse mit dem Narda Analyzer (Foto: R. Vogt)

Das neue Messergebnis bestätigte die vorigen Ergebnisse, wenngleich die maximale Energie punktuell rund 2,6V/m erreichte. Trotzdem: Unterhalb der erlaubten 3V/m sollten alle Geräte mit CE-Zertifikat keinerlei Probleme machen. Das Problem liegt tatsächlich an der unzureichenden Störfestigkeit der Focal Profimonitore. Sehr ärgerlich, aber dafür kann Telefonica tatsächlich nichts; die spielen innerhalb der Regeln. Nun muss ich entweder die Produkte wegen des Mangels zurückgeben – denn sie entsprechen nicht den zertifizierten Spezifikationen – oder eine Schirmung konstruieren, die wirkungsvoll, aber weniger hässlich als das Provisorium mit Alufolie ist.

Messbeamte Tim Wolken und Thomas Gebhardt bei der Innenraummessung (Foto: R. Vogt)
Messbeamte Tim Wolken und Thomas Gebhardt bei der Innenraummessung (Foto: R. Vogt)

Quintessenz: Die tun was, die Herrschaften der Bundesnetzagentur. Die Reaktionszeit war absolut in Ordnung. Auch die Auskünfte waren klar formuliert, der Umgang mit mir als Betroffenem angenehm, informativ und sachlich – zumal ich mich als Journalist erst spät zu erkennen gab. Daran lag das vertrauenerweckende Vorgehen also nicht.

Blieb noch die Frage der beiden Hochfrequenz-Experten, ob man mal das Kino in Action erleben könne…? Natürlich konnten sie: Es folgte eine gut halbstündige Session mit Musik und Filmbeispielen von Blu-ray. Und da zeigten sich die beiden Techniker doch sichtlich beeindruckt…

Wer ein Funkstörungsproblem hat, dem wird hier geholfen: funkstö[email protected] oder telefonisch bei 04821-895555. Infos unter www.bundesnetzagentur.de.

Autor: Raphael Vogt

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Technischer Direktor bei LowBeats und einer der bekanntesten Heimkino-Experten der Republik. Sein besonderes Steckenpferd ist die perfekte Kalibrierung von Beamern.