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Villa Belvedere
Die Villa Belvedere ist das Zentrum des ATR-Vertriebs und neuerdings auch der Aufnahmeort für außergewöhnliche und audiophile Konzertmitschnitte. Der Erste war mit der Ambient-Jazz-Formation De-Phazz (Foto: H. Biermann)

LowBeats beim einmaligen High-End-Konzert: „Live At Villa Belvedere: De-Phazz“

Was waren wir früher stolz auf die ATR-Scheiben. ATR – Audio Trade ist ja einer der ältesten HiFi-Vertriebe Deutschlands (feiert dieses Jahr sein 45. Jubiläum) und hatte immer auch ein kleines, aber feines Programm ausgewählt audiophiler Tonträger im Programm. Mit „Esther“, Jazz At The Pawnshop“, „La Folia“ oder „Cantata Domino“ konnte man die eigene Anlage trefflich vorführen und prüfen – alle waren herausragend gut aufgenommen. In den vergangenen Jahren dümpelte das Programm etwas vor sich hin, doch nun wollen es die ATR-Macher wieder beleben. Der erste Streich heißt „Live At Villa Belvedere: De-Phazz“.

Markolf Heimann
ATR-Geschäftsführer Markolf Heimann war der Gastgeber an diesem Abend. Er will das legendäre ATR-Musikprogramm wieder zu alter Größe bringen und hat dafür die „Live At Villa Belvedere“ Aufnahmereihe ersonnen (Foto: H. Biermann)

Die Besonderheit dieser Aufnahme steckt schon im Namen: „Live At Villa Belvedere“. Wer es noch nicht weiß: Schon länger ist die prachtvolle Villa in Eltville am Rhein das ATR-Hauptquartier. Hier wird HiFi in einem Maß gelebt, wie man es sich eigentlich auch vom gehobenen Fachhandel wünschen würde. Und hier, im großen Demo-Raum fanden sich zum 1. Juni 2023 mit Bernd Windisch (bass), Marcus Bartelt (baritone saxophone), Ulf Kleiner (Fender Rhodes, grand piano) Oli Rubow (drums) und Joo Kraus (trumpet) fünf De-Phazz Stammkräfte zu einem außergewöhnlichen, akustischen unplugged-Konzert ein.

De-Phazz Band
Die Bandmitglieder von links: Ulf Kleiner, Bernd Windisch, Oli Rubow, Joo Kraus, Marcus Bartelt (Foto: H. Biermann)

„Weitgehend unplugged“ muss man wohl sagen, weil der Elektrobass genauso verstärkt werden musste wie das Elektropiano oder das von Joo Kraus meisterhaft beherrschte Effektgerät. Ansonsten hatten sich die fünf De-Phazzer recht gut im Pegel eingegrooved.

Aber die fünf waren nicht allein: Etwa 35 geladene Gäste, darunter der Autor, befüllten die raren Plätze, durften aber – weil es eben auch eine Studio-Aufnahme war – nur auf einen Wink von Joo Kraus hin klatschen. Das taten wir dann euphorisch – weil der Konzertabend einfach grandios war. Ich habe einige De-Phazz-Scheiben im Plattenschrank, aber diese Komposition von etwa zehn, bereits bekannten Stücke, ist besser: Zum einen, weil die Band-Mitglieder wegen des Pegels so genau aufeinander achten mussten, zum anderen, weil die Auswahl der einzelnen Stücke allesamt einen wunderbar ruhigem Ambient/Triphop-Jazz-Anspruch genügen. Wer jetzt meint, „ruhig“ sei eine freundliche Umschreibung für langweilig, der irrt gewaltig. Die innere Spannung des Konzerts war förmlich spürbar.

Und überhaupt: Weil der auch bei LowBeats bereits öfter tätig gewordene Akustikspezialist Farshid Shahlawandian (RTFS) den Raum in der Villa Belvedere akustisch so perfekt optimiert hatte, war wirklich jedes noch so kleine Detail hörbar: die feinen Nebengeräusche an Oli Rubows Schlagzeug oder das leise Klappern an Joo Kraus‘ Trompete.

Dirk Sommer
Der „Sommelier du Son“: Dirk Sommer vor seinem durchweg analogen Aufnahme-Equipment (Foto: H. Biermann)

Eingefangen hat die Aufnahme-Session kein Unbekannter: Dirk Sommer, gemeinhin Kollege, weil Chefredakteur des Online-Magazins HIFISTATEMENT, ist unter dem Label „sommelier du son“ auch ein anerkannt guter Tonmeister für audiophile Aufnahmen. An zwei Abenden hat er das Konzert von De-Phazz mitgeschnitten und wird aus den besten Stücken das Album „Live At Villa Belvedere: De-Phazz“ schneiden.

Der Clou an der Geschichte: Das Konzert wurde komplett analog aufgezeichnet: Sehen wir mal von der Effektmaschine von Joo Kraus ab, war da nix Digitales drin.

De-Phazz Band
Applaus, Applaus: Die Band nach 80 genialen Konzert-Minuten (Foto: H. Biermann)

Als das Konzert beendet war, durften wir dann endlich nach Herzenslust klatschen – was wir ausgiebig taten. Denn, ich muss mich wiederholen, das Konzert war große klasse. Wenn Kollege Sommer die Atmosphäre und diesen unglaublich transparenten Klang auch nur in etwa so einfangen konnte, wird diese Scheibe nicht nur unter audiophilen Gesichtspunkten ein großes Werk.

Apropos Scheibe: Tatsächlich wird „Live At Villa Belvedere: De-Phazz“ zunächst nur als noble 180-Gramm-Pressung (Preis: 50 Euro) auf den Markt kommen. Auch der avisierte Termin zur Veröffentlichung steht schon fest: Es soll Oktober dieses Jahres sein. Womöglich folgt irgendwann – dann natürlich digital hochgezüchtet – ein HiRes Master. Gleich in welcher Form: Wer die Musik von De-Phazz zu schätzen weiß, kann sich auf diese Veröffentlichung echt freuen.

Villa Belvedere Grafik
Bald das Erkennungszeichen für außergewöhnliche Studio-/Live-Mitschnitte: die Villa Belvedere in Eltville (Foto: H. Biermann)

 

Autor: Holger Biermann

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Chefredakteur mit Faible für feinste Lautsprecher- und Verstärkertechnik, guten Wein und Reisen: aus seiner Feder stammen auch die meisten Messe- und Händler-Reports.