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Lotoo PAW-S2 Startbild
Mit dem Dongle-DAC PAW-S2 und den In-Ears LE-M1 bietet Lotoo eine klangstarke Antithese zu üblichen Bluetooth-TWEs. Ein echter Geheimtipp für knapp 650 Euro (Collage: F. Borowski)

Test Lotoo LE-M1 In-Ear-Kopfhörer und PAW-S2 Dongle-DAC

In Zeiten kabelloser Bluetooth In-Ears wirken drahtgebundene Ohrstöpsel wie die Lotoo LE-M1 fast schon wie ein Anachronismus. In nur wenigen Jahren haben es die sogenannten True Wireless Earphones (kurz: TWE) geschafft, die meist als Smartphone-Beipack genutzten Ohrhörer mit Strippe buchstäblich und im übertragenen Sinne aus den Köpfen der Menschen zu verdrängen. Auch die analoge Klinkenbuchse ist inzwischen aus den meisten Mobilgeräten verschwunden. Wie kann ein Hersteller also auf die Idee kommen, mit kabelgebundenen, passiven In-Ears heute noch einen Blumentopf gewinnen zu wollen? Zumal für einen Preis von 350 Euro, obwohl ordentliche TWEs heute schon für unter 100 Euro zu haben sind? 

Der chinesische Hersteller Lotoo, hierzulande im Vertrieb bei audiodomain.de versucht genau das. Zusammen mit einem kleinen und noch mal 300 Euro teuren Dongle-DAC zur Verbindung mit Smartphones, Tablets oder Desktop-Computern ist das Ziel klar: Hohe Klangqualität soll hier der ausschlaggebende Kaufanreiz sein. Für diesen Ansatz ist der Preis von rund 650 Euro (zusammen mit dem DAC) sogar relativ niedrig angesetzt, zumindest verglichen mit so manchen High-End In-Ears und Mobil-DACs, für die weit in den vierstelligen Bereich investiert werden kann. LowBeats hat sich die Lotoo LE-M1 In-Ears zusammen mit dem DAC PAW-S2 genau angehört – und dabei einen neuen Geheimtipp für den guten Klang unterwegs entdeckt.

Lotoo Lifestyle
Die Testkandidaten: Ein kleiner, aber vielseitiger DAC plus hochklassiger, aber dezenter In-Ears. (Foto: Lotoo)

Besinnung auf wahre Klangqualität 

Kleine Anekdote: Kürzlich stieß ich auf einen ursprünglich im Wall Street Journal erschienenen Artikel (möglicherweise Paywall), der kurz darauf auf der Apple-affinen Seite 9to5mac für weitere Überlegungen aufgegriffen wurde. Die Überschrift machte mich neugierig: „Opinion: Why are wired EarPods making a seemingly bizarre comeback in an AirPods-filled world?“ – Wie bitte? Ein Comeback drahtgebundener Ohrhörer? Sollten die Massen etwa zur „Vernunft“ gekommen sein und plötzlich Klangqualität vor drahtlosen Komfort stellen?

In den genannten Artikeln findet sich allerdings kein einziges Wort zum Thema Klangqualität. Es stellte sich heraus, dass es hier lediglich um einen (vermutlich kurzlebigen) Trend unter Jugendlichen geht, nachdem Kabel-In-Ears plötzlich wieder angesagt sind, weil inzwischen JEDER in der Schule mit TWEs herumläuft. Und was jeder hat, ist uncool.

Schade. Nix mit plötzlich gestiegenem Klangbewusstsein. Wir Audiophile bleiben weiter eine kleine und von außen betrachtet wohl sehr skurrile Minderheit. Wie das berühmte, von unbeugsamen Galliern bevölkerte Dorf, das nicht aufhört, dem Eindringling Widerstand zu leisten. Und die beiden Testprobanden sind in dieser Analogie wie Asterix und Obelix: Jeder für sich schlagkräftig und erst recht gemeinsam ein überzeugendes Team im Kampf gegen die Übermacht der TWEs.

Ich will die Sache nicht zu sehr verklären. Ran an die Fakten…

Lotoo In-Ears LE-M1 vorgestellt

Es ist bemerkenswert, dass ausgerechnet aus dem Reich der Mitte, das bekannt für seine billigst produzierte Massenware ist, in letzter Zeit immer mehr kleine und bis dato unbekannte Marken auftauchen, die dem guten Klang einen besonders hohen Stellenwert einräumen. Lotoo gehört zweifellos genau in diese Reihe. Das Unternehmen existiert bereits seit 1999, ist also keineswegs ein Neuling, und nach eigenen Aussagen „die professionelle Audiomarke der Beijing Infomedia Electronic Technology Co. Ltd.“ – die hierzulande wahrscheinlich auch kaum jemand kennt. In China aber die Firma eines der größten Broadcast-Unternehmen und unter anderem als OEM-Hersteller für Digitalprodukte von Nagra und andere illustren Namen tätig.

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Kabel statt Bluetooth sorgen für besten, unkomprimierten Klang mit HiRes-Unterstützung (Foto: Lotoo)

Auch die Digital Audio Player (DAP) von Lotoo sind für Klangpuristen einen näheren Blick wert. Diese arbeiten mit einem eigenen, sehr schnellen Betriebssystem und verzichten bewusst auf jegliche Streaming-Optionen. Digitale Musik muss auf die Player kopiert werden, wo sie mit bestmöglicher Qualität direkt verarbeitet wird.

Lotoo beschreibt sich selbst (und ohne übertriebenes Pathos und Selbstlob) als Hersteller professioneller Aufnahme- und Wiedergabeprodukte, die in die Vereinigten Staaten, nach Kanada, Singapur, Korea, Japan, in die Schweiz, nach Deutschland, Frankreich, Polen, Spanien, Finnland und in mehr als 30 weitere Länder und Regionen exportiert werden. Dazu gehören auch die In-Ears LE-M1 und der Dongle-DAC PAW-2.

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Die Lotoo LE-M1 In-Ears verzichten auf Bling-Bling, sind aber höchst präzise aus Vollmetall gefertigt. Die Kabel sind auswechselbar (Foto: Lotoo)

Über die In-Ears, die bei Lotoo unter Zubehör gelistet sind, gibt es nicht allzu viele technische Details und die Produktseite ist auch nicht vollgestopft mit blumigen Marketing-Begriffen, die aus regulärer Technik etwas Besonderes machen sollen. Als Treiber kommt ein einzelner, 10 mm durchmessender dynamischer Treiber mit Carbon-Nanotube-Membran in einem Gehäuse aus Vollmetall zum Einsatz. Die Kabel sind abnehm- bzw. ersetzbar und es gibt einen versteiften Teil an den Kabeln, der ähnlich wie Brillenbügel über die Ohrmuscheln geführt werden soll. Das ist auch schon so ziemlich alles, was es hardwareseitig zu berichten gibt.

Auch die technischen Daten lassen keine außerordentlichen Fähigkeiten erkennen, die andere In-Ears nicht auch schaffen würden: Frequenzgang von 10 Hz bis 40 kHz, Verzerrungen (THD @ 1 kHz) kleiner als 0,2%, Empfindlichkeit 105 dB/mW (@1KHz), Impedanz 32 Ohm ±15% (@1 kHz).

Die LE-M1 sind als Monitoring-In-Ears konzipiert, wenden sich also in erster Linie an Musiker und Musikschaffende, die eine möglichst neutrale und ehrliche Abhörmöglichkeit benötigen. Was natürlich nicht bedeutet, dass HiFi-Fans nicht auch davon profitieren könnten.

Lotoo DAC PAW-S2 vorgestellt

Über den kleinen DAC und Kopfhörerverstärker PAW-S2 gibt es da schon etwas mehr zu erzählen. Es handelt sich hierbei um einen extern gespeisten Mini-D/A-Wandler und Kopfhörerverstärker. Im Gegensatz zu Geräten wie beispielsweise dem rund 200 Euro teuren iFi Audio GO blu, mit dem ich einige Vergleiche angestellt habe, besitzt der Lotoo PAW-S2 keinen integrierten Akku und kein Bluetooth. Gespeist wird er über seinen USB-C-Eingang, mit dem er an Macs, PCs und Smart-Devices aller Art angeschlossen werden kann. Für Apple iPhones gibt es einen passenden Lightning auf USB-C-Adapter (optional). Über die USB-C-Verbindung empfängt der Dongle-DAC, der etwas kleiner als ein reguläres Einwegfeuerzeug ist, neben Strom auch die Audiodaten.

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Das OLED-Display informiert über Lautstärke, Auflösung/Samplingrate und den gewählten DSP-Modus (Foto: Lotoo)

Das sanft abgerundete und haptisch sehr hochwertig wirkende Gehäuse ist aus einem massiven Block Alu geschnitten. Das Innenleben ist durch eine super-exakt eingepasste und mit Torx-Schrauben befestigte Rückwand geschützt. Eingangsseitig befindet sich besagter USB-C-Port, gegenüber gibt es eine 3,5 mm Klinkenbuchse und – was ich sehr begrüße – einen symmetrischen 4,4 Pentaconn-Ausgang. Die hier getesteten In-Ears sind mit unsymmetrischer 3,5-mm-Verbindung ausgestattet.

Die Bedienung des DAC erfolgt über vier kleine, aber gut unterscheidbare Tasten an einer der Gehäuseseiten. Funktionen und Status werden in einem kleinen aber gut ablesbaren OLED-Display angezeigt. Zum Lieferumfang gehört ein praktischer ansteckbarer, aber wie ich finde auch etwas klobiger Kleiderclip mit integrierter Kabelführung bzw. Zugentlastung für das Quellenkabel.

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Der mitgelieferte Kleiderclip ist etwas groß, dafür aber sehr vielseitig nutzbar und mit integrierter Zugentlastung (Foto: Lotoo)

Als DAC kommt ein AKM4377 zum Einsatz, der PCM mit Samplingfrequenzen bis 384 kHz und DSD 64/128 unterstützt. Die übergeordnete Taktung des PAW S2 verwendet den AK8142, ein programmierbares Taktgenerator-IC mit integrierter „Fractional N PLL“ für genauest möglichen Takt. Der PAW-S2 ist außerdem voll MQA-kompatibel. Die Ausgangsleistung beziffert der Hersteller mit maximal 150 mW via Pentaconn und 125 mW über die unsymmetrische Klinkenbuchse, beides ermittelt an 32 Ohm. Das sollte für die meisten modernen Kopfhörer völlig ausreichen. Zudem besitzt der PAW-S2 eine Gain-Umschaltung für mehr oder weniger empfindliche Kopfhörer.

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Der Aufbau des Lotoo PAW-S2: Auf Bluetooth und Akku wird bewusst verzichtet (Rendering: Lotoo)

Wie heutzutage bei solchen Geräten üblich, hat auch der Lotoo-Dongle mehrere DSP-gestützte EQ-Kurven zur Klanganpassung zu bieten. Diese heißen: Classic, Pop, Rock, Headphone, ACG – 1, Movie, Game, Radio, Vinyl LP, Cassette, Dental, Nearfield und Farfield. 

Wobei „ACG-1“ und vor allem „Dental“ nicht ganz offensichtlich sind. Für schmerzfreie Zahnbehandlungen mittels Klang-EQ? ACG-1 ist laut Hersteller eine Kurve, die unter psychoakustischen Gesichtspunkten entwickelt wurde und Dental ist tatsächlich ein EQ, der bei bestimmten Gesangsstimmen für eine Zahnschalldämpfung sorgen soll. Kein Scherz. Also wenn Ihnen bestimmter Gesang Zahnschmerzen verursacht, am besten erst mal den Dental-EQ ausprobieren.

Praxis

So viel ist klar: Kabel sind schon etwas nervig. Insbesondere bei kleinen Ohrhörern. Vor der Benutzung müssen die Strippen oft mühsam entknotet werden. Und während der Benutzung muss stets darauf geachtet werden, mit den dünnen Leitungen nicht irgendwo hängen zu bleiben, oder sie im Reißverschluss der Jacke zu beschädigen. Nach der Benutzung muss das Ganze dann wieder aufgewickelt werden – vorsichtig und ohne zu viel Kraft – und irgendwie in das kleine Transporttäschchen gestopft werden.

Übrigens: Die LE-M1 werden mit einem kleinen Clamshell-Case geliefert, in das mit etwas Geschick auch der PAW-S2 noch reinpasst.

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Der DAC passt in das kleine Transportcase der In-Ears: Eine vielseitige und high-endige Kompaktlösung (Foto: F. Borowski)

Die Benutzung an der Leine bietet auch gewisse Vorzüge. So können die Ohrstöpsel mit einem Handgriff schnell aus den Ohren genommen und über den Ohrmuscheln oder den Schultern hängen gelassen werden, ohne die Gefahr, dass sie aus der Hand direkt in den nächsten Gully fallen, der nach Murphys Gesetz garantiert zur Stelle ist. Und die Ohrstöpsel müssen nicht alle paar Tage (oder öfter) aufgeladen werden, was insbesondere dann lästig ist, wenn man es vergisst und plötzlich keine Musik hören kann.

Vor allem aber bedeutet eine Kabelverbindung zu rein passiven Ohrhörern eine sichere, stets unterbrechungs- und vollkommen kompressionsfreie Verbindung. Echte HiRes-Wiedergabe ist nur damit möglich. Mit dem heute verfügbaren Bluetooth geht das (noch) nicht.

Randnotiz dazu: Bluetooth aptX Lossless steht in den Startlöchern und auch Apple hat durchblicken lassen, dass sie für die nächste AirPods-Generation an höheren Bandbreiten und Lossless-Wiedergabe (nicht HiRes) per Bluetooth arbeiten. Doch selbst wenn das kommt, bedeutet das nicht automatisch vollkommen verlustfreie Übertragung, denn Bluetooth arbeitet immer (auch mit den angekündigten Varianten) mit adaptiven Bandbreiten. Bei nicht ganz optimaler Funkverbindung verringert sich die Bitrate teils drastisch.

Die Inbetriebnahme des LE-M1 zusammen mit dem PAW-S2 ist simpel: Der DAC funktioniert an nahezu allen Smart-Devices und Computern „Plug&Play“. Sobald das USB-Kabel verbunden ist, kann der DAC als Ausgabegerät im Audio-Menü des Quellengerätes ausgewählt werden. Die Ohrhörer werden einfach an der entsprechenden Klinken- oder Pentaconn-Buchse angesteckt und schon kann die Musik starten.

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Kompetenter Desktop-DAC: Per USB-C am Mac oder PC angeschlossen. Hier mit einem Adapter  (ebenfalls bei audiodomain.de erhältlich) von XLR4 auf Pentaconn (Foto: F. Borowski)

Lautstärkeregelung und DSP-Auswahl erfolgt über die vier Tasten am PAW-S2, was schon nach sehr kurzer Eingewöhnung sehr gut funktioniert. Die Bedienlogik ist bestechend einfach.

Die In-Ears erweisen sich als ebenso komfortabel wie praxistauglich. Einmal eingesetzt, spürt man die Hörer schon nach kurzer Tragezeit so gut wie nicht mehr und der Sitz ist – zumindest in meinen Ohren – sehr sicher. Und das sagt einer, der mit den Tragekomfort von In-Ears eigentlich nie so recht warm geworden ist.

Hörtest: Hier wird die Spreu vom Weizen getrennt

Schon nach wenigen Hörminuten mit den Lotoo In-Ears am PAW-S2 und über das iPhone war klar, dass diese Lösung fernab vom üblichen Einheitsbrei der Bluetooth-TWEs spielt. Es handelt sich hier ganz klar um Präzisionsinstrumente. Aber nicht etwa solche, die nur darauf aus sind, jedes noch so feine Detail herauszusezieren und unter das Mikroskop zu legen. Das Lotoo-Gespann macht ganzheitlich Musik.

Seit es TWEs gibt, habe ich diese Bauart in dutzenden Varianten getestet. Die ersten Generationen waren einfach nur grauenhaft, aber es wurden schnell Fortschritte gemacht. Heute gibt es kaum noch TWEs, die wirklich schlecht klingen – was hauptsächlich daran liegt, dass die Hersteller die unumgängliche Elektronik dazu nutzen, den Klang per DSP nach Ihrem Gusto zurecht zu biegen. Die Abstimmung erfolgt in den seltensten Fällen durch Optimierung der akustischen Gegebenheiten in der Treiberkammer, sondern fast ausschließlich mittels digitaler Frequenzgangoptimierung.

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Neben der üblichen 3,5 mm Klinkenbuchse hat der PAW-S2 auch einen symmetrischen Pentaconn-Ausgang (Foto: Lotoo)

Grundsätzlich ist dagegen nichts einzuwenden und zumindest auf dem Papier führt digitale Optimierung ja auch zu nahezu perfekten Ergebnissen. Die Klangtests scheinen das beim ersten Reinhören oft zu bestätigen: Satte aber saubere Bässe, farbenfrohe Mitten und spritzige Höhen sind vielen TWEs zu attestieren. Genau darum sind sie ja auch so beliebt. Nur wer sich die Mühe macht und Vergleiche mit solchen In-Ears wie den Lotoo LE-M1 anstellt, wird stutzig.

Das ist irgendwie anders, aber was genau höre ich da? Plötzlich erscheint die Musik viel realer und entschlackter, wobei die LE-M1 keineswegs irgend etwas an Bassenergie oder Auflösung vermissen lassen. Im Gegenteil. Nur klingt das Geschehen mit ihnen längst nicht so retortenmäßig, sondern einfach lebensechter. Feine Ausschwingvorgänge von Schlaginstrumenten, Obertöne und charakteristische Klänge bestimmter Materialien ertönen über keinen mir bekannten Bluetooth-TWE so wahrhaftig.

Dabei gelingt es den akustisch natürlich geschlossenen Lotoo-Hörern sogar, das für solche In-Ears sonst so typische räumliche Isolationsgefühl weitgehend zu vermeiden. Zwar nicht ganz vergleichbar mit offenen Over-Ears, denn Außenschallisolierung bieten die LE-M1 natürlich auch auf gutem Niveau. Jedoch wirkt das Klanggeschehen mit den Lotoos weiträumig, offen und nicht so … vorlaut. Die Lotoo sind echte audiophile Klangperlen.

Um dem DAC PAW-S2 genauer auf den Zahn zu fühlen, habe ich ihn zunächst am Mac angeschlossen und via Pentaconn mit den Focal Clear Mg verbunden, einem offenen Over-Ear der 1.500-Euro-Klasse. Mit ihren 55 Ohm und einem Kennschalldruck von 104 dB/1mW @ 1kHz sind die Focals für den Lotoo keine elektrische Herausforderung. Die Gain-Einstellung des Lotoo blieb auch mit ihnen auf „low“. Die Musik wurde vom Mac via Roon direkt an den DAC ausgegeben.

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Optional ist für iPhones ein Lightning-Adapter erhältlich (Foto: Lotoo)

Das gleiche Setup wurde dann zum Vergleich noch mal mit dem iFi Audio Go blu gehört, der ebenfalls über einen kabelgebundenen DAC-Modus verfügt. Nun, die Unterschiede waren erwartungsgemäß nicht riesig, da auch der 100 Euro günstigere iFi schon über einen sehr guten DAC mit ähnlichen Leistungsdaten, sowie eine diskret aufgebaute Ausgangsstufe mit ordentlich Leistung für so einen kleinen Amp verfügt.

Auch bei diesem Vergleich stach die äußerst neutrale und ehrliche Spielweise des Lotoo hervor, was ich zunächst aber als dünner und kraftloser wahrnahm. Als Ausgangspunkt diente mir dabei übrigens die DSP-Einstellung „None“ am Lotoo, also ohne DSP-Korrektur. Diese Einstellung ist tatsächlich ultra-neutral, im Vergleich zu den immer irgendwie DSP-getunten TWE-Konkurrenten und DACs wie dem iFi aber manchmal auch etwas zu farblos. Dagegen half am besten die Einstellung „Headphone“, die eine entscheidende Prise mehr Würze in das Klanggeschehen bringt und so mit dem iFi GO blu quasi gleich zieht. DSP-Presets wie Rock steigern den Pep noch mal, andere sind hingegen eher zurückhaltend ausgelegt. Bei der verfügbaren Anzahl an DSP-Filtern bleibt dem Nutzer je nach Musikrichtung und Geschmack die Qual der Wahl. Ich blieb im weiteren Verlauf des Tests meistens bei „None“ oder gelegentlich bei „Headphone“.

Unter dem Strich bleibt die Erkenntnis, dass sowohl die Lotoo In-Ears als auch der DAC absolut ehrliche Häute sind. Keine Illusionisten oder Gaukler. Dabei erfreut mich insbesondere, dass die In-Ears bei aller Wahrhaftigkeit niemals langweilig und belanglos wirken. Tiefreichende, kraftvolle Bässe schließen nahtlos an einen sonoren Grundton an, gefolgt von natürlichen, farbstarken Mitten und strahlenden aber niemals spitzen oder harschen Höhen. Auch ganz ohne DSP-Korrektur.  

Fazit: Superstars ohne Star-Allüren

Fast wie eines dieser Entertainment-Märchen: Ein unscheinbares, blasses Persönchen betritt die Bühne, alle fragen sich, ob es sich vielleicht einen verirrten Backstage-Mitarbeiter handelt, doch dann stellt sich die Person ans Mikro, schmettert los und dem Publikum sackt die Kinnlade auf den Schoß. Zum Schluss haben alle Pipi in den Augen.

Diese kleine Kombi aus DAC und In-Ears holt verdientermaßen alles aus dem Schatten ins Rampenlicht. Müsste ich täglich längere Strecken in Bus oder Bahn zurücklegen, wären die Lotoo LE-M1 In-Ears und der Dongle-DAC PAW-S2 meine Wahl. Kein Noise Cancelling sagen Sie? Pah! Ich verzichte. Strippe nervt? Ich komme damit klar. Der Preis ist hoch? Im Vergleich zu vielen TWEs schon, aber nicht für das klanglich Gebotene.

Auch gefällt mir die unkomplizierte Handhabung mit der einfachen Bedienung des DAC und die Tatsache, dass beide zusammen in dem Transportcase der LE-M1 nicht viel mehr Platz in der Tasche brauchen als AirPods. Und dass die Lotoos nicht aufgeladen werden müssen. Just Plug, Play and Enjoy!

 

 

Lotoo PAW-S2
2022/01
Test-Ergebnis: 4,7
ÜBERRAGEND
Bewertungen
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
ausgezeichnete Klangqualität
vielseitige und kompakte Lösung
praxisgerechte Anschlüsse
hochwertige interne Lautstärkeregelung

Vertrieb:
audioNEXT GmbH
Isenbergstr. 20
D-45130 Essen

Telefon: 0201 – 799 39 404
[email protected]

www.audiodomain.de

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Lotoo LE-M1 In-Ears: 350 Euro
Lotoo PAW-S2 DAC: 299 Euro

Technische Daten

Lotoo PAW-S2
Konzept:Dongle-DAC
BesonderheitenPCM bis 32bit/384kHz, DSD128
Anschlüsse:USB-C IN, 3,5 mm Klinke und 4,4 mm Pentaconn OUT, MQA, OLED-Display
Farben:Schwarz
Gewicht:
29 g
Maße (B x H x T):66 x 13 x 22 mm
Alle technischen Daten

 

Autor: Frank Borowski

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LowBeats Experte für Schreibtisch-HiFi und High End kennt sich auch mit den Finessen der hochwertigen Streaming-Übertragung bestens aus. Zudem ist der passionierte Highender immer neugierig im Zubehörbereich unterwegs.