Das muss man sich trauen: Der neue Pioneer Rayz Plus In Ear Kopfhörer bietet als einzigen Anschluss einen „Lightning Connector“ – also einen Anschluss nur für Apple Geräte. Glücklicherweise ist LowBeats Autor Claus Dick ein Apple User durch und durch und hatte beim Test dieses smarten In Ear Hörers erstaunlich viel Spaß. Hier ist sein Bericht:
Als Apple-Marketing-Chef Phil Schiller 2016 den Kopfhörer-Klinken-Anschluss beim iPhone alternativlos dem „Lightning Connector“ opferte und dies als „mutigen“ Schritt propagierte, hagelte es giftige Shit-Storms im Netz – schließlich schafften die Kalifornier damit einen Industrie-Standard für iPhone, iPad & Co ab und forderten gleichzeitig zum Kauf des hauseigenen „Lightning Dock“ (oder indirekt des Belkins Lightning-Audio Lade- „RockStar“) auf. Nun ja. Apple weiß ja schon lange, wie man Gewinn und Aktienkurs smart in die Höhe treiben kann.
Was die Besitzer vieler „normaler“ mobiler Kopfhörer mit Klinkenstecker und Apple-Devices ärgert, dürfte künftig Neu-Käufer grundsätzlich sogar freuen: Denn der Lightning-Anschluss birgt viel cleveres Bedien-Potenzial, vorausgesetzt, die angestöpselten Musik-Macher haben das Zeug dazu.
Pioneer tritt an dieser Stelle mit einer erwachsenen Pioniertat auf den Plan – die Japaner kreierten mit ihrem Pioneer Rayz Plus einen patenten Spielpartner für die mobile Apple Gerätschaft: Die In Ears, wahlweise in „Graphit-“ oder „Bronze-“Outfit erhältlich, geben sich als wahre Entertainer – ganz ohne Batterien, denn den nötigen Saft saugen sie sich vom Apple Gerät ab.
Das „Plus“ in der Typenbezeichnung des Rayz steht dabei für einen zweiten Lightning-Port – der kann wiederum das iPhone mit Strom versorgen.
„Pioneer Rayz Plus Noise Cancelling Kopfhörer mit Lightning Anschluss sind die ersten Kopfhörer, mit denen du etwas auf deinem iPhone hören oder sprechen kannst, während du es lädst“, erklärt Apple potentiellen Kunden. Der „normale“ Rayz verzichtet auf dieses Feature und ist dafür 60 Euro billiger.
Smart Noise Cancellation: das Plus des Pioneer Rayz Plus
Alles so schön bunt, pardon – smart hier: Der Rayz beherrscht aktives Noise Cancelling und passt dies (mit einem patentierten Verfahren) der Umgebung und den anatomischen Gegebenheiten des jeweiligen Ohrs an – das nennt sich dann „Smart Noise Cancellation“.
Der „HearThru“-Modus soll dabei, wenn aktiviert, ein gewisses Maß an nützlichen Außengeräuschen an die Lauscher durchwinken, damit man beispielsweise Durchsagen am Bahnsteig mitbekommt. Äußerst praxisgerecht: Die „On Ear Detection“.
Sie erkennt selbstständig, ob die Rayz-Plus-Knubbel im Ohr weilen – dann spielt die Musik. Nimmt man sie raus, ist Session-Pause angesagt, und zwar in einem Sparmodus, der wertvolle Energie schonen soll.
Und Pioneer hat für Rayz-Komponenten natürlich auch eine kostenlose App namens „Rayz by Pioneer“. Die beschert dem Nutzer weitere individuelle Einstell- und Belegungsmöglichkeiten der „Smart-Taste“.
Zum Beispiel die Einstellung des Klang-Equalizers al Gusto. Die neueste Version der App (1.3.5) sowie die Rayz Firmware 2.8.0 unterstützt zudem seit kurzem auch „Hey Siri“ sowie Sprach-Support, unter anderem in Deutsch, Französisch, Italienisch und Spanisch.
Der Befehls-Talk mit Siri soll dafür sorgen, dass das iPhone in der Tasche bleiben kann, wenn der User anrufen, eine Nachricht senden oder Musik hören möchte.
Damit die schöne neue smarte Bedienwelt auch gut funktioniert, taten sich die Pioneer-Entwickler mit Experten des Chip-Spezialisten Avnera zusammen.
„Wir haben eng mit Pioneer zusammengearbeitet, um Nutzern intelligente Funktionen ohne Kompromisse hinsichtlich Akkulaufzeit, Produktgröße oder Leistung bereitstellen zu können“, freut sich CEO Manpreet Khaira. Die Jungs aus Portland/Oregon kennen sich prima aus mit analoger und digitaler Signalverarbeitung nebst stromsparenden Technologien.
Mit der Fernbedienung in der Grundform eines Erfrischungsstäbchens lässt sich der Rayz Plus schon ganz gut dirigieren. Die Druckpunkte sind haptisch angenehm ausgelegt und die vier Bedienfelder (Lautstärke rauf, Play/Pause, Lautstärker runter, Smart Button) liegen weit genug voneinander entfernt und sind unterschiedlich geprägt, um Verwechslungen zu vermeiden.
Um die Bedienvielfalt ausschöpfen zu können, muss jedoch die Gratis-App Pioneer Rayz aufs iPhone oder iPad: Das Laden im Apple Store funktioniert easy und zügig.
Ein animiertes Smiley-Icon erklärt dabei wichtige Items auf dem iPhone und führt nett durch Anwendungserklärungen. „Stecke Deinen Rayz ein oder tippe auf das Bild, um eine Tour zu machen,“ heißt es da zum Beispiel.
Okay: Das Menü leuchtet glutrot und bietet nun diverse Einstellmöglichkeiten, die den Outdoor-Alltag versüßen können. Zuvorderst wäre da die „Intelligent Noise Cancellation“ zu nennen; ihr Clou: Mit einem Fingertipp auf „Kalibrieren“ misst sich das System (bestückt mit sechs Mikrofonen!) auf die Umgebungsgeräusche und die Ohr-Anatomie ein.
„Ihr Kopfhörer ist bereit zum Kalibrieren“, tönt eine sonore Frauenstimme in deutscher Sprache. Danach dringen diverse Messtöne, darunter ein orgelartiger Sound, ans Ohr und mit „Kalibrierung abgeschlossen“ ist man nach wenigen Sekunden theoretisch gut eingestellt für störungsarmen Musikgenuss.
Mit dem Pioneer Rayz Plus unterwegs
Straßengeräusche filtert das System in der Tat gut aus; je nach Lautstärke der Musik bleibt man mehr oder weniger unbehelligt von lästigem U-Bahn- oder Auto-Gebrumme.
Stimmen dringen dennoch leicht durch – vor allem, und das ist ja ausdrücklich so gewünscht, wenn man den „HearThru“-Modus zusätzlich aktiviert. Dann klingen zum Beispiel Lautsprecher-Ansagen am Bahnhof klarer, heller und lassen sich deutlich besser verstehen.
Und wer sich seinen eigenen Sound-Kosmos schaffen möchte, tippt einfach auf den Equalizer-Modus. Hier lassen sich fünf Frequenzen zwischen 50 und 8.000 Hertz „benutzerdefiniert“ einstellen oder nach „Sprache“, „Bassanhebung“ oder dem Modus „Verbessern“ und „Flach“ einloggen.
Das funktioniert wirklich gut, ist aber nicht wirklich immer nötig, denn die Rayz-Plus-Ohrstöpsel entfalten auch ganz ohne Klangmanipulation einen recht souveränen, druckvollen Klang mit schöner Raumdarstellung und guter Auflösung.
Die Jazz-Sängerin Lizz Wright intonierte ihr charmantes Song-Bouqet bei den Tiny Desk Concerts des Radiosenders NPR hin- und mitreißend mit feinen Stimmfarben und ausgewogenem Klangbild.
Die Noise-Killer haben allerdings ihren – kleinen – Preis: Zum einen herrscht ein minimales, kaum wahrnehmbares und damit nicht wirklich störendes Grundräuscheln. Zum anderen wirkt das Klangbild mit deaktiviertem Noise Cancelling offener, besser durchzeichnet und knackiger.
Die portugiesische Newcomer-Band – und noch Geheimtipp – First Breath After Coma performten ihre „Salty Eyes“ auf den Spuren von Coldplay so unerhört packend mit hymnenhaftem Verve. Mit den Pioneer Rayz Plus punktete die Aufnahme mit feiner Transparenz und druckvollen Drums am Song-Anfang.
Wohl auch ein Indiz für den Frequenzgang der fünf-Gramm-Leichtgewichte, der laut Pioneer von 10 bis 22.000 Hertz reicht und von Treibern mit gut neun Millimeter Durchmesser befeuert wird. Insgesamt spielen die Rayz sehr ausgewogen und ausreichend laut.
Im Vergleich mit den In Ears DX160iE von Beyerdynamic (rund 100 Euro) brachten die Rayz-Knubbel mehr Fülle und Dynamik ins Musik-Spiel. Die frischen Töne des genial-sphärischen Tracks „Maasai“ von Surma auf den Spuren von Morcheeba und Massive Attack (Surmas Album „Antwerpen“ erscheint im Oktober bei Omnichord Records) beeindruckten mit vehementerem Druck und Dynamik nebst prima Auflösung.
Moment mal – hat’s da an der Tür geklingelt? Ist so, der DHL-Bote möchte etwas loswerden. Rayz aus den Ohren ausstöpseln, Paket entgegennehmen. Danke und tschüs.
Rayz wieder einstöpseln – hört, hört: die Kopfhörer haben ihre Performance dank des automatischen Stumm-Modus beim Rausnehmen selbstständig unterbrochen. Die Hörer wieder ins Ohr gestöpselt und Surma summt weiter. Feine Sache. Man verpasst nichts und spart Energie.
Übrigens lassen sich die sehr gut verarbeiteten Rayz mit diversen beiliegenden Stöpselgrößen prima an die Ohreneingänge anpassen. Beim Tragen sitzen sie dann fest, gut abgedichtet und recht angenehm. Was beim leisen Musikhören hier und da manchmal etwas stören kann, sind die Kabelgeräusche bei Bewegungen über Hemd oder Pulli.
Der kleine Lautsprecher für den großen Talk-Hunger zwischendurch
Also gut: Beamen funktioniert noch nicht so recht, insofern lohnen sich Videokonferenzen – oder auch „nur“ Konferenz-Talks. Vorausgesetzt, man versteht sich gegenseitig – auch akustisch.
Hier managt der Rayz Rally die Gesprächsrunde wacker: Der kleine Lautsprecher sorgt für Sound-Verstärkung beim Telefonieren in der Zweier- oder Teamrunde – durchaus laut genug und mit guter Sprachverständlichkeit. Aber natürlich auf der Basis des keinesfalls highendigen Telefonie-Sound-Standards.
Mit Musik lebt die Mini-Box deutlich mehr auf und stemmt einen frischen, wenn auch mit Bass-Diät versehenen Klang aus dem Kunststoffgehäuschen.
Der Rally versteht sich übrigens nicht nur mit mobiler Apple-Gerätschaft (iOS 10.3 oder höher) sondern auch via USB-Adapter mit stationären Macs oder auch PCs. Für rund 120 Euro durchaus eine Überlegung wert – aber eher kein Schnäppchen für Gelegenheits-Hörer.
Fazit
Pioneer zeigt mit den Rayz Plus In Ear-Kopfhörern, was mit dem teils gebashten Apple-Lightning-Anschluss in puncto Kopfhörer-Performance möglich ist: Clevere Bedienvielfalt dank der Gratis-App und ein souveräner, erwachsener Klang mit Bassdruck, feiner Auflösung und prima Raumgefühl.
Dass die Pioneer Rayz Plus zudem noch angenehm im Ohr sitzen, machen die Outdoor-Musiksessions zum mobilen Rundum-Vergnügen. Aber das halt nur für Apple Besitzer…
Bewertung
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Angenehmes, leicht warmes Klangbild mit knackigen Bässen |
| Äußerst praxistauglich |
| Prima Verarbeitungsqualität |
| Preisgünstig |
Vertrieb:
Pioneer Electronics Deutschland
Zweigniederlassung der Pioneer Europe NV
Hanns-Martin-Schleyer-Straße 35
47877 Willich
eu.pioneer-av.com/en-DE
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Pioneer Rayz Plus: 179,95 Euro (Farben: Graphit, Bronze)
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