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shokz openfit
Der OpenFit von Shokz ist ein Ausnahme-Kopfhörer mit extrem wenig Gewicht und vielen Talenten. Sein Preis: 199 gut angelegte Euro (Foto: Shokz)

Test True Wireless Mini-OnEar-Kopfhörer Shokz OpenFit: the missing link

Für all jene, die unterwegs viel Musik hören, ist das Kopfhörer-Angebot mittlerweile riesig. Und doch vielleicht nicht groß genug. Mir beispielsweise sind die klassischen Over-Ear-Hörer einfach zu groß und meist zu schwer, On-Ear-Hörer drücken nach einigen Stunden und In-Ears – ja eigentlich das perfekte Prinzip für mobiles Hören – fangen meine Innenohren schon nach kürzester Zeit an zu jucken. Es ist ein Elend. Doch die aus dem Sportkopfhörerbereich stammende Marke Shokz bietet jetzt einen weiteren Weg: den Bluetooth-Miniatur-Kopfhörer Shokz OpenFit. Nach einigen Wochen der Nutzung kann ich nur sagen, dass dieses außergewöhnliche Leichtgewicht für mich zum Missing Link wurde – und aus meinem mobilen Leben kaum noch wegzudenken ist.

Zunächst einmal: Wer ist eigentlich Shokz? Die chinesische Company gibt es seit 2011 und sie hat sich mit ihren Knochenschall-Kopfhörern, die die Musik nicht über das Ohr, sondern über den Schädel anregen, einen exzellenten Ruf erworben. Für Sportkopfhörer ist dieses Konzept genial, hat aber prinzipbedingt gewisse Limits in der Wiedergabe-Bandbreite nach oben. Um diesen Prinzip-bedingten Nachteil zu umschiffen, haben die Asiaten jetzt das Thema Mini-Kopfhörer noch einmal komplett neu gedacht.

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Shokz OpenFit Präsentation
Frank Mischkowski (links), Chef der Agentur RTFM, betreut den OpenFit publizistisch in Deutschland  (Foto: H. Biermann)
shokz
Die Evolution der Hörer bei Shokz: der OpenFit ist hier natürlich noch nicht aufgeführt (Foto: H. Biermann)
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Und bei der Präsentation des OpenFit in München legten die Kopfhörer-Spezialisten auch ein paar Zahlen offen. Zum Beispiel die ihres Umsatzes von 2022: Der lag bei üppigen 300 Millionen Dollar – so viel wie Sennheiser zu besten Zeiten. Will sagen: Shokz ist alles andere als eine kleine Nummer.

shokz openfit Sitz
Der OpenFit wird durch den Bügel vor dem Gehörgang gehalten. Es ist ein miniaturisierter On Ear (Foto: Shokz)

Die Besonderheiten des Shokz OpenFit

Der OpenFit sieht zwar aus wie ein In Ear, ist aber keiner, weil der Treiber direkt vor dem Ohr, aber halt nicht im Ohr sitzt. Stattdessen wird eine kleine Kammer, in der die gesamte Elektronik inklusive DSP und der eigentliche Treiber sitzen, von einem Bügel aus hautfreundlichem Silikon vor dem Ohr gehalten.

 

Shokz OpenFit Explosions
In dem Kämmerchen sitzt nicht nur der (dynamische) 18 x 11 mm große Treiber, sondern es stecken auch die Elektronik und diverse Mikrofone darin (Foto: Shokz)

Shokz verwendet bei der Herstellung des Bügels flüssiges Silikon, das schon nach kurzer Zeit die Körpertemperatur des Trägers annimmt. Resultat: man spürt das Teil einfach nicht. Und dann das: Der OpenFit wiegt gerade einmal 8,2 Gramm.

Der Treiber ist klassisch dynamisch, hat aber eine ungewöhnlich ovale Form von 18 x 11 Millimetern. Der Treiber muss zwangsweise besonders belastbar sein, denn wie gesagt: der Speaker steckt ja nicht im Ohr und muss deshalb pegelfester sein als die Modelle in richtigen In Ears. Ich hatte noch keinen Kopfhörer, bei dem mein iPhone mich so oft vor zu hohem Pegel warnte. Dabei höre ich gar nicht so laut. Aber Apple ist ja immer sehr vorsichtig und kennt offenkundig das weniger effiziente Prinzip OpenFit noch nicht…

Und noch eine Besonderheit erfordert der vorgelagerte Sitz: Bei einem klassischen In Ear kann der Schall nirgends anders hin als aufs Trommelfell. Beim OpenFit kann theoretisch der Schall rund um den Hörer „entweichen“. Das will aber keiner, weil so nicht nur Energie verloren ginge, sondern womöglich auch die Nachbarn gestört werden. Hier schafft hier die Elektronik (weitgehend) Abhilfe: Eine Schaltung wie man sie auch in Soundbars zum Erstellen von Schallstrahlen für die Darstellung virtueller Kanäle findet (bei Shokz heißt das „DirectPitch“), sorgt für eine effiziente Schallbündelung. Das funktioniert tatsächlich bestens: Menschen um den OpenFit-User hören die Musik einfach nicht.

Praxis

Aber man hört die Menschen um sich herum. Weil der Shokz OpenFit ja nur vor dem Gehörgang sitzt, dringen so gut wie alle Außengeräusche durch. Es ist, als habe man den Transparenz-Modus dauerhaft eingeschaltet. Ich weiß, dass es viele Menschen gibt, die sich gerade in der Bahn mit perfekt passenden In-Ears und effizientem Noise-Cancelling gegen alle Umweltgeräusche abschotten wollen. Mir persönlich ist eine solche Komplett-Abschottung total unangenehm. Ich nehme gern noch wahr, was um mich passiert. Vor allem natürlich, wenn ich Musik-hörend auf dem Rad unterwegs bin…

Das geniale Konzept des OpenFit wird sofort deutlich, wenn man ihn aufsetzt. Nach 2-3 Mal hat man es raus, wie er optimal sitzt. Und dann spürt man ihn einfach nicht mehr. Das geringe Gewicht hat oft dafür gesorgt, dass ich einfach vergaß, ihn aufzuhaben – obwohl die Musik spielte. Das passierte mir mit noch keinem Kopfhörer.

Die Idee des OpenFit geht aber – natürlich – über das reine Musikhören hinaus. Als echter Shokz ist er auch ein Sport-Kopfhörer. Zuerst habe ich ihm misstraut – weil er so vermeintlich locker sitzt. Aber ich habe ihn auch mit wildestem Headbanging nicht abwerfen können. Dafür schon mal eine glatte Eins.

Shokz OpenFit Sports
Man traut es ihm wegen seines lockeren, angenehmen Sitzes nicht zu, aber der OpenFit ist auch als Sportkopfhörer bei viel Bewegung ein super Begleiter (Foto: Shokz)

Eine weitere Einsatzmöglichkeit ist die Headset-Funktion. Wie auch bei anderen Mobilhörern sollen beim OpenFit Umweltgeräusche per Elektronik ausgeblendet werden. Das funktioniert bei ruhiger Umgebung vorzüglich: Man versteht den anderen bestens, man selbst wird perfekt verstanden. Nicht so bei hohem Umweltpegel – beispielsweise der Wind beim Fahrradfahren oder im Gewühl eines überfüllten Bahnhofs.

Shokz schreibt, 99,7% der Störgeräusche würden weggefiltert. Das ist Wunschdenken. Zum einen bleibt vom Umgebungslärm noch sehr viel übrig, zum anderen werden die Stimmen der Telefonierenden stark verfremdet: Es klingt, als hätte man einen Wattebausch im Mund. Das können die In Ear Mitbewerber von Apple und Bose besser.

Gleichwohl punktet der OpenFit mit langer Akku-Laufzeit – ich kam im vollaufgeladenen Zustand auf über 25 Stunden. Das ist stattlich. Und die Akkus im mitgelieferten Case schaffen es im Schnellade-Modus in fünf Minuten die Leichtgewichte wieder für eine Stunde zu laden. Auch gut.

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Den OpenFit gibt es in zwei Farben. Das Transportcase ist mit 65 x 65 Millimeter (Höhe: 25 mm) erfreulich klein und dient – wie mittlerweile fast alle Cases im True Wireless-Bereich – auch als Aufladestation (Foto: Shokz)

Die App…

…sollte man sich herunterladen, weil sie die Möglichkeiten des OpenFit noch einmal erweitert. Das sind jetzt keine Welten, weil sich nur Titelsprung, Pause und Pegel einstellen lassen. Der größte Vorteil der App ist fraglos der grafische Equalizer mit seinen fünf Einsatzfrequenzen.

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Shokz OpenFit App
Die Möglichkeiten der App in der Übersicht (Screenshot: H. Biermann)
Shokz OpenFit App
Tastenbelegeung konfigurieren (Screenshot: H. Biermann)
Shokz OpenFit App
Ich hatte für das normale Hören nur eine dezente EQ-Anpassung gewählt. Wer deutlich höhere Pegel fahren will, muss den Bassbereich spürbar absenken (Screenshot: H. Biermann)
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Bei der Präsentation in München erzählten die Shokz-Leute auch von einer „OpenBass™Funktion, die mittels dynamischem Equalizer permanent die Soundqualität in Echtzeit anpassen soll. Ich bin ehrlich: Ich habe diese Schaltung nicht wahrgenommen. Der Equalizer in der App dagegen wirkt überzeugend.

Klang

Zunächst einmal gibt es nichts zu mäkeln. Der Klang ist ausgewogen, Stimmen kommen sehr natürlich, einzelne Details wie ausschwingende Gitarrensaiten werden fein aufgelöst. Absolut ansprechend. Jetzt kommt das Aber: Rein vom Konzept her kann der OpenFit natürlich nicht solche Bässe bringen, wie perfekt ans Innenohr angepasste In-Ears wie Apples AirPods oder gar die noch basskräftigeren Earbuds III von Bose.

Wem die OpenFit etwas zu schlank klingen, kann per App die Oberbässe anheben. Allerdings sind hier Limits gesetzt. Bei angehobenem Bass und höherem Pegel verzerren die Treiber des Shokz recht schnell. Da muss man nicht erst Yello, Underworld & Co. bemühen, um die kleinen Leichtgewichte an den Rand ihrer Möglichkeiten zu bringen. Heißt: Der OpenFit klingt sehr manierlich, aber nur bis zu mittlerem Pegel. Wer es wirklich laut braucht, muss mit dem Equalizer in der App den Bassbereich unter 64 Hertz komplett kappen. Dann wird es auch mörderisch laut. Klingt dann halt nicht mehr so schön und satt…

Fazit Shokz OpenFit

Aus meiner Warte ist der OpenFit einzigartig. Klanglich kann er weder mit Apples AirPods noch mit den Earbuds von Bose mithalten. Doch er klingt echt ausgewogen und durchaus transparent. Und vor allem fasziniert er mit einem Tragekomfort, den ich bislang noch bei keinem anderen Kopfhörer erlebt habe.

Weil er obendrein eine recht gute Headset-Funktionen bietet und als Sport-Kopfhörer ebenfalls besser ist als jeder andere In-Ear, den ich kenne, bekommt er trotz kleinerer, Konzept-bedingter Schwächen eine überragende Bewertung. Nicht nur für mich wird dieser Minatur-Kopfhörer die Lösung sehr vieler lästiger Probleme beim langen Tragen, Hören und Telefonieren sein.

Shokz OpenFit
2023/08
Test-Ergebnis: 4,8
ÜBERRAGEND
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse
Ausdruckstarker, natürlicher Klang. Per App-EQ anpassbar
Extrem angenehmer Sitz, sehr leicht
Bei wenig Umgebungsgeräuschen sehr gute Headset-Qualitäten
Limits beim Maximalpegel, keine Abschottung von der Außenwelt möglich

Vertrieb:
Shokz
www.shokz.com

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Shokz OpenFit: 199 Euro

Die technischen Daten

Shokz openfit
Konzept:True Wireless Mini-OnEar-Kofhörer
Bestückung:dynamischer Ovaltreiber: 18 x 11 mm
Bluetooth-Generation:5,2
Akku-Laufzeit:> 25 Stunden
Schnellladezeit:5 Minuten für eine Stunde
Besonderheit:
digital: 1 x optisch, 1 x Koax, wireless, analog: 1 x Cinch
Farben:schwarz und weiß
Abmessungen Case (H x B x T):
2,5 x 6,5 x 6,5 cm
Gewicht:
8,2 Gramm
Alle technischen Daten

Autor: Holger Biermann

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Chefredakteur mit Faible für feinste Lautsprecher- und Verstärkertechnik, guten Wein und Reisen: aus seiner Feder stammen auch die meisten Messe- und Händler-Reports.