Brothers in Arms von Dire Straits ist eines jener Album, die jeder HiFi-Fan entweder sein Eigen nennt oder sie wenigstens auf Messen schon zig Male gehört hat. Schon die remasterte CD klingt sehr ordentlich, aber Kenner behaupten, man müsse die Aufnahme als SACD haben. Oder als XRCD. Oder als UHQ-CD. Aber können die von uns so genannten “audiophile CDs” tatsächlich besser klingen? Immerhin nutzt sie ja das gleiche Basismatertal wie die klassische CD. LowBeats Autor Claus Dick begab sich auf Spurensuche und endete in einem tagelangen Hörtest…
Die Digitalisierung ist ein alter Hut. Zumindest im Musikbereich. Als zur Funkausstellung 1981 die ersten CDs mit digitaler Botschaft und 650MB-Standard vorgestellt wurde, lag bereits eine runde Dekade Entwicklungsarbeit hinter den Machern von Philips und Sony. 16Bit und eine Abtastfrequenz von 44,1 kHz schienen damals zu reichen. Nicht für viele HiFi-Puristen, die bei dem Silberling vor allem anfangs einen harschen, kühlen Klang monierten. Tatsächlich spielten damals noch andere Gründe wie die Digitalaufnahme selbst, Mastering, Abtastverhalten und natürlich die Player eine klanglich ausschlaggebende Rolle (siehe auch Interview mit Jan Sieveking von Sieveking-Sound). Und genau da setzten fortan kluge Köpfe an, um die kleine Scheibe mit CD-Standard auf ein klanglich noch höheres Niveau zu bringen. Wir reden also bei audiophilen CDs von eigenständigen Formaten wie SACD, aber vor allem von Spezial-Scheiben, die auf dem CD-Standard beruhen – etwa XRCD, K2HD oder UHQ-CD.
Wir möchten hier keineswegs einem Tonträgerformat nostalgieverliebt die Stange halten. Schließlich vereinen moderne HiRes-Download- und Streamingdienste viele, auch tonangebende Möglichkeiten. Und zudem nicht den Verschleiß-Nachteil einer mechanisch-optischen Abtastung. Vielmehr möchten wir für audiophile CDs als Nischenprodukt eine Lanze brechen. Wir haben uns eine Auswahl an audiophilen CD-Formaten angehört und die verschiedenen Versionen – soweit möglich – miteinander im Hörcheck verglichen. Die Formate im Kurzprofil finden Sie weiter unten.
Für den Test nahmen wir nicht irgendwelche audiophile CDs. Nein. Es mussten natürlich die von Haus aus gut klingenden Klassiker-Alben sein, die jeder Leser höchstwahrscheinlich kennt – und sei es nur von einem Messebesuch. Die von uns untersuchten Alben in ihren “Spezialversionen” waren:
– Al DiMeola, John McLaughlin, Paco DeLucia Friday Night In San Francisco (CD, 32-Bit-Ultra-HD-Disc Pure Flection“)
– Dire Straits Love Over Gold (CD, Platinum-SHM-CD)
– Dire Straits Brothers In Arms (CD, MFSL-SACD, SHM-SACD, UHQ-CD, XRCD)
– Elton John Love Songs (CD, K2HD-Disc, SHM-CD)
– Keith Jarrett Köln Concert (CD, SACD)
– Pink Floyd Dark Side Of The Moon (CD, SACD)
– Sara. K. Hell Or High Water (SACD, XRCD)
– Supertramp Breakfast in America (CD, MFSL-SACD, SHM-SACD, UHQ-CD)
Wobei mit Ausnahme von Sara. K. Hell Or High Water immer die klassische CD die klangliche Ausgangsbasis war. Nach langen (und sehr schönen) Tagen des Hörens liegen die Ergebnisse auf dem Tisch. Das für mich erstaunlichste Ergebnis vorab: die unterschiedlichen Varianten klingen nicht nur unterschiedlich, sondern häufig auch besser als die Standard-CD. In welchen Punkten, können Sie im folgenden Hörtest nachlesen.
Audiophile CDs im Hörvergleich
Pink Floyd Wish You Were Here (CD, SACD)
Album-Highlights: „Shine On You Crazy Diamond Parts 1-5“, „Have A Cigar“
Eines von mehreren Meisterwerken der britischen Psychedelic-Blues-Rocker. Die remasterte CD besticht mit guter Auflösung, ausgewogenem, bereits recht homogenem Klang; die neu wieder aufgelegte SACD überzeugt deutlicher, mit feiner artikulierter Stimmpracht, etwas wärmeren Touch und unangestrengterem Sound. Und macht damit auch bei höheren Pegeln mächtig viel Spaß.
Die Bewertung:
Sara K: Hell Or High Water (SACD, XRCD)
Sara K live zu erleben, ist ein packendes Unterfangen, aber auch zuhause besteht Gänsehautgefahr – dank ihrer meist hervorragend aufgenommenen Studioalben und dem audiophilem Knowhow von Toningenieuren wie Günter Pauler (Stockfisch Records). Ihr 2006er Album inszeniert die Singer-Songwriterin mit der Bluesstimme in einem Klangambiente, das einem spontan ein „Wow!“ entlockt: Fantastische Auflösung, überwältigende Feindynamik, herrliche Klangfarben und lodernde Basstiefe machen beinahe sprachlos. Kaum zu glauben, dass die XRCD-Version hier noch minimal präziser, offener und dynamischer wirkt, jedoch dafür etwas an Homogenität und Wärme einbüßt. Patt auf Top-Niveau.
Die Bewertung:
Al Di Meola, John McLaughlin, Paco de Lucia Friday Night In San Francisco
(CD, 32-Bit-Ultra-HD-Disc Pure Flection“)
Eine Hörtestplatte aus High-End-Pioniertagen – und immer noch ein Ohrenschmaus: Die drei Top-Gitarristen Al Di Meola, John McLaughlin und Paco de Lucia entlocken ihren Gitarren beinahe überirdische Saiten-Sprünge. Während die „normale“ CD bereits schön Raum, Atmosphäre und die Saiten-Sounds wiedergibt, scheint die „Pure-Flection“-CD einen akustischen Vorhang wegzureißen und damit Tiefe und Weite des Raums, Klopfgeräusche auf dem Holzkorpus sowie eine aberwitzige Feindynamik und Präzision der Fingerarbeit transparent zu machen. Kompliment!
Die Bewertung:
Keith Jarrett Köln Concert (CD, SACD)
Rhyhtmische Finesse und Fingerfertigkeit vom Feinsten: Keith Jarrett jagte dem Kölner Publikum im Januar 1975 Schauer über den Rücken – zu hören auf dieser feinen Aufnahme. Die „normale“ CD besticht bereits mit Präsenz, Glanz, Pointiertheit und Dynamik. Die SACD verführt mit einem noch etwas luftigerem, selbstverständlicherem und filigranerem Klangbild.
Die Bewertung:
Dire Straits Love Over Gold (CD, Platinum-SHM-CD)
Album-Highlights: „Telegraph Road“, „Love Over Gold“
Unter Audiophilen von Anfang an beliebt, gibt es dieses 82er Album der Briten in diversen Disc-Varianten. Die Super-Bit-Mapping-CD lässt bei „Industral Disease“ mit einem recht hellen, teils zischelig gemischten Klangbild aufhorchen. Das Titelstück versöhnt dagegen mit gutem Raumempfinden, pointiert gezupfter Akustikgitarre und recht ausgewogenem Pianosound. Anders die SHM-CD: Sie klingt quasi entgiftet, analoger und beeindruckt mit tieferem Raum und organischer Körperhaftigkeit von Instrumenten sowie nuancenreicherer Stimme Mark Knopflers – allerdings in dynamisch etwas engerer Bandbreite.
Die Bewertung:
Elton John: Love Songs (CD, K2-HD-Disc, SHM-CD)
„Candle In The Wind“, „Someone Saved My Life Tonight“ und „Blue Eyes“ (von 1973 bis 1982).
Der Sampler Love Songs vereint einen bunten Strauss gediegener Stücke von „Sir“ Elton John über Dekaden hinweg. Entsprechend ist das Basismaterial tontechnisch sehr unterschiedlich. Für den Hörcheck kamen deshalb nur hochwertige Aufnahmen in Frage – was nicht unbedingt eine Frage des Alters ist. Elton John lieferte in seinen jungen Jahren fantastische Alben ab – darunter Captain Fantastic And The Brown Dirt Cowboy, auf dem das schön transprarent eingefangene „Someone Saved My Life Tonight“ zu finden ist – in der CD-Version geht das bereits in Ordnung. Was aufnahmetechisch in dem Song steckt, zeigt dagegen die K2-HD-Disc: Der Raum öffnet sich noch etwas und die Auflösung steigt. Noch packender überzeugt die SHM-CD mit wunderbar differenzierter Stimmartikulation und nochmals gesteigerter Transparenz. Chapeau. Ähnliches gilt auch für andere Stücke – teils lagen K2-HD-Disc und SHM-CD gleichauf, teils punktete letztere mit noch einem Tick mehr audiophilem Flair.
Die Bewertung:
Der Multi-Format-Vergleich
Supertramp Breakfast In America (CD, MFSL-SACD, SHM-SACD, UHQ-CD)
Die remasterte Standard-CD ( mit Super Bit Mapping“, SBM) klingt bereits verblüffend gut: Stücke der britischen Pop-Rocker um Roger Hodgson wie „The Logical Song“ besitzen prima Dynamik und Räumlichkeit, Stimmen artikulieren sich pointiert – allerdings in einer teils etwas (zu) hellen Klangabstimmung.
Hier punktet die MFSL-SACD in leiserer Abstimmung mit einem homogenere, selbstverständlicheren Sound-Ambiente, schmeichelt den Stimmen mehr.
Die UHQ-CD beeindruckt mit etwas präziseren Vokalsätzen, packender Dynamik und einer wiederum etwas hellen, jedoch nicht so ausgeprägten Abstimmung wie auf der „normalen“ CD.
Drehte sich die SHM-SACD auf dem Disc-Teller gewann das Klanggeschehen nochmals einen Tick dazu: Ein kleines Plus an Souveränität, tonal feiner ausbalanciert und auch bei hohen Pegeln angenehm.
Die Bewertung:
Dire Straits Brothers In Arms (CD, MFSL-SACD, SHM-SACD, UHQ-CD, XRCD)
Ein Top-Album, eines der meistverkauften überhaupt – und eines der digitalen Pionierwerke aus der Frühzeit der CD-Technik von 1984/85. Wohl auch deshalb dachten die damaligen Marketing-Macher, dass man die Kapazität des neuen Formats möglichst ausreizen sollte, um ein Argument für den Kauf der audiphile CD zu liefern: Will heißen, die CD-Version läuft über 55 Minuten, die damalige LP nur knapp 45. Gewitzt: Dass es heute auf CD/SACD beide verschiedenen Varianten gibt, mutet seltsam an. Es liegt wohl daran, dass sich die unterschiedlichen Mastering-Toningenieure auf unterschiedliches Basismaterial fokussierten.
Und so läuft zum Beispiel der Schmeichler „Your Latest Trick“ auf der „normalen“ Remaster-CD (SBM) und der MFSL-SACD-Ausgabe mit einem gut einminütigen Trompeten-Intro, während dieser Part auf den restlichen Tonträgern fehlt.
Doch zurück zum Klang. Die SBM-„Normal“-CD klingt knackig mit peitschenden Drums und gutem Raumgefühl, auch die Stimme Mark Knopflers gefällt recht ausgewogen. Die MFSL-SACD-Version hievt das Oeuvre auf ein etwas höheres, audiophileres Niveau: Der Millionenseller beeindruckte zwar etwas leiser, aber insgesamt homogener und körperhafter sowie wärmer.
Die SHM-SACD wiederum kam etwas lauter daher als die MFSL-Scheibe, bescherte dem Bassbereich etwas mehr Vehemenz und ließ Stimmen wie Background-Vocals einen Tick mehr strahlen. Die Perkussion sprühte, ohne dabei aufdringlich oder gar giftig zu wirken.
Die UHQ-CD klang verwandt zur SACD-Version, besaß jedoch etwas weniger Strahlkraft, drang gleichzeitig jedoch etwas heller ans Ohr.
Die XRCD-Variante schließlich setzte sich mit beachtlicher Präzision, Tiefton-Druck und prima Ortbarkeit in Szene. Womöglich ist sie die Beste der fünf…
Die Bewertung:
Audiophile CDs – das Fazit
Audiophile CDs sind für highendige Musikfreunde das Salz in der Suppe. Zugegeben: Schon „normale“ CDs haben längst das Zeug zum Wohlklang – vorausgesetzt, Aufnahme- und Wiedergabekette erreichen hohes Niveau. Spezial-Formate haben das Potential, mit verschiedenen, meist sehr aufwändigen Herangehensweisen, wahre Schätze zu heben. Das Schöne dabei: Es muss nicht immer eine SACD sein, für die spezielle Player notwendig sind. Die meisten dieser „Spezial“-Silberlinge entfalten ihr audiophiles Klangpotential auch im Team mit einem konventionellen (guten) CD-Player.
Klanglich haben audiophile CDs häufig die Nase vorn, doch beileibe nicht immer. Zu meinen persönlichen Favoriten dieser Multi-Format-Session zählen somit Friday Night In San Francisco auf der 32-Bit-Ultra-HD-Pure Flection-Disc sowie die XRCD von Sara K. Da geht richtig der Punk ab. Aber auch die beiden Klassiker von Pink Floyd (SACD) und den Dire Straits (SHM-SACD) lassen die beiden Spitzenalben in einem noch helleren Licht erstrahlen. Das ist überragend. Und wenn man es einmal gehört hat, ist mag man auf die CD kaum noch umschalten.
Beim Preis stockt einem allerdings machmal der Atem, obwohl wir bei unserer Recherche versucht haben, die niedrigsten Preise herauszufinden. Weil ja schon die CDs meist sehr gut klingen, sind die teilweise vielfach teuren Spezial-CDs mit dem Klang allein nur selten zu argumentieren. Man muss hier auch die oft wertigere Machart (besonders die XRCDs oder Pure Flection Discs, aber auch MFSL-SACDs) bedenken – was bei LowBeats in die Repertoirewert-Note mit einfließt: das festere Cover, auf aufwändiger gemachtes Booklet… Und weil sie oft nur kleinen Stückzahlen aufgelegt werden (wie beispielsweise die XRCDs), sind sie nicht nur für den Fan begehrte Sammlerstücke.
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