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Rocketman 4K UHD Blu-ray Disk (Foto: Paramount Pictures)
Rocketman 4K UHD Blu-ray Disk (Foto: Paramount Pictures)

Elton John Rocketman: Biopic auf UHD-Blu-ray

Nach der Bohemian Rhapsody über Queen kommt mit Elton John Rocketman das nächste Biopic über einen weltberühmten Künstler in die Kinos und Heimkinos. Eine ausführliche inhaltliche und technische Rezension von Timo Wolters.

Rocketman 4K UHD Blu-ray Disk (Foto: Paramount Pictures)
Elton John Rocketman 4K UHD Blu-ray Disk (Foto: Paramount Pictures)

Reginald Kenneth Dwight ist kein wirklich glücklicher Junge im London der Fünfzigerjahre. Seine Mutter hat kaum Zeit für ihn und der Vater, ein Soldat, kommt nur selten überhaupt mal nach Hause. Tut er es, kümmert er sich nicht um seinen Sohn und tadelt ihn, wenn er ihm (oder seiner Plattensammlung) zu nahe kommt. Als Reggie intuitiv ein paar Töne auf dem Klavier spielt, ist vor allem Großmutter Ivy erstaunt und schlägt vor, dass der Junge Klavierunterricht nimmt.

Großmutter Ivy unterstützt Reggie in dessen Klavierunterricht (Foto: Paramount Pictures)
Großmutter Ivy unterstützt Reggie in dessen Klavierunterricht (Foto: Paramount Pictures)

Mutter Sheila hält das für eine großartige Idee. Dass sich die Klavierkünste schon in Jugendjahren bewähren und Reginald, der sich fortan Elton John nennt, zunächst in einer Band und später solo auftreten würde, hätten sich Ivy und Sheila natürlich nicht träumen lassen. Gemeinsam mit seinem Textschreiber Bernie Taupin schafft Elton John es sogar, einen Plattenvertrag an Land zu ziehen. Und mit der Ballade „Your Song“ gelingt gar der große Durchbruch in den USA. Doch wie das so ist: Mit dem Erfolg kommt auch die Gefahr, am Showbiz zu ersticken. Elton wird drogensüchtig und hat seine Emotionen nicht mehr im Griff …

Bernie und Elton proben und wohnen in Mamas Haus (Foto: Paramount Pictures)
Bernie und Elton proben und wohnen in Mamas Haus (Foto: Paramount Pictures)

Elton John, Paradiesvogel der Pop-/Rockmusik, Gründer der Elton John AIDS Foundation, zweifach als Ritter ausgezeichnet und Träger der unglaublichsten Brillen der Popkultur, hat weltweit über 300 Millionen Tonträger verkauft, was ihn (je nach Tabelle) zum fünfterfolgreichsten Musiker aller Zeiten macht. Da wäre es doch gelacht, wenn man ihm nicht eine ebenso erfolgreiche Filmbiografie angedeihen lassen könnte, wie Freddy Mercury und Queen ein Jahr zuvor mit Bohemian Rhapsody. Und weil man auf Nummer sicher gehen wollte, engagierte man Dexter Fletcher, um den Film zu realisieren. Fletcher ist zwar bis heute nicht der offiziell genannte Regisseur der Queen-Biografie, doch als Bryan Singer 14 Tage kurz vor Schluss die Dreharbeiten verlassen musste, übernahm Fletcher (der ohnehin zunächst vorgesehen war) und vollendete das Queen-Biopic.

Bei Elton John Rocketman konzentriert er sich nach einem Drehbuch von Lee Hall (der auch das Screenplay zur kommenden Leinwandadaption von Cats verfasst hat) auf die Kinder-/Jugendjahre und den Durchbruch Johns in den Siebzigern. Vom ersten richtig großen Auftritt im Troubadour über den Erfolg in den USA bis hin zu den Abstürzen in Alkohol und Drogen reicht die Spanne.

Dabei beginnt der Film mit Elton Johns Hereinplatzen in eine Selbsthilfegruppe für Alkohol-/Drogenabhängige, die eine Art Rahmenhandlung liefert. Zwar geschieht auch das mit dem typischen Drive und der Überdrehtheit, die den Künstler ausmacht. Doch es spart eben nicht aus, dass der Ruhm des Sängers auch mit all dem einherging, was das Rockbiz so bot: Alkohol, Drogen, Sex und Überkonsum aller drei Dinge.

Ray Williams sorgt dafür, dass Elton einen Plattenvertrag bekommt (Foto: Paramount Pictures)
Ray Williams sorgt dafür, dass Elton einen Plattenvertrag bekommt (Foto: Paramount Pictures)

Verstehen kann man’s, wenn man sich das Porträt von Reginalds Vater anschaut. Der verbietet dem eher ungeliebten Sohnemann nicht nur das Blättern in Frauenzeitschriften, sondern auch jeden physischen Kontakt zu seinen Jazz-Schallplatten. Elton John Rocketman ist gerade in den kritischen, dramatischen Momenten gut. Dann, wenn John in manisch-depressiven Anfällen seine Wut auf alles herausbrüllt. Dann, wenn der Film authentisch und ehrlich die Homosexualität des Sängers vermittelt. Eine Homosexualität, die hier nicht mal im Ansatz verschwiegen wird. Ganz im Gegenteil: Wo sich Bohemian Rhapsody an die Verträglichkeit gegenüber den Massen anbiederte (und völlig jugendfrei blieb), zeigen Fletcher und seine beiden Darsteller Taron Egerton und Richard Madden die wohl bisher offensivste Männer-Sexszene in einem Big-Budget-Film.

Dass die amerikanischen Jugendschützer das nicht mochten, war klar. Sie stuften Rocketman tatsächlich als R-Rated ein (was nach dem NC-17 die härteste Freigabe in den USA ist und schon vielen Filmen den finanziellen Ruin bescherte). Ja, die Amerikaner in der MPAA mögen Homosex nur ungerne ihren Kindern ab 13 Jahren zeigen. Was im Übrigen auch für die russischen Verleihe gilt, die entsprechende Szenen gleich komplett aus dem fertigen Film tilgten oder drastisch kürzten (und den verbliebenen Rest ab 18 Jahren freigaben). Manchmal muss man sich hierzulande schon wundern, wie anderswo mit dem Thema umgegangen wird.

Erster Erfolg im Troubadour (Foto: Paramount Pictures)
Erster Erfolg im Troubadour (Foto: Paramount Pictures)

Filmisch gesehen aber ist die Ehrlichkeit, mit der Fletcher inszeniert, ein Glücksfall und erhielt von Sir Elton John ihren Segen.

Den bekam auch Taron Egerton. Denn während der großartige Rami Malek in Bohemian Rhapsody zwar sensationell den Freddie Mercury gab, so griff man ihm für die Gesangsszenen dann doch professionell unter die Arme und fügte die Stimme des Mercury-Imitators Mart Matel hinzu. Für Taron Egerton allerdings stand von vornherein fest, dass er sämtliche Songs von Elton John Rocketman selbst einsingen UND während des Drehs auch performen würde. Nichts mit bloßen Lippenbekenntnissen. Alles, was man hier hört, kommt von Egerton, der eigens Gesangsunterricht nahm und am Ende von Elton John ausdrücklich gelobt wurde.

Und so kommen neben ein paar unbekannteren Songs hier wirklich die riesigen Hits des Künstlers in einer neuartigen Interpretation zum Betrachter. Keine Sorge: Egerton macht das hervorragend und dürfte die perfekteste Wahl gewesen sein, die man sich für die Rolle vorstellen kann.

Aber nicht nur gesangstechnisch ist hier einiges geboten. Auch darstellerisch überzeugt Egerton mit Mut für die homoerotischen Szenen und den mehr als extrovertierten Look. An seiner Seite gibt Jamie Bell außerdem einen souveränen Songwriter Bernie Taupin, der für den gefestigten Anker in Eltons Leben sorgt.

Dass die meisten der Musikstücke eher wie ein Musical inszeniert wurden und nicht – wie bei Bohemian Rhapsody – als geerdete Show-Auftritte, bringt Elton John Rocketman eine gewisse Leichtigkeit, wenngleich man so etwas dann auch mögen muss. In der letzten halben Stunde tritt der Film allerdings stark auf die Bremse und legt etwas zu lange den Fokus auf den mentalen und physischen Zusammenbruch. Das Ganze kumuliert dann in einer Familien-Aufstellung, die arg dick aufgetragen rüberkommt und ein bisschen sehr psychologisiert. Glücklicherweise findet der Film über ein grandioses „I’m Still Standing“ (was auch sonst) wieder in die Spur.

50 Jahre und kein Streit: Elton und Bernie (Foto: Paramount Pictures)
50 Jahre und kein Streit: Elton und Bernie (Foto: Paramount Pictures)

Bild- und Tonqualität BD

Elton John Rocketman liefert im Verlauf der Geschichte unterschiedliche Looks. Während die Szenen, in denen Reginald heranwächst, eine eher entsättigte Farbdarstellung haben und mit Vintage-Objektiven für einen gewissen Streulicht-Effekt gesorgt wurde, wird es mit Elton Johns Durchbruch dann knalliger, bunter und klarer.

Was leider durch den gesamten Film immer mal wieder zu sehen ist, sind (teils heftige) Unschärfen in Randbereichen (2’18, 11’29, 94’07). Das ist schade und stört bisweilen den Eindruck – zumal der zentrale Bereich sehr gut fokussiert und scharf ist. Ebenfalls klasse sind die Kontraste, die vor allem Schwarztöne sehr satt präsentieren. Herausragend ist außerdem die Bildruhe, die kaum ein Körnchen offenbart.

Der Erfolg in den USA stellt sich ein (Foto: Paramount Pictures)
Der Erfolg in den USA stellt sich ein (Foto: Paramount Pictures)

Qualitativ schwächer sind nur die finalen Bilder, bei denen man Egerton nachträglich in das I’m-Still-Standing-Video von Russell Mulcahy eingefügt hat – was natürlich auch nicht besser hinzubekommen war.

Die Bühnen-Outfits werden gewagter (Foto: Paramount Pictures)
Die Bühnen-Outfits werden gewagter (Foto: Paramount Pictures)

Nicht ganz unüblich für Anbieter Paramount liefert Rocketman für die deutsche Blu-ray leider nur eine Dolby-Digital-Spur. Der O-Ton darf hingegen in unkomprimiertem Dolby Atmos aufspielen.

Lassen wir die englische Fassung aber mal beiseite, so tönt die DD-Synchro doch sehr annehmbar. Für sich und innerhalb eines Dolby-Digital-Universums klingt sie klar, relativ fein aufgelöst und vor allem dynamisch. Das ist kein Vergleich mit den schrecklichen Dynamikkompressionen des Disney-Konzerns – und die liefern (zuletzt meist) immerhin Dolby Digital Plus. Die Musiknummern geraten druckvoll und bauen eine erstaunlich breite Bühne auf. Zwar mag es keine echten direktionalen Surroundeffekte geben, aber hier ballert ja auch niemand wild durch die Gegend. Die rückwärtigen Lautsprecher werden also zumeist dazu genutzt, die Musik- und Umgebungsatmosphäre zu erweitern. Dialoge gelangen klar zum Ohr, könnten insgesamt aber ein wenig lauter eingepegelt sein.

Hört man sich dann die Atmos-Fassung des O-Tons an, muss man allerdings konstatieren, dass der nicht nur lauter, sondern tatsächlich auch hörbar freier und offener aufspielt. Er trifft die Töne noch besser und erlaubt sich mehr Feinzeichnung in den Nuancen. Außerdem sind die Stimmen etwas besser eingepegelt. Zur Qualität der 3D-Soundeffekte im nächsten Kapitel mehr. Denn die UHD erhält auch fürs Deutsche eine Atmos-Fassung.

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Autor: Special Guest