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Exklusivtest Melco N10: Musikstreaming in Reinkultur

Öffnet man die Gehäusedeckel der Kopfeinheit und des Netzteils, fällt zunächst ein großes, geerdetes Blech für zusätzliche elektromagnetische Abschirmung ins Auge. Darunter verbirgt sich in der Kopfeinheit die dicht bepackte Hauptplatine und die extra gekapselte Festplatte.

Auch das Netzteil mit dem dicken Ringkerntrafo, der so manchem Vollverstärker gut zu Gesicht stehen würde, ist zusätzlich abgeschirmt. Lüfter benötigt das System zum Glück nicht. Die Wärmeentwicklung ist sehr gering.

Melco N10 innen
Die aufwendige Hauptplatine in der Kopfeinheit des Melco N10. Am unteren Rand ist die gekapselte und handselektierte 3 TB Festplatte zu sehen (Foto: F. Borowski)

Die Kopfeinheit verfügt an der Front neben dem Hauptschalter und einer weiteren USB-Buchse über ein aus allen Winkeln gut ablesbares OLED-Display für Titelinformationen und Statusanzeigen. Vier Tasten mit sattem Druckpunkt rechts daneben reichen für die Inbetriebnahme und Bedienung. In der Praxis erfolgt die Steuerung aber primär über eine passende App, wie bei Streaming-Devices üblich. Zudem unterstützt Melco neben einem modifizierten Twonky als Medienserver auch MinimServer.

Stichwort App: Melco selbst bietet eine kostenlose und auf der bekannten Anwendung mconnect Player basierende App für iOS und Android an. Wer mconnect kennt, fühlt sich hier gleich zuhause. Dank seiner Flexibilität bei der Serverunterstützung können aber auch andere UPnP-Apps genutzt werden. Zum Beispiel funktioniert Linn Kazoo (siehe Test des Linn Selekt DSM) bestens mit dem N10 und auch mit Audirvana vom Mac ist die Verbindung kein Problem.

Audirvana Ausgabegerät
Als Ausgabegerät via UPnP an Audirvana: Über das Netzwerk identifiziert der Melco sogar den nachgeschalteten DAC (Screenshot: F. Borowski)

In Kürze wird es noch die Möglichkeit geben, den Melco N10 über jeden beliebigen Browser zu steuern. Die Funktion ist derzeit noch im Beta-Stadium, aber ich konnte schon einen Blick darauf werfen. Nach Eingabe der IP-Adresse des N10 in die URL-Zeile erscheint eine fotorealistische Darstellung der Gerätefront samt Display und Tasten im Browserfenster. Per Maus kann man den N10 damit genauso bedienen wie über die Tasten am Gerät.

Über die unterstützten Datenformate brauche ich nicht allzu viele Worte zu verlieren. Der N10 verdaut so gut wie alles bis 32 Bit/384 kHz (PCM) und DSD bis 11,3 MHz. Auch bei den Dateiformaten zeigt sich der Melco flexibel und spielt DSF, DFF, FLAC, WAV, ALAC, AIFF, AAC, MP3, WMA, OGG, LPCM. Allerdings mit einer Einschränkung: MP3, WMA, OGG und LPCM werden nur per Server unterstützt, aber nicht im Player-Modus von der internen oder von lokal angeschlossenen Platten. Als Multiroom-Server genutzt, kann der N10 bis zu zwölf Räume in CD-Qualität beschicken.

Installation und Einrichtung – einfach, aber mit kleinen Fallstricken

Der Melco N10 ist im Prinzip eine reine Netzwerkkomponente mit NAS-Funktionalität (NAS = Network Attached Storage; ein Speichermedium, das mit dem Netzwerk verbunden ist). Wer mit Computer- bzw. Netzwerktechnologie nicht so bewandert ist, könnte das abschreckend finden.

Natürlich setzt die Natur eines solchen Gerätes gewisse Mindestkenntnisse voraus, aber den Melco N10 in Betrieb zu nehmen ist kein Hexenwerk. Im Grunde genommen ist alles Plug-and-Play: Netzteil und Kopfheinheit werden mit dem beiliegenden Stromkabel verbunden, dann schließt man ein mit dem Router verbundenes Ethernet-Kabel an der Buchse „LAN“ der Kopfeinheit an, dann noch per USB-Kabel einen DAC anstöpseln, Netzkabel dran und fertig ist schon mal die Verkabelung.

Der N10 gibt sich automatisch im Netzwerk zu erkennen und erscheint so in der bevorzugten App als Ausgabegerät. Haben Sie irgendwo im Heimnetz Musik gespeichert und freigegeben, kann diese nun ohne weitere Umschweife über den Melco gestreamt werden. Qobuz- oder Tidal-Abonnenten können sich mit ihrem Account einloggen und online Streaming starten.

Um Musik direkt vom Melco N10 wiederzugeben, muss die interne Festplatte erst mal gefüttert werden. Das geht ganz einfach, indem man entweder einen USB-Speicher mit entsprechenden Daten anschließt, die dann importiert werden können, oder man nutzt einen CD-Ripper wie Melcos eigenen D 100, um seine Silberschätze auf die Festplatte zu übertragen.

Melco App
Die Melco-App dürfte vielen bekannt vorkommen. Sie basiert auf dem mconnect Player (Screenshot: F. Borowski)

Nur an wenigen Stellen gibt es eventuell zusätzlichen Erklärungsbedarf. So sind gewisse Menüpunkte unter „Einstellungen“ nicht selbsterklärend. Der deutsche Melco Vertrieb Drei-H bietet zu den wichtigsten Fragen Video-Tutorials an. Ein paar Details werden dort aber noch nicht behandelt, wie beispielsweise, was die „Steuerungsmodi“ im Menüpunkt „USB-DAC“ bewirken, oder was „CIFS-Einstellungen“ sind. Im Großen und Ganzen ist die Bedienung aber kinderleicht und schnell erlernt.

Übrigens: Eine klassische Fernbedienung wird nicht mitgeliefert. Man kann aber, so verriet mir Drei-H Vertriebschef Mika Dauphin, eine handelsübliche Powerpoint Remote mit USB-Funkdongle am Melco anschließen und damit durch die Menüs des N10 navigieren.

Als kleines Manko bei der Bedienung bleibt anzumerken, dass Internetradio derzeit noch nicht besonders komfortabel unterstützt wird. Man kann zwar eine Playlist anlegen und darin manuell URLs hinterlegen, aber ein bequemerer Zugang zu Webradio ist erst für eine zukünftige Softwareversion vorgesehen.

OLED Display
Das OLED-Display ist zwar nicht besonders hochauflösend, dank des guten Kontrasts und der Blickwinkelstabilität aber stets gut ablesbar (Foto: F. Borowski)

Die alles entscheidende Frage: Wie klingt der Melco N10?

Zunächst ein paar Worte zum Test-Setup. Dass ich als DAC den Exogal Comet und Ion PowerDAC verwende, hatte ich schon erwähnt. Diese Digitalkombi gehört klanglich zum Besten, was mir bislang in dieser Preisklasse – und weit darüber hinaus – untergekommen ist.

Zum Abhören kommen meine hoch geschätzten und bestens vertrauten KEF Reference 1 zum Einsatz. Alles erst mal mit meiner üblichen Verkabelung. Drei-H hat mir zusätzlich aber noch ein paar Chord-Kabel mitgebracht, denen ich schon länger mal auf den Kupferkern fühlen wollte. Darunter das neue Lautsprecherkabel Signature XL (ab 1.095 Euro für 2x 1,5 m konfektioniert), das LS-Kabel Sarum T (ab 2.295 Euro für 2x 1,5 m konfektioniert), sowie ein USB-Kabel aus Chords Sarum T-Serie (1.995 Euro für 1 m).

Also ein ziemlich exklusives Kabelwerk, das deutliche Vorteile gegenüber meinen sonst bevorzugten Goertz Lautsprecherkabeln und Audioquest Carbon USB herausholen sollte. Als Grundstock für den Vergleich der reinen Streaming-Qualitäten des N10 dient mein Mac mit Audirvana und USB-Verbindung an die Exogal-Kombi.

Ich will nicht lange um den heißen Brei herum reden: Der Melco N10 ist vielleicht so etwas wie der endgültige Beweis dafür, dass Computer wie Mac und PC oder herkömmliche NAS als Streamer zwar funktionieren, aber klanglich alles andere als die beste Wahl sind. Trotz Verwendung von Audirvana auf dem Mac und dem iFi Audio micro iUSB3.0 als USB-Filter wirkt die Musik über diesen Pfad im Vergleich zum Melco einfach nur fade.

Eine Kopie der gleichen Datei über die interne Platte des N10 abgespielt, lässt hingegen die Sonne aufgehen. Wir reden dabei nicht von „Fehlern“ in der Wiedergabe vom Mac, die sich beispielsweise in Verzerrungen oder ähnlichem äußern. Vielmehr ist es die emotionale Komponente, die sich schlagartig ändert.

Erst bei längerem Hinhören offenbaren sich die Gründe dafür, wie etwa eine viel offenere und tiefere Klangbühne, mehr Schmelz in Stimmen und Instrumenten oder die Präzision feiner Details. Alles zusammen führt zu deutlich häufigeren und intensiveren Gänsehaut-Momenten.

Tendenziell habe ich das auch bei anderen reinen Streamern schon so erlebt, aber noch nie in dem Maße, wie beim Melco N10. Selbst reines Online-Streaming von Qobuz bekommt durch den Melco einen deutlichen klanglichen Schub verpasst, der sich nur schwer in Worte fassen lässt.

Chord Cable 2
Das Chord Signature XL Lautsprecherkabel (hier am Anschluss der KEF Reference 1) klang zunächst schlanker, als ich es mit dem Goertz gewohnt war, doch das war ein trügerischer erster Eindruck, der von einer deutlich verbesserten Kontrolle im Bassbereich herrührte (Foto: F. Borowski)

Fazit: Streaming wird erwachsen

Melco zeigt mit dem N10 eindrucksvoll, wie wichtig es ist, sich von dem Gedanken zu verabschieden, dass ein herkömmlicher Computer digitale Musik genauso gut an einen DAC liefern kann wie ein sorgfältig konstruierter dedizierter Streamer. Der klangliche Fortschritt ist enorm – wenn auch mit rund 7.500 Euro in diesem Fall ziemlich kostspielig.

Für erfahrene und entsprechend anspruchsvolle Klangfans mit passendem Geldbeutel und Equipment stellt der Melco N10 aber eine selten gute Gelegenheit dar, eine bereits wohl abgestimmte Kette auf der digitalen Seite noch einen großen Schritt voran zu bringen.

Die Entwicklung im Bereich hochwertiger Audiostreamer ist momentan ziemlich dynamisch. Von daher wäre es gewagt anzunehmen, dass damit schon das letzte Wort in Sachen Digital-Transport gesprochen wäre. Im Hier und Jetzt kann ich Melco für den N10 aber nur ein großes Lob ausprechen: für den derzeit mir bekannten, bestklingenden Streamer.

 

Melco N10
2019/03
Test-Ergebnis: 4,6
überragend
Bewertungen
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Überragend feiner und natürlicher Klang
Nachprüfbar wirksame Ethernet-Filterung
Einfache Einrichtung und Bedienung
Nicht ganz günstig

Vertrieb:
Drei-H Vertrieb GmbH
Stormsweg 8
22085 Hamburg
3-h.de

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Melco N10: 7.495 Euro

Im Test erwähnte Komponenten:

Test: Exogal Comet und Ion PowerDAC
Test Streaming-Verstärker Linn Selekt DSM
Test KEF Reference 1 – die überragende Kompaktbox

Autor: Frank Borowski

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LowBeats Experte für Schreibtisch-HiFi und High End kennt sich auch mit den Finessen der hochwertigen Streaming-Übertragung bestens aus. Zudem ist der passionierte Highender immer neugierig im Zubehörbereich unterwegs.