Apple oder PC? Diese Diskussion wird wohl niemals enden, denn beide Lager haben jede Menge Argumente auf ihrer Seite. Unter klanglichen Gesichtspunkten wähnt man die Apple Fraktion vorn: Beispielsweise lief der fantastische Audioplayer Audirvana ausschließlich auf den Geräten aus Cupertino. Damit aber ist jetzt Schluss. Damien Plisson, der Entwickler von Audirvana und Audirvana Plus, stellte kürzlich die lang erwartete Windows-10-kompatible PC-Version des Audio-Players vor. Plisson selbst sagt dazu: „Nachdem ich Windows einige Jahre lang vernachlässigt hatte, habe ich dieses Betriebssystem mit großer Freude wiederentdeckt und Audirvana Plus für Windows herausgebracht. Das Entwicklungsziel ist natürlich dasselbe wie bei der Mac-Version: immer die bestmögliche Klangqualität.”
Für uns ist die Entwicklung von Audirvana Plus für Windows Anlass genug, dieses fantastische Programm auch auf LowBeats vorzustellen. Die Mac-User im Team nutzen es alle schon seit mehreren Jahren – und schwören drauf. Denn das mit 65 Euro ja gar nicht so teure Programm hievt die Musik von der Festplatte auf High-End-Niveau. Die Systemvoraussetzungen für die neue Audirvana-Variante: Ein Windows-PC mit Windows 10 und mindestens 4 GB Arbeitsspeicher (besser 8 GB).
Um die Klasse dieses Software-Players zu verstehen, hilft ein kurzer Blick zurück: Was hat man sich früher nicht bemüht, Daten klein zu halten. Festplatten für Computer hatten lächerliche Speicherkapazitäten und kosteten zudem ordentlich Geld. Programmierer waren daher gut beraten, den wenigen Platz sinnvoll auszunutzen. Wir sprechen hier übrigens nicht von den 1980er-Jahren oder früher. Das galt auch noch zu Zeiten des ersten Apple iPod, denn dieser hatte eine gerade mal 5 GB große Festplatte (2001). Die winzigen MP3-Files waren da als komprimierte Audiodateien ideal, um mit geringen Speicherkapazitäten klarzukommen.
Längst Schnee von gestern. Den klassischen iPod gibt’s nicht mehr und sein heutiger Nachfolger, das iPhone, wandert in der kleinsten Ausstattung mit mindestens 32 GB Speicher über den Ladentisch. Am heimischen Rechner sind heute 1000 GB Festplattenkapazität nicht selten. Kein Wunder, dass sich in den vergangenen Jahren HighRes-Audio-Formate den Weg bahnten, denn die Größe einer Datei spielt allenfalls noch eine untergeordnete Rolle. Ein Relikt aus vergangenen Zeiten ist jedoch geblieben: Der Audioplayer. Hier schlägt das Gewohnheitstier zu. Beim Apple-Computer läuft das fast ausschließlich auf iTunes hinaus, auch auf Microsoft-Systemen dominiert die Software aus Cupertino. Beim Ranking für die am meisten heruntergeladenen Musikplayer von CHIP.de führt iTunes die Liste mit über zwölf Millionen Downloads an, für Mediamonkey, den Zweitplatzierten, konnten sich gerademal knapp über zwei Millionen Musikfreunde erwärmen.
Windows 10 kommt von Haus aus mit dem eigenen Player namens Groove, der als neuestes Feature jüngst auch einen Equalizer integriert hat. Nicht gerade üppig. Dafür fehlt seit 2018 der eigene Streamingservice Groove Music Pass. Bei iTunes ist die Verquickung mit dem Apple Store weiterhin Standard und unumgänglich. Das kann auch mal lästig werden, wenn man den Apple Music Store gar nicht nutzen will. Das Abspielen von DSD oder gar die Ansteuerung eines DAC sind nicht oder nicht ohne weiteres möglich, ebenso fehlt das Einbinden anderer Musikdienste.
Dafür gibt es Spezialisten – wie eben das Audirvana Plus für Windows. Dieser Software-Player unterstützt eine Vielzahl von Formaten, wie AIFF, WAVE, AAC, MP3, FLAC, Monkey Audio APE, WavPack, Apple Lossless und DSD. Selbst SACD ISO Images können ausgelesen werden, auch ein MQA-Core-Decoder ist mit an Bord. HighRes-Streamingdienste wie qobuz, Tidal und Highresaudio werden direkt unterstützt.
Die Software aus französischer Entwicklung ist in erster Linie als Stand-Alone-Lösung, etwa auf einem Notebook gedacht. Aber sie funktioniert ebenso als Renderer für einen DAC oder einen Netzwerkstreamer, etwa den von LowBeats getesteten Netzwerkplayer Pioneer N-70AE. Wie bereits erwähnt, unterstützt Audirvana Plus für Windows auch MQA– unabhängig davon, ob der angeschlossene DAC (oder der Netzwerkspieler) dieses Format unterstützt.
Entweder läuft die Decodierung in der angeschlossenen Hardware ab, oder die Audirvana-Plus-Software übernimmt den Job. Mit USB-DACs oder Soundkarten kann Audirvana für Windows 10 per ASIO und WASAPI in Kontakt treten oder wahlweise Musik via Heimnetz zu DLNA-fähigen Netzwerkspielern schicken. Das Ganze funktioniert auch über WLAN, sodass störende Einflüsse durch ein USB-Kabel gar nicht erst auftreten können. Die Tonsignale werden entweder mit der jeweiligen Original-Abtastfrequenz ausgegeben oder entsprechend der angeschlossenen Hardware bis ans mögliche Maximum hochgerechnet.
Auch die DSD-Unterstützung funktioniert unabhängig davon, ob ein vorhandener DAC sich mit DSD versteht. Ist der vorhandene DAC ebenfalls DSD-fähig, wird auch natives DSD verarbeitet, egal in welchem Format das Originalmaterial auf der Festplatte vorliegt. Versteht der DAC kein DSD, konvertiert Audirvana Plus für Windows die Daten in hochaufgelöstes PCM. Gleiches gilt auch für das MQA-Format: es funktioniert auch dann, wenn der vorhandene DAC kein MQA unterstützt. Audirvana Plus verarbeitet den MQA-Track dann in der Software, die MQA-Kodierung wird angezeigt. Grundsätzlich gilt: Jede Audiodatei im PCM-Format wird in ein unkomprimiertes WAV-Format umgewandelt, so dass der Netzwerkspieler nicht mit der Dekomprimierung belastet wird. Dies kann durchaus von Vorteil für die Klangqualität sein, weil einfach weniger Operationen im DAC stattfinden.
Im praktischen Umgang mit Audirvana Plus für Windows gibt es nur wenig zu mäkeln. Heruntergeladen ist es schnell, der Vorgang ist selbsterklärend. Die grafische Gestaltung von Audirvana Plus für Windows wirkt vielleicht etwas altbacken und die Übersetzung könnte im Detail besser sein, aber die eigentlichen Features funktionieren reibungslos. So las das Programm alle Metadaten der unterschiedlichsten Audiofiles fast immer korrekt und lud auch das passende Cover dazu. Sollte mal etwas nicht stimmen, kann dies korrigiert werden. Das passende Albumbild ist schnell im Netz gefunden und in den jeweiligen Ordner gezogen – schon wird das Cover angezeigt. Das kenne ich von anderen Software-Playern deutlich komplizierter: Etwa, wenn das Coverbild stets einen bestimmten Dateinamen haben muss, um erkannt zu werden. Audirvana Plus ist da anspruchslos. Ob das JPG nun in Cover.jpg oder Interpret.jpg oder Kuddelmudddel.jpg benannt wurde, ist nicht entscheidend. Nur im richtigen Ordner musste es stehen – und das einzige JPG sein, versteht sich. Als Datenbankmanager verwendet Audirvana SQLITE als Open Source.
So klingt Audirvana Plus für Windows
Die klanglichen Verbesserungen sind je nach Ausgangsmaterial und Ausgangssituation unterschiedlich. Aufnahmen mit mäßiger Datenrate auf dem Rechner gewinnen erheblich. Bei einer MP3-Aufnahme von Stan Getz‘ Livedarbietung im Kopenhagener Café Montmartre hat die in DSD gewandelte Aufnahme spürbar mehr Tiefe und die Instrumente sind deutlicher zu orten. Insgesamt wirkt die Aufnahme befreit, die Dynamik nimmt zu. Auch Stimmen kommen habhafter, authentischer. Bei Stings Song „Fragile“ wurden die Sibilanten feiner und klarer wiedergegeben als in der ursprünglich komprimierten Version. Audirvana bringt immer mehr Luftigkeit und Schönheit in den Klang.
Die klanglichen Unterschiede nehmen dann – verständlich – mit der qualitativen Höhe des Ausgangsmaterials ab. Heißt: Bei bestem HiRes-Material war der Zugewinn nicht mehr ganz so beeindruckend. Trotzdem kann man festhalten, dass das Abspielen der Musikfiles über Audirvana Plus für Windows stets einen echten Zugewinn bringt. Oder anders herum: Hat man den französischen Software-Player erst einmal genutzt und gehört, möchte man nicht mehr auf ihn verzichten. Mir fällt kein Zubehör für knapp 65 Euro ein, das einen derart nachhaltigen Qualitätsschub bringt. Die Art der Anbindung, also per WLAN, Powerline oder USB hatte übrigens in unserer Konfiguration keine signifikanten Auswirkungen auf den Klang.
Fazit Audirvana Plus für Windows
Natürlich kann jeder seine Musik mit einem Standardprogramm wie iTunes an den Kopfhörerausgang streamen. Doch das ist nur die halbe Freude. Audirvana nutzt die Rechenkapazität zum höchsten audiophilen Genuss. Der Player rastert alle gängigen Audiodateien, einschließlich hochauflösender Audioformate wie FLAC, WAV, AIFF, DSD und das neue MQA-Format. Zudem wurden die populärsten HiRes-Streaming-Anbieter eingebettet – Tidal und Qobuz. Ebenso ist das Programm kompatibel zu allen Netzwerk-Playern nach UPnP/DLNA-Standard.
Audirvana Plus für Windows ist (wie auch die Mac-Version) das Schweizer Taschenmesser unter den Audioplayern, weil es nicht nur überraschend viel Wohlklang aus den Musikdateien holt, sondern auch mit Datenbankqualitäten glänzt, die sich leicht pflegen lassen. Für Leute, die viel Musik am Rechner, also per Kopfhörer oder per Nahfeldmonitor hören, kenne ich nichts Besseres. Zumal der Preis mit 65 Euro ausgesprochen günstig ausfällt…
Bewertung
KlangPraxisGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Ausgezeichneter, sehr feiner Klang | |
| Via UPnP gute Hardware-Erkennung | |
| Unterstützt viele Formate | |
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Vertrieb:
Audirvana
www.audirvana.com
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Audirvana Plus für Windows: ca. 65 Euro
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