de
LowBeats Virtueller Hörraum
LowBeats Tonmeister Jürgen Schröder ersann das Verfahren zum Virtuellen Hörraum. Das Bild zeigt ihn bei der Nachbearbeitung der Aufnahmen in den MSM-Studios (Foto: H. Biermann)

LowBeats Virtueller Hörraum auf der HIGH End 2019

LowBeats Virtueller Hörraum existiert unter dem Namen Klang Orakel (zu finden unter Hintergrund) ja schon länger: die Idee war, den Vergleich von getesteten Komponenten online zu ermöglichen. Das sind vor allem Lautsprecher, Soundbars, BT-Speaker und Tonabnehmer. Wir wollen damit dem Leser – zusätzlich zu möglichst viel geschriebener Information, zu Messungen und aussagekräftigen Bildern – einen weiteren Eindruck vermitteln: nämlich, wie klingt diese oder jene Komponente im Vergleich zu anderen. Nun haben wir das Verfahren in den letzten Monaten immer wieder verfeinert und sind mittlerweile bei einem Standard angekommen, der sich wirklich hören lassen kann. Wir halten dieses Angebot:

a.) für in der Regel sehr aussagekräftig

b.) für zukünftige Präsentation von Audio-Komponenten im Netz fast unumgänglich.

Dafür aber muss die Methode stimmen und die Aufnahmen tatsächlich die klanglichen Chraktereigenschaften der Komponenten 1:1 wiedergeben. Doch das bequeme Vergleichen zu Hause ist nicht der einzige Vorteil.

Wer sich ernsthaft mit dem Testen beispielsweise von Lautsprechern auseinandersetzt, steht schnell vor großen Herausforderung, die einer objektiven Klangbeurteilung „vor Ort“ im Wege stehen. Diese „Herausforderungen“ werden von den meisten Testern – sei es im Handel oder in der HiFi-Redaktionen – aus Bequemlichkeit oder aus Unwissen gern mal ignoriert. Man darf sie aber nicht ignorieren.

Im Einzelnen sind dies:

  1. Lautstärkeunterschiede zwischen den Lautsprechern
  2. Klangfärbungen durch Raumeinflüsse
  3. Klangfärbungen durch benachbarte Lautsprecher
  4. Elektrische Verluste über Schalter oder Relais von Umschaltanlagen

Die konsequenteste Vorgehensweise für einen vergleichenden Lautsprechertest ist eine „Single Speaker Demonstration“ wie sie Linn immer gepredigt hat: Hierbei wird jeweils nur ein einziges Lautsprecherpaar präsentiert, welches ohne benachbarte Boxen an geeigneter Position im Raum platziert ist. Nach einer gewissen Hördauer wird Lautsprecherpaar A dann gegen das zu vergleichende Paar B ausgetauscht – dieses nimmt nun den gleichen Standort ein und spielt an der selben Anlage.

Singel Speaker Demonstration
Der bessere Weg: jeweils immer nur ein Pärchen Lautsprecher anhören (Foto: Klangstudio Pohl)

Allerdings hat auch diese aufwändige Methode zwei gravierende Nachteile: Zum einen vergeht eine gewisse Zeit, bis Lautsprecher-Pärchen A gegen Pärchen B getauscht ist. Die Speicherfähigkeit des menschlichen Gehörs ist jedoch nur von kurzer Dauer, sodass nach dem Umbau keine verlässliche Referenz zur Beurteilung des zweiten Lautsprecherpaares mehr vorhanden ist. Weiterhin muss ein gewissenhafter, zeitintensiver Lautstärkeabgleich beider Paare vorgenommen werden, weil das „lautere“ gehörphysiologisch sonst als das scheinbar Besserklingende abschneidet.

Vor diesem Hintergrund hat die LowBeats ein Verfahren entwickelt, welches die Vorteile der „Single Speaker Demonstration“ (optimale Lautsprecher-Vergleichbarkeit durch identische, äußere Bedingungen) sowie diejenigen einer Umschalteinrichtung (unmittelbarer A-B-Vergleich in Echtzeit) miteinander kombiniert – ohne deren typische Nachteile.

So funktioniert LowBeats Virtueller Hörraum

LowBeats Virtueller Hörraum ist ein Software-basierter Hörtest. Dieser erfolgt entweder offline über eine spezielle Vergleichs- (Komparator-)-Software oder aber online über eine für Hörvergleiche geeignete Musikbibliothek.

Zunächst wählt der Interessent aus einer beliebig großen Auswahl an Lautsprecher(-Paaren) zwei für ihn interessante für einen A-B-Vergleich aus. Technisch möglich wären jedoch auch A-B-X-Vergleiche.

LowBeats Virtuekker Hoerraum Nubert nuPro
Einer der schon eingeladenen Familienvergleiche: die Nubert nuPro Aktivboxen-Familie

Des weiteren kann der Interessent den Lautsprecher-Vergleich mit unterschiedlichen Musiktiteln durchführen, die er ebenfalls aus einer beliebig großen Bibliothek auswählen kann. Dies dient dazu, persönlichen Hörgewohnheiten entgegenzukommen oder klangliche Präferenzen der Lautsprecher bei unterschiedlichem Musikmaterial leichter zu erkennen.

Für eine authentische Raumabbildung erfolgt die Wiedergabe bei LowBeats Virtuellem Hörraum über Kopfhörer. Aussagekräftige Ergebnisse lassen sich bereits mit geeigneten Hörern in gemäßigten Preisklassen erzielen. Die Schlüsselrolle hierbei spielt die Fähigkeit des menschlichen Gehörs, bei relativen Vergleichen ausgesprochen präzise wahrnehmen zu können, Somit sind auch die klanglichen Unterschiede verwandter Lautsprecherpaare – beispielsweise kleinere und größere Mitglieder der gleichen Boxenfamilie – gut zu erkennen.

Durch die binaurale Aufnahmetechnik entsteht für den Zuhörer der Eindruck, als höre er seine Wunschmusik über das/die ihn interessierende/n Lautsprecherpaar/e bei optimaler Stereo-Aufstellung (Sweet Spot) in einem akustisch optimalen Raum (3D-Wirkung). Das Umschalten für einen direkten Lausprecher-A-B-Vergleich ist dabei jederzeit im laufenden Musiktitel möglich – ohne Lautstärkesprünge.

LowBeats Virtueller Hörraum Aufnahme
Er ist einer der zentralen Punke des LowBeats Aufnahmeverfahrens: der binaurale Kopfhörer KU100 – hier in den Räumen der MSM-Studios (Foto: H. Biermann)

LowBeats Virtueller Hörraum – die Technik

Ein Verfahren wie vorangehend beschrieben ließe sich technisch mit herkömmlichen Musikaufnahmen realisieren. Dazu müßte allerdings für jedes Lausprecherpaar in der Auswahl mit allen verfügbaren Musikbeispielen jeweils eine eigene Tonaufnahme erstellt und archiviert werden. Dieser Weg erweist sich daher als extrem ressourcenintensiv und unflexibel. Sollen beispielsweise neue Musiktitel in die Bibliothek eingepflegt werden, wären für sämtliche Lautsprecher neue Aufnahmen mit diesen zu erstellen.

Daher nutzt LowBeats Virtueller Hörraum eine besondere Technik, die bei identischer Klangqualität wie Echtzeit-Aufnahmen ungleich flexibler und ressourcensparender ist. Zur Anwendung kommt das Prinzip der mathematischen Faltung (Konvolution) von digitalen Tonsignalen. Dieses wird in der professionellen Audiotechnik beispielsweise dazu verwendet, die Raumakustik berühmter Konzerthallen und -säle zu erfassen, um sie im Havariefall (z. B. bei einem Brand) für ihre Rekonstruktion zu konservieren.

Die Aufnahme

Hierzu ermittelt LowBeats in einem akustisch optimalen Hörraum zunächst den „akustischen Fingerprint“ eines jeden Lautsprecherpaares – die sogenannte Impulsantwort. Dies erfolgt auf messtechnischem Wege bei höchster Präzision in puncto Aufstellgenauigkeit der Lautsprecher (<= 7 Millimeter).

Für einen optimalen Raumeindruck bei der Musikwiedergabe erfolgt das Aufzeichnen der Impulsantworten in binauraler Aufnahmetechnik mit einem professionellen Kunstkopf-Mikrofon. Hierbei gelangt ein LowBeats eigenes, Patent-anhängiges Verfahren zum Einsatz. Dieses beinhaltet zudem auch eine gezielte, gehörrichtige Optimierung der Impulsantworten.

Da die Eigenschaften der Signalkette ebenfalls in die Impulsantworten eingehen, verwendet LowBeats für die Aufnahmen allerbeste Elektronik von RME, Questyle und Neukomm sowie Kabel von Mogami und Supra.

Die auf diese Weise erstellten binauralen Impulsantworten bilden die Grundlage für die Lautsprecher-Datenbank, aus der der Anwender seine Wunschkandidaten auswählen kann.

Der Klang eines Lautsprechers wird maßgeblich vom ihn umgebenden Raum geprägt. Um für alle Lautsprecher beste Voraussetzungen und einheitliche Bedingungen zu schaffen, erfolgt die Aufzeichung der Impulsantworten in akustisch optimaler und damit klangneutraler Umgebung. Der von LowBeats hierfür gewählte Raum (Studio A in den msm Studios München) erfüllt bei wohnraumtypischen Abmessungen die akustischen Bedingungen der EBU-Norm 3276 (Anforderungen an Räume zum Beurteilen muskalischer Tonaufzeichnungen).

LowBeats Sweet Spot: Überblick Aufnahme vs. Auralisation
Diese Grafik veranschaulicht die Unterschiede zwischen Echtzeitaufnahme und Auralisation. Der Prozess ist unterschiedlich – das klangliche Ergebnis identisch (Grafik: J. Schröder)

LowBeats Virtueller Hörraum – Wiedergabe (Offline-Variante)

Zum Boxenvergleich werden die akustischen Fingerprints (Impulsantworten) der Lautsprechersets in Form kompakter, digitaler Datenfiles in die Software geladen – dies geschieht automatisch beim Anwählen der gewünschten Lautsprecherpaare durch den Interessenten. Nach Drücken des Play-Buttons werden die entsprechenden Impulsantworten nun von der Software in Echtzeit mit dem gewünschten Musikmaterial verrechnet (gefaltet) und das Ergebnis quasi verzögerungsfrei wiedergegeben. Die mit diesem Verfahren erreichbare Klangqualität entspricht dabei exakt derjenigen einer Echtzeitaufnahme – wisssenschaftlich untermauert durch die Theorie linearer, zeitinvarianter Systeme.

LowBeats Virtueller Hörraum (Online-Variante)

 Bei der mathematischen Faltung digitaler Audiosignale handelt es sich um einen rechenintensiven Prozess. Um diesen online zu bewältigen, reichen die Kapazitäten aktueller Server und Internetverbindungen derzeit nur bedingt aus. Eine Online-Variante von LowBeats Sweet Spot lässt sich dennoch über bereits existierende Musikportale realisieren. In dieser werden die für jeden Vergleichslautsprecher verfügbaren Musiktitel gespeichert, die vor dem Hochladen mit der jeweiligen Impulsantwort verrechnet werden müssen (Pre-Rendering).

Als für den Virtuellen Hörraum besonders geeignet empfiehlt LowBeats das bekannte Musikportal SoundCloud. Der dort verfügbare Online-Player erlaubt punktgenaues, schnelles Umschalten zwischen den verschiedenen Lautsprechern (Quasi-A-B-Test)

Fazit: die Vorteile des virtuellen Vergleichs

Da die Lautsprecher zur Erstellung der Impulsantworten optimale Bedingungen vorfinden, bietet der Lautsprechervergleich über LowBeats Virtuellem Hörraum für den Anwender etliche prinzipielle Vorteile. Viele davon sogar exklusiv, weil sie bei herkömmlichen Vergleichen nicht gewährleistet oder zu realisieren sind. Als da wären:

– Unterbrechungsfreie A-B-Hörvergleiche in Echtzeit

– Hörvergleiche mit eigenem und damit bekanntem Musikmaterial

– echte Single Speaker Demonstration mit optimaler Lautsprecheraufstellung an stets identischer Position (keine sich ändernden Raumeinflüsse). Das sogar in Echtzeit.

– Keine Klangfärbung durch benachbarte Lautsprecher

– Keine Klangeinbußen durch verlustbehaftete Umschaltanlagen

– Betrieb der Lautsprecher mit allerbestem Equipment

– Auch bei Kopfbewegungen stabile, stets optimale Stereo-Perspektive und Ortbarkeit der Schallquellen (durch Interferenzen bedingte Kammfiltereffekte entfallen)

– echte A-B-Blindtests möglich

– keine Lautstärkesprünge beim Umschalten zwischen den Lautsprechern – die Lautstärkenormalisierung erfolgt bereits bei der Aufzeichnung.

– unerreichte Flexibilität: Sind die Impulsantworten der Lautsprecherpaare erstmal erstellt, können sie fortan mit jedem beliebigem Musiktitel „gefaltet“, d. h. wiedergegeben werden.

– Musik- und Lautsprecher-Bibliotheken beliebig erweiterbar.

– Nachträgliches Ändern oder Austauschen von Musiktiteln im Archiv ohne weiteres möglich.

Und vor allem: Man kann sich die ganze Welt der – in diesem Falle: Lautsprecher – nach Hause holen und dort bequem vom Sofa aus vergleichen. Aber auch die Offline-Lösungen, die sicherlich der Handel in naher Zukunft anbieten wird, haben vor dem Hintergrund dieser optimalen Vergleichbarkeit große Vorteile. Denn dass man wie früher (und leider heute noch viel zu oft) mit dutzenden anderen Lautsprechern in direkter Nachbarschaft einen ernsthaften Lautsprechervergleich durchführen kann, darf bezweifelt werden.

LowBeats Virtueller Hörraum auf der HIGH END 2019

Nach zwei Jahren der Forschung und des Experimentierens im LowBeats Klang Orakel ist die HIGH END 2019 für uns eine Art Startschuss, mit dem wir die virtuelle Darstellung unserer Tests offensiv nach außen tragen. Zum einen veranstaltet LowBeats Tonmeister Jürgen Schröder täglich zwei Workshops in der LowBeats Hörkabine in Halle 1, Stand 17 – und zwar jeweils um 11.00 und um 15.00 Uhr. Zusätzlich gibt es noch einen ausführlichen Vortrag auf der Technologiebühne am Samstag, den 11. Mai 2019 um 17.00 Uhr.

Wie der Virtuelle Hörraum in der Praxis helfen kann, ist auch am Stand von Monitor Audio (Halle 3, Stand H06/J09) zu erleben. Wir haben für die Briten ihre gesamte (im übrigen vorzügliche) SilverLine Lautsprecherfamilie aufgenommen und so vergleichbar gemacht. Da kann man am Stand nach Herzenslust vergleichen. Einen Vorgeschmack darauf gibt auch der toll gemachte Teaser vom deutschen Monitor Audio Vertrieb (Pannes).

LowBeats_VLR_Monitor_Audio_SilverLIne
Für die Aufnahme posieren alle Mitglieder der Monitor Audio SilverLine Familie im Aufnahmestudio der MSM-Studios. Während der Aufnahmen selbst stand natürlich immer nur ein Modell am optimalen Platz. Im Vordergrund rechts die kahle Stirn von „Alfred“, unserem KU100 (Foto: H. Biermann)
Mehr zum Thema:

Lautsprecher vergleichen im Klang Orakel
LowBeats Klang Orakel Standlautsprecher
LowBeats Klang Orakel Kompaktlautsprecher
LowBeats Klang Orakel Soundbars
Hintergrund: Binaurale Tonaufnahmen

 

Autor: Jürgen Schröder

Avatar-Foto
Toningenieur, R&D-Spezialist und das (mess-)technische Gewissen von LowBeats. Kümmert sich am liebsten um Wissens-Themen, Musik und den spannenden Bereich zwischen Studio und HiFi.