Manchmal ist es zum Haare-Raufen: Obwohl die meisten Menschen weltweit eher in beengten Verhältnissen wohnen und dementsprechend ihre Lautsprecher wandnah aufstellen müssen, konzipieren die meisten Lautsprecher-Entwickler ihre Modelle für eine freie Aufstellung im Raum. Was für ein Unfug! Denn damit ist ein dröhniger Bass nicht selten vorprogrammiert. Doch der britische Lautsprecher-Hersteller Monitor Audio (hierzulande im Pannes-Vertrieb) hat ein Einsehen. Er stimmte einige Modelle seiner Monitor Audio Silver 6G Serie explizit für wandnahe Aufstellung ab. Die Lautsprecher der silbernen Familie unterscheiden sich also nicht nur allein in Größe, Pegelfestigkeit und Preis. Die Entwickler haben hier ein schlaues Angebotspaket geschnürt, das für fast alle gängigen Wohn- und Hörsituationen passt. LowBeats hatte die fünf Stereo-Lautsprecher (Preisbereich: 800 – 2.200 Euro pro Paar) im Vergleich.
Und wie bei LowBeats üblich, haben wir es nicht beim Test belassen: Wir nahmen zudem alle fünf Testlautsprecher mit in die MSM Mastering-Studios, die für ihre akustisch exzellenten Studios bekannt sind. Dort machten wir von jedem der fünf Silver 6G Modelle Aufnahmen für das LowBeats Klang Orakel So haben Sie, liebe Leser, die Möglichkeit, mit einem guten Kopfhörer unsere Testergebnisse online nachzuhören.
Die Gemeinsamkeiten der Monitor Audio Silver 6G Familie
Schon das Familienbild zeigt, dass sich ein Bauteil wie ein roter Faden durch die Monitor Audio Silver Familie zieht: der Hochtöner mit golden schimmernder Kalotte. Man könnte meinen, Monitor Audio hätte in alter Tradition wieder eine Metall-Kalotte eingefärbt; die Briten gelten ja als Erfinder der farbigen Aluminium-Kalotte. Doch die 25 mm Kalotte ist weitaus aufwendiger gemacht als einfach nur farbiges Alu. Sie besteht aus einem Aluminium/Magnesium-Komposit, der einen Keramik-Überzug hat. Dieser feine Keramik-Überzug entsteht in einem chemischen Prozess, durch den die hauchdünne Metallkuppel zugleich versteift und beruhigt wird. Das ist nicht neu, aber äußerst effizient und gut klingend. C-CAM: Ceramic Coated Aluminium/Magnesium heißt dieser Komponentenmix bei Monitor Audio.
Angetrieben wird die Kalotte von einem kleinen, aber hoch effizienten Neodym-Magneten. Bei den meisten Hochtönern ist der nach hinten abgestrahlte Schall ein großes Problem. Beim C-CAM Hochtöner der Monitor Audio Silver G6 Linie sorgt ein angeflanschter, länglicher Kunststoff-Korpus für ausreichend Platz, um diese überschüssige Energie totlaufen zu lassen.
Der Hochtöner läuft bei allen fünf Modellen ab etwa 3.0 KHz bis 35 KHz. Das ist bis weit über die Hörgrenze hinaus. Und weil Monitor Audio in den teureren “Gold”- und “Platinum”-Serie mittlerweile auf AMT-Hochtöner setzt, ist dieser C-CAM-Hochtöner das Beste, was der Hochtöner-Spezialist Monitor Audio im Bereich Hochtonkalotte je entwickelt hat.
Alle Konus-Membranen der Serie – vom 10 cm Mitteltöner über die 13er oder 15er Tiefmitteltöner bis hin zum 20 cm Bass – bestehen ebenfalls aus dem vom Hochtöner schon bekannten C–CAM (Ceramic Coated Aluminium/Magnesium-) Material, nur ist es hier halt etwas dicker. Die Vorzüge, vor allem die Steifigkeit des Materials, erwiesen sich auch in den unteren Bereichen als optimal. Zusätzliche Festigkeit bekommen diese C-CAM-Membranen über runde Ausprägungen, die sich symmetrisch über den gesamten Konus verteilen – siehe Bild.
Die Gehäuse sind – wie bei Monitor Audio typisch – sauber gemacht. Die intern zusätzlich versteiften Gehäusewände bestehen aus 19 mm starkem MDF, in das alle überstehenden Teile (Chassis-Körbe, Anschluss-Terminal) präzise versenkt sind. Auf der Front findet man weder das obligatorische Bassreflexrohr (das ist bei allen Modellen auf der Rückseite) noch eine einzige Schraube – dazu später mehr.
Und auch die Oberflächen sind tipptop gemacht: Es gibt für alle Familienmitglieder derer sechs:
Das Thema “schraubenlose Schallwand” hatte ich weiter oben schon kurz angerissen. Während viele Mitbewerber diese Mode einfach durch mehr oder minder aufwendige Zierringe umsetzen, die die Schrauben überdecken, beschreitet Monitor Audio hier einen anderen und äußerst konsequenten Weg: Jeder Treiber hat ein Gewinde im Magneten. Über eine lange Gewindeschraube, die auf der Rückseite des Lautsprechers austritt, werden die Hoch-, Mittel- oder Tieftöner nach hinten und somit gegen die Schallwand gezogen. Das macht nicht nur die Schrauben vorne obsolet, sondern verhindert auch die Energie-Übertragung der Treiber über die Schrauben auf die Schallwand. Die Bilder in der Slideshow verdeutlichen das Einbau-Prinzip:
Das Konzept der nach hinten gezogenen Treiber ist in Bezug auf Vibrations-Eindämmung überlegen und bislang nur aus sehr viel teureren Lautsprechern bekannt. Schön, dass Monitor Audio dieses Prinzip nun auch schon bei Modellen ab 800 Euro anbietet. Denn in der Produktion ist eine solche Anbringung natürlich sehr viel teurer, als wenn man die Treiber einfach nur mit vier oder sechs Schrauben befestigt.
Vergleichsweise normal dagegen sind da die Spikes aus dem beigelegten Zubehör (nur Standboxen), deren Metallausleger einfach per Inbusschrauben in die Gewinde der Böden geschraubt werden. Das ist bewährt und gibt guten Halt. Und weil die Spikes in der Höhe justierbar sind, kann man über sie auch kleine Bodenunebenheiten gut ausgleichen. Ob Spikes aber überhaupt das beste Mittel für die Aufstellung sind, steht auf einem anderen Blatt…
Die Unterschiede zwischen den Silver 6G Modellen
Doch bei allen familiären Gemeinsamkeiten gibt es natürlich Unterschiede. So sind die beiden gr0ßen Standboxen 300 und 500 echte 3-Wege-Kombinationen mit einem “echten” Mitteltöner; die anderen drei sind 2-Wege-Konstruktionen, wobei das Modell 200 wegen seiner beiden unterschiedlich beschalteten 13 cm Tiefmitteltöner als sogenannte 2,5 Wege Box gilt.
Die Anzahl der Wege besagt nichts über die Qualität des Klangs, aber oft über den unverzerrten Schalldruck, den ein Lautsprecher erzielen kann. Denn bei hohen Pegeln muss der Bass viel arbeiten und macht daher viel Hub. Das aber verschlechtert – im Falle einer 2-Wege-Box – seine Mittenwiedergabe. Lautsprecher mit Mitteltöner haben dieses Problem sehr viel weniger, sind daher in den Mitten meist verzerrungsärmer und somit insgesamt pegelfester. Gleiches gilt für die Größe der Tieftöner: je größer, umso lauter oder umso tiefer.
Von der unverzerrten Schalldruckleistung hängt die maximale Raumgröße ab, die LowBeats für die jeweiligen Modelle empfiehlt – siehe Spalte 4 in der Übersicht. Wenn Sie nur leise hören, sind diese Empfehlungen nicht relevant. Sie gelten für alle Musikhörer, die ihre Musik auch mal in “Fast-Live-Lautstärke” hören wollen.
Modell | Modell 50 | Modell 100 | Modell 200 | Modell 300 | Modell 500 |
Bestückung | 1 x HT, 1 x 13 cm TMT | 1 x HT, 1 x 20 cm TMT | 1 x HT, 1 x 13 cm TMT, 1x 13 cm TT | 1 x HT, 1 x 10 cm MT, 2 x 15 cm TT | 1 x HT, 1 x 10 cm MT, 2 x 20 cm TT |
Aufstellungs-Empfehlung | wandnah | frei aufgestellt | wandnah | frei oder wandnah | frei aufgestellt |
max. Raumgröße | 15 qm | 25 qm | 25 qm | 30 qm | 40 qm |
Abmessungen (H x B x T) | 27,0 x 16,5 x 26,9 cm | 37,5 x 23,0 x 32,9 cm | 88,5 x 16,5 x 26,9 cm | 100,0 x 18,5 x 32,9 cm | 105,0 x 23,0 x 32,9 cm |
Paarpreis | 800 Euro | 950 Euro | 1.500 Euro | 1.900 Euro | 2.200 Euro |
Erstaunlich ist die Preisgestaltung, die bei einigen Modellen nur politisch sein kann. Denn das Modell 100 ist so viel mehr Lautsprecher, dass die 150 Euro Aufpreis gegenüber der kleinen 50er fast schon verstörend wenig erscheinen. Das Gleiche gilt zwischen Modell 300 und 500. Das Modell 500 ist ein richtig erwachsener Lautsprecher und auch hier scheinen die 300 Euro Aufpreis im Vergleich zur kleineren 300er eher gering.
Aber wir sind ja nicht allein auf der Suche nach dem größten oder lautesten Lautsprecher, sondern nach jenem, der am besten beim Musikhörer in den Raum passt. Und hier gilt, wie oben schon angedeutet, nicht selten kleiner = besser.
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