Es gibt in Deutschland wohl keine größere analoge Händler-Kompetenz als die von PhonoPhono in Berlin. Die PhonoPhono Website ist für jeden Analogfreund eine lesenswerte und bestens gepflegte Informationsplattform, hinter der aber noch ein lebendiger HiFi-Laden mit vielen Überzeugungstätern steckt. LowBeats Autor Carsten Bussler wollte eigentlich nur einmal kurz vorbeischauen und blieb dann doch viele Stunden…
Berlin ist immer eine Reise wert, und zwar nicht nur wegen des freien Lebensgefühls, für welches die Berliner Luft dank Paul Linckes Operetten-Lied ja sogar zum Synonym geworden ist. Nein, mich zog es kürzlich an einem herrlich sonnigen Adventswochenende nach Berlin Kreuzberg. Für diese Reise nahm ich hin und zurück immerhin circa 900 Kilometer Wegstrecke mit dem Auto auf mich – an einem Dezembertag wohlgemerkt; für ein derartiges Unterfangen muss man zu dieser Jahreszeit entweder sehr abenteuerlustig sein oder man hat verdammt gute Gründe. Und letztere hatte ich!
Mein Ziel war Berlin Kreuzberg, genauer gesagt die Bergmannstraße 17, dort residiert nämlich PhonoPhono. PhonoPhono?! Da war doch was… richtig! Sind das nicht diese Plattenspieler-Spezies? Ja und nein, denn das, was der Name offenkundig suggeriert, wird den Tatsachen nicht ansatzweise in vollem Umfang gerecht.
Ein guter Bekannter hat diese vordergründige Assoziation einmal auf folgende Art und Weise zwar etwas ungelenk, aber doch treffend formuliert: „Natürlich ist der Name PhonoPhono schon irgendwie auch Programm und sagen wir mal wenn ich an Plattenspieler denke, kommt mir irgendwo dann doch zuerst auch PhonoPhono in den Sinn.“ So oder so ähnlich fühlt sich PhonoPhono bei mir mittlerweile ebenfalls an: wie eine Institution.
Ich hatte meine ersten persönlichen Berührungspunkte vor geschätzt einer guten Dekade, als ich dort (wenn ich mich recht entsinne) einen Pro-Ject RPM 6.1 erwarb, welcher mir auch lange treue Dienste erwies. Aufgrund ihrer äußerst sachkundigen und sympathischen Beratung bin ich dann schließlich bei den Berlinern „hängen geblieben“ und nach einigen weiteren Geräten und etlichem Zubehör im Laufe der Jahre war mein letzter Kauf dort ein REGA RP1, zu dem folgende kleine Anekdote besondere Erwähnung verdient.
Der besagte REGA gab „charakteristische Motorgeräusche“ von sich, um es einmal vorsichtig zu formulieren, welchen ich selbst nach langer Einspieldauer und trotz umgesetzter Tipps des von mir mittlerweile kontaktierten TAD Audiovertriebs nicht beikam. Zwar war das Niveau der Geräusche im Großen und Ganzen akzeptabel (redete ich mir zunächst ein), doch im Laufe der Zeit störte es mich zunehmend.
Also habe ich wieder Kontakt mit dem Vertrieb aufgenommen und das Gerät als Garantiefall mit der Bitte um Überprüfung zurückgeschickt. Feedback des Vertriebs: Die Geräusche seien im normalen Rahmen und stellten keinen Reklamationsgrund dar. Aber die TAD wollte den Motor noch einmal etwas ölen und den RP1 final prüfen. Hm. Ich wollte das Ergebnis zunächst einfach mal abwarten, war aber eher skeptisch.
Einige Tage später erhielt ich einen überraschenden Anruf aus Berlin. Die TAD hatte meinen RP1 zu PhonoPhono geschickt und Herr Münstermann, einer der Spezialisten im Haus, meinte: “Wir gucken uns das Gerät noch mal an – das gehört doch zu unserem Service!”
Ein paar Tage später bekam ich erneut einen Anruf aus Berlin Kreuzberg: “Haben Sie schon Ihre E-Mails geprüft? Sie haben eine Nachricht von uns erhalten. Wir haben Ihnen das Gerät getauscht, die Motorgeräusche waren tatsächlich ziemlich laut.
Auf einer Skala von null bis zehn lagen sie circa bei sieben bis acht. Und da es Sie verständlicherweise stört, bekommen Sie einen neuen RP1. Den Tonabnehmer haben wir schon (um)montiert, justiert und auch die Motorgeräusche überprüft, sie sind deutlich niedriger als bei Ihrem alten RP1. Das neue Gerät haben wir bereits verschickt und es sollte schon morgen bei Ihnen sein.”
Da war ich baff, denn ich hätte nicht zwingend auf einen Tausch bestanden. Das ist vorbildlicher, perfekter Service, der meines Erachtens besondere Anerkennung verdient. So etwas ist heute selten geworden: Chapeau!
Kreuzberg und PhonoPhono – immer eine Reise wert
Also auf nach Berlin, um diese servicefreundlichen Jungs endlich einmal persönlich kennen zu lernen! Kreuzberg selbst blickt ja auf eine bewegte Geschichte zurück und ist der Berliner Stadtteil, dessen alternative Eigenkultur sowie lebendiges Nacht- und Kulturleben weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt sind.
Insofern erinnert mich Kreuzberg mit seinem kruden Charme durchaus an Hamburgs St. Pauli oder das Schanzenviertel (Hamburg war immerhin sieben Jahre lang meine Heimat), gleichwohl mir die Berliner – Kreuzberger! – sehr viel offenherzigere und zugänglichere Menschen zu sein scheinen. Ich war etwas früh dran und schlenderte durchs Viertel, genoss hier einen Besuch im Café und stöberte da in den Geschäften. Sehr angenehm – und ich mag einfach die „Berliner Schnauze“…
Zwölf Uhr ist eben gerade durch (um diese Uhrzeit öffnet PhonoPhono am Samstag) und ich begebe mich vom Café rüber auf die andere Straßenseite in Richtung eines unscheinbaren Altbaus, typisch für dieses eng bebaute Viertel. Äußerlich deutet nichts auf ein HiFi-Geschäft hin, man muss schon das Schild in der gläsernen Eingangstür erspähen.
Nach dem Klingeln summt der Türöffner und ich gehe hinauf in den ersten Stock, wo ich wie an einer Wohnungstür stehend durch ein Schild erneut zum Klingeln aufgefordert werde. Mir öffnet – wie sich einen Augenblick später herausstellt – Herr Münstermann, der „meinen“ RP1 wie oben beschrieben zwecks Prüfung und Tausch in Augen- und Ohrenschein genommen hat. Schön, Sie kennenzulernen!
In dieser fast wohnlichen Umgebung finden also regelmäßig die berühmten Technikabende an Freitagen statt, in denen es ab 17:00 Uhr eher um das „Hören lernen“ als um die eigentliche Technik geht…
Drei großzügige Ausstellungs- und Hörräume, die pickepackevoll sind mit Verstärkern, Lautsprechern, Phonostufen, Zubehör und – na klar – auch mit „Drehern“. Mir wird unmittelbar bewusst: Hier sind absolute Profis am Werk, Überzeugungstäter wenn man so will, die liebevoll abgestimmte Ketten feilbieten und sich keineswegs „nur“ um Plattenspieler und Tonabnehmer kümmern.
Nein, PhonoPhono lässt sich keinesfalls lediglich auf das Abspielen von Vinyl reduzieren, das wird jedem Besucher augenscheinlich sofort klar.
Nach diesen ersten kurzen Eindrücken werde ich auch schon sehr freundlich vom Inhaber Peter Lützelberger begrüßt. Meine Erwartungshaltung an den hiesigen Besuch war eher ein kurzes Gespräch und vielleicht eine anschließende Hörsession, was sich – erfreulicherweise! – als Trugschluss meinerseits herausstellt.
Was mich stattdessen erwartet, ist eine circa zweistündige, außerordentlich anregende Konversation mit einem HiFi-Kenner ersten Ranges, einem „Durchblicker“, wie es sie meines Erachtens nur ganz wenige in der Branche gibt – ganz im Gegensatz zu den vielen selbsternannten Experten und Gurus da draußen…
Dabei geht es in unserem Gespräch gar nicht nur um HiFi per se; so erfahre ich unter anderem, dass der Klassik-Fan Lützelberger als regelmäßiger Konzertbesucher viel lieber das kürzlich fertig gestellte Multi-Millionengrab Elbphilharmonie als das Milliardengrab BER-Flughafen in Berlin hätte…
Wer jetzt glaubt, wir tauschen uns vielleicht auf ironische, zynische, bisweilen bissige und auch witzige Weise über weitere Themen abseits der Musikwiedergabe aus, der liegt nicht gerade völlig daneben – aber deshalb bin ich ja gar nicht hier! Jedenfalls nicht nur.
Nein, ich habe ja einige konkrete persönliche Anliegen im Gepäck. So schlage ich mich von je her zum Beispiel mit dem Thema von zu viel Gain in meiner Gesamtkette mit Endstufen hoher Eingangsempfindlichkeit herum.
Eine typische Eigenart gegenkopplungsfreier, dreistufiger Eintakttriodendesigns im Kleinleistungsbereich. Ein daraus folgendes, verwandtes Thema ist die Suche nach einem vollwertigen Röhrenvorverstärker inklusive Röhrenphonostufe mit lediglich einem Eingang ohne weitere Hochpegeleingänge; eine regelbare Phonostufe also mit geringem bis „Null“ Hochpegel-Gain, welche in der Lage ist, direkt die Endstufen zu treiben.
Kurzum: Ich habe also relativ spezielle technische Problemstellungen mitgebracht, dessen Lösungen ich hier und heute nicht zwingend erwarte. Die ich aber bekomme…
Dem Ingenieur der Hochspannungstechnik Lützelberger huscht ob meiner Freude über die genannten Lösungsansätze ein verschmitztes Lächeln über das Gesicht als er sagt: „Wir können was!“
Recht hat er, und so wie er das sagt kommt das einfach richtig gut und sympathisch rüber: Ohne den leisesten Anflug von Arroganz trifft er den Nagel voll auf den Kopf. Ohne Übertreibung oder Pathos kann ich jedenfalls behaupten, noch niemals zuvor von einem HiFi-Händler so eine fundierte Beratung erfahren zu haben.
Natürlich reden wir auch über Plattenspieler. Und darüber, weshalb REGA bei PhonoPhono höchstes Ansehen genießt und deren Dreher so häufig empfohlen werden. Klar, weil sie so verdammt gut klingen, aber das tun sie laut Lützelberger unter anderem nämlich deshalb, weil sie bis ins letzte technische Detail ausgeklügelt sind und einfach keine Fehler machen.
Sie stehen nicht bei allen Klangmerkmalen an der absoluten Spitze – aber in ihrer Gesamtheit schon, da hier das Ergebnis mehr ist als die Summe der Einzeldisziplinen. Diese Auffassung teile ich übrigens voll und ganz, der ich doch mittlerweile zum großen REGA-Fan mutiert bin.
Und zwar nicht zuletzt deshalb, weil ich mich über den geringen Aufwand beim Justieren freue, welcher nötig ist, um die Spieler von der Insel zum Klingen zu bringen. Wer mit der Frickelei von Lautsprechern und Röhrenverstärkern zwei (hobbymäßige) Dauerbaustellen sein Eigen nennt, der freut sich über Ruhe an anderer Stelle!
Mehr als „nur“ Phono
Ungeachtet dessen verfügt PhonoPhono über ein sehr breit gefächertes Hersteller- und Geräte-Portfolio und verkauft wird ohnehin nur, was guten Gewissens empfohlen werden kann. Mir ist beim Besuch der PhonoPhono-Webseite bzw. des Online-Shops übrigens aufgefallen, dass – zumindest in meiner ganz persönlichen subjektiven Wahrnehmung – das Thema „Phono“ einen sehr prominenten Raum einzunehmen scheint.
Das deckt sich jedoch nicht mit dem Angebot hier vor Ort in den Berliner Räumlichkeiten, wo alle Gerätegattungen ein völlig gleichberechtigtes Dasein fristen. Darauf angesprochen pflichtet Lützelberger bei und erwähnt, dass die Webdesign-Profis den Online-Auftritt bereits überarbeiten, um in der Kundenwahrnehmung fortan nicht mehr nur auf den „Plattenspieler-Spezi“ reduziert zu werden.
Nach diesem Besuch steht für mich jedenfalls fest, dass ich meine persönlichen Belange hinsichtlich Plattenspieler, Tonabnehmer und Phonostufe – der Komponenten also, bei denen ich „Ruhe“ brauche, unter anderem nämlich, weil ich viel zu hektisch und ungeduldig für regelmäßige fummelige Tonarm- und Pick-up-Justagen bin – ausschließlich in die Hände von PhonoPhono legen werde.
Klar, es gibt zwar auch einen Online-Shop, aber ich werde es mir nicht nehmen lassen, mir mein „Zeug“ direkt hier vor Ort abzuholen, auch wenn für mich damit notwendigerweise eine relativ weite Reise in unsere Bundeshauptstadt einhergeht. Denn wie bereits eingangs erwähnt ist Berlin ja immer eine Reise wert – und PhonoPhono sowieso!
AngebotsbreiteServiceWebsiteGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Sehr guter Service |
| Extrem hohe Analog-Kompetenz |
| Vorbildliche Website |
| – |
PhonoPhono
Bergmannstraße 17
10961 Berlin (Kreuzberg)
www.phonophono.de
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