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Pass INT-25 Beauty
Er ist nichtder stärkste. Und er ist mit seinen 8.900 Euro nicht der günstigste. Aber rein klanglich ist der Pass INT-25 das Beste, was Transistor-Verstärker leisten können (Foto: Pass Labs)

Test Class-A Vollverstärker Pass INT-25: maximaler Pass-Faktor

Für knapp 9000 Euro gibt‘s von den Labs Pass gerade mal den kleinsten Vollverstärker: einen Class-A-Amp mit 25 Watt. Der Pass INT-25 ist aber kein Sparmodell, sondern eine besonders puristische Umsetzung der Verstärker-Philosophie des Firmengründers Nelson Pass. Und überhaupt: Im Hörraum schien es, als hätte jedes Watt noch fünf gute Freunde mitgebracht.

Nelson Pass ist unter den Verstärker-Entwicklern so etwas wie der Weltmeister im kunstvollen Weglassen – siehe auch Interview. Und in meinen Ohren ein Garant für unvergessliche Höreindrücke: Als ich 1995 bei der stereoplay als Jungredakteur anfing, rief Kollege Hannes Maier immer dann, wenn es im Hörraum bei Verstärkertests brenzlig wurde, „holt die Aleph rein“. Damit war die Pass Aleph 0 gemeint, das erste Modell der damals noch jungen Firma, deren Gründer es zuvor bereits mit Threshold zu Prominenz gebracht hatte.

Nelson Pass – DIY
Das Foto stammt von seiner PassDiy-Website. Auf ihr teilt das Genie so gut wie alle seine Akustik-Erkenntnisse mit der „Gemeinde“ (Foto: Pass)

Die Aleph O Monoblöcke waren, trotz begrenzter Leistung und der Neigung, in unserem nicht-klimatisierten Hörraum zur Sommerzeit immer nur etwa eine Stunde lang optimal zu klingen, die ultimativen Endgegner und Scharfrichter für alles, was mit Transistoren verstärkte. Dass Musik so organisch, groovy und elegant durch zwei so ausladende Elektronik-Monolithen hindurchgleiten konnte, als wären sie gar nicht da, machte mich damals fassungslos. In Wirklichkeit stellten die 35-Kilo-Klötze dem Signal auch nur ein absolutes Minimum an Bauteilen in den Weg: drei verstärkende Stufen, alle mit MOSFETs aufgebaut, die Ausgangsstufe gar single ended. Der Rest des beträchtlichen Schaltungsaufwand diente dazu, den eigentlichen Amp-Teil zu stabilisieren. Eine tollkühne, meines Wissens zuvor nie kommerziell eingesetzte Schaltung.

Pass INT-25 Beauty
High End, wohnzimmertauglich: Der Pass INT25 ist technisch kompromisslos aufgebaut, aber gerade noch kompakt genug, um als „normales“ HiFi durchzugehen. Auch seinen eminenten Anschaffungspreis reibt der Verstärker dem unbedarften Betrachter nicht direkt unter die Nase (Foto: Pass Labs)

Etwas später sorgte die Phonostufe Aleph Ono für den nächsten Pass-Moment. Entworfen von Pass-Kompagnon Wayne Colburn, war sie eines der wenigen Testgeräte, die ich wirklich nicht mehr hergeben wollte – aber musste, weil auch die Ono wie alle Pass-Kreationen teuer war. Die Arbeitsteilung hat sich in der Firma bis heute bewährt: Colburn spezialisiert sich als kongenialer Partner auf Vorstufen, Pass auf die Endstufen. Bei der Philosophie herrscht Einigkeit: Pass strebt stets einfache Signalwege mit möglichst wenigen verstärkenden Baugruppen an, die zudem so inhärent sauber arbeiten, dass keine oder nur extrem geringe Korrekturen etwa durch Gegenkopplung nötig sind.

Was auch sonst? – könnte man fragen. Einzigartig ist an Pass dann auch nicht (nur) der puristische Ansatz, sondern die Kreativität bei seiner Umsetzung. So groß ist die Vielfalt an Ideen, dass der Meister sie der Welt gleich auf drei Wegen kommuniziert: Einerseits ist Pass aktives Mitglied der Selbstbau-Szene, veröffentlicht immer wieder Schaltungen und Ideen, und unterstützt Bastler bei deren technischer Umsetzung. Dann gibt es die Pass-Marke First Watt mit schaltungstechnisch hochoriginellen Kleinleistungs-Kleinserienverstärker, die zwar fertig käuflich sind, optisch wie haptisch aber noch stark in der DIY-Tradition stehen. Und schließlich Pass Labs, das Premiumetikett, wo der Himmel über Auburn, einem Städtchen im kalifornischen Hinterland, die einzige Grenze ist.

Der Aufbau des Pass INT-25

Wie alle Pass-Labs-Geräte hat der INT25 eine dicke, titanfarben eloxierte Aluminiumfront, in die eine hauseigene CNC-Fräse den Firmennamen kantig und tief eingegraben hat. Die Modellbezeichnung gegenüber ist dagegen nur aufgedruckt. Großartiger Design-Aktivismus ist auf der Frontplatte sonst nicht zu verzeichnen: Es gibt eine Reihe mit Knöpfen für Standby, Mute und Eingangswahl. Darüber eine große, zweistellige Siebensegment-Anzeige für die Lautstärke sowie den zugehörigen, sehr schön aus Vollmetall gedrehten Volume-Knopf. Form und Anordnung dieser Elemente wirken in meinen Augen angenehm unkoordiniert und eben genau nicht so, als hätte man allzu viel Zeit und Geld für kosmetisches Styling verschwendet. Andererseits ist es Pass-Designer Desmond Harrington, der zuvor lange für Krell arbeitete, durchaus zuzutrauen, dass er diesen Eindruck ganz gezielt hervorrufen wollte.

Pass INT-25 Beauty
Kantig, klar, unverwechselbar: Auf der Frontplatte des INT25 findet sich nur das Allernötigste. Das Lautstärke-Display ist für Vergleichstests tatsächlich hilfreich, da der Verstärker den Pegel in 63 exakten dB-Schritten einstellt. Bei „11“, wie hier auf dem Bild, hört man allerdings praktisch nichts, denn das wäre mit den meisten Quellen rund 40dB unter Vollaussteuerung (Foto: Pass Labs)

Hinter der Front dominiert ohnehin nur noch die reine, ungeschminkte Funktion: Die beiden Seitenwände bestehen zwar aus einem halben Zentimeter Alu, aber das sieht man nicht, weil sie komplett mit mächtigen Alu-Kühlprofilen bedeckt sind, deren bizarr zerklüftete Form einen besonders intensiveren Wärmeaustausch bewirken soll. Dazwischen verschießt ein schlichter Blechdeckel das Innenleben des INT25.

Pass INT-25 Anschluss
Der Pass INT-25 ist der beste Schutz vor dem unerfüllten Gefühl, nicht alle Buchsen genutzt zu haben. Es gibt ganze drei Paar Hochpegel-Eingänge, als LS-Ausgang nur einen Stereo-Satz Furutech-Kabelklemmen mit Drehmomentbegrenzung, sowie eine IEC-Netzbuchse. Das kriegen, wenn nötig, auch Puristen voll (Foto:B. Rietschel)

Am Heck: drei einsame Cinchbuchsen-Paare feinster Qualität, ein Satz teurer Furutech-Lautsprecherklemmen in vollisolierter und damit CE-konformer Ausführung, sowie schließlich die IEC-Buchse fürs Netzkabel. Ach, und ein Paar Tragegriffe, quasi als Entschuldigung für die kantigen Kühlkörper-Flanken, an denen man den 25-Kilo-Amp nicht wirklich hochheben mag – auch wenn sie sehr stabil sind und weniger scharfkantig als zunächst befürchtet.

Die großflächigen Kühlkörper machen das 25-Kilo-Gerät recht unhandlich, sind aber dringend nötig: Der INT25 arbeitet vollständig in Class A, hält seine Leistungshalbleiter also konstant unter maximalem Ruhestrom. Welcher Übernahmeverzerrungen, den Klangfeind Nummer Eins jedes Gegentaktverstärkers, gar nicht erst entstehen lässt – sich im Betrieb aber größtenteils in Wärme verwandelt.

Konstant rund 180 Watt genehmigt sich der INT25 aus der Steckdose. Zur besseren Einordnung: Das entspricht in etwa dem Verbrauch eines modernen 65-Zoll-Fernsehers, lässt sich also schon noch verantworten, wenn man ihn nicht Tag und Nacht durchlaufen lässt. Oder um ein aktuelles Beispiel zu bemühen: Mit dem, was man für eine Stunde Musikhören mit dem Pass an Strom verbraucht, kann man auch einen Kilometer weit Elektroauto fahren. Oder 200 Meter, wenn man den Umweg über die von interessierter Lobbyseite präferierten E-Fuels verwendet.

Pass INT-25 innen
Luft zum Atmen: Die Seitenwände des INT25 bestehen wie die Frontplatte aus fingerdickem Aluminium. Sie leiten die gewaltige Abwärme der beiden Ausgangs-MOSFETs an die Kühlkörper weiter. Die vordere Gehäusehälfte ist mit einem Mumetall-geschirmten Ringkerntrafo gut ausgefüllt. Im INT25 spannt er dauerhaft etwa 200 Watt um, hat aber Reserven für ein Vielfaches dieser Leistung (Foto:B. Rietschel)

Was von der Leistung nicht Richtung Lautsprecher abfließt, heizt eben die Kühlkörper auf. Das führt zu der paradox erscheinenden Situation, dass dieser Verstärker theoretisch umso kühler läuft, je lauter man damit hört. Praktisch spürt man freilich keinen Unterschied. Der Amp wird gut warm, aber nicht so, dass man ihn nicht auch im Sommer und / oder in kleinen Hörräumen uneingeschränkt genießen könnte. Wollte man 60, 100 oder gar 300 Watt in Class A erzielen, gäbe es auch dafür geeignete Geräte, die sich aber von oben genannter Alltagstauglichkeit zunehmend befreien: Die zweigehäusigen Monoblöcke XS-300 von Pass etwa wiegen pro Stereo-Set 280 Kilo und ziehen konstant 1,8kW aus dem Netz.

Schaltungstechnisch ist der INT25 mit der Class-A-Endstufe XA25 und dem größeren, hier bereits getesteten Vollverstärker INT60 verwandt: Letzterer steuert eine abgespeckte Version seiner Vorstufe bei, die im INT25 ohne symmetrische Eingänge auskommen muss und insgesamt auch nur drei Signallieferanten Anschluss bietet statt deren sechs. Die Endstufe des INT25 entspricht weitgehend der im XA25 verwendeten. Wobei die Verwandtschaft nur ideell ist und nicht bedeutet, das komplette Baugruppen oder Platinen übernommen werden konnten. Das geht schon deshalb nicht, weil die Spannungsverstärkung des Vollverstärkers auf der Eingangs- und Vorverstärkerplatine untergebracht ist, die folglich ein ganz eigenes Layout besitzt.

Fast schon ein Pass-Erkennungsmerkmal – zumindest für jene Nerds, die bei einem neuen Amp erstmal sämtliche Transistorbezeichnungen entziffern müssen – ist die Verwendung seltener, seit Jahrzehnten nicht mehr produzierter Halbleiter japanischer Provenienz. Nelson Pass macht das nicht zum Selbstzweck. Im Gegenteil: Der Physiker experimentiert ständig mit neuen wie alten Transistortypen, lässt sich manchmal sogar eigene Kleinserien anfertigen (etwa die phantastischen Siliziumcarbid-Transistoren des leider kurzlebigen US-Herstellers SemiSouth) und kauft im großen Stil Bestände interessanter Bauteile, wenn diese knapp zu werden drohen. NOS-Typen setzt er nur dann ein, wenn es keinen adäquaten Ersatz aus aktueller Fertigung gibt.

Pass INT-25 innen
Die Verstärkerwelt des Nelson Pass in bunten Kästchen… (Foto:B. Rietschel)

Alle hier verwendeten JFETs sind daher New-Old-Stock-Restbestände: Transistor-Raritäten, vor Jahren gehamstert, nun präzise gematched in der Vor- und Eingangsstufe des Pass INT25: JFET-Puffer nehmen die Signale (hier des linken Kanals) in Empfang (rot). Das IC darüber ist ein rein passives Widerstandsnetzwerk für die elektronische Lautstärkeregelung. Das kaskodierte JFET-Paar (gelb) treibt die Spannungsverstärker-Stufe (grün) an, die schon aus deutlich größeren JFETs besteht.

Leider aber gibt es diese rausch- und klirrarmen JFETs, die einst spezifisch für HiFi-Anwendungen entwickelt wurden, kaum noch. High End Audio ist nun mal ein vergleichsweise kleiner Markt, der heute keine eigenen Halbleiterentwicklungen mehr lohnend erscheinen lässt. So findet sich im Pass INT-25 daher – appetitlichst angerichtet – ein Potpourri aus altem Vintage-Silizium und neuen Halbleiterexoten, die eigentlich für ganz andere Anwendungen vorgesehen sind. Etwa präzise ausgemessene und gematchte Komplementärpärchen der begehrten Toshiba-JFETS 2SK170 / 2SJ74. Hier in Kaskodenschaltung mit zwei Bipolaren Transistoren in der Eingangsstufe. Angetrieben wird damit die Spannungsverstärkerstufe, wo wiederum historische Toshiba-JFETS schuften. Nun aber größere: 2SK2013 und 2SJ313 heißen sie und liegen am Rand der Vorstufenplatine auf individuellen kleinen Kühlkörpern.

Die eigentliche Leistungsstufe könnte in ihrem Purismus auch aus einem First-Watt-Konzeptamp stammen: Sie basiert auf neuen, extrem leistungsfähigen „HiPerFETs“ des Herstellers IXYS, die statt über dünne Lötbeinchen mit massiven M4-Schraubterminals kontaktiert werden. Ein Blick ins Datenblatt verrät, warum: IXYS traut den hier verwendeten Typen jeweils 700 Watt Dauerleistung und über 100 Ampère Maximalstrom zu. Wofür auch immer diese Bauteile eigentlich entwickelt wurden – ihre Verstärkungskennlinien sind jedenfalls so vorbildlich stetig und röhrenhaft, dass man daraus mit gerade mal einem Paar pro Kanal eine Class-A-Endstufe bauen kann, für die sonst pro Seite 20 Endtöpfe parallel schuften müssten. Oder mehr, denn Pass macht seine Amps messtechnisch notorisch kleiner, als sie sind.

Pass INT-25 innen
Vier Schrauben für ein Halleluja: Von den IXYS-Endtransistoren sieht man nicht viel. Ihre Rückseite schmiegt sich mit viel Wärmeleitpaste an die Gehäusewand, die Vorderseite trägt Schraubterminals, mit denen sich der MOSFET an der Platine festkrallt. Gegen Temperaturdrift werden die Leistungshalbleiter mit einer Konstantstromquelle stabilisiert (Foto:B. Rietschel)

Wer also glaubt, mit den 25 Prospekt-Watt irgendwie in Schwierigkeiten zu kommen, sollte bedenken, dass man bei weniger konservativer Darstellung locker auch das Doppelte draufschreiben könnte. Und dass sich diese Leistung nur auf 8Ω bezieht. Das mächtige Netzteil des INT25 hat kein Problem damit, niederohmigere Boxen mit proportional höheren Leistungen zu versorgen – und hört damit erst auf, wenn der per Schutzschaltung festgelegte Maximalstrom von 10 Ampère überschritten wird. Was an einer wirklich grimmigen 2Ω-Last um die 200 Watt entsprechen würde.

Pass INT-25 Trafo
Der stattliche Trafo des INT-25 (Foto:B. Rietschel)

Im Hör-Alltag mit dem INT25 denkt man aber über andere Dinge nach als über Leistung. Erst recht, wenn man über einen eher kleinen Hörraum und nicht allzu anspruchsvolle Boxen verfügt: Wie schafft es dieser Amp, verschiedene Phonostufen, Tonabnehmer oder Netzwerkspieler so spielend zu differenzieren? Nach etlichen CD-Player-, Streamer- und Phono-Preamp-Tests mit dem INT-25, begleitet von einer bedenklichen Zunahme meiner Plattenkauf-Aktivität, ist diese lässige Vergrößerung jeglicher Unterschiede, ohne irgendwie selbst in Erscheinung zu treten, zum absoluten Killer-Feature des eigentlich völlig feature-freien US-Verstärkers geworden.

Der Pass erleichtert dem Tester das Arbeiten, und er steigert beim Musikfan die Vorfreude auf jede neue Plattenseite. Es macht sich weder ein Mangel noch ein Überangebot bemerkbar, sondern nur die allmähliche Erkenntnis, dass dies wieder eines jener Pass-Geräte sein könnte, an denen sich alles Nachfolgende zu messen haben wird. Das traf in gewisser Weise auch schon auf seinen historischen Vorgänger INT30A zu, und ebenso auf seinen großen Bruder INT60, den Kollege Holger Biermann bereits ausführlich gewürdigt hat.

Hörtest

Der INT-25 ist etwas günstiger, aber immer dann, wann die Leistung reicht, nicht schlechter als der 60er. Letzterer arbeitet noch mit vielköpfigen Transistor-Trupps, wiegt das Doppelte und kann seinen großzügig bemessenen Class-A-Bereich verlassen, um richtig ernsthafte Leistungen freizusetzen. Der INT25 dagegen ist deutlich geradliniger, kennt nur Class A und nutzt dafür nur zwei Halbleiter pro Seite. Seine Schaltung kommt sogar ohne Source-Widerstände an den Ausgangs-MOSFETs aus, die laut Pass letztlich wie eine lokale Gegenkopplung wirken und den Klang geringfügig eintrüben. Er klingt folglich auch anders, nämlich noch neutraler, feiner bewegt und geradezu gespenstisch sauber fokussiert.

Sofa Source Crossfire Cover
Keine unbedingt audiophile Aufnahme, aber musikalisch ein Highlight: Source Crossfire von Sofa (Cover: Amazon)

Eine neue Platte mit Material aus den 90er Jahren brauchte nur wenige Takte, um aus ausklingendem Sommer wohlig-düsteren Herbst zu machen: „Source Crossfire“ ist ein Doppel-LP-Reissue, das nahezu das gesamte Schaffen der grandiosen kanadischen Postpunk-Band Sofa zusammenfasst. Dazu gehört das 1997er CD-Album „Grey“, das hier komplett, aber mit geänderter Tracksequenz zu finden ist, sowie sieben weitere Stücke, die es bislang überhaupt nur in Form zweier selbstverlegter Kassetten gab – einstige Auflage: 50 und 100. Audiophil im engeren Sinn ist das nicht.

Und muss es auch gar nicht sein, um die Qualität eines Verstärkers beurteilen zu können: Wer schon einmal live oder im Proberaum vor einem Bassverstärker gestanden hat, kennt diese eigentümliche Mischung aus Tieftondruck, sehnig-brutaler Straffheit und metallischem Obertonglanz, die so in E-Bass entwickeln kann, wenn er wie hier im Stil von Joy Division als melodisches Bleigewicht eingesetzt wird, das die Songs in der Vorwärtsbewegung zuverlässig in die Tiefe zieht. Dann die wunderbar kantigen Gitarrenhiebe von Ian Ilavsky, die in eine neuere Math-Rock- oder Postrock-Richtung weisen – hätte Ilavsky nicht 1997 das Indielabel Constellation Records gegründet und damit eine ganze Epoche mitgeprägt, man hätte es bedauern können, dass sich Sofa schon bald nach dem ersten Album wieder auflösten.

Mit dem Pass INT25 erlebt man diese Platte mit ihrer ganzen gewollten Härte und Kühle, aber auch mit dem wunderbaren Flow der Moll-Basslinien. Das übermittelte Ausdrucks-Spektrum ist so breit, dass ich später, als ich das Album nochmal am Rechner via Kopfhörer hörte, die Tracks nicht mehr fand, die mich vorher so mitgerissen hatten. Da kommen natürlich viele Faktoren zusammen. FLAC-Stream versus LP, magnetostatische Quad-Kopfhörer versus Tannoy-Monitore, MacBook Pro versus VPI Scout 21, und eben auch Pass INT25 versus Sennheiser HDVD 800. Aber ich mache diesen Wechsel sonst auch oft mehrmals täglich. Irgendwas hatte im Hörraum sehr merklich die Torlinie verschoben – und das war der Pass.

Pass INT-25 Fernbedienung
Komfort an Kühlkörper: Die Fernbedienung passt mit ihrem stabilen Alugehäuse gut zum exzellent verarbeiteten INT25. Sie liegt auch den größeren Pass-Amps bei, weshalb einige Tasten hier keine Funktion aufweisen. Eine Balance-Regelung zum Beispiel hat weder der INT25 noch der stärkere Bruder INT60 (Foto:B. Rietschel)

Wenn sich Leute über metallisch krachende Snaredrums und ungesoftet schrängelnde Gitarren freuen, ist es natürlich nicht weit zur Verklärung eines unschön klirrenden oder schlicht grundtonschwachen Verstärkers oder einer missglückten Amp-Lautsprecher-Paarung. Beim INT-25 musste ich nur die Musik wechseln, um einen solchen Effekt sicher auszuschließen: Billie Eilish und ihr im Juli erschienenes Album „Happier Than Ever“ (Darkroom / Interscope B0033778-01) ist zwar nicht unbedingt ein Geheimtipp für Individualisten, aber ein pralles Album voller brillanter Songs, liebevoll produziert und mit einem satten, präsenten Sound gesegnet.

Hier wird schnell klar: Dieser Class-A-Amp kann fette Elektrobeats. Er kann dem Zuhörer nah mikrofonierte Vocals so unmittelbar auf den Schoß setzen, dass man sich beim Weintrinken reflexartig etwas zurücklehnt, damit Frau Eilish das Glas nicht ins Gesicht bekommt. Und er verschweigt auch nicht, dass das leicht erhöhte Grundrauschen hier nicht elektronischen, sondern mechanisch-werkstofftechnischen Ursprungs ist: Irgendjemand hielt es für eine gute Idee, die riesige Vinyl-Auflage beim französischen Presswerk MPO auf Recycling-Vinyl pressen zu lassen. Das Rohmaterial erzeugen die Franzosen aus hauseigenem Abfall-Vinyl, das geschreddert, gereinigt und erneut eingeschmolzen wird. Das ist nachhaltiger und an sich natürlich eine gute Idee. Die Pressung ist auch blitzsauber – kein Vergleich zu den Knisterorgien des primitiven „Regrind“, das in den 70er Jahren während der Ölkrise zum Einsatz kam und allen möglichen Dreck inklusive der zerkleinerten Papierlabels enthielt. Sie weist aber nun mal ein etwas höheres Rillenrauschen auf.

Der Pass INT-25 klingt nicht nur manchmal oder meistens, sondern praktisch immer unglaublich. Das setzt ihn auch nochmal einen Schritt von anderen Lieblingsverstärkern ab – etwa dem Line Magnetic 805. Der hat auf dem Papier sogar mehr Leistung als der Pass. An modernen Lautsprechern mit Impedanzen zwischen 4 und 8 Ohm sowie deutlich darunterliegenden Minima bei bestimmten Frequenzen sieht es aber anders aus – da lässt der Pass die Wände wackeln, wenn der Röhrenamp bereits die Segel streicht. Was dem Amerikaner nicht ganz gelingt, ist dieses intensiv feurige Temperament, das der Chinese mit – zumindest einigermaßen – passenden Boxen entwickelt. Der INT-25 spielt extrem genau, aber eben nicht „larger than life“. Er leuchtet virtuelle oder reale Bühnen absolut präzise und blendfrei aus, während der Line Magnetic sie einfach gleich in Flammen setzt. Das ist toll, aber man muss es auch so wollen. Richtiger ist in jedem Fall der Pass.

Man könnte sich jetzt fragen, warum wir den INT-25 mit einer Single-Ended-Triode vergleichen. In der Tat ist das eigentlich kein normal abwägendes Besser/Schlechter, sondern eine Grundsatzentscheidung. Andererseits kommen Trioden dem INT25 klanglich in vielerlei Hinsicht näher als irgendwelche Transistoramps. Beide reproduzieren Klänge mit einer unmittelbaren, griffigen, fast klebrigen Körperlichkeit, die es fast unmöglich macht, sich den transportierten Emotionen zu entziehen. Wenn da jemand singt, dann muss man hinhören, mitfühlen, -feiern und -leiden. Da ist ganz viel von dieser Mikrodynamik, die den feinsten Modulationen einer Stimme praktisch trägheitslos folgt und sie damit so viel echter klingen lässt als über Normal-Amps, die dazu neigen, diese feinsten Dynamik-Reliefs etwas einzuebnen. Das klingt dann zwar nicht gleich nach „Vorhang vor der Musik“, aber doch wie eine hauchfeine Schutzfolie über den Klangkörpern, während die Musik den Pass – genau wie bei guten Eintakt-Trioden – absolut taufrisch verlässt.

Pass INT-25: das Fazit

Das Test-Fazit klingt beim INT25 ganz ähnlich wie beim größeren Bruder INT60, auch wenn die Amps an sich durchaus unterschiedlich klingen. In meinem eher kleinen Hörraum und mit meinen noch relativ wirkungsgradstarken, aber trotzdem nicht ganz unkomplizierten Tannoy Eaton wäre der INT25 der perfekte Amp: Mit sinnvollen Pegeln nicht an sein Limit zu bringen, klanglich hoch transparent, mit vollständig ausdifferenziertem Oberton und zugleich weichem musikalischen Fluss. Im Zweifel lieber etwas zu vornehm als zu überschwänglich oder gar hemdsärmelig-rau, ein edler, aufrichtiger Charakter. Zudem mit noch moderatem Stromhunger ausgestattet und gerade noch handlich genug, um ihn auch mal ohne fremde Hilfe von einem Zimmer ins andere tragen zu können – versucht das mal mit dem INT60!

Dem großen Bruder bleiben seine grobdynamischen Vorteile unbenommen, und er wildert damit in einem Territorium, das eigentlich separaten Vor/Endstufenkombis vorbehalten ist. Dem INT25 gelingt dafür das Kunststück noch einen Tick besser, sich selbst verschwinden zu lassen. Wer ein paar Wochen damit gehört hat, wird danach große Mühe haben, einen anderen Transistoramp zu akzeptieren.

Wenn man nicht wirklich sehr viel Leistung braucht, etwa um ein störrisches Gauder-Topmodell in einem großen Hörraum auszureizen. Oder wenn man mit kümmerlichen drei Eingängen zurechtkommt, und eitel Tand wie Pre-Out, Tapeschleife oder digitalen Schnittstellen entsagt. Und wenn man nicht ohnehin schon so einen riesigen CO2-Fußabdruck hat, dass ein Class-A-Amp einfach zu unanständig wäre. Wenn all diese Wenns erfüllt sind und man dann noch 9000 Euro übrighat, dann ist der Pass INT-25 der beste Vollverstärker, den man bekommen kann.

Pass INT-25
2021/10
Test-Ergebnis: 4,4
SEHR GUT
Bewertungen
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Fein beweglicher, flüssiger Klang, enorme Auflösung, hohe Musikalität
Viel stärker, als das Datenblatt erwarten lässt
Solide, nahezu perfekt gute Verarbeitung
Spartanische Ausstattung, hoher Stromverbrauch

Vertrieb:
Audio Components
Harderweg 1
22549 Hamburg
www.audio-components.de

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Pass Labs INT-25: 8.900 Euro

Pass INT-25: die technischen Daten

Pass INT-25
Technisches Konzept:Class-A Vollverstärker Transistor
Leistung:2 x 25 Watt an 8 Ohm, 2 x 50 Watt an 4 Ohm
Eingänge:3 x Cinch
Dämpfungsfaktor:500
Bandbreite:
0 – 100.000 Hertz
Leistungsaufnahme (konstant):180 Watt
Abmessungen H x B x T:43,2 x 15,3 x 45,5 cm
Gewicht:
23,2 Kilo
Alle technischen Daten
Mit- und Gegenspieler:

Autor: Bernhard Rietschel

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Bernhard Rietschel ist gelebte HiFi-Kompetenz. Sein Urteil zu allen Geräten ist geprägt von enormer Kenntnis, doch beim Analogen macht ihm erst recht niemand etwas vor: mehr Analog-Laufwerke, Tonarme und Tonabnehmer hat keiner gehört.