de
Fostex TH610 bottom
Geschlossener Kopfhörer Fostex TH610; 713 Euro (Foto: J. Schröder)

Test Fostex TH610 – bester Over Ear Kopfhörer unter 1000 Euro?

Der nobel daherkommende Fostex TH610 ist das neueste Modell unter den HiFi-Hörern des japanischen Audio-Spezialisten. Im ProAudio-Bereich weltweit im Einsatz, sind Fostex-Produkte in der HiFi-Szene noch nicht allzu oft anzutreffen – allerdings nur scheinbar, denn die Fostex-Konzernmutter Foster Electric zählt schon seit knapp 60 Jahren mit rund 50.000 Mitarbeitern zu den weltweit größten Schallwandler-Herstellern überhaupt. Produkte von Foster finden sich daher häufig auch unter der OEM-Tarnkappe im Portfolio prominenter HiFi-Hersteller.

Bereits beim Auspacken des Fostex TH610 kommt Freude auf. Endlich mal wieder ein HiFi-Produkt mit edlem Look & Feel, das nicht dem Apple-typischen Verpackungs-Fetisch huldigt – der leider auch im HiFi-Bereich mehr und mehr um sich greift. Statt in aufwändiger Verpackung (die vom Kunde natürlich teuer bezahlt werden muss oder aber das Budget zu Lasten der Technik schmälert) wird der Fostex TH610 in einer robusten Klappbox aus Hartfaser mit passgenauer Schaumstoffeinlage geliefert – freilich ohne güldenes Vorhängeschlösschen und Samthandschuhe.

Fostex TH610: Die Technik

Dafür präsentiert sich der Hörer selbst umso edler: So sind die geschlossenen Gehäuseschalen aus Schwarznuss-Hartholz gefertigt – griffsympathisch im Seidenmatt-Finish gehalten, hinterlassen sie trotz feinster Verarbeitung einen ziemlich robusten Eindruck. Gleiches gilt auch für die sehr komfortablen und dicht schließenden Ohrpolster, die in Sachen Materialqualität echtem Leder erstaunlich nahe kommen – mitsamt einer entsprechenden Duftnote. Sehr schön auch: Mit einem leichten Dreh gegen den Uhrzeigersinn lassen sich die Ohrpolster zum Auswechseln ganz einfach aus sicherer Position ausrasten und entnehmen – ein weiteres Detail, das die hohe Fertigungsqualität unterstreicht.

Fostex TH610 side
Der Fostex TH610 kombiniert exklusive Optik mit hoher Alltagstauglichkeit. Seine Gehäuseschalen sind aus Schwarznussholz gefertigt. (Foto: J. Schröder)

Ohnehin fällt die Mechanik des Fostex TH610 hochwertig und äußerst solide aus: Man muss daher nicht gleich tausend Tode sterben, wenn das gute Stück versehentlich mal zu Boden geht. Lob verdient auch das mitgelieferte, drei Meter lange Anschlusskabel: Der Textilmantel reduziert Körperschall und damit Hantierungsgeräusche, während die hörerseitigen, zweipoligen Anschlussstecker nicht nur kontaktsicher rhodiniert, sondern auch mit einem kräftigen Knickschutz versehen sind. Optional ist für den Fostex TH610 auch ein symmetrisches Anschlusskabel mit 4-poligem XLR-Stecker erhältlich, das mit 392 Euro jedoch ziemlich kostspielig ausfällt – für das Geld bekommt man bereits einen kompletten, sehr ordentlichen Kopfhörer.

Obwohl der Fostex TH610 mit 375 Gramm netto ohne Kabel nicht gerade zu den Leichtgewichten zählt, trägt er sich ausgesprochen angenehm. Seine Kopfbügel-Mechanik lässt sich prima anpassen und rastet satt ein. Dank seines sehr moderaten Anpressdrucks ist TH610 ein idealer Partner auch für ausgedehnte Hörsessions.

Fostex TH610 mechanics
Die Kopfbügel-Mechanik des Fostex TH610 fällt ziemlich robust aus. Das Einstellen auf die Kopfgröße erfolgt geschmeidig in definierten, satt einrastenden Stufen (Foto: J. Schröder)

Als echter Fostex verfügt der TH610 selbstverständlich über hauseigene Wandlertechnik. Zum Einsatz gelangen zwei dynamische 50-Millimeter-Systeme mit einer Kapselimpedanz von 25 Ohm. Sie zeichnen sich durch eine Foster-eigene, „Bio dyna“ genannte Membrantechnik aus. Bei dieser werden die Diaphragmen aus Bio-Zellulose gefertigt – dieser Werkstoff vereint geringes spezifisches Gewicht mit einem hohen Elastizitätsmodul bei gleichzeitig hoher innerer Dämpfung. Im Vergleich zu üblichen Kunststofffolien-Membranen zeichnet sich Bio-Zellulose durch eine doppelt so hohe Fortpflanzungsgeschwindigkeit für Körperschall sowie fünffach höhere Festigkeit aus. Kräftige Magneten sorgen im Luftspalt des Antriebs für eine hohe Flussdichte von 1 Tesla, was der Kennempfindlichkeit zugutekommt.

Fostex TH610: Der Klang

Ebenso wie bei Lautsprechern lässt sich auch bei Kopfhörern häufig ein gewisser Einspieleffekt feststellen, der durchaus einige Stunden, mitunter sogar Tage andauern kann. Der Fostex TH610 hingegen war nach dem Auspacken sofort „voll da“ – und zwar rundum überzeugend. In der Tat zählt der Fostex TH610 zu den ausgeglichensten Hörern, die ich kenne: Mit fülligem, aber keineswegs dicklichem Grundtonbereich zeigt er zunächst mal einen eher warmen, tonalen Charakter. Darüber hinaus spielt der Fostex TH610 präsent und detailreich, ohne dabei ins Glasige, Helle oder Schärfliche zu verfallen. Auch liefert er im besonders gehörempfindlichen Frequenzbereich zwischen 2 und 5 Kilohertz genau den richtigen „Biss“, ohne vordergründig zu klingen – viele, selbst ansonsten gute Hörer straucheln in dieser Disziplin durch eine übertriebene Präsenzsenke. die das Klangbild gefälliger und räumlicher erscheinen lassen soll.

Fostex TH610 cable connector
Die hörerseitigen Steckkontakte des Anschlusskabels sind verpolungssicher und für beste Kontaktgabe mit einem Rhodiumüberzug versehen. Vorbildlich auch die kräftigen Knickschutztüllen. Optional erhältlich ist ein Anschlusskabel mit vierpoligem XLR-Stecker zum Betrieb an Verstärkern mit symmetrischem Ausgang (Foto: J. Schröder)

Selbstverständlich „wächst“ der Fostex TH610 mit den klanglichen Qualitäten des antreibenden Verstärkers – ein tolles Team bildete er beispielsweise mit dem RME ADI-2 Pro. Wegen seiner hervorragend ausgeglichenen Klangbalance kommt er aber auch mit weniger audiophilen Kopfhörerausgängen bestens zurecht – bereits an meinem iPhone 6s klang der edle Japaner exzellent und lieferte auch ausreichende Lautstärken. Für diese Anwendung wünscht man sich allerdings ein Anschlusskabel mit 3,5-Millimeter- anstatt des fest montierten 6,3-Millimeter-Stereo-Klinkensteckers.

Fostex TH610: Fazit

Der Fostex TH610 ist der beste Beweis, dass ein exklusives, handwerklich hochwertiges Produkt auf überflüssiges Chi-Chi vollständig verzichten und zudem absolut alltagstauglich sein kann – perfektes Understatement also. Seine hervorragend ausgeglichenen Klangeigenschaften zaubern dem stolzen Besitzer sofort ein breites Grinsen aufs Gesicht, das bis zu den kunstvoll verarbeiteten, hölzernen Hörerschalen reicht. Der Preis von 713 Euro ist sicherlich kein Pappenstiel: Gemessen am Gebotenen, aber auch am Leistungsniveau seiner Mitbewerber in dieser Preisklasse kann man den Fostex TH610 jedoch ohne rot zu werden als günstiges Angebot bezeichnen. Für all das gibt’s von LowBeats volle Punktzahl.

Fostex TH610
2017/05
Test-Ergebnis: 5,0
Überragend
Bewertung
Klang:
Praxis:
Verarbeitung:

Gesamt:

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Ausgewogener, warmer und leuchtkräftiger Klang
sehr hoher Tragekomfort
robuste und präzise Mechanik
herausragende Verarbeitung

Vertrieb:
Mega Audio
Feldborn 3
55444 Waldlaubersheim
www.megaaudio.de

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Fostex TH610: 713 Euro

Mehr von Fostex:

Test DAC-Pre-Headphone-Amp Fostex HP-A4BL 

Im Beitrag erwähnt:

Test ADDAC-Kopfhörer-Preamp RME ADI-2 Pro

Das könnte Sie ebenfalls interessieren:

Test: Edel-Kopfhörer Sennheiser HD 800 S

Autor: Jürgen Schröder

Avatar-Foto
Toningenieur, R&D-Spezialist und das (mess-)technische Gewissen von LowBeats. Kümmert sich am liebsten um Wissens-Themen, Musik und den spannenden Bereich zwischen Studio und HiFi.