Ein “günstigerer” McLaren bedeutet nicht “weniger” McLaren! Vor allem, wenn der 328 km/h schnelle Sportwagen McLaren 570S die rasanteste B&W-Anlage an Bord hat. Dr. Ian Kuah hat ihn für uns gefahren und gehört.
Sports Series, Super Series, Ultimate Series: Von Anbeginn waren dies die drei Geschmacksnoten der McLaren Modell-Palette. Der P1 war der erste Vertreter der Ultimate Series und McLarens Flaggschiff – dennoch wird es für einige Jahre kein weiteres Auto aus dieser Linie geben.
Nun, da sich McLaren mit dem MP4-12C sowie seinem Nachfolger, dem 650S und dem mächtigen 675LT als Marke in ihrem Kerngeschäft bestens etabliert hat, scheint die Zeit reif, mit der Sports Series mehr Umsatz zu generieren. Die Autos dieser nicht ganz so kompromisslosen, preisgünstigeren, aber immer noch von Hand gebauten Serie wurden entwickelt, um im Revier von Aston Martin DB9, Audi R8 und Porsche Turbo zu jagen.
Uneingeweihte würden beim Anblick eines vorbeifahrenden McLaren 570S diesen niemals für ein Einstiegsmodell halten. Immerhin hat er mit seinen neuen Rückleuchten noch mehr P1-inspirierte Stilelemente als der teurere 650S. Wie auch immer, der 540C und der 570S sind McLarens neue Einsteiger-Modelle, mit denen die in Woking ansässigen Briten hoffen, die von ihnen selbst auferlegte Obergrenze von 4.000 verkauften Wagen pro Jahr zu erreichen.
Und es spricht Bände für den herausragenden Ruf, den die Marke in relativ kurzer Zeit aufgebaut hat: Noch bevor Kunden die Möglichkeit hatten, in einem Auto zu sitzen oder es zu fahren, sind bei McLaren bereits 1.000 Bestellungen für ihr neues Baby eingegangen.
Der 570S kommt im November als Coupé auf den Markt. McLaren teilte uns offiziell mit, dass die Spider-Version im Jahr 2017 herauskommen wird. Im Hinblick auf die viel höheren Absatz-Zahlen des 650S Spider zum Coupé ist zu erwarten, dass es mit der neuen Version des 570S ähnliche Umsatz-Anteile geben wird.
Obwohl der in Großbritannien für 128.000 £ in den Einzelhandel kommende 540C das wirkliche Einstiegsmodell ist, entschied McLaren, ihre neue Serie mit dem 570S (£ 143.000 in Großbritannien) zu launchen, dessen Grundkonzeption wie bei allen Autos Motorsport-basierter Hersteller auf modernes Fahrwerk, Aerodynamik, Hightech-Materialien, hervorragende Motorleistung und geringes Gewicht ausgerichtet ist.
Das Thema „geringes Gewicht“ wurde hier konsequent verfolgt: mit seinen 1.344 kg Leergewicht ist der McLaren 570S rund 150 kg leichter als jeder Rivale seiner Klasse. In diesem Punkt war das Aufkommen der LED-Scheinwerfertechnik ein Segen. Jedes dieser maßgeschneiderten Bauteile wiegt nur 2,7 kg, ist aber stärker und verbraucht weniger Strom als die vorherigen Xenon-Äquivalente.
3,8 Liter für einen gewaltigen Antritt
Wie in jedem McLaren Modell ist der Motor des 570S eine weitere Variante des Twin-Turbo 3.8-Liter-V8 mit Flat-Plane-Kurbelwelle und in dieser weniger leistungsstarken Variante lautet der interne Code des Motors M838TE.
Die Leistung liegt bei gesunden 570 PS mit 600 Nm Drehmoment bei 5.000 bis 6,500 Umdrehungen. Übrigens ist dies die erste Version eines McLaren V8 mit Start-Stop-Technologie, was hilft, seinen Durchschnittsverbrauch auf 10.7 L/100 km zu senken – bei 249g/km CO2-Emissionen.
Gegen die Stoppuhr hat dieses Auto aus der Sports Series die Performance eines Oberliga-Supersportwagens. Der McLaren 570S beschleunigt von 0 auf 100 km/h in 3,2 Sekunden und von 0 auf 200km/h in 9,5 Sekunden. Seine Höchstgeschwindigkeit liegt bei 328km/h.
Hilfreich ist an dieser Stelle das reibungslose und schnelle 7-Gang-SSG Doppelkupplungsgetriebe, dessen Lenkradschaltung nun auf ein sehr hohes Niveau an taktiler Präzision feinjustiert wurde. Es ist keine Überraschung, dass das Fehlen der aktiven Aufhängungselemente teurerer McLaren Modelle die dünne Schicht von Feedback-Verschleierung entfernt, die ein Markenzeichen aller state-of-the-Art-Aufhängungssysteme mit dieser Technologie ist.
Aus diesem Grund spricht der McLaren 570S erheblich direkter über Ihren Hosenboden zu Ihnen – in einer Weise, wie es seine stärkeren, Technik-lastigeren großen Brüder nicht tun. Er ist straff und klar in allem, was er tut, sogar in dem, was er gleich tun soll – was ich sehr erfrischend fand.
Die Karosserie rollt etwas mehr um alle Achsen, aber am wichtigsten ist die subtile Steigerung, mit der er seine Kurvenlage annimmt. Obwohl der McLaren ein scharf geschliffenes Werkzeug ist, gibt es da nichts Abruptes an der Art, wie das Chassis auf Input reagiert, es fühlt sich im wahrsten Sinne des Wortes perfekt ausgewogen an. Wenn Sie ihn tatsächlich an seine Grenzen bringen, kann er mit seiner linearen Beschleunigungs-Charakteristik aber auch progressiv losgehen.
Wie andere McLaren-Modelle verfügt auch der 570S über eine variable Übersetzung der elektro-hydraulischen Lenkunterstützung, die Zahnstangenlenkung und die Front-End-Geometrie hat aber nur dieses Modell. Mit 2,5 Umdrehungen von Anschlag zu Anschlag fühlt er sich knackig und gut abgestimmt an.
Bedingt durch einen Regenschauer während unserer Testfahrt auf der Rennstrecke in Portimão kam die Berechenbarkeit des 570S Chassis beim Fahren unter semi-rutschigen Bedingungen eindrücklich zur Geltung. Auf dem Weg in die 180-Grad-Links-Haarnadelkurve erwies sich die Front als sehr klar steuerbar; eine langsame Geschwindigkeit am Kurveneingang im zweiten Gang wurde belohnt mit einem vollständigen Feedback darüber, wie viel mechanischer Grip bei den Reifenaufstandsflächen verfügbar ist.
McLaren 570S: Schnell und gefühlsecht
Ich konnte spüren, wie die Lenkung auf dem schmalen Grat zwischen Grip und Rutschen etwas leichter wurde, wobei das Heck aber vertrauensvoll in der Spur blieb. Dieses hohe Level an „Po“-Kommunikation zu Lenkung und Fahrwerk lässt Sie genau spüren, wann und wie wenig Sie vom Gas gehen müssen, damit sich die blockierte Lenkung auf dem Weg aus der Kurve löst.
In den schnelleren Kurven auf der schnell trocknenden Rennstrecke war ich überrascht, wie viel mechanischen Grip die Pirelli Corsa Reifen erzeugen können. Bei durchgehend feuchtem Untergrund – ohne stehendes Wasser – konnte ich am Ausgang der Rechtskurve mit angezeigten 145km/h auf die Hauptgerade ziehen. Unter knochentrockenen Bedingungen wären es wahrscheinlich 165km/h oder mehr gewesen. Dies zeigt, was moderne Sportreifen in Bezug auf Nasshaftung leisten können, auch ohne den positiven aerodynamischen Abtrieb des 650S.
McLaren hat eine Menge Arbeit in die Gasannahme der Twin-Turbo-V8s gesteckt, was Ihnen ermöglicht, exakt die benötigte Menge an Vortrieb zu generieren. So ist es nicht schwer für einen sensiblen Fahrer, der es versteht, nicht zu gierig mit dem Gaspedal umzugehen, das Drehmoment in einem höheren Gang unter solchen Bedingungen zu halten, dass das Auto auf feuchter oder nasser Strecke ohne Drama direkt an der Grenze des Grips um die Kurve “schwebt”.
McLaren sagte uns, dass das neue Kohlefaser-Chassis des 570S schwerer, aber nicht weniger starr ist als das seiner großen Brüder. Es ist eine solide Basis für eine optimal arbeitende Federung, trotz der tiefer gelegten Türschwelle, die das Ein- und Aussteigen erleichtert und damit die Alltagstauglichkeit des 570S verbessern soll.
Die vereinfachte Anordnung der Aufhängung arbeitet rundum noch mit Doppelquerlenkern, aber anstelle der aktiven Dämpfung und Stabilisatoren kommen herkömmliche hydraulische Dämpfer und Hohlstahlrohr-Querstabilisatoren zum Einsatz.
Der erkennbare Unterschied zwischen der Federung im “Normal”- und “Sport”-Modus ist auf der Straße sehr offensichtlich. Bei 50 km/h oder weniger innerhalb geschlossener Ortschaften ermöglicht “Normal” eine angenehme, flüssige Fahrt. In den sehr komfortablen und Körper-unterstützenden Sportsitzen werden Sie spüren, dass langes Sitzen hinter dem Steuer keineswegs übermäßig anstrengend für Körper und Geist sein muss. Sobald Sie schneller fahren, fängt “Normal” an, sich ein wenig weich anzufühlen und einige Karosseriebewegungen mischen sich ins Geschehen. Zeit, um die “Sport”-Einstellung zu aktivieren, die wieder für Ruhe sorgt, ohne je zu hart zu werden.
Wenn überhaupt, war ich überrascht, wie gut Fahrgefühl und Fahrwerkskontrolle verglichen mit dem aktiven System im 650S sind. Der Fahrkomfort ist zwar geringfügig schlechter, aber auf der anderen Seite halte ich die größere Transparenz durch die Rückmeldung des 570S-Chassis beim Fahren für ansprechender.
Natürlich kann man das teilweise den kleineren Rädern und Reifen zuschreiben, die etwas mechanischen Grip opfern, dafür aber ein taktileres Handling ermöglichen. Am Testwagen waren 8.0J x 19 Zoll und 10,0J x 20-Zoll-Legierungen mit 225 / 35ZR19 und 285 / 35ZR20 Pirelli PZero Corsa Reifen aufgezogen.
Die Bremsen sind gut, sowohl auf der Straße als auch auf der Rennstrecke. Der Pedalweg ist länger als beim Porsche mit PCCB-Bremsen, allerdings empfinde ich das tatsächlich als positive Eigenschaft, da es die Bremswirkung leichter regulierbar macht. Die Karbon-Keramik-Bremsscheiben und Bremssattel-Legierungen sind die gleichen wie beim 650S, aber Sattel und Bremszangen sind Eigenentwicklungen für den 570S.
Öffnet sich die weit ausschwingende Tür, ist der erste Eindruck gut. Das Leder auf den Seitenfensterbänken, Sitzen und dem Armaturenbrett geben der Kabine einen Hauch von Luxus. Und wie ein Ingenieur im Scherz bemerkte: “Es ist der erste McLaren mit zwei Schminkspiegeln!”
McLaren investierte viel Mühe, um aus dem 570S ein praktischeres Auto zu machen, das man täglich nutzen kann. Zu diesem Zweck liegen die engeren Seitenfensterrahmen tiefer und die Türen öffnen sich in einem vertikaleren Winkel, was eine bedeutende Hilfe beim Ein- und Aussteigen ist. Die elektrisch verstellbare Lenksäule und die Komfortsitze machen es einfach, die perfekte Sitzposition zu finden: Zusätzlich bewegt eine Automatik das Lenkrad und die Komfortsitze auseinander, wenn Sie den Motor ausschalten – eine Premiere für ein Auto dieser Art. Wenn Sie sich allerdings für die einteiligen Leichtgewicht-Rennsitze entscheiden, müssen Sie diese selbst bewegen … Mit den brandneuen elektronischen Anzeige-Instrumenten unterstreicht McLaren sein illustres Rennsporterbe: Dem Fahrer werden nur unmittelbar notwendige Informationen gegeben …
Die gut durchdachte Innenraumgestaltung geht weiter mit der neuesten Inkarnation des zentralen Telematik-Displays. Während es für McLaren bei seiner Einführung im MP4-12C als Peinlichkeit begann, arbeitet das neueste System tatsächlich sehr gut: Mit einem 7-Zoll-Touchscreen, dessen Benutzeroberfläche ziemlich selbsterklärend und mit allem anderen da draußen kompatibel ist.
Das Bowers & Wilkins Audiosystem
Für Musikliebhaber ist das Juwel in der Krone des McLaren 570S das Bowers & Wilkins Audiosystem. Das in unserem Testwagen bestand aus 12 Einzellautsprechern und lieferte eine Spitzenleistung von 1.280 Watt. Für meine Ohren klang es sehr dynamisch, sehr musikalisch und generierte eine überzeugende Klangbühne. Aber auch wichtig für einen Sportwagen: Das gesamte Audiosystem wiegt unter 6,0 kg.
Das Herzstück des Systems, eine spezielle Audio-“Festplatte”, ist ein SSD-Speicher mit 32 GB. Die Kartendaten der Satelliten-Navigation werden separat gespeichert und verringern nicht den Speicherplatz für Musik.
Die Vorverstärker-Sektion verfügt über analoge und digitale Eingänge, einen DSP zum Sound-Processing und 14-Endstufen-Kanäle mit Class-D-Leistungsverstärkung. Die Versorgungsspannung liefert ein leichtes Schaltnetzteil.
Die DSP-Sektion verwendet eine Technologie namens Quantum Logic Surround, die es ermöglicht, aus einer Stereo-Aufnahme eine Mehrkanal-Klangbühne zu zaubern und Fahrer und Beifahrer ein dreidimensionales Hörerlebnis zu liefern. Man kennt diese Technologie aus diversen Ferraris.
Zwei der 12 eingebauten Lautsprecher sind 20-cm-Tieftöner – in jeder Tür einer. Diese haben einen Karbonkonus mit einem invertierten Antriebs-Magneten für geringere Einbautiefe und werden von je zwei der 14 Endstufen-Kanäle angetrieben.
Von den 10-Zentimeter-Mitteltönern mit Kevlar-Membran sitzt je einer in jeder Tür, in den hinteren Ecken und eine fünfte Einheit in der Mitte des Armaturenbretts. Sie sind mit fünf 2,5-cm-Nautilus-Aluminium-Hochtönern kombiniert, die ebenfalls in jeder Tür, den hinteren Ecken und auf dem Armaturenbrett in der Mitte platziert sind.
In einem weiten musikalischen Spektrum von Jazz bis Klassik erwies sich das System als dynamisch und war auch imstande, eine breite Klangbühne mit präziser Positionierung von Instrumenten und Stimmen zu erzeugen.
Wie auch bei den B&W “Heim”-Lautsprechern lieferten die Nautilus-Hochtöner kristallklare Höhen. Zusammen mit der analogen Vorverstärker-Stufe schafften sie ein dynamisches und musikalisches Ensemble mit natürlicher Note, dem ich gern stundenlang gelauscht hätte.
Eine gute Rundumsicht lässt den McLaren 570S kleiner wirken als er tatsächlich ist. Und er wirkt auch weniger einschüchternd als andere Mittelmotor-Autos im Straßenverkehr. Zu guter Letzt gibt es auch noch eine optionale Frontliftfunktion, und die lohnt sich, wenn es Park-Rampen und Bodenschwellen gibt, wo Sie wohnen.
In der realen Welt ist die Stoppuhr-Leistung des 570S nicht weit hinter der des 650S. Das bedeutet, dass der 570S gut vergleichbar ist mit dem 610 PS starken Audi R8 V10 Plus und dem 560 PS Porsche Turbo S, die beide deutlich schwerer sind. Das heißt, seine 328km/h Höchstgeschwindigkeit macht den McLaren zum schnellsten Auto in dieser Gruppe.
Fazit: McLaren 570S
Nachdem ich den Baby McLaren 570S auf der Straße und der Rennstrecke gefahren bin, würde ich nicht zögern zu sagen, dass sein intuitives, mehr analoges Feeling mich wirklich an den Fingerspitzen und am Hosensitz reizt. Auch wenn der 570S auf dem Papier wie ein vereinfachtes Einsteiger-Modell erscheinen mag, nur konzipiert, um die Marktreichweite von McLaren zu erweitern und Umsätze in der Klasse unterhalb des 650S zu erobern, ist das Ergebnis doch ein für sich sehr komplettes und vollendetes Auto.
Tatsächlich wäre für mich die Sache klar. Selbst wenn ich die finanziellen Mittel hätte, um den 650S zu kaufen, wegen des größeren taktilen Genusses durch sein direkteres und authentischeres Feeling, meiner wäre der 570S.
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