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Progressive Audio Powerstation Front
Die Power Station von Progressive Audio hat als Stromfilter und Netzstabilisator voll überzeugt, kostet aber 10.000 Euro (Foto: Progressive Audio)

Test Progressive Audio Power Station 1 KW: der reine Strom

Wir kennen Progressiv Audio als Hersteller überragend gut klingender Lautsprecher und Verstärker; PA-Chef Ralf Koenen weiß einfach, was er macht. Nun aber hat er außerhalb der Signalkette geforscht und mit dem Progressive Audio Power Station 1KW, einem gleichermaßen klug wie konsequent gemachten Stromaufbereiter (allgemein wird der Name Power Conditioner genutzt) ein Grundübel des mäßigen Klangs an der Wurzel gepackt.

Es gibt sie: Diese seltenen Momente, die deutlich länger nachhallen, als es üblicherweise bei einem Test der Fall ist. Ich hatte einen solchen Moment beispielsweise kürzlich mit dem Musical Fidelity A1, einem Class-A Vollverstärker, der einiges einfach anders macht. Oder mit dem Spannungs-Ableitungssystem von Shunyata, das seitdem aus der Referenzkette nicht mehr wegzudenken ist. Und jetzt mit der Progressive Audio Power Station 1KW, die jeden Kollegen aus der Redaktion, sehr nachdenklich gemacht hat – weshalb diese Quelle für reinen Strom nun ebenfalls fester Bestandteil im Hörraum werden wird.

Progressive Audio Home
Die August-Thyssen-Straße in Essen Kettwig: In einem charmanten Industriegebäude mit viel Grün drumherum entstehen alle Komponenten von Progressive Audio  (Foto: Progressive Audio)

Der Hintergrund der Progressive Audio Power Station 1KW

Um was geht’s? Die Situation ist zwar nicht neu, spitzt sich aber zu: Weil unser Lichtstromnetz durch billige Schaltnetzteile (von Computern, LEDs und vielen anderen Gadgets der schönen, neuen Welt), aber auch durch die Photovoltaik immer stärker mit Hochfrequenzmüll verschmutzt wird, wirkt sich das zwangsweise auch auf den Klang hochgezüchteter HiFi-Komponenten aus. Ein weiterer Klangverschlechterer sind schwankende Spannungen, die immer dann auftreten, wenn besonders viel Verbraucher gleichzeitig in Betrieb sind. Für die örtlichen Stromversorger ist eine Schwankungsbreite von 10% dabei noch absolut in der Toleranz. Bei 230 Volt sind dies aber schon 23 Volt, also im schlechtesten Fall 207 Volt. Ich bekam aber auch schon Zuschriften von LowBeats Lesern, die bei sich zu Hause zeitweise Spannungen von unter 190 Volt gemessen haben.

Man muss keine Sorge haben, dass die Geräte dabei Schaden nehmen. Aber wer schon einmal eine gute Anlage mit so niedriger Spannungsversorgung gehört hat, kann bestätigen, wie müde und kraftlos ein Klangbild sein kann. Wenn sich also jemand fragt, warum seine Anlage mal dynamisch und mal schlapp klingt, wird höchstwahrscheinlich in den Spannungsschwankungen seines Stromversorgers die richtige Antwort finden. Ein weiteres Indiz sind temporäres (und lautes) Trafobrummen, das in der Regel auch auf zu niedrige Spannung zurückzuführen ist.

Netzfilter gegen Hochfrequenz und DC-Einstreuungen sind am Markt zuhauf vorhanden. Wir arbeiten bei LowBeats beispielsweise schon lange mit dem Trenntrafo von Audes und sind hochzufrieden damit, weil seine Filterung den Klang so gut wie unbehelligt lässt – was keineswegs bei allen Stromfiltern der Fall ist.

Doch so gut der Audes auch ist: Die Spannungsschwankung kann er nicht egalisieren. Das können nur sogenannte, aktive Power Conditioner, die tatsächlich für eine stabile Spannung sorgen. Die gab es im HiFi schon früh von Dieter Burmester und Accuphase. Aber natürlich haben auch die großen Namen in Sachen Stromfilterung – etwa IsoTec, PS Audio & Co. – solche Power Conditioner im Angebot. Aber das Konzept von Progressive Audio scheint noch etwas konsequenter gemacht.

Progressive Audio Power Station mit Ralf Koenen
Progressive Audio Chef Ralf Koenen neben seinem neuesten Werk – einer Standbox mit Keramik/Diamant-Koax (Foto: H. Biermann)

Der Aufbau

Das Gehäuse ist recht solide und im Stil einer großen Endstufe gemacht: wuchtig, schwer und vorn wie hinten mit Griffen ausgestattet, was dem Ganzen eine gewisse Studio-Optik verleiht. Nach dem Netzeingang erfolgt zunächst erfolgt eine galvanische Trennung. Im Anschluss wird die Wechselspannung gleichgerichtet und es erfolgt die Neu-Generierung des Sinus in quasi perfekter Form – also ohne Gleichspannungsanteile und mit einem Klirr von kleiner 0,2%.

Welche Eingangsspannung dabei hereinkommt ist der Progressive Audio Power Station 1KW fast egal: Alles zwischen 90 – 280 Volt wird auf laststabile 230 Volt gewandelt. Erschaffen wird eine Sinusspannung mit konstanter Amplitude, die auch bei Impulsbelastung bis zur Belastungsgrenze kein bisschen einknickt. Das mundet den angeschlossenen HiFi-Geräten natürlich.

Progressive Audio Power Station Uwe
PA-Mitarbeiter Uwe Böhmer beim Zusammenbau der Power Station. Auch sie wird selbstredend in Handarbeit erstellt (Foto: H. Biermann)

Progressive Audio Chef Koenen hat dafür eine hochpräzise und – wie er sagt – sehr „harte“ Regelung entwickelt. Sehr „hart“ meint: Schon bei einer Abweichung von gerade einmal 2 mV schaltet die Regelung (eine Art Prozessor) sofort ab. Nun ist Koenen ja auch Entwickler von überragend gut klingenden Verstärkern – er hat also das Wissen über und den Zugriff auf die schnellsten Halbleiter, die zudem mit einer ultrasteilen Kennlinie aufwarten. Genau die kommen hier zum Einsatz. Koenen: „Ich habe dabei nicht nur Wert auf höchste Stabilität und geringstes Rauschen gelegt, sondern auch darauf geachtet, dass die Schaltung quasi nicht klirrt.“

Acht gleichberechtigte Steckdosen gibt es. Sie sind mit 16 Ampere abgesichert und sternförmig verdrahtet. Alle Steckplätze sind mit Furutech Rhodium NCF Schukosteckdosen ausgestattet. Viel besser geht es nicht.

Progressive Audio Powerstation Display
Angezeigt wird die Spannung, die Netzfrequenz, rechts oben der Strom in Ampere und darunter die abgegebene Leistung in Watt (Foto: H. Biermann)

Vorn wird alles durch gut sichtbare Zahlen auf dem Display dokumentiert. Das ist interessant, aber nach einer Zeit auch überflüssig. Folgerichtig kann man das Display mittels Kippschalter auf der Rückseite abschalten.

Progressive Audio Power Station Display-off
Das auffällige Display ist mit einem Kippschalter auf der Rückseite abschaltbar (Foto: H. Biermann)

Praxis

Hier ist nicht viel zu bedenken. Die Progressive Audio Powerstation 1KW ist halt ein relativ großes Gerät mit den Abmessungen (und dem Gewicht) einer stattlichen Endstufe. Idealerweise agiert das gute Stück unsichtbar im Hintergrund. Aber weil es komplett Lüfterlos und leise arbeitet, kann man die Power Station 1KW auch im Hörraum betreiben.

Progressive Audio Power Station Belüftung
Sieht zwar nach Lüfter aus, ist aber keiner drin: Die Power Station funktioniert vollkommen geräuschlos (Foto: H. Biermann)

Die acht Netzdosen sind allesamt gleich berechtigt – keine ist besonders gefiltert oder für besonders leistungsfordernde Komponenten vorgesehen. Schön auch, dass man als User durch das Konzept unabhängig vom Potenzial ist und zudem Phasenbeziehungen keine Rolle spielen. Das heißt: Es ist schlicht egal, wie herum man den Stecker in der Dose steckt. Schön für alle, die sich nicht so gut auskennen und keine Lust auf Phasenprüfer-Einsatz haben.

Progressive Audio Powerstation Stecker
Acht noble Steckplätze: Progressive Audio ist hierzulande ja auch der Vertrieb der Furutech NCF-Stecker. NCF (oder Nano-Crystal-Formula) ist ein antistatisches und resonanzdämpfendes Material, das bei Steckern tatsächlich gut funktioniert. Wir hatten schon mehrere davon im Test und waren stets sehr angetan (Foto: Progressive Audio)

Koenen empfiehlt, alle Geräte einer Wiedergabekette an die Power Station anzudocken – das versteht sich im Grunde von selbst. Aber Koenen beschreibt auch einen Punkt, bei dem sich Klangverschlechterungen durch die Hintertür einschleichen könnten. Nämlich dann, wenn Geräte über Umwege mit Schutzleiterpotenzial eingebunden werden. Koenen: „Das passiert schnell einmal über den Streamer, der über LAN mit einem Router verbunden ist – und der wiederum über die TAE Dose mit Netzpotenzial der Telekom.“ Progressive Audio bietet eigens für diesen Fall einen High Speed LAN Trenner als Zubehör zur Power Station an.

Der Namens-Zusatz 1KW verweist auf die Leistungsfähigkeit der Power Station: Beim Testmodell standen also bis zu 1.000 Watt zur Verfügung. Das ist eine Menge und war mit unserer Referenzanlage nicht auszureizen. Wenn doch, schaltet die Power Station schon bei minimalster Überlastung rigoros ab. Dann muss man kurz den Ein-/Ausschalter betätigen.

Für Anlagen mit besonders hoher Leistungsaufnahmen bietet Koenen deshalb noch die Variante 3KW mit dementsprechenden 3.000 Watt an. Das gute Stück ist bei gleichen Abmessungen noch etwas schwerer und um 4.000 Euro teurer. Bei meinem Besuch in der Progressive Audio Manufaktur hatte ich Gelegenheit, beide gegeneinander zu hören. Aber da war null Unterschied – die klingen zu 100% gleich.

Hör-Eindruck

Mag sein, dass das Stadtnetz in München besonders belastet, die Netzschwankungen ungebührlich hoch sind. Glaube ich aber nicht, zumal wir die Power Station ja nun schon viele Wochen im Einsatz haben und immer mal wieder „mit“ und „ohne“ gehört haben: Die Veränderungen waren immer sehr ähnlich. Wir werden also in unseren Hörräumen die üblichen städtischen Bedingungen haben. Und unter diesen Bedingungen geschieht mit der Power Station Großartiges. Ich kann mich nicht entsinnen, dass das Einfügen einer Komponente schon einmal eine derartige Verbesserung im Klang unserer Referenzkette bewirkt hat.

Schon nach den ersten Minuten Musik waren alle Anwesenden erst einmal baff, um wie viel genauer das Klangbild mit der Power Station wurde. Zunächst sprach keiner, dann alle durcheinander: „Das gibt es doch nicht.“

Doch. Zunächst dieser enorme Zugewinn an Feindynamik. Auf einmal war vor allem bei perkussiven Aufnahmen viel mehr Drive im Spiel. Als wären alle Handbremsen gelöst, wirkte alles offener, feiner, irgendwie „freier“. Das Nachschwingen der Felle, der direkte Impuls beim Treten der Bassdrum – alles kam sehr viel genauer, packender und „richtiger“.

Progressive Audio Power Station im LowBeats Hörraum
Die Power Station neben den Virtus Endstufen-Monos von Canor: Viel kleiner ist der Aktiv-Conditioner nicht… (Foto: H. Biermann)

Diese beeindruckende Form der genaueren Wiedergabe schlug sich natürlich auch in der präziseren Abbildung nieder: Bei entsprechenden Aufnahmen meinte man, den Künstler, das Instrument, beinahe anfassen zu können.

Mich allerdings hat am meisten die nochmals bessere Tiefenabbildung fasziniert. Ich muss dabei voranstellen, dass unser Referenzkette (Canor Hyperion Vor-/End-Kombi und FinkTeam Borg Lautsprecher) schon von sich aus eine umwerfende Räumlichkeit und Tiefenstaffelung mitbringen. Bei den Hörtests nutze ich oft und gern die Aufnahme „Borderland“ von Anne Clarke – eben, weil sie so intensiv räumlich aufgenommen ist. Dementsprechend versetzt unsere Referenzkette den Zuhörer mittenrein in die Tiefen des Aufnahmeraums. Das ist schon beeindruckend. Doch mit dem Zwischenschalten der Power Station kamen noch einmal 2-3 Schichten in der Tiefe dazu. Das hätte ich im Vorfeld des Tests nie vermutet.

Anne Clarke Borderland Cover
Anne Clark „Borderland“ gibt es bei Stockfisch/in-akustik als Hybrid-CD/SACD sowie als HiRes-Download (FLAC 24Bit/88kHz mit pdf-Booklet) oder DMM-Doppel-LP mit vierseitigem Inlay-Blatt (Cover: Qobuz)

Und anders als viele klassische Netzfilter verändert die Power Station den Klang nicht, sondern macht ihn einfach nur in sehr vielen Belangen der Wiedergabe deutlich besser: die richtige Medizin ohne Nachwirkungen also – wenn man einmal vom Preis absieht…

Fazit Progressive Audio Power Station 1KW

Selten hat uns der Einsatz einer Komponente gezeigt, wie groß der Einfluss des häuslichen Lichtstromnetzes und dessen stabile (beziehungsweise schwankende) Spannung auf den Klang der Anlage ist. Kann sein, dass es auf dem Land vielleicht bessere Spannungs-Verhältnisse gibt. Doch Verunreinigung des Lichtstromnetzes nimmt auch dort zu.

In allen LowBeats Hörräumen jedenfalls war der Unterschied größer als gedacht. Die Power Station ist kein Sonderangebot, aber die richtige Antwort für alle jene, die von ihrer hochwertigen (und wahrscheinlich teuren) Anlage erwarten, dass sie zu jeder Zeit absolut auf den Punkt spielt – mit einem Zuwachs an Sauberkeit und Dreidimensionalität, der staunen macht. Mein Tipp: Den Kauf eines nochmals besseren Verstärkers oder Lautsprechers aufschieben und stattdessen mal eine Power Station ausprobieren. Könnte sein, dass Sie dann schon am Ziel sind.

Progressive Audio Power Station 1KW
2024/02
Test-Ergebnis: 4,5
ÜBERRAGEND
Klanggewinn
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Bringt meist deutlich mehr Durchzeichnung und Tiefenstaffelung
Sorgt für absolut stabile Strom-/Spannungsverhältnisse
Potenzialfreie Trennung, gut lesbares, abschaltbares Display
Vor dem Hintergrund des klanglichen Ergebnisses nicht teuer

Vertrieb:
Progressive Audio Distribution
August-Thyssen-Straße 13a
45219 Essen, Germany
www.progressivaudio-essen.de

Preis (Hersteller-Empfehlung):

Progressive Audio Power Station 1KW: 10.000 Euro
Progressive Audio Power Station 3KW: 14.000 Euro

Technische Daten

Progressive Audio Power Station 1KW
Konzept:Aktiver Power-Conditioner
Maximale Leistung:1.000 Watt
Steckplätze:8 x NCF, Absicherung 16 Ampere
Aufbau:sternförmig, Potenzial-freie Trennung
Besonderheit:Lüfter-loses Kühlkonzept
Gehäuse:schwarz lackiertes Metall
Abmessungen (B x H x T):50,0 x 24,0 x 42,0 cm
Gewicht:30,5 Kilo
Alle technischen Daten
Mit- und Gegenspieler:

Canor Hyperion P1 und Virtus M1
Audes ST-3000

Autor: Holger Biermann

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Chefredakteur mit Faible für feinste Lautsprecher- und Verstärkertechnik, guten Wein und Reisen: aus seiner Feder stammen auch die meisten Messe- und Händler-Reports.