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Resolution Audio Cantata Music Center (Foto: Resolution Audio)
Das Resolution Audio Cantata Music Center ist optisch und klanglich eine Wucht, aber nicht ganz billig: es kostet 10.000 Euro (Foto: Resolution Audio)

Test: All-in-One Resolution Audio Cantata Music Center

Manche Geräte scheinen einen als Tester zu begleiten. Der Resolution Audio Cantata Music Center ist so ein Gerät, das der Autor nun schon in seiner dritten Inkarnation vor sich stehen hat. Das erste Mal begegnete er dem zierlichen CD-Spieler, D/A-Wandler und Vorverstärker im Jahr 2011, als gerade die zweite Welle der fabelhaften Linn-Streamer über die Redaktion brandete und im Hörraum einen neuen, unerwartetet deutlich besseren Digitalklang freispülte.

An diesem hatten sich fürderhin alle getesteten Digitalplayer und D/A-Wandler zu messen, auch wenn der Vergleich bei letzteren stets etwas schief hing, weil jeder DAC ja noch einen Zuspieler braucht, der dann das Endergebnis mal merklich, mal vernachlässigbar beeinflusst.

Besonders deutlich war der Einfluss damals noch, wenn ein PC die Daten zuspielte. Oft hatte man dann zwar einen Bedienkomfort, der den der frühen Netzwerkspieler weit in den Schatten stellte. Der Klang dagegen war meist nur durchwachsen und die Integrität des Digitalsignals, das man da per USB dem DAC einspeiste, fragwürdig.

Resolution Audio Cantata Music Center (Foto: Resolution Audio)
Resolution Audio Cantata Music Center (Foto: Resolution Audio)

Der Cantata MC gehörte bereits in der Urversion zu den allerersten DACs, die mit dem damals neuen asynchronen Übertragungsmodus den USB-Bus zur High-End-Schnittstelle adelten. Und der prompt die damals regierenden Linns an die Wand spielte – mit einem ganz normalen MacBook als Quelle.

Ein paar Jahre später kam dann die Version 2.0, die noch höhere Samplingraten wandeln konnte: 192kHz statt zuvor 96kHz waren nun die Obergrenze. Cantata 2.0 ist weiterhin erhältlich, bis dem kalifornischen Hersteller die dort verwendeten Wandlerchips endgültig ausgehen.

Version 3.0 ist nicht nur als reiner Nachfolger gedacht, sondern auch als massiver Performance-Boost – mit 8.500 Euro ist er deutlich teurer als die älteren Versionen, die sich durch Tausch der Audioplatine (und gegen Zahlung der Preisdifferenz) auf den neuesten Stand bringen lassen.

Wandlungsfähig: Die schwarze Rückwand kann je nach gewählter Eingangsbestückung ausgewechselt werden. Das Testgerät kam mit zwei „flex“-Analogeingängen und drei optischen Digital-Inputs. Immer dabei sind Netzwerk- und USB-Eigang sowie der Steuerbus Cantata Link, der es zum Beispiel erlaubt, den passenden Vollverstärker über die Cantata-App mitzusteuern Center (Foto: B. Rietschel)
Wandlungsfähig: Die schwarze Rückwand kann je nach gewählter Eingangsbestückung ausgewechselt werden. Das Testgerät kam mit zwei „flex“-Analogeingängen und drei optischen Digital-Inputs. Immer dabei sind Netzwerk- und USB-Eingang sowie der Steuerbus Cantata Link, der es zum Beispiel erlaubt, den passenden Vollverstärker über die Cantata-App mitzusteuern (Foto: B. Rietschel)

An den Datenblatt-Merkmalen und Fähigkeiten hat sich beim neuen 3.0 nichts geändert. Dafür ist die gesamte Wandlerplatine von Grund auf überarbeitet worden – mit dem Erfolg, dass der Resolution Audio Cantata Music Center, der schon zuvor zu den allerbesten dem Autoren bekannten DACs gehörte, nun nochmals drastisch besser klingt.

Wer schon mal versucht hat, Wandler oder CD-Player in Vergleichstests auseinanderzuhalten, wird sich jetzt vielleicht an dem Wörtchen „drastisch“ stören – und dennoch habe ich es hier ganz bewusst verwendet.

Denn alle Cantata-Modelle klangen immer schon – wohlgemerkt vor dem Hintergrund absolut tadelloser und jeglicher Sound-Färberei unverdächtiger Messwerte – so auffallend anders, dass man nicht lange mit zusammengekniffenen Augen nach haarspalterischen Details fahnden musste.

Ein paar Takte reichten, um die Überlegenheit zu erkennen, diese Mischung aus Freundlichkeit und Autorität ins Herz zu schließen und den Cantata nicht mehr hergeben zu wollen.

Der Schritt, den der Cantata 3.0 macht, geht wieder in die gleiche Richtung: Ganz egal, ob man ihn mit preiswerteren (und meist chancenlosen) Geräten vergleicht oder mit den wenigen Mitbewerbern, die in der Summe ähnliches Format besitzen, fällt der Cantata durch seine völlig glatte, geschmeidige Klangstruktur und eine unnachahmliche Kombination aus Kraft und Lässigkeit auf.

Es fühlt sich an, als wäre Jeff Kalt eine Art audiophile Quadratur des Kreises gelungen: Wie nebenbei ein Universum an Details zu zeigen, ohne den geringsten Funken Ehrgeiz zu verraten, gewaltige Dynamik-Kräfte so dezent zu entfesseln, dass erst ein Vergleich zeigt, wie angestrengt das sonst wirken kann.

Full House: Wer den Cantata auf den Rücken dreht und den Boden abnimmt, entdeckt prall bestückte Platinen und eine opulente Stromversorgung. Die große Audioplatine im rechten oberen Drittel lässt sich auch in ältere Cantatas implantieren – und macht aus ihnen einen vollwertigen 3.0, denn Netzteile und Netzwerkboard haben sich nicht verändert Center (Foto: B. Rietschel)
Full House: Wer den Cantata auf den Rücken dreht und den Boden abnimmt, entdeckt prall bestückte Platinen und eine opulente Stromversorgung. Die große Audioplatine im rechten oberen Drittel lässt sich auch in ältere Cantatas implantieren – und macht aus ihnen einen vollwertigen 3.0, denn Netzteile und Netzwerkboard haben sich nicht verändert (Foto: B. Rietschel)

Was für diesen entspannt natürlichen Klang technisch verantwortlich ist – man kann es nur mutmaßen. Die technische Beschreibung soll daher auch keinen plumpen Zuschreibungen à la „Multibit klingt immer entspannt und natürlich“ Vorschub geben.

Grobe Fehlkonstruktionen einmal ausgenommen, ist es letztlich immer das Zusammenspiel zahlloser kleiner, isoliert oft unscheinbarer Einflüsse, was den Klang formt. Nur eignen sich manche eben besser fürs Marketing als andere.

Bei Digitalgeräten traditionell im Fokus standen immer schon die D/A-Wandler-Chips: Hier noch ein paar Bits mehr, da ein paar dB mehr Rauschabstand – die Datenblätter zeigen eine seit vielen Jahren kontinuierlich weitergehende Entwicklung, die keine Grenzen zu kennen scheint und die hinsichtlich solcher Grund-Kenndaten längst in Regionen angekommen ist, die die physikalischen Grundlagen des Hörens und der Musikwiedergabe untertunneln: 32bit-DACs bringen es rein rechnerisch auf weit, weit mehr Dynamik, als je irgendein Lebewesen würdigen oder auch nur überleben könnte.

Der ungewöhnliche DAC des Resolution Audio Cantata Music Center

Dergestalt datenverwöhnt, ist man zunächst vielleicht entsetzt zu erfahren, dass Resolution Audio im neuesten Cantata keine 32bit-Chips und nicht mal die üblichen 24-Bitler, sondern 20-Bit-Wandler verwendet.

Davon aber immerhin vier, die zudem im Einkauf mehr kosten als bei so manchem High-End-DAC die gesamte Materialliste. Die Rede ist von Analog Devices AD5791BRUZ.

Auf den Spuren des Signals: Die ADUM-Koppelchips (1) am linken Bildrand funktionieren wie winzige Übertrager in Chipform. Sie nehmen die Datenströme vom USB- und Netzwerkboard entgegen und blocken Störungen sicher ab. Der große quadratische „Artix-7“ (2) ist ein FPGA, den Resolution mit hauseigenen Digtalfilter-Algorithmen programmiert. Ein weiterer, kleinerer Logikchip (3), flankiert von zwei Clock-Oszillatoren für die beiden Taktfamilien, übernimmt dann die Ansteuerung der vier AD5791 (4). Drei davon sind sichtbar, der vierte versteckt sich unter der Huckepack-Platine mit der Umschaltung der Analogeingänge. Es folgen zwei kleine, achtbeinige CMOS-Schalter (5) und schließlich zwei ebenfalls achtbeinige Ausgangs-Operationsverstärker (6) Center (Foto: B. Rietschel)
Auf den Spuren des Signals: Die ADUM-Koppelchips (1) am linken Bildrand funktionieren wie winzige Übertrager in Chipform. Sie nehmen die Datenströme vom USB- und Netzwerkboard entgegen und blocken Störungen sicher ab. Der große quadratische „Artix-7“ (2) ist ein FPGA, den Resolution mit hauseigenen Digtalfilter-Algorithmen programmiert. Ein weiterer, kleinerer Logikchip (3), flankiert von zwei Clock-Oszillatoren für die beiden Taktfamilien, übernimmt dann die Ansteuerung der vier AD5791 (4). Drei davon sind sichtbar, der vierte versteckt sich unter der Huckepack-Platine mit der Umschaltung der Analogeingänge. Es folgen zwei kleine, achtbeinige CMOS-Schalter (5) und schließlich zwei ebenfalls achtbeinige Ausgangs-Operationsverstärker (6) (Foto: B. Rietschel)

Der AD5791 ist so ziemlich der größte denkbare Gegensatz zu den aktuell angesagten Edel-Audiochips etwa aus dem Hause ESS, die mit märchenhaften Kenndaten und fix und fertig vorgedruckten Schaltungsempfehlungen jedem Entwickler einen geschmeidigen Workflow und ein respektables Ergebnis garantieren.

Die zugleich aber auch dazu führen, dass Interessierte beim Blick ins Gerät immer häufiger ein Déjà-vu haben: Nicht nur die eigentlichen Chips gleichen sich, sondern auch deren Peripherie samt Bauteilen und Schaltungstopologie.

So lassen sich die gesamten Wandlerbereiche moderner Edel-DACs mitunter kaum noch auseinanderhalten. Ähnliches – wer hätte das gedacht – gilt dann auch für den Klang.

Beim AD5791 ist alles anders: Analog Devices hat ihn ausdrücklich nicht für Audio-Anwendungen entwickelt, sondern für „medical instrumentation“ und „high end scientific and aerospace instrumentation“.

Na also: High End – auch wenn damit hier in erster Linie Militär und Medizin gemeint sind, wo der AD5791 in Magnetresonanz-Tomographen und dem Vernehmen nach in der Steuerung von bestimmten Raketen verlötet wird.

Nicht gerade Produkte, die für bescheidene Qualitätsansprüche und knappe Budgets bekannt sind. Und tatsächlich ist der AD5791 des Resolution Audio Cantata Music Center nicht nur exorbitant teuer, sondern auch phänomenal linear und störarm.

Allerdings ist ein Umgang mit Audio-Daten wie gesagt weder beabsichtigt noch in irgeneiner Form dokumentiert. Es gibt vom Hersteller keine Schaltungsempfehlungen, keine Code-Tabellen, die verraten, wie die Audio-Bitströme formatiert sein müssen, um überhaupt ein sinnvolles Ergebnis zu zeitigen.

Und auch kein Patentrezept, wie die Störspitze zu vermeiden ist, die sich der Chip genau in der Mitte seines Aussteuerungsbereichs leistet, wo das größte Signalbit von 0 auf 1 springt und alle kleineren Bits gleichzeitig ausgehen – der sogenannten major-carry-transition. Dies und überhaupt die gesamte Implementierung des eigentlich audiofremden Chips in die D/A-Wandlerschaltung muss der Entwickler hier komplett zu Fuß lösen.

Und warum? „Weil er es kann“ dürft sicher eine zulässige Antwort sein. Aktuell sind dem Tester nicht 200, nicht 20, sondern genau zwei Hersteller bekannt, die den AD5791 in einem Audiogerät verwenden: Schiit und Resolution Audio, beide aus Kalifornien.

Schiit waren mit ihrem DAC Yggdrasil wohl die ersten, aber auch Jeff Kalt muss für seinen Resolution Audio Cantata Music Center schon vor einer ganzen Weile mit der Entwicklung angefangen haben. Der 2.0 klang ja prachtvoll und daher war keine übertriebene Eile geboten.

Andererseits drohen langsam die im 2.0 verwendeten Wandlerchips auszugehen. Und da es für sie in der HiFi-Welt schlicht keinen äquivalenten Ersatz gibt, begannen experimentierfreudige Entwickler wie Jeff Kalt eben in fremden Anwendungsgebieten zu wildern.

Beim Burr-Brown PCM1704 im Cantata 2.0 handelte es sich nämlich um den letzten HiFi-spezifischen Multibit-DAC, wegen seiner Funktionsweise auch R2R-DAC genannt: Hier werden die PCM-Daten tatsächlich noch mit einer parallel gespeisten, geschalteten Widerstandsleiter in entsprechende Spannungen übersetzt, wobei sich der Widerstand (R) von einem zum nächsten Bit jeweils genau verdoppelt (2R).

Also genauso, wie sich die Väter der PCM-Technik das ursprünglich vorgestellt hatten, wie es aber kein neuerer Chip mehr praktiziert: 99,99% aller aktuellen DACs basieren auf dem Delta-Sigma-Prinzip, rechnen also die Multibit-Wörter zunächst in kleinere Bit-Portionen um, um diese dann in umso höherer Schlagzahl zu konvertieren. Auch damit lassen sich tolle Messwerte und guter Klang erzielen.

Dazu spart man sich in der Chipfertigung die bei den R2R-Wandlern stets nötige Feintrimmung der Widerstandswerte, welche gerade bei den 24bit-Modellen eine Genauigkeit erforderte, die ans Limit des prozesstechnisch Möglichen ging.

Was nichts daran ändert, dass Multibit-DACs klassischer Bauweise wegen ihres Klangs bis heute treue Fans haben – darunter viele renommierte Entwickler und zahllose audiophile Musikfans.

Sauber getrennt: Die Platine für die Netzwerk- und USB-Schnittstellen (oben) sitzt in einer separaten Kammer und beherbergt einen ARM-Mikroprozessor mit dem Cantata-Betriebssystem Center (Foto: B. Rietschel)
Sauber getrennt: Die Platine für die Netzwerk- und USB-Schnittstellen (oben) sitzt in einer separaten Kammer und beherbergt einen ARM-Mikroprozessor mit dem Cantata-Betriebssystem (Foto: B. Rietschel)

Womit wir beim AD5791 wären, der wie sein aussterbender HiFi-Verwandter noch nach dem klassischen R2R-Prinzip arbeitet und zwar mit fabelhafter Genauigkeit, HiFi-unüblich großformatig mit bis zu ±16 Volt Versorgungsspannung und entsprechend gesunden Ausgangsspannungen.

Das ist kein halbherziger Ersatz für den PCM1704, sondern gewissermaßen die XXL-Hulk-Version. Von diesen einkanaligen Chips verwendet Resolution Audio nicht zwei, sondern gleich vier, um den oben erwähnten „Major-Carry-Glitch“ auszutricksen: Je zwei DACs pro Kanal arbeiten dabei mit genau definiertem Versatz, gefolgt von schnellen CMOS-Schaltern, die zwischen den beiden eine Art fliegenden Wechsel herstellen und die Störimpulse somit geschickt ausblenden.

Die DAC-Verdopplung dient hier also ausschließlich der Audio-Domestizierung der verwendeten Non-Audio-Chips, denn deren Glitch-Impulse würden ohne diese Maßnahme als gesalzener Klirr in Erscheinung treten.

Zusätzliche Bits oder ein symmetrisches Ausgangssignal bringt der Tandembetrieb hier nicht – weshalb auch die XLR-Anschlüsse am Geräteheck nur symbolischen Wert besitzen und der Hersteller die (teuren ETI-) Cinchbuchsen als klanglich optimalen Ausgang empfiehlt.

 

Flexible Minimalisten-Vorstufe: Relais um das Lautstärkeregel-IC herum können dieses aus dem Signalweg verschwinden lassen und zusätzliche Quellen auswählen. Rechts ragt die Huckepack-Platine für die beiden Line-Eingänge ins Bild. Statt ihrer wird man bald ein optionales, vollwertiges MC-Phonoboard zustecken können Center (Foto: B. Rietschel)
Flexible Minimalisten-Vorstufe: Relais um das Lautstärkeregel-IC herum können dieses aus dem Signalweg verschwinden lassen und zusätzliche Quellen auswählen. Rechts ragt die Huckepack-Platine für die beiden Line-Eingänge ins Bild. Statt ihrer wird man bald ein optionales, vollwertiges MC-Phonoboard zustecken können (Foto: B. Rietschel)

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Autor: Bernhard Rietschel

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Bernhard Rietschel ist gelebte HiFi-Kompetenz. Sein Urteil zu allen Geräten ist geprägt von enormer Kenntnis, doch beim Analogen macht ihm erst recht niemand etwas vor: mehr Analog-Laufwerke, Tonarme und Tonabnehmer hat keiner gehört.