So viel schon einmal vorweg: Die Wolf von Langa Audio Frame Chicago ist fantastisch und gehört zu den konstruktiv außergewöhnlichsten Lautsprechern, die derzeit den Markt bereichern. Sollte ich eine Kurzbeschreibung versuchen, sähe die so aus: Die Chicago ist ein Hochwirkungsgrad-Dipol mit Elektromagnet-Antrieb – alles klar?
Wahrscheinlich nicht. Ich versuche das im Laufe des Tests aufzulösen. Aber die Wolf von Langa Audio Frame Chicago gehört auch klanglich zu den aufregendsten Lautsprechern des Weltmarkts.
In den zwei Jahren, die wir den LowBeats HiFi Hörraum jetzt nutzen, hatten wir hier jedenfalls noch nichts, was auf diesem Niveau so offen, dynamisch und mitreißend spielt. Und das, obwohl wir ja schon viele großartige Lautsprecher vor Ort hatten… Wir begeben uns also auf Spurensuche: Was macht diesen Schallwandler so besonders?
Vieles. Zunächst einmal der dreiteilige, modulare Aufbau. Firmenchef und Entwickler Wolf von Langa hat die Chicago als 3-Wege-Konstruktion konzipiert, mit zwei 38 cm Tieftönern (jeweils ein Modul) sowie einem 20 cm Mitteltöner und einem Hochton-AMT (zusammen in einem Modul).
Die modulare Bauweise der Audio Frame X Reihe erlaubt nicht nur den Einsatz unterschiedlicher Mittelhochtöner (die Audio Frame Berlin ist mit Mittelhochtonhörnern, die Audio Frame London mit einem Lowther Breitbänder bestückt), sie gibt dem Musikhörer auch die Möglichkeit, eines der Bassmodule – schlauerweise das untere – umzudrehen, um eine optimale Anregung des Basses im Raum hinzubekommen.
Denn die Wolf von Langa Audio Frame Chicago hat – Punkt 2 auf der Liste der Besonderheiten – kein Gehäuse, sondern lediglich einen nach hinten offenen Stahlrahmen. Sie ist deshalb ein klassischer Dipol und strahlt nach hinten genauso viel Energie ab wie nach vorn.
Wobei die Umschreibung “kein Gehäuse” nicht ganz stimmt. Der Metallrahmen, der “Frame” ist so schwer, so solide und so sauber verarbeitet, wie ich es von einem Schallwandler dieser Preis- und Anspruchsklasse erwarte. Die ganze Konstruktion kommt auf 84 Kilo pro Lautsprecher, wobei die Seitenwangen daran den geringsten Anteil haben; sie bestehen aus dünnem Acryl und sind nur dazu da, den akustischen Kurzschluss im Bass zu tieferen Frequenzen hin zu verschieben.
An dieser Stelle ist ein Geständnis angebracht: Ich stehe auf Lautsprecher ohne oder fast ohne Gehäuse. In den nun fast 40 Jahren der Auseinandersetzung mit dem Thema Lautsprecher kam ich immer wieder zu dem Schluss, dass die Gehäuse ein Großteil der Misere sind.
Sie verhindern zwar den akustischen Kurzschluss der Schallwellen (dass sich also die vom Bass nach vorn abgestrahlte Schallenergie mit jener, die nach hinten abgestrahlt wird, auslöscht) und ermöglichen so mehr Tiefbass.
Doch sie können klappern, vibrieren, dröhnen und bei 99% aller Lautsprecher am Weltmarkt geben sie – mal mehr, mal weniger – ihren eigenen Gehäuseton bei. Das macht den Klang oft nicht besser. Das letzte fehlende Prozent der Lautsprecher mischt dem Gehäuse keinen Eigenklang bei, denn es hat einfach so gut wie gar kein Gehäuse. So wie die Wolf von Langa Audio Frame Chicago.
Jedoch, bei allen Vorteilen des offenen Gehäuses: Es gibt natürlich auch Nachteile, sonst wären die absolute Mehrzahl aller Lautsprecher echte, offene “Boxen”. Es ist vor allem der hier unerbittlich einsetzende, akustische Kurzschluss, der viel Tieftonenergie kostet.
Will man trotzdem ein habhaftes Tieftonfundament, braucht man entsprechend viel Membranfläche. Von Langa greift hier in die Vollen und verwendet zwei seiner selbst entwickelten und im heimischen Neunkirchen selbst aufgebauten Tieftöner A1.1500 mit 38 cm Membrandurchmesser.
Jeder dieser Bässe ist ein Meisterwerk. Die Membran der Bass-Riesen besteht aus handgeschöpftem Papier, dessen Mitte mit dem Phase-Plug mit einer speziellen Tinktur getränkt ist (zu sehen an der dunklen Färbung); diese verstärkt die Membran im Bereich der Schwingspule. So wird die große Membran steif und leicht; die gesamte bewegte Masse des großen Tieftöners (Schwingspule, Sicke, Zentrierung, Membran) liegt bei bemerkenswert niedrigen 47 Gramm.
Eines der Geheimnisse der überragenden Dynamik dieser Treiber ist die extrem weiche Aufhängung der Tief- und Mitteltöner. Die hat Wolf von Langa in aufwändigen Versuchen erforscht und er wird auch immer recht einsilbig, wenn man ihn danach befragt; da steckt wohl zu viel audiophiles Wissen drin.
Diese sehr weiche Aufhängung senkt den mechanischen Widerstand der Tief- und Mitteltöner und gewährleistet selbst bei kleinen Pegeln die volle Dynamik. Das ist ja das Problem vieler hart aufgehängter Hochwirkungsgrad-Treiber: Sie benötigen immer einen gewissen Pegel, bis sie den Widerstand der harten Einspannung überwunden haben und einigermaßen frei und dynamisch klingen.
Die größte Besonderheit der Wolf von Langa Audio Frame Chicago: Elektromagneten
Punkt 4 der Andersartigkeit ist der sehr hohe Wirkungsgrad der Wolf von Langa Audio Frame Chicago – und das trotz seines Dipol-Aufbaus. Von Langa selbst spricht hier von einer System-Effizienz von 96 Dezibel pro Watt und Meter. Das halte ich für etwas sehr optimistisch, aber mehr als 92 Dezibel dürften es wohl sein. Das ermöglicht dem geneigten Nutzer auch die Kombination mit kleineren Röhren-Amps; aber dazu später mehr.
Der Wirkungsgrad eines Lautsprechers wird in der Regel durch den Tieftonbereich limitiert. Deshalb hat Wolf von Langa die beiden 38 cm Bässe auf höchste Effizienz getrimmt: zum einen mit der geringen bewegten Masse und zum anderen mit kräftigen Elektromagneten.
Und das ist die wirkliche Besonderheit. Anders als der übliche, vormagnetisierte Permanentmagnet, hängt der Elektromagnet an einem potenten Netzteil und damit an der Steckdose. Bei ihm entsteht die magnetische Feldstärke durch die Stärke des elektrischen Stroms im Luftspalt der Schwingspule.
Prinzipiell bieten solche Elektromagnete viele Vorteile: höhere Magnetflussdichte, ein damit verbundener höherer Wirkungsgrad und die Möglichkeit, die Magnetstärke sogar einzustellen. Die Nachteile liegen aber ebenfalls auf der Hand: eine Feldspule plus Stromversorgung bedeuten teuren Extra-Aufwand.
Im HiFi sind Elektromagneten (der Kenner sagt “fremderregt” dazu, aber das klingt in meinen Ohren so sperrig, dass ich lieber beim “Elektromagneten” bleibe) sehr selten. Focal hat in seiner Grande-Serie zwei Lautsprecher (Utopia und Stella); bei denen sind aber nur die Bässe elektromagnetisch motorisiert. Wolf von Langa aber spendiert jedem seiner Treiber einen solchen Motor. Das zeugt von seinem extrem hohen Anspruch.
Von diesem Elektromagnet-Antrieb profitieren auch Mittel- und Hochtöner. Den Mitteltöner A1.750 baut von Langa selbst: die sehr leichte Membran aus handgeschöpftem Papier, eine mit 5 cm recht große Schwingspule und die extraweiche Aufhängung.
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