Normale Holzboxen der 2.000-Euro-Klasse gibt es in Hülle und Fülle. Der britische Analog-Spezialist Rega versucht erst gar nicht, einen weiteren, ganz normalen Standlautsprecher mit MDF-Gehäuse dazuzustellen: Die Briten setzen stattdessen auf einen speziellen Leichtbeton, der nicht nur eine besondere Festigkeit verspricht, sondern auch eine optimale akustische Formgebung erlaubt. Willkommen zum Test der Rega AYA.
Wer sich jemals mit der Welt von Rega-Chef Roy Gandy auseinandergesetzt hat, der weiß dass in dieser Welt jede Schraube einen klangrelevanten Einfluss haben kann. Auch viel Masse für Klasse wird man bei Rega nicht finden. Die neuen Skelett-Plattenspieler Planar 8, Planar 10 und NAIA zeigen, wie die Briten ticken: Je leichter, desto besser, weil Resonanzen dann schneller abklingen.
Diese Idee haben die Rega-Entwickler nun auch auf ihre derzeit einzige Standbox übertragen. Die Rega AYA ist eine 2,5-Wege Konstruktion im Betongehäuse. Betongehäuse? Richtig gelesen. Folgt man den PR-Texten der Briten, haben sie gut zehn Jahre gesucht und geforscht, bis sie den GRC gefunden haben. GRC steht für “glass reinforced cement”, einem Verbundwerkstoff aus viel Glasfaser und nicht so viel Beton. Wer die AYA anhebt, wird sich über das “Leichtgewicht” von gerade einmal 14 Kilo wundern.
Das Material hat etliche Vorteile. Man kann es beispielsweise in einem Stück gießen und so optimale, akustische Formen (zum Beispiel keine parallelen Flächen im Inneren) realisieren. Es soll – wie man hört – gegenüber MDF durchaus Preisvorteile haben. Vor allem aber: Es kann bildhübsch aussehen – wie in diesem Fall. Wer auf Beton als Gestaltungselement im Wohnraum steht, muss hier schwach werden.
Überhaupt ist die AYA einer jener wenigen Lautsprecher am Markt, an der offenkundig gute Designer ihre Hände im Spiel hatten. Hier stimmt bis ins kleinste Detail alles: die Form,- die Farbgebung oder die Boden-Entkopplung durch die drei Kunststoff-Stelzen. Ein Eyecatcher für jeden schlicht-nobel eingerichteten Wohnraum.
Technisch ist die hübsche Britin eine so genannte 2,5 Wege Konstruktion. Die Haupt-Wiedergabe-Last liegt dabei auf einem knapp 13 Zentimeter durchmessenden Tiefmitteltöner, der bis in die unteren Lagen spielt. Für etwas mehr Fundament sorgt ein parallel geschalteter 17 cm Tieftöner. Zu den Höhen hin versieht eine vergleichsweise kleine 19 mm Hochtonkalotte ihren Dienst. Rega unterstreicht stets, dass die Treiber allesamt im eigenen Haus entstehen.
Die Frequenzweiche, die allen Treibern ihre Bereiche zuweist, ist minimalistischer nicht denkbar: je eine Spule für die Tieftöner, einen Kondensator vor dem Hochtöner. Für manchen Audiophilen gilt das als Ideal. Ich bin mir da nicht so sicher…
Tiefmittel- und Tieftöner arbeiten beide gemeinsam auf ein Gehäuse. Das ist etwas ungewöhnlich: Normalerweise trennt man beide voneinander, damit der rückwärtige Schall des Tieftöners nicht die Membran des Mitteltöners moduliert. Dafür findet sich im unteren Drittel ein ganz besonderes Trennbrett. Hierbei handelt es sich um eine MDF-Platte, die mit dünnen (durchgehenden) Schlitzen versehen ist – siehe Zeichnung.
Richtig berechnet ergeben diese Schlitze einen Fließwiderstand, der tiefe Frequenzen passieren lässt, Mitten- und Hochtonsignale aber abhält. Das ist eine ziemlich clevere Art, um die häufig hörbare Mittenabstrahlung durch die Bassreflex-Öffnung zu vermeiden.
Praxis
Rega hat mit dem Elicit Mk5 und vor allem mit dem Io zwei Vollverstärker im Programm, die zwar wirklich audiophil klingen, aber alles andere als Leistungsriesen sind. Für sie wurde die AYA entwickelt. Das heißt: Die Standbox hat einen ordentlichen Wirkungsgrad (85 dB) und eine hochohmige, weitgehend lineare Impedanz.
Wir verbanden die AYA unter anderem mit kleineren Cambridge-Verstärkern und – wie üblich – mit dem 300B Amp Mira Zeti von Fezz Audio (2 x 8 Watt). Die kleine Standbox machte es keinem schwer und klang mit allen irgendwie sonor und schön. Sollte ich aber eine Empfehlung aussprechen, würde ich eher zu einem Verstärker raten, der in den Mitten präsenter spielt und im Bass straffer ist. Ein Atoll IN 50 Signature wäre hier meine Idealbesetzung.
Doch selbst wenn der Verstärker-Part ideal besetzt ist: Rchtig laut wird es nie. Mit einem Maximalpegel von dauerhaft 95 dB erfüllt die Rega auch diesbezüglich das Sinnbild einer wohnraumfreundlichen Standbox: Nachbarn werden mit ihr wahrscheinlich nicht gestört.
Hörtest
Wer die oben erwähnten Plattenspielermodelle P8, P10 oder NAIA womöglich schon einmal gehört hat, wird sich beim Zuhören von Regas Standbox etwas wundern: Die AYA ist mit ihren etwas molligen Bässen und den dezenten Mitten fast so etwas wie ein Gegenentwurf zu der klanglichen Performance der Skelett-Plattenspieler, die meist etwas weniger Bass, aber – bezogen auf ihre Klasse – eine außergewöhnlich gute Durchhörbarkeit, Präzision und Authentizität bieten.
Die AYA hingegen erzeugt – basierend auf einer Überhöhung um 100 Hertz – einen eher wohligen Klang mit viel Wärme in den Stimmen und einer eher zurückhaltenden Mitte. Und weil der Hochtonbereich wunderbar fein ist, haben die Briten hier eine Formel gefunden, die wahrscheinlich viele Musikfreunde glücklich macht, weil man damit jede Art von Musik unaufgeregt ziemlich lange hören kann.
Die Q Acoustics 5040, seit ihrem Test im Oktober 2023 LowBeats Referenz dieser Klasse, bestach (wieder einmal) mit viel Dynamik und einer großartig präzisen Darstellung der einzelnen Töne. Der beherzte Hieb auf eine große japanische Trommel ist mit der Q Acoustics ein packendes Erlebnis, mit der AYA wirkte der selbe Hieb bei gleichem Pegel etwas wolkig und weicher. In den quantitativen Kriterien (laut, hart, unverzerrt) hatte die kleine AYA der QA 5040 kaum etwas entgegenzusetzen. Außer viel Charme und Raffinesse: So ließ die AYA die Saiten von Andrea Kleinmanns Harfe (Album: Saitenwind) noch etwas luftiger und feiner ausschwingen und wirkte insgesamt etwas kultivierter. Vor allem aber punktete sie mit einer grandiosen Räumlichkeit. So wie die AYA das Kirchenschiff von der Saitenwind-Aufnahme aufzog und auch in die Tiefe darstellte – das war schon aller Ehren wert.
Fazit Rega AYA
Die Idee mit dem Leichtbeton ist so überzeugend, dass wir diese Gehäuse zukünftig sicherlich sehr viel öfter finden – auch, weil man damit im Design-Bereich viele Möglichkeiten hat. Die AYA ist diesebezüglich ein Vorzeige-Objekt: Ein in allen Belangen vorzeigbarer Schallwandler, der aufzeigt, wie aufregend und anmutig HiFi aussehen kann.
Ebenfalls auf der Habenseite sind die völlig unkomplizierten elektrischen Parameter, die auch kleineren oder günstigeren Verstärkern einen problemlosen Betrieb ermöglichen.
Vom Klang her gibt sich die AYA sympathisch: Weit weg von der letzten Präzision mit kernigen Bässen und hohen Pegeln, verführt sie mit einem eher schönen, niemals aufdringlichen, im oberen Bereich sehr feinen Ton und einer exemplarisch guten Räumlichkeit.
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Satt-warmer Klang mit dezenten Mitten und feine Höhen |
| Enorm räumlich |
| Wunderschönes Betongehäuses |
| Nicht sehr pegelfest, Bassüberhöhung um 100 Hertz |
Vertrieb:
TAD Audio Vertriebs GmbH
Rosenheimer Straße 33
83229 Aschau
www.tad-audiovertrieb.de
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Rega AYA: 1.990 Euro
Die technischen Daten
Rega AYA | |
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Technisches Konzept: | 2,5 Wege Standbox, Bassreflex |
Bestückung: | Bass: 1 x 17 cm, TMT: 1 x 12,5 cm, HT: 1 x 19 mm |
Nominelle Impedanz: | 6,1 Ohm |
Wirkungsgrad (2,83 V/m): | 85 dB |
Maximalpegel (Dauer / kurzfristig): | 95 / 105 dB |
Min.-Leistung für Max.-Pegel (Dauer): | 12 Watt |
Besonderheit: | Leichtbetongehäuse |
Abmessungen B x H x T: | 25,8 x 87,1 x 21,5 cm |
Gewicht: | 14,1 Kilo |
Alle technischen Daten |
Mit- und Gegenspieler:
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