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Wilson Audio WAMM Master Chronosonic Superlautsprecher im Audio Reference Hörraum. LowBeats hat reingehört. (Foto: F. Borowski)

Wilson Audio WAMM Master Chronosonic: Hörbericht der 1-Mio-Euro Superbox

Es geht immer noch ein Stückchen größer und teurer. Auch bei Lautsprechern. LowBeats hatte exklusiv die Gelegenheit, eine der wohl kostspieligsten und technisch anspruchsvollsten Anlagen der Welt zu hören. Beim deutschen Wilson Audio-Vertrieb Audio Reference in Hamburg steht neuerdings ein Paar Wilson Audio WAMM Master Chronosonic in einer Kette, die an Superlative kaum zu übertreffen ist.

Nein, ich werde mich nicht den ganzen Artikel hindurch über die Kosten dieser „HiFi“-Anlage auslassen. Nur so viel: Allein die Lautsprecher Wilson Audio WAMM Master Chronosonic kosten mindestens 900.000 Euro. Mit aktiver Frequenzweiche und WAMM Master Subsonic Subwoofer gibt es sie im „Sparpaket“ für 1 Million Euro.

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Audiophile Wonderland: die Wilson Audio WAMM Master Chronosonic mit Dan D’Agostino Elektronik (Foto: F. Borowski)

Auf dem Lautsprecher-Olymp

Ultimative High-End-Systeme wie diese werden ohne Rücksicht auf die Kosten entwickelt, um das technisch Machbare auszuloten und im Idealfall Erkenntnisse über Detaillösungen und Fertigungsmöglichkeiten zu erlangen, die später auch in günstigeren Produkten für Verbesserungen sorgen. Möglich ist das nur, weil es ausreichend wohlbetuchte Menschen gibt, für die ein, zwei Milliönchen keine Rolle spielen, die ihren Spaß an der Supertechnik haben und damit indirekt die Forschung nach immer besseren Lautsprechern und Komponenten finanzieren. Die Sache hier ist ganz einfach: Wer nach dem Preis fragen muss, kann es sich sowieso nicht leisten (Ich habe gefragt).

Damit genug vom schnöden Mammon. Wenden wir uns stattdessen dieser außergewöhnlichen Installation zu, die Kaufinteressierte nach direkter Terminabsprache bei Audio Reference in Hamburg ebenfalls entdecken und erleben können. Das Hauptaugenmerk gilt dabei den besagten Superlautsprechern des US-Herstellers Wilson Audio. Die nicht minder beeindruckende Elektronik von Dan D’Agostino konnte schon mehrfach auf Messen wie der High End bewundert werden. Aber die WAMM Master Chronosonic feiern hier ihr Deutschland-Debut. WAMM steht übrigens für Wilson Audio Modular Monitor. Aufgrund ihrer schieren Größe und des Gewichts – über 400 Kilo pro Box unverpackt und ohne Subwoofer – konnte ich in Hamburg vorerst auch nur die „kleine“ Lösung hören. Denn bevor auch noch die gigantischen Subwoofer aufgestellt werden können, muss erst mal die Statik des AR-Gebäudes mit dem Hörraum im ersten Stock geprüft werden…

Die Möblierung samt Anlage, zu der auch die Relentless-Serie von D’Agostino (über eine halbe Tonne Gewicht), das höchst beeindruckende Vanquish Analoglaufwerk von VPI und spezialangefertigte, superschwere Racks von Bassocontinuo gehören, bringt es über den Daumen gepeilt auf das Gesamtgewicht eines richtig fetten Elektro-SUV. Den parkt man nicht mal eben so ohne vorherige Prüfung im ersten Stock eines Geschäftsgebäudes. Ebenfalls sollte klar sein, dass diese Anlage nicht an einem Nachmittag aufgebaut ist und aufgrund der logistischen Komplexität auch nicht zu den diversen HiFi-Messen tingeln wird. 

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Das Analoglaufwerk VPI Voyager war zum Hörtermin noch nicht spielbereit, ergänzt aber in Kürze die Kette (Foto: F. Borowski)

Auch ohne die Subwoofer sind die WAMM im Bass nicht gerade untermotorisiert. Je ein 32 und ein 27 cm-Treiber pro „Box“ sorgen für Druck und Tiefgang auf Weltklasse-Niveau. Die Bezeichnung „Box“ habe ich bewusst in Anführungszeichen gesetzt, denn der passt nicht wirklich auf dieses überirdische Konstrukt. Die WAMM sind Wilsons ultimative mechanische Antwort auf das Thema Time Alignment, also die zeitrichtige Ausrichtung aller Treiber für ein absolut kohärentes Schallereignis am Hörplatz.

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Darin liegt ein grundsätzliches Problem vieler großer Lautsprecher: Mehr Treiber ermöglichen einerseits, die Chassis gezielter für einen begrenzten Frequenzbereich zu optimieren. Andererseits bedeutet das (neben einem größeren Aufwand für die Frequenzweiche) eine weite räumliche Verteilung der einzelnen Schallwandler. Und das führt, vereinfacht ausgedrückt, dazu, dass der Schall aller Treiber nie wirklich zeitgleich am Ohr des Hörers ankommt. So ist es nicht verwunderlich, dass manch erfahrener Hörer eine gute Zwei-Wege-Box trotz aller Einschränkungen im Bass so mancher Superbox vorzieht. Derart großen Mehr-Wege-Lautsprechern musikalische Geschlossenheit anzuerziehen, ist eine große Herausforderung.

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Mechanisches Wunderwerk: der Blick auf die Rückseite der WAMM-Mittel-/Hochtoneinheit (Foto: F. Borowski)
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Seitlicher Blick auf die Mittel-/Hochtoneinheit mit abgenommener Abdeckung (Foto: F. Borowski)
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Einfache Lösungen, wie beispielsweise die simple Schrägstellung der Schallwand oder ein räumlich in der Tiefe versetzter Einbau der Treiber, funktionieren nur bedingt, weil damit keine unterschiedlichen Hörpositionen und -Abstände berücksichtigt werden können. Auch die Kompensation auf elektronischem Weg über die Frequenzweiche oder gar DSP-Korrekturen hat ihre Grenzen. Etwa, weil diese den Abstrahlcharakter im Zusammenspiel mit den Gehäusen nicht in die Rechnung einbeziehen.

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Die optionale aktive Frequenzweiche der WAMM – hier im Oval (Foto: F. Borowski)

Wilson Audio geht mit der WAMM (und im kleineren Maßstab auch mit den Modellen Chronosonic XVX, Alexx V und Alexia V oder der Sasha DAW) einen anderen Weg, indem die in kleinen Einzelgehäusen untergebrachten Treiber minutiös über spezielle mechanische Justiermöglichkeiten exakt für den Raum passend auf den Hörplatz ausgerichtet werden können. Für diese Prozedur braucht es allerdings speziell geschulte Fachkräfte.

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Detailansicht: Die einzelnen Treibergehäuse im Mittel-/Hochton werden mechanisch präzise auf den Hörplatz ausgerichtet (Foto: F. Borowski)
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Das WAMM-Logo sitzt dezent und gut getarnt zwischen den Treibergehäusen. (Foto: F. Borowski)
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In der WAMM Master Chronosonic wird dieses Prinzip auf die Spitze getrieben, gibt es hier doch in dem gewaltigen Mittel-Hochton-Aufbau insgesamt sechs Einzelgehäuse (das sechste mit einem zusätzlichen Hochtöner auf der Rückseite), die über Einstellrädchen, Neige-Rampen, unterschiedliche Spikes und Schienensysteme auf den Sweet Spot fokussiert werden sollen. Dazu können noch weitere Anpassungen der Treiber über den Austausch von Spezialwiderständen an der Rückseite erfolgen.

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Mit Präzisionswiderständen können die Treiber der WAMM im Frequenzgang angepasst werden (Foto: F. Borowski)

Das Ganze ist wirklich ein ingeniöses Wunderwerk an feinmechanischer Präzision mit edelstem Finish. Und es wirkt bei aller Opulenz und seiner Höhe von 2,15 Metern keineswegs erschlagend. Die WAMM sind von vorne betrachtet relativ schlank und durchaus noch wohnraumfreundlich –jedenfalls im Vergleich zu manch anderen Superboxen.

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Der neu eingerichtete Hörraum von Audio Reference in voller Pracht (Foto: F. Borowski)

Vor dem Hörtest gab es für mich noch einen kleinen Dämpfer. Die Relentless Monoblöcke konnten wir nicht nutzen, weil gerade ein paar Teile für ein Update ausgebaut und in die USA geschickt wurden. Daher mussten wir uns mit dem „kleinen“ Dan D’Agostino Momentum Vollverstärker begnügen. Natürlich hat auch dieser Amp mit den wirkungsgradstarken WAMM (93,5 dB @ 1 W, 1 Meter @ 1 kHz) keine Mühe, nur eben mit 2x 400 Watt an 4 Ohm nicht mit den schier grenzenlosen Reserven der Relentless-Monos (3.000 Watt pro Kanal an 4 Ohm).

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Die Dan D’Agostino Relentless Endstufe im Standby (Foto: F. Borowski)
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Relentless Mono-Endstufe: Ein Class A-Kraftwerk mit 3.000 Watt an 4 Ohm (Foto: F. Borowski)
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Gehört wurde ausschließlich digital über Tidal und lokal gespeicherte Musik via Roon, was mir entgegenkam, konnte ich doch so meine persönlichen Favoriten durchhören. Dazu hatte ich den Raum über einen längeren Zeitraum ganz für mich allein – what a Wonderful Day!

Hörtest in anderen Sphären

Als HiFi-Testredakteur und selbst mit ganz ordentlichen Lautsprechern ausgestattet, bin ich einiges gewohnt und es war mir auch von vornherein klar, dass ich hier jetzt keine totale Bewusstseinserweiterung erfahren würde. Und doch war das schon ein sehr Augen/Ohren-öffnendes Erlebnis.

Zuerst das Lob: Ich habe nie zuvor einen Lautsprecher dieser Größe gehört, der musikalisch so geschlossen und perfekt fokussiert aufspielt. AR-Geschäftsführer Mansour Mamaghani hat selbst Hand angelegt. Natürlich ist er dafür geschult, aber ohnehin ein erfahrener Wilson-Audio-Kenner. Und er hat die WAMM in diesem Punkt schon nahezu perfekt auf den Punkt gebracht.

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Komplette Seitenansicht, hier mit den Abdeckungen auf der Mittel-/Hochtoneinheit (Foto: F. Borowski)

Am Sweet Spot auf dem gemütlichen Sofa sitzend, mit der Momentum-Fernbedienung und einem iPad zur Roon-Steuerung (plus leckerem Heißgetränk) ausgerüstet, zappte ich mich also nach und nach durch meine Soundcheck-Playlist und entdeckte dabei immer wieder neue Facetten der eigentlich bestens bekannten Musikstücke. Besonders auffällig dabei war, wie absolut mühelos und lebensecht sich die Bühne auffächert. Einerseits mit dreidimensionaler Präzision und Detailgenauigkeit zwischen den Speakern, aber anderseits in manchen Situationen scheinbar auch weit über die Basisbreite der Aufstellung hinaus. Fokussierung und Großräumigkeit gehen hier Hand-in-Hand. Womit ich nicht meine, dass Stimmen oder Instrumente zu groß abgebildet werden. Im Gegenteil: Lebensgröße ist hier die passendste Beschreibung.

Auch im Bass zeigten die WAMM ihre wahre Macht. Ob Bassdrum, gezupfter Bass oder elektronische Tieftongewitter. Die großen Wilsons verdauten das alles mit einer Leichtigkeit und Nonchalance, die deutlich kleineren Speakern abgeht. Wie muss das erst mit den großen Subwoofern abgehen?

Aber im Bass gibt es auch Abstriche zu vermerken, die allerdings auf den auch noch nicht ganz zu Ende optimierten Raum zurück gehen. Zwar hat Mamaghani mit den ebenfalls in seinem Vertrieb befindlichen Vicoustic Roomtuning-Elementen gegenüber meinem letzten Besuch schon große Fortschritte gemacht, aber im unteren Frequenzbereich stehen demnächst noch Arbeiten an. Hier fehlte es zum Zeitpunkt meines Besuchs noch an der nötigen Ausgewogenheit, die nicht nur die WAMM verdienen. Aber da sieht man auch mal wieder, dass so ein Projekt durchaus mehr Zeit in Anspruch nehmen kann als der Bau eines ganzen Wohnhauses.

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Audio Reference Geschäftsführer Mansour Mamaghani holte die WAMM nach Deutschland (Foto: F. Borowski)

Fazit: die Eine-Million-Euro-Frage

Gibt es Lautsprecher, die eine siebenstellige Summe wert sind? Objektiv betrachtet, mit Sicherheit nicht. Aber so ist das mit vielen Entwicklungen, die an den Grenzen des technisch Machbaren kratzen und eher Forschungs- als Konsumerobjekte sind. Die Wilson Audio WAMM Master Chronosonic sind dafür ein echtes Paradebeispiel. 

Auch wenn ich hier nicht berichten kann, die „besten Lautsprecher der Welt“ gehört zu haben (so etwas gibt es nämlich nicht), gehört dieser Besuch doch zu den beeindruckendsten Erlebnissen meiner ganzen HiFi-Laufbahn. Als audiophiler Technikfreak erfreue ich mich nicht nur an dem grandiosen Klangerlebnis, sondern auch an dem ganzen Drumherum. Und bei der WAMM im Speziellen an ihrer absolut faszinierenden Konstruktion mit den vielen mechanischen Feinheiten, die durchaus erkennen lassen, wo die ganze Kohle hingeht. Daher kann ich auch jeden verstehen, der genug auf der hohen Kante hat und sich diesen Traum von einem Lautsprecher leisten kann und will.

Technische Daten

Wilson Audio WAMM Master Chronosonic
Technisches Konzept:5-Wege Standlautsprecher mit modularem Gehäuseaufbau
Bestückung:Bass: 1 x 26,67cm, 1 x 31,75 cm
Oberer Mittelton: 2 x 10,16 cm
Unterer Mittelton: 2 x 17,78 cm
Vorderer Hochtöner: 1 x Kalotte 2,54 cm
Hinterer Hochtöner: 1 x Kalotte 2,54 cm
Übertragungsbereich:nicht angegeben
optionaler Subwoofer: 10 bis 150 Hz
Besonderheit:
individuell justierbare Einzelgehäuse, Aufbau von Fachpersonal, optional mit aktiver Weiche und Subwoofern
Maße (B x H x T):214,3 x 53,3 x 94,9 cm
Gewicht:
408,2 Kilo pro Lautsprecher unverpackt
Alle technischen Daten
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Autor: Frank Borowski

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LowBeats Experte für Schreibtisch-HiFi und High End kennt sich auch mit den Finessen der hochwertigen Streaming-Übertragung bestens aus. Zudem ist der passionierte Highender immer neugierig im Zubehörbereich unterwegs.