Wenn Sie heute einen Kinofilm oder eine hochwertige Produktion für TV-Streaming sehen, stehen die Chancen gut, dass der Ton auf Lautsprechern von Miller & Kreisel (M&K Sound) abgemischt wurde. Und das geschieht keineswegs immer in Hollywood, sondern ganz oft in deren Headquarter in Dänemark. LowBeats stellt die Macher hinter M&K Sound vor und lädt zu einem Blick hinter die Kulissen ein.
An großen Film- und TV-Produktionen sind meist dutzende, wenn nicht gar hunderte Spezialisten aus allen Bereichen beteiligt. Wer sich nach dem Filmende die Zeit nimmt und die „End Titles“, also den Abspann komplett ansieht, bekommt ein Gefühl dafür, wie komplex solche Produktionen sind – und warum sie so viel kosten.
Neben allen Beteiligten wird manchmal im Abspann auch das eingesetzte Equipment genannt, oder zumindest die Namen der Herstellerfirmen. George Lucas soll einst gesagt haben, dass der Ton und die Musik eines Films 50% des Erlebnisses ausmachen (“The sound and music are 50% of the entertainment in a movie”). In diesem Kontext erscheint es fast schon ein wenig unfair, wenn beispielsweise die Macher der Lautsprecher, die für die Abmischung benutzt werden, nur ganz klein und weit am Ende des Abspanns erwähnt werden – wenn überhaupt.
M&K Sound – Lautsprecher für Studio und HiFi
Nur ganz kurz zur Unternehmens-Historie: Der Aufstieg von M&K Sound, gegründet von Jonas Miller und Ken Kreisel, begann spätestens im Jahr 1973, als sich Walter Becker and Donald Fagen von Steely Dan für Lautsprecher von M&K zum Abmischen ihres berühmten Albums Pretzel Logic entschieden. Große Namen auf der Referenzliste zu haben, öffnet Türen. Das war immer so und das wird vermutlich auch immer so sein.
Zu diesem ersten großen Akquise-Erfolg für Miller & Kreisel trug neben der Qualität der Lautsprecher auch eine besondere Innovation bei: die Erfindung des Subwoofers von Ken Kreisel (siehe auch unseren Test der M&K V-Serien-Subwoofer), die 1976 in der ersten Satelliten/Subwoofer-Kombination namens David & Goliath mündete. Im Jahr darauf folgte mit dem „Volkswoofer“ der erste aktive Sub.
In den folgenden Jahrzehnten eroberten M&K-Speaker zahlreiche Musik- und Filmstudios rund um die Welt. Große Namen wie Lucasfilm, Sony Pictures und Disney setzen bis heute auf M&K und wissen diese äußerst wichtigen Werkzeuge entsprechend zu würdigen. Entweder lassen sie sich wie Rick McCallum (Produzent von u. a. Star Wars Episode I, II, III und The Young Indiana Jones Chronicles) zu lobenden Erwähnungen hinreißen, oder sie gönnen M&K Sound schlicht einen Platz im Abspann diverser Titel. Heute gehören zudem einige namhafte Radiosender und Recording-Studios zu den Kunden von M&K.
2007 erwarb der Däne Per Becher das Unternehmen Miller & Kreisel und verlagerte die Firmenzentrale nach Karlslunde, ganz in der Nähe von Kopenhagen. Im Gegensatz zu vielen Herstellern von HiFi-Lautsprechern, die sich damit rühmen, so viel wie möglich der Entwicklung und Produktion unter einem Dach zu vereinen, macht M&K keinen Hehl daraus, ein sehr multilaterales Unternehmen zu sein. So findet die Entwicklung beispielsweise durch Spezialisten und Dienstleister in den USA/Kalifornien statt, die Chassis und deren spezifische Anpassung an die Boxen (keine Treiber von der Stange) erfolgt auf dem dänischen Festland bei Scan Speak und die Gehäuse werden wiederum anderenorts auf der Welt gefertigt. Auch die Lager sind extern. Aus diesem Grund ist die M&K-Zentrale in Karlslunde ein relativ kleines Verwaltungsgebäude in einem überschaubaren Industriegebiet.
Nach der Begrüßung durch Per Becher (M&K Geschäftsführer) und seine Ehefrau Susanne Karup Becher (M&K Marketing-Managerin) gab es in dem hauseigenen Demo-Kino eine kleine Vorführung und Einführung in die Firmengeschichte und -Philosophie. Anschließend kamen wir in den Genuss, als erste Journalisten zum 25-jährigen Jubiläum des M&K-Megasellers S-150 der Enthüllung einer Anniversary-Edition dieser erfolgreichen Boxen beizuwohnen. Die streng auf 300 Paar limitierten, klanglich optimierten und in sehr edel wirkendem „Silver Space Grey“ matt lackierten Lautsprecher dürften ratz-fatz vergriffen sein.
Nach dem erhellenden Besuch in der Firmenzentrale ging es am folgenden Tag anderenorts weiter: Als Highlight organisierte M&K für uns den Besuch in einem Tonstudio mit dem schlichten Namen Mainstream. Ein ehemaliges Militärgebäude von entsprechend unscheinbarer Architektur in einem anderen Industriegebiet nahe Kopenhagen.
Die Hochzeit von Film und Ton
Ein dezentes Logo am Gebäude und ein unscheinbares Klingelschild an dem lang gestreckten Bau lassen nicht erahnen, wie sehr die Arbeit in diesem Komplex das Erlebnis von Millionen Film- und TV-Zuschauern weltweit beeinflusst. Hier gibt es keine Schlipsträger oder in adrette Business-Kostüme gewandete Empfangsdamen hinter pompösen Tresen, nur Kreative in Zivil. Gleich hinter der Eingangstür liegt der Freizeit- und Küchenbereich mit wichtigen Ausstattungsmerkmalen: einem sehr großen Kaffeevollautomaten und einem Tischkicker.
Begrüßt werden wir von den zwei Studio-Mitarbeiterinnen Sophia Keller Lauritzen und Laura Ejdrup Hesseldahl, sowie dem technischen Leiter Olivier Richter, der uns durch die zwölf Studios und drei Mixing Stages führt und unsere neugierigen Fragen mit sympathischer Nonchalance und Fachkompetenz beantwortet. Die „Chefetage“ um die Sound Designer Hans Møller und Eddie Simonsen ist an diesem Tag im Ausland bei wichtigen Kunden. Mainstream ist eines der größten Studios dieser Art in Skandinavien mit einer weiteren Dependance in Schweden.
Von der Küche im Eingangsbereich erstreckt sich ein langer, mit unzähligen Filmpostern gespickter Gang durch das Gebäude. Von gefühlt jedem Zweiten blickt uns kühl und streng Mads Mikkelsen entgegen, Dänemarks international erfolgreichem und vielfach ausgezeichnetem Schauspiel-Aushängeschild. Tatsächlich handelt es sich bei den meisten der hier tontechnisch bearbeiteten Werke um skandinavische Produktionen, aber auch internationale Titel mit großen Namen wie Ryan Gosling oder Julia Roberts gehören zu den Referenzen, ebenso wie aktuelle Netflix-Produktionen. Als Beispiel sei hier die dänische Endzeit-Serie The Rain genannt.
Links und rechts vom Gang zweigen die Studios für die diversen Bearbeitungsschritte und andere wichtige Bereiche ab, wie eine Werkstatt und der Serverraum. Jedes einzelne Studio ist hier mit einem identischen Multikanal-Setup von M&K ausgestattet. Die drei großen Mixing Stages (quasi Test-Kinos) sind zusätzlich auch mit voluminösen Cinema Speakern anderer Hersteller bestückt. Allesamt in einer 7.1.4-Bestückung, um auch Surroundformate mit Höheninformation über Deckenlautsprecher (z. B. Dolby Atmos) korrekt abmischen zu können.
Ein wichtiger Punkt, warum sich Mainstream nach eigenen Aussagen für M&K entschieden hat, ist dass diese Lautsprecher den großen Kino-Systemen tonal sehr ähneln. Beim Umschalten zwischen verschiedenen Lautsprechern darf sich die Klangfärbung während der Abmischung nicht zu sehr verändern, sodass das Ergebnis auch daheim möglichst dem Kinoerlebnis entspricht. Zu diesem Thema gibt es später noch mehr zu erfahren.
Übrigens: Bei Mainstream geht es nicht um Sprachsynchronisation, also die Übersetzung der Dialoge in diverse Sprachen. Diese im Englischen dubbing genannte Prozedur gibt es in Dänemark so gut wie gar nicht. Dort werden fast alle ausländischen Produktionen mit Untertiteln gezeigt.
An dieser Stelle kurze Erläuterungen von drei Fachbegriffen, die in solchen Studios für die verschiedenen Prozesse gebräuchlich sind:
1.) Re-Recording: Während der Filmaufnahmen werden Dialoge der Schauspieler am Set per Mikrofon aufgefangen. In der Nachbearbeitung (Post Production) wird mittels Re-Recording der Soundtrack hinzu gemischt: Musik, Sound-Effekte Hintergrundgeräusche etc. Außerdem werden unerwünschte Störgeräusche beseitigt und Stimmen für bessere Verständlichkeit optimiert. Hier kann es durchaus vorkommen, dass sich bestimmte Störungen nicht mehr beseitigen lassen. In so einem Fall muss der Schauspieler (auch wenn es ein Superstar ist) dann zum Studio kommen und Textzeilen neu einsprechen, wofür es spezielle Sprecherkabinen gibt. (Siehe Bilder weiter unten.)
2.) ADR: Das steht für „Automated Dialogue Replacement“ und beschreibt unter anderem den Vorgang, um Stimmen zu ersetzen. Beispiel: Die Stimme von Schauspieler David Prowse in Star Wars wird zur Stimme von Darth Vader, nachträglich eingesprochen von James Earl Jones.
3.) Foley Sounds: Damit sind Geräusche gemeint, die von Personen stammen (Husten, Schnarchen etc.), oder auch Umgebungs- und Ambientegeräusche. Zum Beispiel Schritte, klappende Autotüren, Windgeräusche et cetera. Mainstream hat neben einer großen Datenbank digitalisierter Geräusche einen speziellen Raum, in dem solche Sounds passend zur Szene mit einfachsten, kreativen Mitteln erzeugt werden können (siehe Fotos unten). So erklärte uns Olivier, für Sturmgeräusche würden sie einfach die dicke Tür des Geräuschraums einen Spalt aufmachen und leicht bewegen. Angetrieben durch die Gebäudelüftung entstehen Strömungsgeräusche, die sie mit empfindlichen Mikros einfangen und anschließend am Mischpult akustisch zu einem Sturm verstärken.
Drei große Mixing Stages dienen bei Mainstream für die finale Abmischung und Kontrolle. Hier sind große Kinolautsprecher in den Wänden, an der Decke und hinter der Leinwand montiert, aber es gibt zu Vergleichszwecken auch ein weiteres Setup von M&K-Speakern. Diese sind auf motorisch höhenverstellbaren Stativen montiert, die ihrerseits zweckentfremdet aus den Tischbeinen höhenverstellbarer Schreibtische gebaut wurden.
Zum Abschluss demonstrierte Olivier uns noch einen fertigen Mix anhand einer Ballerszene. Es muss krachen. Aber natürlich richtig koordiniert! Auch hier sind verschiedene Setups für Kino, Home Cinema und Wohnzimmer per Umschaltung über ein iPad miteinander vergleichbar. Und ja, auch für das gute alte Stereo wird auf einen anständigen Mix geachtet.
Damit endet unser Rundgang durch das Mainstream-Studio in Dänemark.
Fazit M&K Sound: kein Filmspaß ohne großartigen Ton
Ich finde, George Lucas hat völlig Recht: Star Wars, viele andere Blockbuster und auch großartige TV-Serien wären ohne grandiose Soundkulisse nur halb so aufregend. Ohne Soundexperten wie die der Mainstream Studios, und erst recht ohne die dafür nötigen Abhör-Monitore, die die akustische Schnittstelle zum Menschen bilden, ginge nicht viel. M&K Sound hat auf diesem Gebiet einen sehr guten Stand. Nicht nur in den Studios, sondern auch im Heimbereich.
Im Kino oder vor dem heimischen Flachbildschirm mit Stereo- oder Surroundlautsprechern bemerkt man kaum, welch immenser Aufwand nicht nur hinter der filmischen Arbeit steckt, sondern auch im Soundtrack. Und so soll es natürlich auch sein. Dann war die Arbeit der Macher erfolgreich.
Hier zeigt sich aber auch, wie viel wahren Filmgenuss die meisten Fernsehzuschauer quasi verschenken, indem sie die Tonwiedergabe den dünn klingenden, quäkenden und vielleicht dröhnenden Lautsprechern in ihren Flachbildschirmen überlassen. Es muss nicht immer gleich ein Dolby-Atmos-fähiges 7.1.4-Lautsprecher-Setup sein. Mit einem guten Soundbar oder hochwertigen externen Stereo-Lautsprechern ist schon viel gewonnen. Die Macher der Filme und Serien haben dafür gesorgt.
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Weitere Informationen zu Miller & Kreisel auf der Website von Audio Reference