HiFi mal anders: Vestlyd ist eine Marke, die sich dem Lauten und Unverzerrten verschrieben hat. Dazu haben die Dänen Beschallungs-Monitore auf HiFi-gezüchtet – sie nennen das “Power-Monitore”. Und weil diese überwiegend von den HiFi Klubben vermarktet werden, sind auch hier dezente Preise vorgegeben. Zwei Modelle gibt es derzeit im Programm: den Vestlyd V15C und den Vestlyd V12C.
Das “C” im Namen besagt, dass es sich hier um Koaxialtreiber handelt. Die beiden Zahlen stehen für die Größe in Zoll (1 Zoll = 2,54 Zentimeter). Und schon hier wird deutlich: Die Dänen sind keine Kinder von Traurigkeit: Das “Einstiegsmodell” kommt mit einem 30-Zentimeter Bass daher. LowBeats hatte die zwei Boliden im gewohnt ausführlichen Test.
Verstlyd V15C und V12C: das Besondere …
… ist zunächst einmal die Idee dahinter. Nämlich riesige Koax-Speaker aus dem Beschallungsbereich so zu zähmen, dass sie auch zu Hause noch gut tönen. Weil die Treibertechnik aber immer besser wird, ist dies vielleicht noch eine der leichteren Aufgaben. Fast schwieriger ist es, robuste Gehäuse herzustellen, die dem hohen Pegeldruck vibrationsarm standhalten und deren Finish vielleicht auch einmal einen härteren Party-Einsatz überstehen muss. Und weil das alles ja zu moderaten Preisen angeboten werden soll, ist die Herausforderung besonders hoch. Zur besseren Vergleichbarkeit haben wir hier die technischen Daten der beiden Modelle einmal nebeneinandergestellt – kombiniert mit den dafür relevanten LowBeats Messungen:
Modell | V12C | V15C | |
Treiber: | 30 cm Koax mit HT-Horn | 38 cm Koax mit HT-Horn | |
Übertragungsbereich: | 39 – 22.000 Hz | 36 – 22.000 Hz | |
Wirkungsgrad: | 89 Dezibel | 92 Dezibel | |
Nennimpedanz: | 4,6 Ohm | 5,3 Ohm | |
Maximalpegel (Dauer / kurzfristig): | 109 / 121 dB | 111 / 123 dB | |
Mindestleistung für Maximalpegel: | >222 Watt | >205 Watt | |
Gewicht: | 24,0 Kilo | 34,0 Kilo | |
Abmessungen (B x H x T): | 39,2 x 62,2 x 36,7 cm | 46,8 x 74,2 x 41,7 cm | |
Paarpreis: | 1.298 Euro | 1.798 Euro |
Zunächst erstaunlich – der Preis: 1.300 beziehungsweise 1.800 Euro für echt amtliche Monitore, die beide ziemlich mühelos die 120-Dezibel-Hürde nehmen, das ist – sagen wir einmal – ungewöhnlich günstig. Möglich wird das durch einen Aufbau mit Augenmaß: Es wird dort gespart, wo es angemessen erscheint.
Da ist zunächst einmal das Finish im Beschallungsboxen-Design. Der grobporige Kunststoff ist bewährt, günstig, erfreulich schlagfest und wenn man es drauf anlegt, sogar in gewisser Form wasserfest – was für die Treiber natürlich nicht gilt. Der Kunststoffüberzug sieht vergleichsweise rustikal aus, passt aber gut zum breitschultrigen Auftritt der beiden, die gemäß der Koaxialtreibergröße natürlich eher breit als tief bauen. Diese “Power-Monitore” sind halt auch optisch ein Gegenentwurf zu den vielen, schwindelig-megaschlanken Wohnzimmer-Designboxen am Markt…
Das alles klingt zunächst etwas sehr rustikal, ist aber – gleich, wo man hinschaut – gut gemacht. Auch über die Solidität der Gehäuse muss man sich keine Gedanken machen: Trotz des attraktiven Preises bekommt man hier eine Menge Holz: 24 Kilo (V12C) respektive 34 Kilo (V15C) Gewicht sprechen eine deutliche Sprache. Die Slideshow zeigt den robusten Ansatz der Vestlyd-Leute:
So weit sind beide Modelle (wenn man mal von der Größe absieht) absolut ähnlich aufgebaut. Unterschiede ergeben sich natürlich beim Koax – allerdings auch nur bei der Größe. Sowohl beim 15 Zöller als auch beim kleineren 12 Zöller findet sich eine geriffelte, sehr feste Papiermembran mit robuster Gummisicke, in deren Mitte jeweils das gleiche Hochtonhorn arbeitet. Die Übergangsfrequenz liegt (wie übrigens auch bei den ähnlichen Tannoy-Koaxen) in beiden Fällen bei 1.100 Hertz.
Das Hochtonhorn ist recht kurz und aus Metall, der Hochtöner selbst ein 25 Millimeter großer Druckkammertreiber. Weder vom Konzept noch von der Verarbeitung her lassen sich hier Schwächen ausmachen
Kommen wir zu einem Punkt, an dem sich der Rotstift dann doch zeigt: die Frequenzweiche. Die ist so klein, ihre Bauteile so putzig, dass man ihr die hohen Ströme bei Hochpegel gar nicht zumuten möchte. Wir sprechen hier immerhin von einer Übergangsfrequenz bei 1.100 Hertz und Leistungen, die in der Spitze locker auch mal an die 500 Watt heranreichen können.
Vor diesem Hintergrund sollte das alles eigentlich etwas größer dimensioniert sein; wohl auch deshalb haben die Vestlyd-Entwickler hier eine Sicherung eingebaut. Aber hey: Wir haben teils brutal laut gehört und weder ist die Sicherung angesprungen noch hätten wir starken Klangveränderungen durch überforderte Bauteile gehört. Insofern …
Praxis
Idealerweise stellt man die Koax-Hochpegel-Speaker nicht auf den Boden. Vestlyd selbst bietet spezielle Ständer an, die die Lautsprecher leicht nach oben anwinkeln – was wegen der starken Bündelung eine gute Idee ist. Überhaupt sollte man die beiden Koax-Monitore auf den Hörplatz einwinkeln, weil sonst etwas Mittelhochtonenergie verloren geht.
Kommen wir zu den absoluten Schokoladenseiten der Vestlyd-Speaker: Im Prospekt werden die “Power-Monitore” als besonders effizient gepriesen. Das stimmt so weit. Der V12C kommt auf 89 dB, der große V15C sogar auf 92 dB Wirkungsgrad. Das liegt weit über dem Level klassischer HiFi-Lautsprecher. Im Umkehrschluss heißt das: Da kann man selbst schon mit kleinen Verstärkern, zum Beispiel Röhren-Amps, mächtig Rabatz machen. Und auch der elektrisch weitgehend unkomplizierte (wenn auch recht wellige) Impedanz-, Phasen, und EPDR-Verlauf beider Modelle spricht nicht gegen den Einsatz kleiner Verstärker.
Aber da gibt es auch noch diesen anderen Punkt. Wir sprechen hier vom hohen zu erreichenden Maximalpegel, der ja sinnstiftend für die beiden Vestlyd-Speaker ist. Wie die LowBeats Messungen belegen, kommt der kleinere V12C in der kurzfristigen Spitze auf stattliche 121 dB, der große V15C sogar auf 123 Dezibel.
Aber für solche Live-Lautstärken – hoher Wirkungsgrad hin oder her – braucht es nun einmal echte Leistungs-Boliden. Um hier eine Idee zu vermitteln: Für die maximal erreichbaren 121 dB (V12C) oder 123 dB (V15C) braucht es – siehe auch Tabelle oben – jeweils mindestens 200 Watt pro Kanal. Wir nutzen in diesen Fällen gern die 851W von Cambridge Audio, die Mono-gebrückt gut 800 Watt raushauen und viel Reserve eingebaut haben.
Hörtest
Der erste Eindruck ist gut. Überraschend gut. Beide Vestlyds sind vergleichsweise ausgewogen abgestimmt und übertreiben an keiner Stelle. Es ist eher so, dass beide die oberen Mitten dezent zurücknehmen. Ebenso auffällig: Der Hochton ist gleichermaßen anspringend wie fein. Kein Zischeln, keine Schärfe: alles hat einen wunderbaren Glanz und eine schöne, sehr leichte Transparenz. Das Problem klassischer Koax-Speaker, dass nämlich die vibrierende Bass-Membran die Hochtonsignale moduliert, scheint hier nicht gegeben zu sein. Super.
Tendenziell würde ich sagen, dass der “kleine” V12C die etwas offeneren Mitten bietet. Bei Stimmen und Streichinstrumenten bekamen wir mit ihr etwas mehr Information und etwas mehr Energie. Beim wunderbaren Album “Borderland” von Anne Clarke stand die Harfe mit der V12C noch etwas präsenter im Raum und auch die Stimme der Künstlerin kam ein Stückweit vielschichtiger rüber. Keine Frage: Bei kleinen Pegeln ist der V12C der erlebnishaftere Lautsprecher.
Und auch wenn man lauter dreht, ist der V12C ein beeindruckender Lautsprecher. Das ist schon der Wahnsinn, wie laut und dennoch wie ausgewogen der V12C ein Live-Konzert wie James Blood Ulmers “Live At Bayerischer Hof” in den Hörraum drücken kann: Wie realistisch der Monitor die Stimme auf die Bühne stellt, wie genau auch die einzelnen Gitarrenriffs zu hören sind.
Doch das verblasst gegen den Auftritt des V15C. Nicht nur, dass der große Monitor gefühlt erheblich lauter spielt: Seine Bass-Wiedergabe ist die reinste Wonne. Nicht ultratief, aber knochentrocken und brutal energetisch. Die Bassdrumhiebe zu Beginn von James Blood Ulmers “Crying” landeten direkt im Magen der Zuhörer.
Der V15C entfesselt einen Sog, dem man sich nur schwer entziehen kann. “Spiel mal das. Nee, spiel lieber das”: Jeder hatte sofort bassintensive Musik im Kopf, die augenblicklich über dieses Kraftpaket gespielt werden müsse. Wir einigten uns schließlich auf einen Mix aus Blue Man Group, Infected Mushroom und Yello. Eine halbe Stunde später – die Lautstärkeregler der Vorstufe stand bei 3 Uhr – hatten wir keine Fragen mehr. Dafür vielleicht ein leichtes Pfeifen im Ohr. Dieser Lautsprecher holt das Erlebnis freudvoller Club-Abende direkt ins Wohnzimmer. Für nicht einmal 2.000 Euro.
Wir haben derzeit auch die Klipsch La Scala AL5 im Hörraum. Dieses urtypisch-amerikanische Basshorn ist aktuell der einzige Lautsprecher im großen LowBeats Vergleichs-Portfolio, das die Bass-Performance der V15C in Bezug auf Pegel, Dynamik und Knackigkeit noch übertrifft. Aber er ist auch fast zehnmal so teuer …
Fazit Vestlyd V15C und V12C
Anfangs dachte ich: “Was bitte schön soll das denn? – HiFi mit Beschallungs-Speakern?” Ganz genau. Natürlich bekommt man hier kein klassisches HiFi wie beispielsweise mit einem BBC-Monitor à la LS3/5a. Dazu schummeln die beiden “”Power-Monitore” in den Mitten zu deutlich. Im Klartext heißt das: Eine sehr gute HiFi-Box wie die preislich vergleichbare Fishhead Audio StrEight 1.8 erweitert das Klangbild nicht nur in die Tiefe präziser, sondern arbeitet auch die einzelnen Details genauer heraus.
Aber die Vestlyd-Monitore schummeln sympathisch. Und ihr Hochtonhorn ist sehr viel besser, als es die Preisklasse vermuten ließe. Der Klang jedenfalls ist für ein solches Konzept erfreulich ausgewogen, detailreich-luftig und abbildungsscharf.
Doch naturgemäß liegen die Vorzüge der Dänen in anderen Bereichen: Erstens: Wegen des hohen Wirkungsgrades bringen beide Vestlyds auch schwachbrüstige Röhrenverstärker (beispielsweise die 300B-Röhre Mira Ceti von Fezz Audio) auf erschreckend hohe Pegel. Das macht richtig Laune. Und Zweitens: Wer einen Rotel 1592 oder ähnliche Kraftwerke anschließt und laut aufdreht, kommt bei elektronischer Musik (vor allem mit den V15C) aus dem Grinsen nicht mehr heraus. Das ist ein Gute-Laune-Mittel allererster Wahl.
Untern Strich sind die beiden Vestlyd-Speaker nichts für Leute, die HiFi bierernst nehmen und einzelne Streicher im Orchester zählen wollen. Sie sind die Alternative für Menschen mit Freude am Live-Konzert und mit Freude am unverzerrten Pegel. Diesbezüglich macht den beiden in der Preisklasse unter 2.000 Euro keiner etwas vor. Eine echte Bereicherung der Szene!
| Ausgewogen-druckvoller Klang mit feinem Hochton |
| Hoher Wirkungsgrad, hoher Maximalpegel |
| Röhren-tauglich |
| Gutes Preis-/Leistungs-Verhältnis |
Bewertungen
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Lustvoll-druckvoller Klang mit feinem Hochton |
| Grandiose, weil ungemein energisch-trockene Bass-Performance |
| Hoher Wirkungsgrad, hoher Maximalpegel |
| Ausgezeichnetes Preis-/Leistungs-Verhältnis |
Vertrieb:
HiFi Klubben Deutschland GmbH
Große Bergstraße 223
22767 Hamburg
Telefon: 0800 / 0004670
www.hifiklubben.de
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Vestlyd V12C: 1.299 Euro
Vestlyd V15C: 1.799 Euro
Vestlyd V12C Stands: 249 Euro
Vestlyd V15C Stands: 279 Euro