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Beim Sondermodell Mustang Bullitt spart sich Ford das Pferd im Kühlergrill. So war es auch 1968 im legendären Stve-McQueen-Film "Bullitt". (Foto: S. Schickedanz)

Ford Mustang Bullitt mit B&O Sound: Weckt er den Steve McQueen in Dir?

Selten war ein Fahrtest von so vielen Malheurs begleitet wie beim Sondermodell Ford Mustang Bullitt. Noch seltener hat ein Fahrbericht so viel Freude gemacht. Und teilweise haben diese Zwischenfälle das Vergnügen sogar gefördert. Aber immer schön der Reihe nach.

Meine erste Begegnung mit dem Ford Mustang Bullitt war eine kurze, die zudem reichlich Fragen offen ließ. Obendrein stand die Testfahrt im Schatten des Supersportwagens Ford GT. Dieser Überflieger ließ den 2.500 Euro teureren Ableger des bereits in Frankreich gefahrenen Ford Mustang GT reichlich grobschlächtig und bieder wirken.

Dessen 460 PS überbot der Ford GT mit 650 Pferdchen. Den großzügig dimensionierten Brembos des Mustang setzte er Keramik-Brembos mit Rennsporthintergrund plus aerodynamischer Bremsklappe entgegen. Und statt einer fast zwei Tonnen schweren Heckschleuder aus Blech stand da ein knapp 1400 Kilogramm leichtes Kohlefaser-Monocoque mit Mittelmotor.

Keine Frage, wer an diesem Tag die Maßstäbe definierte, wer überhaupt bestehende Limits pulverisierte.

B&O an Bord des Ford Mustang Bullitt

Dabei mochte ich den Bullitt sofort, noch mehr als den normalen Mustang GT, der mit 10 PS weniger auskommen muss und zur Zeit meines Tests lediglich mit Shaker Sound zu haben war.

Der Ford Mustang Bullitt bekam dagegen serienmäßig ein maßgeschneidertes B&O-System (Ford verwendet inzwischen nicht mehr die Bezeichnung B&O Play, sondern nur noch „Bang & Olufsen“, wie Audi auch). Im Sound-Upgrade lag überhaupt der Grund, dass ich den Mustang noch einmal fahren konnte. Denn seine an den Filmklassiker von 1968 angelehnte Lackierung Montana Grün Metallic wäre ungeachtet meiner Begeisterung allein noch kein Grund für einen neuerlichen Test gewesen.

Rein äußerlich war von dem Sound-Upgrade wenig zu sehen. Lediglich auf der Kunststoff-Abdeckung des Centers fand sich ein kleines B&O Logo. Ansonsten verbargen sich die 12 Lautsprecher hinter den gleichen schwarzen, schmucklosen Gittern wie die des ebenfalls über ein Dutzend Lautsprecher verfügenden Shaker-Systems.

Doch der Klang besaß bereits bei den ersten Takten etwas, das einen mehr mitriss. Ganz offensichtlich wurde die Bandbreite unten und oben erweitert und auch die Dynamik ein ganzes Stück gesteigert. Der Ford Mustang Bullitt vertraut auf stramme 1.000 Watt Systemleistung. Doch nicht nur solche Extreme machten den Reiz der neuen B&O Anlage aus, auch die Klangfarben besaßen mehr Ausdruck und Strahlkraft, alles klang irgendwie audiophiler, differenzierter und vor allem zupackender.

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B&O Sound im Ford Mustang Bullitt
Nur ein dezentes B&O-Logo weist im Ford Mustang Bullitt auf das Sound-System von Bang & Olufsen hin (Foto: S. Schickedanz)
 Ford SYNC 3 mit AppLink
Im Ford Mustang Bullitt ist Ford SYNC 3 mit AppLink ebenso serienmäßig wie das B&O Sound-System (Foto: S. Schickedanz)
SYNC 3 mit AppLink: Klangeinstellungen
Die Bedienung des B&O Sound-Systems ist gut gelungen, ein 3-Band-Equalizer ist vorhanden (Foto: S. Schickedanz)
B&O 3-Wege-Lautsprecher in den Vordertüren
Das B&O Sound-System im Ford Mustang Bullitt hat 3-Wege-Systeme in den Vordertüren (Foto: S. Schickedanz)
B&O Hochtöner in der A-Säule
Der Hochtöner sitzt weit oben in der A-Säule des Ford Mustang. Das hebt die Bühne und sorgt für eine großzügige, stabile Abbildung (Foto: S. Schickedanz)
B&O Subwoofer im Kofferraum
Der Subwoofer im Kofferraum schiebt tief und mächtig an. In manchen Frequenzbereichen fehlt ihm ein Quäntchen Präzision (Foto: S. Schickedanz)
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Allerdings stellten sich sehr bald Misstöne ein, die nur einen Schluss zuließen: in der Fahrertür hat sich entweder ein Teil der Verkleidung gelöst oder eines der beiden Chassis hat einen Schaden. Bei „Another Day“ von Malene Mortensen schnalzten nicht nur die gezupften Bass-Saiten, es rumorte auch im linken Kanal. Was mit dem neuen, gegen Aufpreis inzwischen auch im Mustang GT erhältlichen System möglich wäre, musste ich vor dem geistigen Ohr interpolieren.

Um ehrlich zu sein: beim Ford Mustang Bullitt tat das der Freude am Fahren kaum Abbruch. Ich genoss die rasante Beschleunigung auf einsamen Landstraßen und einer recht freien Autobahn und versuchte, die Dinge über den Mustang herauszufinden, die ich mir bei der vorangegangenen Testfahrt mit einem Beifahrer noch verkniffen hatte. Ich deaktivierte ESP samt Traktionskontrolle und führte einige Beschleunigungsmanöver in den unteren drei Gängen durch. Dabei verblüffte mich die hohe mechanische Traktion des starken Hinterradantriebs.

Gruß vom Lieblingsitaliener

Außerdem experimentierte ich in der Einöde ein wenig mit den Brembo-Bremsen. Deren Dosierbarkeit entsprach den Ansprüchen, die ich mit den Produkten des Bremsen-Spezialisten aus der Nähe von Bergamo (einem meiner Lieblingsitaliener) verbinde.

Allerdings entlastete bei hoher Verzögerung die dynamische Achslastverschiebung des offensichtlich leicht kopflastigen Wagens die Hinterachse so stark, dass sie seitlich leicht ausbrach. Nur passierte das in einem Maße, welches für einen geübten Fahrer weniger ein Problem als vielmehr eine besonders puristische Form von On-Board-Entertainment bedeutet.

Während ich weitere fahrdynamische Eindrücke sammeln konnte, weil mich das Navigationssystem statt zum Ausgangspunkt meiner Testfahrt auf einen sandigen Parkplatz in der Nähe schickte, musste ich die Fähigkeiten des neuen Bang & Olufsen Sound Systems wegen des schnarrenden Treibers hochrechnen.

Es machte ehrlich Spaß, mit dem Ford Mustang Bullitt Krimi-Schleuderwenden zu vollführen. Es hätte auch ganz bestimmt sehr viel Spaß gemacht, dabei lauter, gehaltvoller Musik zu lauschen, wenn sich nicht vereinzelt Misstöne im Oberbass dazugemischt hätten.

Ford Mustang Bullitt bei Nacht
Der Ford Mustang Bullitt ist der beste Sportwagen um 50.000 Euro. Selbst fürs B&O Sound-System wird kein Aufpreis fällig (Foto: S. Schickedanz)

So fuhr ich zwar unvollendeter Dinge, aber frohen Mutes nach Hause. Denn nach der dreiviertelstündigen Testrunde mit defektem Mitteltöner stand mir nach der Fehlerbehebung eine erneute Begegnung mit dem Ford Mustang Bullitt ins Haus – mit dann einwandfreiem Soundsystem. Die ließ zwar einige Monate auf sich warten, weil genau mein Testwagen zwischenzeitlich auch noch einen ausführlichen Test in der Zeitschrift sportauto durchlief.

Dafür konnte ich ihn ganze zwei Wochen behalten. Und das waren nicht irgendwelche 14 Tage, sondern genau jene Phase, in der auch noch eine Dienstreise nach Salzburg anstand. Da konnte ich den Umstand leicht verschmerzen, dass der Testwagen wegen seiner Winterreifen „nur“ im Bereich bis 240 km/h zu bewegen war.

Immerhin kannte ich die bis in sehr hohe Geschwindigkeitsbereiche sichere Straßenlage des aktuellen, inzwischen zu Gunsten von Einzelradaufhängung von der Starrachse befreiten US-Sportlers schon aus der Off-Board-Perspektive. Will sagen, als bei meinem deutschen Gefährt bei Topspeed in der Kurve (bitte nicht nachmachen) der elektronische Speedlimiter einsetzte, lag der vorausfahrende Ford Mustang noch wie eine Eins.

Cockpit mit Multifunktionslenkrad
Das Sondermodell Ford Mustang Bullitt hat auch im Multifunktionslenkrad ein eigenes Logo mit Fadenkreuz (Foto: S. Schickedanz)

Überhaupt ist der Ford Mustang Bullitt ein richtig ausgewogenes und alltagstaugliches Auto geworden. Sein virtuelles Cockpit wurde von Ford viel konsequenter umgesetzt als die teilweise langweiligen oder einfach nur unnötig kunterbunten Cockpit-Anzeigen der Konkurrenz. Zwar ist sein Track-Modus mit einem schematisch dargestellten überdimensionierten Drehzahlband wie in einem Formel 1 oder einem Drag-Race-Modus auch in gewisser Weise verspielt. Es ist aber nicht einfach nur albern, sondern funktionell für gewisse Momente.

Navigation mit Luft nach oben

Das Navigationssystem empfand ich gerade auch von der Bedienung her nicht unbedingt berauschend, aber immerhin so überzeugend, dass man sich die Fahrt in einem derart charismatischen Fahrzeug davon nicht vermiesen lässt. Außerdem verfügte der serienmäßig mit Ford SYNC 3 samt AppLink ausgerüstete Ford Mustang Bullitt über Apple CarPlay und Android Auto.

Ersteres verwendete ich in Verbindung mit meinem iPhone und der Apple Karten App meistens zur Navigation, weil sich die Zieleingabe damit einfacher gestaltete. Allerdings musste man dabei sowohl auf die im zentralen Bildschirm eingeblendete Uhr als auch – und das wiegt schwerer – auf die zusätzlichen Richtungsinformationen im Instrumenten-Display verzichten.

Außerdem war es bei der Benutzung von Apple CarPlay ziemlich umständlich, auf eine der Fahrzeug-spezifischen Funktionen des Infotainment-Systems zuzugreifen. Was Ford aber toll gelöst hat, ist die generelle Benutzerführung und die Tatsache, dass bei der Wiedergabe über Bluetooth oder, wie mit Car Play erforderlich, über USB für Start, Stopp und Titelsprung mechanische Tasten unter dem zentralen Bildschirm vorhanden sind. So muss man sich für diese häufig benötigten Funktionen nicht erst durch irgendwelche Menüs vorarbeiten.

Die Flut von Tasten am Lenkrad ist zumindest für Neulinge im Bullitt erst mal etwas unübersichtlich, aber grundsätzlich gar nicht schlecht gemacht.

Ford Mustang Bullitt bei Nacht in Stuttgart
Aus jedem Blickwinkel eine Augenweide: Ford Mustang Bullitt (Foto: S. Schickedanz)

Was ich vergeblich suchte, waren die Tasten für die Sitzheizung, denn meine Testfahrt fand im Winter statt. Zu Hause entnahm ich den Unterlagen, dass die im Ford Mustang Bullitt verbauten Integralsitze von Recaro nicht in Verbindung mit diesem nützlichen Extra zu haben sind. Allerdings wiegen Sitzkomfort und Seitenhalt für Sportbegeisterte dieses Manko auf. Ein Tribut an eines der letzten Macho-Autos, das entsprechend auch keine Parksensoren für vorne besitzt – gemäß dem Motto: selbst ist der Mann.

Zum Einheizen bei kalten Sitzen eignete sich das formidable B&O Sound-System bestens. Als infolge von Zufallswiedergabe auf einmal Johnny Cashs Cover von „If You Could Read My Mind“ in voller Pracht mit klarer, differenzierter Stimme ertönte, mischte sich sogar das Unterbewusstsein ein. Nicht nur, dass die gerade im Stereo-Modus überraschend präzise Fokussierung und die weit nach oben reichende Bühnenabbildung den Eindruck vermittelten, dem legendären Country-Sänger direkt gegenüberzusitzen.

Irgendetwas an dieser authentischen Wiedergabe sorgte für feuchte Augen – fast so, wie man es aus The Voice of Germany kennt. Meine Reaktion war die gleiche: Ich zappte weiter, wenn auch diesmal aus einem anderen Grund. Echte Männer weinen nicht, schon gar nicht auf den Spuren von Steve McQueen.

Adrenalinschub beim Tanken bleibt aus

Einen ähnlichen Adrenalinschub befürchtete ich an der Tankstelle. Doch er blieb aus. Nach deutlich über 400 Kilometern Fahrt blieb der Zähler an der Zapfsäule in Salzburg bei gut 50 Litern stehen. Das entspricht einem Verbrauch von rund 13 l Superbenzin. Damit ist in Zeiten der CO2-Sensibilität natürlich kein Beifall zu erhaschen.

Wenn man sich allerdings vor Augen führt, dass unter der Haube des Ford Mustang Bullitt kein Downsizing betrieben wurde, sondern ein ausgewachsener 5,0-Liter-V8-Saugmotor arbeitet, muss man davor tatsächlich den Hut ziehen. Ganz besonders deshalb, weil ich weder langsam unterwegs war, noch das volle Spritspar-Potenzial mit dem mechanischen 6-Gang-Getriebe ausnutzte.

Was das mit einer Billardkugel am Schaltknüppel bestückte Getriebe betrifft, passt es vom knackigen Schaltgefühl perfekt zu einem Auto, das der Schauspiel-Legende Steve McQueen gewidmet ist. Allerdings passt es ehrlich gesagt nicht ganz so perfekt in unsere Zeit. Eine Zeit, in der die Kombination aus durchzugsstarken Turbo-Dieseln und blitzschnell schaltenden Automatikgetrieben mit unzähligen, fein abgestuften Fahrstufen in so machem Biedermann den Brandstifter weckt.

K&N Filter des Ford Mustang Bullitt
Klingt mindestens so betörend wie die B&O Anlage: das 5.0-Liter-V8-Aggregat des Ford Mustang Bullitt mit frei atmendem K&N-Luftfilter (Foto: S. Schickedanz)

Auf der Autobahn offenbarte der Bullitt entgegen der Erwartungen seine softe Seite. Man konnte mit ihm ganz entspannt im 6. Gang bei niedriger Drehzahl und einer selbst im Sportmodus erstaunlich niedrigen Geräuschkulisse im Verkehr mitschwimmen. Erst, wenn man es fliegen ließ, kam wieder der raue Bursche zum Vorschein.

Doch der Ford Mustang macht nicht einfach Lärm, er lässt mit seiner Crossplane-Kurbelwelle Jugenderinnerungen der Ü40-Generation aufleben. Durch die besondere Zündfolge seiner Bauweise klingt der Bullitt einfach eine Nummer schärfer als die üblichen Flatplane-V8. Das war auch schon in den Sechzigern das Besondere am Mustang, auch wenn er zwischenzeitlich ebenfalls mit einer Flatplane-Kurbelwelle unterwegs war.

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Autor: Stefan Schickedanz

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Schneller testet keiner. Deutschlands einziger HiFi-Redakteur mit Rennfahrer-Genen betreut bei LowBeats den Bereich HiFi im Auto sowie die Themengebiete Mobile- und Smart-Audio.