Die LowBeats Rubrik „Album der Woche“ ist schön und tiefschürfend, aber leider nicht ausreichend. Jeden Monat erreichen uns sehr viel mehr spannende Neu-Veröffentlichungen, die es verdient hätten, vorgestellt zu werden. Das machen wir jetzt in einer Art Monatsrückblick: Unter der Rubrik „die musikalischen Highlights des Monats“ geben wir künftig eine Übersicht, was aus dem Vormonat musikalisch unbedingt zu beachten ist: Musik, die – über alle Stilrichtungen und Genres hinweg – fabelhaft, virtuos, meisterhaft ist oder einfach unschlagbar charmant klingt. Und so bot auch der verregnete Sommermonat wieder so einiges: Ein Rückblick auf die musikalischen Highlights des Juli 2023.
Als da wären:
♦Julie Byrne: „The Greater Wings“ – Singer-Songwriter-Newcomerin mit großer Stimme und Kunstfertigkeit
♦ 50 Years Canton: „Reference Check – Vol. 2“ – Zwölf klasse audiophile Highlights zum Jubiläum der Deutschen Lautsprecher-Traditionsmarke
♦ Keith Jarrett: „Carl Philipp Emanuel Bach: Cembalosonaten Wq.49 Nr.1-6 Württembergische“ – Erstveröffentlichung aus dem Jahr 1994 auf dem Edel-Label ECM
♦ Kool & The Gang: „People Just Wanna Have Fun“ – tolles Sommer-/Party-/Happiness-Album mit jeder Menge Funk-Appeal
Die musikalischen Highlights des Juli 2023
Wir starten mit Julie Byrne: „The Greater Wings“ – Singer-Songwriter-Newcomerin mit großer Stimme und Kunstfertigkeit
Ihre Stimme schillert pastellig, samtig im Timbre. Sie wandelt mit Verzückung in schattigen Folk-Gefilden, die gerne auch unerwartet, wieder und wieder von hellen Lichtungen durchflutet werden. Ihr Indie-Folk lässt dabei trotz eher dunkler Stimme durchaus Assoziationen an Vorgänger-Größen wie Joni Mitchell aufwallen. Julie Byrne versteht sich zudem auf pikantes Gitarren-Fingerpicking ebenso wie das Bespielen von Mundharmonika oder Synthesizer. Und sie erzählt zart und eindringlich von Romantik, Lebenswillen und Hoffnung. Mag pathetisch klingen, hört sich aber meist ungemein energetisch und zuversichtlich an. Ruhig und kraftvoll.
Mit 18 haute sie von ihrem Zuhause in Buffalo, New York, ab und schlug sich mit Gelegenheitsjobs durch, fing an Musik zu schreiben. Stationen führten sie nach Chicago und New Orleans, dann nach Los Angeles und zurück nach New York, wo sie sogar als Ranger im berühmten Central Park arbeitete. Und immer wieder an Songs voller Strahlkraft feilte.
Nach dem Tod ihres Musikergefährten Eric Littmann, begann eine bürdenhafte Zeit, die Julie mit „The Greater Wings“ aufzulösen versucht. Dank Indie-Promi-Produzent Alex Somers (Sigur Rós, Julianna Barwick) sitzt die 32-Jährige auf ihrem neuen Album auch am Piano und webt damit fein ziselierte Tupfer in ihre Stücke ein. Harfe und Streicher-Einheiten umwölken einige Stücke obendrein charmant. Das erinnert in der Tat auch an die guten alten Zeiten, in denen der Laurel Canyon, in den Bergen von Santa Monica / L.A., Größen des Folk beherbergt hat wie David Crosby, Joni Mitchell oder James Taylor. Klasse: Die Tontechnik fing alles in schön aufgelöstem, feindynamisch ambitionierten und raumgreifenden Ambiente ein.
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50 Years Canton: „Reference Check – Vol. 2“ – zwölf klasse audiophile Highlights zum Jubiläum der Deutschen Lautsprecher-Traditionsmarke
Happy Birthday, liebe Klang-Könner und Lautsprecher-Kenner! LowBeats beleuchtete die Historie der deutschen Traditionsmarke bereits ausführlich – siehe LowBeats History. Und viele Tests der LowBeats-Redaktion zeigen die Kompetenz der Hessen. Nun liefern die Lautsprecher-Koryphäen aus dem Taunus – mit freundlicher Unterstützung der Experten von in-akustik – ein akustisches Geburtstagsgeschenk nach. Der audiophile „Reference“-Sampler firmiert übrigens mit „Vol. 2“ als Nachfolger des ebenso tollen Debüts aus dem Jahr 2020, unter anderem mit Stücken von Miles Davis, der Blues Company oder Charly Antolini.
In Vol.2 geben sich wieder ein Dutzend illustrer MusikerInnen die Ehre: In einem Spannungsfeld von R&B, Soul, Jazz und Crossover verneigen sich beispielsweise Posaunist und Sänger Nils Landgren, die kanadische Indie-IQ-Band The Weather Station, die charismatische Soulstimme von Kandace Springs, die skandinavische Sängerin Ane Brun oder Soul-Blues-Mann Big Daddy Wilson mit packenden Song-Ständchen. Dank der Auswahl sowie professionellen tontechnischen Betreuung und Umsetzung durch das highendige Label in-akustik gelang eine sehr gehaltvolle Melange.
Ein Schmaus für die Ohren, gleichzeitig eine Herausforderung für Lautsprecher und Elektronik. Zumal das Album als „Ultimate High Quality Compact Disc“ (UHQ) die audiophile Bühne betritt. Ein Verfahren, das CDs beim Pressvorgang Photopolymer dem herkömmlichen Polycarbonat den Vorzug gibt. Die Folge: Eine markant reduzierte Spiegelung des Abtast-Lasers soll eine präzisere Kantenübertragung zwischen den „Pits“ und „Lands“ ermöglichen.
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Keith Jarrett: „Carl Philipp Emanuel Bach: Cembalosonaten Wq.49 Nr.1-6 ‚Württembergische‘“
Er tut, respektive tat es immer mal wieder: Als Koryphäe am Jazz-Piano, solo oder im Team mit Miles Davis, Art Blakey, Charlie Haden oder Jan Garbarek, widmete sich Keith Jarrett im Laufe seiner mittlerweile weit über 50-jährigen Karriere immer wieder der Klassik, vor allem auf dem wohltemperierten ECM-Label von Manfred Eicher. Unter den E-Musik-Ausflügen des heute 78-jährigen US-Musikers listen sich beispielsweise die „Goldberg Variationen“ oder das „Wohltemperierte Klavier“.
Als Sprössling des großen Johann Sebastian, genoss Carl Philipp Emanuel den Vater wie seine Geschwister als Lehrmeister an der Thomasschule in Leipzig. Nach Wirken als Cembalist in der Kapelle des preußischen Kronprinzen Friedrich gab er dem Herzog Carl Eugen von Württemberg in Berlin Unterricht. Ihm soll er 1744 die sechs „Württembergischen Sonaten“ für Cembalo gewidmet haben. Ein Werk mit Barock-DNA und gleichzeitig beseelt von einer drängenden Aufbruchsstimmung hin zu Neuem. Jarrett spielte die Musik bereits 1994 für ECM ein, warum sie erst jetzt das Licht der Welt erblicken, mag dem Umstand geschuldet sein, dass Jarrett wegen zweier Schlaganfälle vor einigen Jahren nicht mehr spielen kann und somit Archivaufnahmen umso wertvoller erscheinen.
Jarrett nimmt die Herausforderung der Cembalosonaten auf dem Klavier an, elegant, feinfühlig, mutig, inklusive unruhiger Freudensprünge, scheinbar durchdrungen vom Wissen um die besondere innere Kraft der Bach’schen Kompositionen. Das Klangbild gefällt dank schöner Auflösung und (fein-)dynamischer Pointiertheit der Klavieranschläge.
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Kool & The Gang: „People Just Wanna Have Fun“ – tolles Sommer-/Party-/Happiness-Album mit jeder Menge Funk-Appeal
Kaum zu glauben, aber wahr: Kool & The Gang stehen knapp vor ihrem 60. Bandjubiläum. Unerhört, welche Vita die Truppe aus New Jersey hinter sich hat. Auf zig Alben legt die Power-Band unermüdlich zackige Funk-/ und R&B-Nummern aufs Parkett. Ungewöhnlich und charmant zugleich: Für ihr aktuelles Album zeichnen immer noch die Gründungsmitglieder Robert „Kool“ Bell (Bass) und George „Funky“ Brown (Keys, Drums) verantwortlich. Und sie widerlegen mit ihrem Titel vehement die einstige irritierende Einschätzung von Pop-Maus Cindy Lauper „Girls Just Wanna Have Fun“. Nein, all(e) „People …“!
Das passt, denn ums salopp zu sagen: Das ist groovy, hier geht definitiv die Post ab – Soul-Pop macht sich heftig an funky Stuff ran, wird abgeklatscht von cremigen R&B-Rhythmen. Dazu kokettieren Latino-Grooves mit schönem Akustik-/E-Gitarrendialog und mehrstimmige Vocals motzen den Hype teils klasse auf.
Die erste Single-Auskopplung mit dem treffenden Titel „Let’s Party“ listet dabei die charmante Sha Sha Jones als vokalkräftigen Gast (siehe Videolink weiter unten). In diesem Sinne: Lasst uns den heißen Sommer vom Abend bis in die Nacht hinein feiern, hier ist das Album dazu – „Let’s Party“!
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Zur Inspiration hier das Video: „Let’s Party“:
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