Die Covid-Pandemie hat viel bewegt: Auf einmal konnten sich Künstler nur noch im kleinen Umfeld darstellen und nutzten dafür mehr und mehr das World Wide Web als Plattform. Heute hat Covid-19 seinen Schrecken weitgehend verloren, aber das Web als Plattform blieb. LowBeats präsentiert deshalb jetzt regelmäßig neben audiophilen und künstlerisch wertvollen Musik-Tipps auf CD oder LP auch spannende, vielfältige Musikthemen, die online auf Musikfreunde warten. Das verspricht gleich mehrfaches Musikvergnügen – wie schon Musik im Netz Vol.1 und Vol.2 zeigten: Denn diese Highlights gibt’s so meistens nicht auf Tonträger, sondern in dieser Form nur im Netz, es ist fast immer ein Video hinterlegt und das Ganze ist auch noch gratis…
Selbstredend lassen sich die Online-Quellen nicht mit HighEnd-HiRes-Maßstäben messen. Aber: Streaming-/Netzwerk-Player, Streaming-fähige „smarte“ Lautsprecher wie die von Canton, Inklang und KEF oder clevere DAC-Tools in USB-Sticks für unterwegs werten die Musik aus dem Internet kräftig auf.
Unser Anspruch ist damit klar: Die Faszination von vielfältigen Musikthemen im Netz Musik- und HiFi-Freunden näher zu bringen. Darunter gibt’s Videoclips, Live-Sessions bei verschiedenen Gastgebern, Konzerte, Interviews oder Streaming-Tipps. Als Extra gibt’s Links zum aktuellen Album oder zu Archiv-Highlights.
Natürlich bewerten wir diese Angebote mit dem VU-Meter von LowBeats. Bei jedem Tipp vergeben wir folgende Bewertungen: Musik / Bild / Klang / Fit für die Festplatte (im Sinne von Repertoirewert) sowie eine Gesamtwertung. Also: Ab ins Netz!
Unsere Funde zur Musik im Netz Vol.3
♦ Rock-Legende Deep Purple bei den Stuttgarter Jazz Open 2023
♦ Element of Crime im anregend-illustren Talk mit Polizeiruf-110-(Ex-)Kommissar Charly Hübner + Video mit ihm und Ehefrau Lina Beckmann
♦ Alternative-Folk-Pop-Band This Is The Kit mit klasse Live-Session in Manchester
Rock-Legende Deep Purple bei den Stuttgarter Jazz Open 2023
Dass Hardrock-Bands und andere dem Jazz eher weniger verwandte Musiker längst Genre-Events wie das renommierte Montreux Jazz Festival oder die Stuttgarter Jazz Open kapern, hat längst gewollte Tradition. Beispiel: Motörhead trat 2007 in Montreux auf. Wie bereits Deep Purple vor ihnen 1996 und 2006 oder 2011. Und 1971 animierte ein Brand während eines Zappa-Konzerts die rüden Rocker zu ihrem Welt-Smash-Hit „Smoke On The Water“, der bei vielen Landsleuten oder Amerikanern populärer geworden sei als ihre Nationalhymne.
Wer’s genauer wissen will, hier ein Beitrag des SWR. Lassen wir den Diskurs von Sinn oder Unsinn, richtig oder falsch angeblicher Genre-Unterwanderungen. Deep Purple sind Pioniere. Parallel zu Black Sabbath, Cream oder Led Zeppelin schrieben sie nicht mehr oder minder Hardrock-Geschichte.
Bleiben wir also einfach offen für die Musik. Und da ließen es Deep Purple im aktuellen Lineup mit Ian Gillan (78) als Sänger, Ian Paice (75) an den Drums, Roger Glover (77) am Bass, Don Airey (75) an den Tasteninstrumenten sowie Youngster Simon McBride (44) an der Gitarre am 18. Juli dieses Jahres in Stuttgart mächtig krachen. ARTE fing das gut 80-minütige Konzert der englischen Rockarbeiter bei den Jazz Open lebendig ein und bietet es in seiner Mediathek bis 22. Oktober 2023 gratis als Stream an.
Schneidige E-Gitarren, durchaus kantig, scharf gezupft oder malträtiert, die Outfits vereinen Seeräuberkopftuch oder Azur-farbenes Hemd, die Rock-Recken spielen vor megagroßen elektronischen Leinwänden. Der Mann am Klavier, respektive Orgel, lässt sich ruhig einen Vine Rouge einschenken, dann rockt Dan Airey die Tasten. Ist das schon fromm verjazzte Kirchenorgelmusik? Mitnichten! Kaum gedacht, lösen die harschen E-Gitarrensounds das sakrale Element ab. Rock’n’Roll rules! Wenn an anderer Stelle die Mundharmonika einsetzt wie im Mississippi-Fieber, wenn die Drums die Rhythmen aufpeitschen – das ist deep – und purple.
Etwas tattrig wirkt die Altherrengarde allerdings schon. Aber nie zittrig. Und wenn die ARTE-Kameras immer mal wieder die jungen, sehr jungen kopfwackelnden Zuhörer einblendet, könnte man meinen, der Rock’n’Roll hätte ein Zeitlos-Ticket gebucht. Insofern: Reinklicken, hinsetzen – oder am besten gleich stehen bleiben. Und sich rocken lassen – mit für eine Rockaufnahme prima durchhörbarem, druckvollen Klang.
Bewertung
Element of Crime im anregend-illustren Talk mit Polizeiruf-110-(Ex-)Kommissar Charly Hübner + Video mit ihm und Ehefrau Lina Beckmann
Mal was anderes: Talk mit den Haupt-Verdächtigen von Element of Crime, den Herren Regener und Band, kriminell anregend im locker geplauderten Verhörmodus von Ex-Polizeiruf-110-Kommissar Charly Hübner in Berlin, der unter anderem schonmal die Goldene Kamera einheimste. Zwar bereits ein paar Jahre her, aber immer noch erfrischend spannend und unterhaltsam. Zumal die deutschen Chanson-Popper aktuell und bis in den Herbst noch massiv auf Tour sind, um unter anderem Songs ihres aktuellen Albums „Morgens Um Vier“ zu spielen und auch aus früheren Repertoires, wie vom 2018er Album „Schafe, Monster Und Mäuse“.
Während der lockeren, interessanten und kurzweiligen Unterhaltungsrunde ploppen so Fragenkomplexe und Themen auf wie die schwimmenden Gärten von Mexiko und die Mariachi-Einflüsse in Sven Regeners Trompetenspiel. Oder Themen wie Musik für Drogenbosse, der prägende Winter in Berlin, die Konfrontation mit Nazis in den 1990ern und der Umgang mit dem Faschismus in der Musik. Oder die These, nur in der Musik sei das Traurige auch schön. Das hat was. Weil da auch die eine oder andere Botschaft aus dem Nähkästchen rüberkommt. Und es auch stellenweise ans Eingemachte geht.
Jetzt haben wir aber schon viel geleakt. War das vielleicht schon zu weit rausgelehnt, gar elementar crimish? Werden ich jetzt verhaftet? Falls, dann bitte jedenfalls nur von Sven Regener und seiner charmant-chansonesquen Eingreiftruppe persönlich. Zugriff!
Bewertung
Alternative-Folk-Pop-Band This Is The Kit mit klasse Live-Session in Manchester
Kate Stables strahlt. Fast immer. Zumindest in ihren Videos und Live-Konzerten. Und das sagt schon was aus über die Britin mit der Wahlheimat Paris. Am Anfang waren sie und ihre Band This Is The Kit Lieblinge von BBC-Musik-Moderatoren. Zu Recht: Denn Kate & Co. versprühen einen ganz eigenen Indie-Charme, mit sensiblen Folk-Songs, getragen von zart bis eindringlicher Stimme – und von Kates Zither-Banjo. Das fünfsaitige Instrument klingt vertraut und doch etwas spannend entrückt. Dazu Bass und E-Gitarre, dezent fundiertes Klöppeln und trommeln.
Ihr jüngstes Album „Careful Of Keepers“, produziert von Gruff Rhys (Super Furry Animals), wäre übrigens ein Album der Woche oder des Monats Juli geworden – leider, wir geben es zu – zu spät entdeckt. Hiermit sei dies nachgeholt. Verbunden mit einer Online-Empfehlung, nicht ganz aktuell aber mit Charme und differenziert-plastischem Klangbild mit toller Feindynamik, eingefangen von Shure-Mikrofonen. Kate und Band spielen eine kurzweilige Live-Session in den „Old Granada Studios“ in Manchester. Gleich der Opener „Bullet Proof“ verzaubert mit schönem, minimalistischem Flow, unaufgeregt aufregend, dank Kates sympathischen Vocals. „Bullet proof, they never loved you. You let too many bullets through“.
Bewertung
This Is The Kit „Live in Manchester“ | 2023/08 |
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ÜBERRAGEND | |
Bewertungen
MusikKlangBIldFit For FestplatteGesamt |
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