Reine Kopfsache: Der neue Turbine Head beflügelt die Mitten der B&W 800 D3
Nicht ganz unschuldig dürfte daran auch das neue Mittelton-Gehäuse namens Turbine Head sein, das es in zwei Größen gibt. Sieht man dessen Verhalten im Vergleich zu dem des alten, ja über viele Jahre hoch gelobten Marlan-Kopfs, erkennt man, um wie vieles ruhiger diese neue, Resonanz-optimierte Röhre ist. Der Turbine Head ist komplett aus Aluminium und echt schwer. Ich bekam den großen (Für 802 D3 und 800 D3) in die Hand gedrückt und tippe auf locker 15 Kilo pro Stück. Ein Spider in der Mitte reduziert die Eigenschwingungen noch einmal. Die Parameter der neuen Mitteltöners erfordern genau so viel Volumen wie die alten; trotzdem erscheinen die neuen Turbine Heads kleiner, schlanker und eleganter. Die Idee des Marlan-Kopfes – die nun weitergetrieben wurde durch die D3- Turbine Head – ist ja nicht nur eine möglichst optimale Schallabstrahlung des Mitteltöners (keine klassische Schallwand), sondern über die bauchige Röhrenform auch die Vermeidung jedweder stehender Wellen im Inneren. Das gelang schon dem Marlan-Aufsatz sehr gut, mit dem schlankeren Turbine Head klappt es noch besser. Die letzten drei Bilder der Slide-Show zeigen die Entwicklung vom Prototypen bis hin zur perfekten Form.
Mit dem gleichen Elan, wie die B&W-Entwicklungsabteilung in Steyning den Mitteltonaufsatz optimierte, widmete sie sich auch dem Hochtongehäuse, welches mit der Generation D3 nun ebenfalls komplett aus Aluminium ist und so eine perfekte Wärmeableitung garantiert – was der Belastbarkeit des edlen Hochtöners zu Gute kommt. Um zu zeigen, wie gut das Resonanzverhalten der kleinen Röhre optimiert wurde, möchte ich noch einmal auf unseren Demo-Film verweisen. Der Hochtöner selbst ist ja eines von acht Teilen, die von der Vorgängerin übernommen wurden, einfach, weil B&W noch nichts Besseres gefunden hat.
Kein Wunder: Diese Diamant-Kalotte spielt so unaufgeregt und dennoch so extrem klar, fein und offen (Frequenzgang bis 70 Kilohertz), dass es auch zukünftig schwer wird, wirklich Besseres zu finden. Solche “Kalotten-Diamanten” werden ja nicht in Minen geschürft, sondern bei Element Six in Ascot aufwendig in die richtige Form gezüchtet. Interessanter Weise ist Element Six eine Tochtergesellschaft des weltgrößten Diamant-Syndikats De Beer. Die überlassen Diamant-Angelegenheiten keinem anderen – auch nicht die künstlichen …
Das beste Gehäuse ist gar keines – da kann nämlich nichts resonieren. Denn Lautsprecherwände schwingen fast immer mit und werden so zu zusätzlichen, großen und sehr ungewollten Schallquellen.
Der harte Kern der Diamond D3 …
Bei seinen “großen” Serien nutzt Bowers & Wilkens traditionell (überwiegend) Bassreflexgehäuse mit dicken Seitenwänden, die über eine Holzkonstruktion namens Matrix im Inneren aufwendig versteift sind. Für die neue B&W 800 D3 Serie wurde auch das bewährte Matrix-Gerüst per Laser auf seine Funktion überprüft – und letztendlich für zu nachlässig befunden.
In der Bildergalerie sehen Sie die Unterschiede: Die Matrix der Serie D3 ist aus dickerem Multiplex (Ausnahme: 805 D3, da besteht die Matrix aus MDF), hat deutlich weniger Löcher und ist zudem an entscheidenden Stellen durch Alu-Profile verstärkt. Damit gelingt es, die Eigenschwingungen der Gehäuse an den entscheidenden Stellen erheblich zu mindern. Das Ergebnis ist ein präziserer, besser strukturierter Bassbereich bis in den Grundton.
Die neuen Bässe der 800 D3
Der Aufwand beim Gehäuse und der Anspruch, für die nächsten fünf Jahre wieder vorne dran zu sein, erforderte auch bei den Tieftönern Korrekturen. Nur Korrekturen deshalb, weil schon die Vorgänger mit den mehrschichtigen Rohacell-Membranen fantastisch waren: mit Neodymium-Magneten als Antrieb und schwingungsoptimierten Körben. Soweit ich das überblicke, wurden Antriebe und Körbe nur angepasst. Neu indes ist das neue Tieftöner-Membranmaterial namens Aerofoil. Auch diese Membran ist ein Sandwich von enormer Stabilität. Den B&W-Entwicklern gelang es, hier einen Materialmix zu finden, der sich bis zum Übergang zum Mitteltöner annähernd ganzflächig kolbenförmig bewegt und nicht – wie viele andere Bässe am Markt – bei höheren Frequenzen in einzelnen Teilbereichen schwingt.
Einer der größten Fortschritte hin zum präziseren Klang aber ist die Einbindung von Aluminium. Mit dem Leichtmetall (das, wenn so viel zusammen kommt, auch ganz schön schwer werden kann …) haben die Engländer nicht nur die Mittel- und Hochton-Unterkünfte schwingungstechnisch optimiert, sondern auch das Bassgehäuse.
Wie bei Kapitän Nemo
Weil die Schallwand aus Stabilitäts- und Abstrahlungsgründen stark gerundet ist, können die Tieftöner nicht wie bei den Vorgängern vollflächig verschraubt werden. Sie sitzen stattdessen auf einer Art Bullauge – ebenfalls aus Alu, das bei B&W “Tube” genannt wird und nicht direkt auf der Schallwand, sondern auf einem massiven Alu-Profil dahinter sitzt. Das sieht ebenso raffiniert wie edel aus, ist aber auch akustisch ein echter Fortschritt. Und, so wie es umgesetzt ist, eine Konstruktion für die Ewigkeit.
Das Holzgehäuse selbst besteht bei allen Modellen nur aus einem gebogenen Stück, das aus vielen Lagen Birkenholz in Worthing in Handarbeit aufgebaut wird – siehe auch den Factory Report –, um dann in einer beheizten und tonnenschweren Presse allmählich trocknend in die richtige Form gebracht zu werden. Dieses Gebilde wird durch die neue Matrix so versteift, dass kaum noch Eigenregungen möglich sind. Der einzig noch offene und klangsensibelste Punkt ist die Rückwand. Hier nutzt B&W einen klangoptimierten Aluminium-Strang, der über die gesamte Bassgehäuse-Höhe verläuft und auf dem auch auch die Frequenzweiche in einer eigenen Kammer sitzt. Mit den starken Rundungen auf der Front habe ich mich noch nicht komplett anfreunden können, aber die Gestaltung der Rückseite ist ein Traum. Vor allem die Modelle in Weiß mit grauen Tubes und grauen Mittelhochtonaufsätzen … Die Eleganz des neuen “Industrial Designs” macht bei D3 natürlich auch nicht am Sockel Halt. Wirkte der bei der 800 D2 Serie noch vergleichsweise klobig, ist der neue ein schweres, gegossenes Stück Aluminium, das nun deutlich flacher ausfallen dufte, weil die Frequenzweiche auf die Alu-Rückwand umzog. In der Fertigung konnte ich mehrere einbaufähige Weichen inspizieren: Auch in der neuen Serie 800 D3 wird der Bass mit 18 Dezibel ab- und der Diamanthochtöner mir sechs Dezibel Flankensteilheit angekoppelt. Das ist ungewöhnlich. Aber wenn´s klingt …
Fazit B&W Diamond 800 D3: In allen Punkten besser?
Ich meine ja. Als B&W 1998 mit Nautilus die Matrix-Serie ablöste, war für mich der Unterschied klanglich und optisch noch krasser. Denn mit diesem Entwurf streiften die Briten das Image der schmeichlerischen, “englischen” Abstimmung ab und starteten ihren weltumfassenden Erfolgszug. Mit der Diamond-Serie von 2005 legten die Briten dank Diamant-Hochtöner das gesamte Klangniveau noch höher. Bei der Serie B&W 800 D3 wurde mit Ausnahme des “Ausnahmehochtöners” alles noch einmal komplett neu gedacht und umgesetzt. Die ausgiebigen Hörtests und Messungen im LowBeats Hörraum müssen natürlich noch folgen. Aber was ich bislang gesehen und gehört habe, lässt mich zu dem Schluss kommen, D3 sei wirklich in allen Belangen– sieht man einmal von der Preissteigerung ab – besser als D2, zum Teil dramatisch. Da sprechen wir nicht nur von der Akustik, sondern auch von der Optik, dem viel eleganteren Auftritt, der noch einmal besseren Verarbeitungsqualität. Und Kevlar? Ich hatte den Eindruck, bei B&W weint keiner dem polarisierenden Kennzeichen nach. Wer die Modelle der neuen Serie 800 D3 gehört hat, versteht, warum.
Mercedes erneuert seine S-Klasse alle 5-6 Jahre, B&W macht es mit seiner Top-Linie ebenso. Mit Diamond D3 haben die Briten wieder einmal gezeigt, wo der Hammer hängt. Ob der Vorsprung tatsächlich fünf Jahre hält? Schwer zu sagen. Die nächsten zwei, drei Jahre aber sicherlich …
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