Norddeutsche HiFi Tage 2018 – die Messe, die ja eigentlich „Hörtest“ heißt, ist das schon dreizehnte Kapitel einer echten Erfolgsstory, die 2005 begann und offenkundig immer größer werden will: Auch dieses Jahr kamen schon wieder viele hundert Besucher mehr – und 2017 waren es schon mehr als 5.000. Und es waren erneut mehr Aussteller, denn die vierte Etage des Holiday Inn wurde dieses Jahr ebenfalls zur Ausstellungsfläche. Hier fanden sich die Lautsprecher-Marktführer Canton, Nubert und Teufel in trauter Nachbarschaft. Auch wenn einige andere Hersteller oder Vertriebe murren: Die Direktvermarkter Teufel und Nubert gehören auf eine Veranstaltung dieser Art. Und das nicht nur, weil sie starke Publikumsmagnete sind, sondern, weil sie auf einer Messe für den besseren Ton einiges zu bieten haben.
Ivonne Borchert-Lima, die Geschäftsführerin der Messe, darf den Erfolg der Norddeutsche HiFi Tage 2018 jedenfalls getrost als gutes Omen für die Süddeutschen HiFi-Tage werten, die sie vom 8. bis 9. September im Stuttgarter Holiday Inn veranstaltet. So wie man hört, sind auch dort schon so gut wie alle Ausstellungsflächen vergeben. Wäre ja klasse, wenn sich mit den Süddeutschen HiFi Tagen in Stuttgart eine starke Hotelmesse etablieren könnte. Wir drücken feste die Daumen…
…und wenden uns der aktuellen Messe zu. Norddeutsche HiFi Tage 2018 öffnete pünktlich um 10.00 Uhr und der Hamburger HiFi-Fan zeigte sich wieder einmal als echter Frühaufsteher: Von Beginn an war es rappelvoll. Bowers & Wilkins, die ja vom Start weg das Zugpferd dieser Messe waren und auch auf der Norddeutsche HiFi Tage 2018 wieder den größten Raum hatten, wurden förmlich überrannt. Nils Dau, Marketing-Leiter der B&W Niederlassung in Halle: „Ich habe hier ja auch schon Vieles erlebt. Dass aber zehn Sekunden, nachdem wir die Türen geöffnet hatten, alle hundert Sitzplätze weg waren, das hatten wir noch nie.“
Vielleicht aber lag das auch an der neuen 700er Serie, die Bowers & Wilkins hier spielte und die – wie auch die Zuhörer in den vielen Vorführungen feststellten – der großen 800er-Serie ganz schön dicht auf die Pelle gerückt ist.
Ein weiterer Publikumsmagnet war das von der High End Society veranstaltete Kolleg unter dem Motto: „Wer hören will muss wissen“. Ich habe mehrere Anläufe unternommen, an dieser Veranstaltungsreihe teilzunehmen, kam aber nicht einmal in den Raum. Wohl dem, der einen Sitzplatz ergatterte.
Bei so vielen Besuchern wird es mit dem intensiven Hören natürlich schwieriger. Wenn die Räume (die meisten Vorführräume haben ja nicht einmal 10 Quadratmeter) voller Zuhörer sind, verschiebt sich die Raumakustik deutlich – die Hochtondämpfung ist dann enorm.
Die Betreiber der Münchner Klangloft hatten das offenkundig vorausgeahnt. Ihre Kette mit Tobian-Elektronik und -Lautsprechern klang wunderbar dynamisch und authentisch, aber mit einem Spritzer zu viel Hochton. Trotzdem sehr überzeugend.
Wohl dem, der unter solchen Umständen einfach den Frequenzgang anpassen kann. Nicht umsonst gehörten sowohl der Auftritt von Musikelektronic Geithain…
…als auch der von Ascendo zu den besten Vorführungen der Norddeutsche HiFi Tage 2018. Die Ascendo Live 15 hatten wir ja bei LowBeats sogar schon im Test. Doch das war offenkundig eine Vorserie, die weit weg von dem war, wie sie sich heute zeigt. Manchmal will gut Ding einfach Weile haben. Und wenn es richtig gut läuft, wird auch das Design noch einmal angepasst; die Live 15 hat sich von einem sehr wuchtigen Lautsprecher zu einem echt attraktiven Tonmöbel gewandelt. Immerhin steckt hier ein 38 cm Bass darin… Und dann ist da noch die Sockelbeleuchtung, die der Live 15 etwas Schwebendes verleiht. Die Aktivbox mit ihren schier endlosen Einstellmöglichkeiten, dem 30 cm Zoll Koax und dem 38 cm Bass klang auf der Norddeutsche HiFi Tage 2018 noch einmal viel feiner und unangestrengter als im LowBeats Hörraum im September 2016.
Apropos große Tieftöner. Es ist ein Trend, den ich schon länger beobachte: Der Hang zu ganz dünnen Lautsprechern scheint vorbei zu sein. Kein Wunder. Akustisch haben breitere Lautsprecher diverse Vorteile. Zumindest einmal jenen, dass man größere Tieftöner einbauen kann…
Nehmen wir zum Beispiel die Arden aus der neuen Tannoy Legacy Serie. Die stattliche Box arbeitet mit einem 38 cm Dual Concentric (Koax-) Treiber. Das ist ziemlich beeindruckend. Auf der Norddeutsche HiFi Tage 2018 aber spielte der deutsche Tannoy Vertrieb TAD nur das mittlere Modell Cheviot. Aber auch gut: Trotz der sehr eingeschränkten Hörumstände fand ich die Cheviot so überzeugend, dass ich das eigenwillige Klangmöbel umgehend zum Test geordert habe.
Oder einfach ganz ohne Schallwand, aber mit viel Membranfläche. Die P15 von Bespoke Audio hat gleich vier 38 cm Tieftöner, die von einem Mittelhochtonhorn in der Mitte des Konstrukts ergänzt werden. Das föhnt einen ganz schön weg. Und wegen fehlendem Gehäuse und fehlender Schallwand rappelt auch nichts: unverzerrt, laut, geil.
Doch für das Live-haftige Tieftonerlebnis muss es nicht immer viel Bassmembranfläche sein – geschickt gemacht kann man mit einem Basshorn eine ähnliche Performance erzielen. Die Firma Tune Audio hat sich auf Basshörner spezialisiert. In der Marvel arbeitet ein 20 cm Breitbänder auf ein solches Basshorn mit Hornaustrittsöffnung nach unten. Dadurch wird der Bass noch einmal ein wenig angehoben. Unterstützt wird der Breitbänder durch ein seitlich angesetztes Hochtonhorn. Was ein bisschen wild aussieht, klang erstaunlich ausgewogen – und natürlich mächtig dynamisch.
Deutlich dezenter kommen da die magnetostatischen Flächen von Fionica daher. Die Italiener haben angeblich in frühen Jahren die Reparatur für Magnepan gemacht und kennen somit alle Tücken der Flächenlautsprecher. Das Programm ist attraktiv, weil es sowohl Standmodelle in aktiven und passiven Versionen als auch Einbaupanele bietet. Auf der Norddeutsche HiFi Tage 2018 spielte das Modell Flag M in dem kleinen Raum sicherlich unter seinen Möglichkeiten. Aber es tönte dennoch sehr ausgewogen und harmonisch.
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