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Lutz Meinert
Lutz Meinert, Kopf und Motor des Reflection Clubs, stand LowBeats Rede & Antwort (Foto: RC)

Prog-Rock heute: Interview mit Lutz Meinert

Lutz Meinert ist der Kopf und Gitarrist des Progressiv-Rock-Projekts „Reflection Club“, das gerade mit einer Hommage an ein legendäres Jethro-Tull-Album (Thick As A Brick) auf sich aufmerksam macht. Still Thick As A Brick ist virtuos eingespielt, originell umgesetzt und klingt auch noch verdammt gut. Kurzum: Die Redaktion ist aus dem Häuschen. LowBeats sprach mit Meinert über die Hinter- und Beweggründe für ein solches Album.

LowBeats: Wie entstand Dein Faible zum Progressive-Rock und was fasziniert Dich daran so?

Lutz Meinert: 1972 hörte ich die Single-Auskopplung „Thick As A Brick“ vom gleichnamigen Album der für mich damals noch unbekannten Band Jethro Tull. Dieser Song begeisterte mich so sehr, dass ich mich entschloss, die LP zu kaufen und kam so zum ersten Mal mit dem Progressive Rock in Kontakt. Das war für mich als 13-Jähriger die Eintrittskarte in eine völlig neue musikalische Welt. Zuvor hatte ich nur die damals angesagten Single-Hits im typischen Songformat gehört, von Bands und Interpreten wie T. Rex, Alice Cooper, Slade, Don McLean, Cher oder Carly Simon. Aber das war nun etwas völlig anderes.

Beim Progressive Rock faszinierte mich, einerseits, dass die übliche sich wiederholende Songstruktur von Strophe und Refrain, die allenfalls mit einem kurzen Zwischenspiel aufgelockert ist, hier durchbrochen wird und der musikalische Ablauf oft völlig unvorhersehbare Wendungen nimmt. Andererseits begeisterte mich auch die stilistische Reichhaltigkeit im Progressive Rock, bei der oft viele unterschiedliche Musikstile wie Rock, Hard Rock, Psychedelic Rock, Blues Rock, Folk, Jazz, elektronische Musik bis hin zu Elementen aus der klassischen Musik und Avantgarde zu etwas völlig Neuem verschmolzen werden. Diese Art von Musik war für mich eine tolle musikalische Reise, ein wahrer Trip und begeisterte mich so sehr, dass Musik ab da an zu meinem Lebensmittelpunkt wurde. Und diese Leidenschaft wird mich wohl weiterhin noch mein weiteres Leben begleiten.

LowBeats: Was war beim Konzept des Albums wichtig, was waren die größten Herausforderungen?

LM: Es war schon äußerst ambitioniert, ein Album als Hommage an Thick As A Brick, eines der berühmtesten Konzeptalben der Rockgeschichte und Meilenstein im Progressive Rock, herauszubringen, dass nicht nur musikalisch sondern auch vom Cover-Konzept her an das Original mit dem aufwändigen legendären Zeitungscover anknüpft.

Die Kunst dabei bestand darin, den typischen Sound von Jethro Tull in ihrer proggigen Phase zwischen 1972 und 1973 wieder aufleben zu lassen, ohne dass es dabei wie ein Plagiat, sondern frisch und neu klingt und das Album trotz dem offensichtlichen Bezug zu Jethro Tull seinen eigenen Charakter erhält.

Jethro Tull "Thick As A Brick" Cover
Sozusagen das Original: Jethro Tulls „Thick As A Brick“ von 1972 (Cover: Amazon)

Um dieses Ziel zu erreichen, hatten wir von vornherein jegliche, auch nur halbwegs notengetreue Zitate aus Jethro-Tull-Songs vermieden. Davon abgesehen halte ich derlei Zitate auch nicht für besonders originell.

Statt dessen basiert unser Debüt auf einer eigenständigen Komposition mit unverbrauchten Melodien und zusätzlichen Jazz- und Fusion Parts, die den Sound erweitern. Auch das textliche Album-Konzept, das sich aus dem neuen Songtext und den Artikeln eines komplett beiliegenden Musikmagazins in Zeitungsform ergibt, erzählt eine ganz eigene, in sich geschachtelte Geschichte. Das war alles schon mit sehr viel Arbeit verbunden, zumal auch noch ein Surround-Mix mit Album-Video, das sich über die ganze Spielzeit als aufwändige Slide-Show mit mehrsprachigen Untertiteln erstreckt, realisiert wurde.

Da Thick As A Brick  – wie auch einige weitere Alben von Jethro Tull – von keinem geringeren als Steven Wilson (dem Markenbotschafter der High-End-Messe 2019; Anm. d. Red.) neu gemixt und gemastert wurden, lag die Latte nicht nur musikalisch, sondern auch soundtechnisch sehr hoch.

Gerade bei einem Album wie Still Thick As a Brick, das teilweise sehr dichte, komplexe Arrangements mit klanglich unterschiedlichen, polyphonen Melodielinien enthält, ist es ungemein wichtig, einen transparenten, aber auch insbesondere bei den rockigen Parts, gleichsam druckvollen Sound zu erzielen, damit die musikalischen Feinheiten nicht verloren gehen.

LowBeats: Welche Rolle spielt der gute Klang – was bedeuten die Begriffe „audiophil“ oder „HighEnd“ für Dich?

LM: Als ich meine Leidenschaft für die Musik entdeckte, wollte ich diese so gut wie möglich hören, das war ich schon mehr oder weniger der Musik schuldig. Schon mit 16 fing ich an, mich für HiFi-Anlagen zu interessieren und HiFi-Zeitschriften zu lesen. Seitdem steckte ich viel Geld in HiFi- und später in Surround-Anlagen und hochwertiges Studio-Equipment.

Es ist ein wahrer Genuss, ein musikalisch gelungenes Album, das auch noch exzellent aufgenommen wurde, über eine High-End-Anlage zu hören. Allerdings entlarvt so eine Anlage auch gnadenlos schlecht aufgenommene Produktionen. Dann fällt der Spaß schon deutlich geringer aus…

LowBeats: Welche Studio- und HiFi-Hardware-Highlights zählst Du zu Deinem Equipment? 

LM: Im Studio habe ich die ganze Hardware schon vor Längerem weitestgehend in Software digitalisiert und arbeite mit der Digital Audio Workstation (DAW) Cubase und zusätzlichen Wave-Plugins. Somit habe ich ein hochwertiges frei skalierbares, komplett automatisiertes Mischpult mit ebenso beliebig erweiterbarer hochwertiger automatisierter Studioperipherie. Das Audio-Interface „Fireface UC“ von RME steuert die Stereo-Aktiv-Monitore JBL LSR 4328 PAK und die Surround-Aktiv-Monitore KRK Rokit 5 und den aktiven Subwoofer KRK 10S an. Daneben gibt es noch eine HiFi-/Mastering-Surround-Abhöre mit Monitoren von B&W aus der 800er Serie (2x 802d, 1x HTM2d, 2x n804).

LowBeats: Was folgt auf „Still Thick As A Brick“ – welche Pläne gibt es für Dich respektive für den Reflection Club?

LM: Konzerte sind bis auf Weiteres – unabhängig von der Corona-Pandemie – erst einmal nicht geplant, da Paul in Amerika lebt und dort in seiner eigenen Band Jethro Tull Experience spielt. Aber auch die übrigen Clubmitglieder haben Vollzeitjobs, mich eingeschlossen, und Nils spielt darüber hinaus noch als Gitarrist bei Crystal Palace.

Aber ich bin bereits am Schreiben des nächsten Reflection-Club-Albums, bei dem natürlich wieder Nils, Paul und Ulla dabei sein werden.

LowBeats: Vielen Dank für das Interview, Lutz Meinert.

Autor: Claus Dick

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Musikfachmann seit Jahrzehnten, aber immer auch HiFi-Fan. Er findet zielsicher die best-klingenden Aufnahmen, die besten Remasterings und macht immer gern die Reportagen vor Ort.