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Guter Draht zur Musik – die Siltech-Familie v.l.n.r.; Edwin Van der Kley-Rynveld; Victor de Leeuw; Gaby Rynveld; Peter de Leeuw.
Guter Draht zur Musik – die Siltech-Familie (v.l.n.r.): Edwin Van der Kley-Rynveld; Victor de Leeuw; Gabi Rynveld; Peter de Leeuw. (Foto: International Audio Holding; Montage: R. Vogt)

Firmenporträt Siltech – Audiophiler Geist trifft High-Tech-Engineering

In meiner nunmehr über 30-jährigen Vita als HiFi- und Pro-Audio-Testredakteur habe ich tatsächlich noch kein einziges Firmenporträt verfasst. Weshalb nun ausgerechnet dies hier über den niederländischen Audiokabel-Spezialisten Siltech? Ganz einfach – die Chance, mehr darüber zu erfahren, was mich schon seit vielen Jahren immer wieder beschäftigt: Welche physikalischen Ursachen bewirken, dass das Leitermaterial von Kabeln deren klangliche Eigenschaften beeinflusst?

Dass die Wahl dabei auf Siltech fiel, hat gleich mehrere Gründe. Zum einen, weil die Niederländer bereits seit Firmengründung im Jahre 1983 auf Reinsilber als Leitermaterial setzen, was sich denn auch im Namen niederschlug: So steht Siltech für „Silver Technology“. Zum anderen, weil ich während der High End 2022 im ausgiebigen Gespräch mit Firmenchef und Mastermind Edwin van der Kley-Rynveld einen gestandenen Elektronik-Ingenieur erlebte, der auf oberflächliches Marketing-Geschwalle vollständig verzichtete. Die Einladung vom hiesigen Siltech-Verkaufsleiter Werner Kempf zur alsbald anstehenden Händlerschulung „vor Ort“ im niederländischen Elst war für mich daher eine willkommene Steilvorlage.

Wie heißt es jedoch – man trifft sich immer zweimal. Tatsächlich war das Zusammentreffen auf der High End 2022 mit Edwin Rynveld nicht mein erstes: Vielmehr kam dieses vor ziemlich genau 30 Jahren in meiner damaligen Wirkungsstätte zustande – der Redaktion stereoplay. Zwar existierte die Marke Siltech damals bereits, doch waren Audiokabel nicht der eigentliche Anlass für den Besuch aus den Niederlanden. Vielmehr war Rynfeld gekommen, um seinen damals neuen Vollverstärker namens Sphinx Projekt 10 vorzustellen.

Siltech Potrait:
Made by Siltech – Vollverstärker Sphinx Project 10: Sein Alter von 30 Jahren sieht man ihm nicht an. (Foto: Intenational Audio Holding)

Vereinfacht gesagt, stellte der Projekt 10 eine vollständig symmetrisch aufgebaute Transistor-Endstufe mit Lautstärkesteller dar. Ebenso ungewöhnlich auch, dass die Lautsprecher nicht wie üblich aus den Emittern der Endtransistoren, sondern aus deren Kollektoren gespeist wurden (Gegentakt-Emitterschaltung). Hauptvorteil dieser eher seltenen Endstufen-Konfiguration: Sie reagiert weniger kritisch auf elektrisch komplexe Lasten wie Lautsprecher.

Vom Skeptiker zum Überzeugungstäter

Dieser kurze Rückblick lässt bereits wesentliches vom Siltech-Firmengeist erkennen. Zunächst, dass man sehr wohl über die Expertise verfügt, anspruchsvolle Verstärker zu bauen – was übrigens bis zum heutigen Tage gilt. Für einen Audiokabel-Spezialisten ist das ein klarer Vorteil: Wirklich gute Kabellösungen erfordern, dass man ihre üblichen Betriebsbedingungen samt einhergehender Wechselwirkungen entsprechend miteinbezieht. Zudem wies die Topologie des Sphinx Project 10 damals schon noch immer geltende, Siltech-typische Tugenden auf: Zwar bestach er primär durch ultrakurzen, geradezu puristisch-audiophilen Signalfluss. Schaltungstechnisch jedoch trieb er dank spiegelsymmetrischer, vollkomplementärer Bauweise mit unzähligen Einzeltransistoren einen immensen Aufwand.

Siltech Potrait: Sphinx Project 10 – Mainboard
Siltech Sphinx Project 10: Ultrakurzer Signalweg – kompromisslose Schaltungstechnik. (Foto: www.hifi-inside.com)

Hier offenbart sich eine erstaunliche Parallele zu Kabeln für den Audiobereich: Auch deren Funktionsweise erscheint auf den ersten Blick beinahe schon trivial einfach. Selbst E-Technik-Kundige unterschätzen daher oftmals ihren Konstruktions- und Materialaufwand, wenn beste Ergebnisse gefordert sind.

Das blieb auch Edwin van der Kley-Rynveld nicht erspart: Als er im Jahre 1992 das Unternehmen Siltech übernahm, wollte er aus der damaligen „Bastelbude“ einen hochkarätigen Audio-Spezialisten machen – Kabel spielten dabei eher eine Nebenrolle. Seine einstige Haltung beschreibt Rynfeld nunmehr wörtlich: „In meinem Leben wollte ich damals nicht mehr als zwei Gulden für einen Meter Kabel ausgeben.“ Die klanglichen Vorzüge der Silberkabel blieben jedoch nicht ungehört und weckten Rynvelds Forschergeist. Mit weitreichenden Folgen: Mittlerweile führt er gemeinsam mit Gattin Gabi sowie seinen Söhnen Viktor und Peter ein prosperierendes, auf Reinsilber-Audiokabel spezialisiertes Familienunternehmen mit 36 Mitarbeitern.

Lokaltermin

Willkommen im niederländischen Elst – einer schnuckeligen Kleinstadt nahe der Metropole Arnhem. Gelegen in einem kleinen Gewerbegebiet, befindet sich der Siltech-Firmensitz in der Edisonstraat 8 – der Name passt perfekt. „IAH“ ist auf dem Firmenemblem über dem Eingang zu lesen, was für „International Audio Holding“ steht. Hier werden nicht allein die Siltech-Kabel gefertigt, sondern auch eine weitere Produktlinie mit dem Namen Crystal Cable. Tatsächlich basiert Crystal Cable ebenfalls auf einer technischen Idee von Edwin Rynveld, von der später noch kurz die Rede sein wird. Im Mittelpunkt unseres Firmenbesuchs stand jedoch die Marke Siltech.

Siltech Potrait: International Audio Holding, Elst (NL)
Unspektakulär: Das Firmengebäude der International Audio Holding ist Firmensitz von Siltech und Crystal Cable. (Foto: Intenational Audio Holding)

Entspannt-freundliche Atmosphäre erwartet uns nach dem Eintreffen in der hauseigenen Cafeteria: Die aktive Belegschaft trifft sich gerade zum Plausch während der Mittagspause – typisch niederländisch duzt man sich, was ab sofort auch für unsere Besuchergruppe gilt. Zwei professionelle Espresso-Maschinen machen Lust auf ein heißes, belebend-koffeinhaltiges Getränk begleitend zu einem leckeren Snack. Genau zum richtigen Zeitpunkt, denn gleich steht im Konferenzraum nebenan Edwins einführende Vorlesung auf dem Programm.

Der Auftakt ist natürlich der Siltech-Firmenhistorie gewidmet: Zu deren Meilensteinen zählt unbedingt, wie sich der früher unter anderem auch für Philips tätige Ingenieur Rynveld ein komplett eingerichtetes, hochspezialisiertes Messlabor seines ehemaligen Arbeitgebers „schnappte“. Der Grund: Philips wollte damals in Asien eine Dependance für die Entwicklung und Fertigung von Festplatten aufziehen. Allerdings verlangten die dort gültigen Gesetze landeseigene, elektrische Prüfzeichen für das Mess-Equipment. Dieser Prozess wäre deutlich kostspieliger geworden, als das gesamte Instrumentarium Edwin Rynveld zum Bruchteil des Einstandspreises zu überlassen. Gleich doppeltes Glück für ihn, eignet sich doch Messequipment zur Entwicklung von Festplatten perfekt für aufschlussreiche, messtechnische Untersuchungen auch im Bereich von Audiokabeln.

Der lange Weg zum guten Audiokabel

Auch wenn die klanglichen Qualitäten von Reinsilberleitern den existenziellen Bestandteil des Unternehmen bilden: Bei Silltech ist man sich sehr wohl bewusst, dass selbst allerbestes Leitermaterial allein noch lange kein optimales Kabel macht. So leitet Rynveld den technischen Part seines Vortrags denn auch mit einem Thema ein, das nur bedingt materialspezifisch ist. Sprich: das Impulsverhalten von Kabeln (was übrigens auch bei den LowBeats-Kabelmessungen eine wesentliche Rolle spielt). Dieses wird im Wesentlichen von der Architektur, also der räumlichen Anordnung von Leiter und Isolationsmaterial geprägt.

Siltech Potrait: Edwin van der Kley- Rynveld
Schwungvoll: Siltech-Mastermind Edwin Rynveld erläutert anschaulich, warum das Impulsverhalten bei Kabeln von klanglicher Bedeutung ist. (Foto: J. Schröder)

Eben an dieser Stelle offenbart sich, dass die vermeintlich einfache Funktionsweise von Kabeln im Audiobereich bei genauerer Betrachtung alles andere als trivial ist. Schließlich gilt es für diese, einen Frequenzbereich von mehr als 10 Oktaven zu überbrücken – kaum eine andere Kabelspezies muss einen derartigen Spagat beherrschen. Entsprechend komplex zeigen sich die Wechselwirkungen von elektrostatischem und elektromagnetischen Feld, von den Absorptionsverlusten innerhalb der Isolationsmaterialien ganz zu schweigen.

Freilich lassen sich auch auf empirischem Weg physikalisch und klanglich gute Abstimmungsergebnisse erzielen, was bei nicht wenigen Audiokabel-Anbietern durchaus üblich ist. Bei Siltech hingegen ist man bestrebt, ebenso zu ergründen, welche Ursachen zum besten Ergebnis führen: Anstelle der wenig effizienten Trial-and-Error-Methode setzen die Niederländer auf zielgerichtete Simulation mittels Multiphysics-Software COMSOL: Verlauf von Magnetfeldern, Wirbelströme, elektrostatische Felder, Wärmeentwicklung – hiermit behält man alle wichtigen Parameter im Blick. Und dieses Know-how nutzt Siltech keineswegs nur für Kabel, wovon später noch die Rede sein wird.

Goldstandard Silber

Festkörperchemie war nie mein Interessensgebiet – drum mögen mir kundige Leser verzeihen, Edwin Rynvelds Ausführungen zum Thema Leitermaterial Silber nur ansatzweise vermitteln zu können. Die wichtigste Botschaft lautet freilich: Von allen Metallen verfügt Silber über die höchste elektrische als auch thermische Leitfähigkeit, wodurch es intrinsisch das perfekte Leitermaterial für technische Anwendungen darstellt. Hinzu kommt, dass sich seine elektrische Leitfähigkeit im Laufe der Zeit sogar noch graduell verbessert, während beispielsweise diejenige von Kupfer tendenziell eher nachlässt.

Allerdings ist Silber nicht gleich Silber: Ähnlich wie andere Edelmetalle, kann es je nach Herkunft und Verarbeitungsprozess geringe, mehr oder weniger ausgeprägte Verunreinigungen aufweisen. Diese verursachen Störungen innerhalb der kubisch-flächenzentrierten Kristallstruktur, welche Silber ebenso wie alle anderen, gängigen Leitermaterialien auszeichnet. Allerdings sind es nicht allein etwaige Verunreinigungen, die für „Unordnung“ innerhalb der Kristallstruktur sorgen: Eine ebenso wichtige Rolle hierbei kommt dem Verarbeitungsprozess zu. Üblicherweise werden der flüssigen Silberschmelze kleine Silberkörnchen (Seeds) hinzugefügt, um die herum das erkaltende Silber allmählich auskristallisiert. Wie man sich gut vorstellen kann, entstehen dabei durch die lokale Clusterbildung kristalline Inhomogenitäten an deren jeweiligen Außengrenzen.

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Siltech portrait: pure silver wire
Der Nucleus von Siltech: Reinsilberdraht in höchster Qualität. (Foto: J. Schröder)
Siltech Potrait: Braiding machine
Diese Spezialmaschine verspinnt gerade einzelne feine Reinsilberlitzen zu einem Schirmgeflecht. (Foto: J. Schröder)
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Eben an diesen Grenzbereichen kommt es, so Rynveld, in elektrischen Leitern zu unerwünschten Reaktionen mit subtilen klanglichen Auswirkungen – ausgelöst durch von außen zugeführte Energie wie Wärme oder hindurchfließenden Strom. Beispielsweise können die aus Atomverbünden bestehenden Elementarzellen, welche die Matrix für das kubisch-flächenzentrierte Kristallgitter beinhalten, bei Energiezufuhr sprunghaft „Fehlstellen“ in benachbarten Kristallen besetzen, zu denen sie eigentlich nicht gehören.

Über Generationen hinweg gereift

Eben solche metallurgisch bedingten Vorgänge sind es, die Siltech schon immer akribisch erforschte. So wurde das Leitermaterial seit Firmengründung denn auch beständig weiterentwickelt. Mittlerweile ist man bereits bei der neunten Generation angelangt, welche erstmals bei den Kabeln der von LowBeats bereits getesteten Classic-Legend-Familie zum Einsatz gelangt: Hier haben die Niederländer Silber metallurgisch äußerst vorteilhaft mit Spuren von Gold angereichert, um eventuell vorhandene Lücken in der kristallinen Struktur homogen aufzufüllen.

Siltech Potrait: Siltech Silber-Gold-Alloy
Siltech Silber-Gold-Alloy (Grafik: International Audio Holding)

Bei aller Affinität zu hochwertigem Silber beschließt Edwin Rynveld die unterhaltsame „kleine Kabelkunde“ jedoch mit einer klaren Botschaft: Für allerbeste Ergebnisse bei Audiokabeln bedarf es weit mehr als feinstes Leitermaterial – gleichermaßen klangprägend sind eine wirksame Schirmung, Isolationsmaterialien mit geringen dielektrischen Speichereffekten, ein über die Kabellänge hinweg ebenmäßiger Wellenwiderstand und damit einhergehend ein mechanisch stabiler Aufbau. Dass das bei Siltech darüber hinaus auch eine perfekte Konfektionierung und höchste Lötqualität an die verwendeten Armaturen bedeutet, wird unsere Besuchergruppe am folgenden Tag mit eigenen Augen und Händen erleben.

Im Hörraum

Intensive Forschung bildet den Nährboden für vielversprechende Kabelkonzepte – entscheidend sind und bleiben jedoch ausgiebige Hörtests. Daher verfügt Siltech über einen gut ausgestatteten, akustisch optimierten Hörraum, der die nächste Station unseres Firmenbesuchs ist. Hier präsentiert sich das Unternehmen von einer weiteren Seite – dem „Vollsortimenter“: Die zentralen Komponenten stammen nämlich aus hauseigener Fertigung – so das Vor-/Endverstärker-Triple, das mit seiner namensprägenden „Structural Amplifier Gain Architecture“ (SAGA) allein soviel Stoff wie das gesamte Firmenporträt hergibt.

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Auch die Schallwandler sind hauseigene Kreationen: Wir hören mit den schwungvoll gestalteten Kompaktlautsprechern Arabesque Minissimo aus dem Lautsprecher-Line-up von Crystal Cable. Und das in gleich drei unterschiedlichen Ausführungen, als da wären mit Textilkalotten-Hochtöner, Beryllium-Hochtöner und Diamant-Hochtöner ausgestatte Modelle. Das Hörtest-Urteil fällt quasi einstimmig aus: Die bestklingende Variante ist diejenige mit dem Diamant-Hochtöner, der äußerst präzise und detailreich, aber gleichzeitig absolut unaufdringlich und luftig spielt.

Siltech Potrait: International Audio Holding – Listening Suite
Im Siltech-Hörraum: Im Bild die Crystal Cable Minissimo mit Standard-Hochtöner sowie dem optionalen Topteil Scala. Rechts außen wartet schon die dunkle Bi-Amping-Version. Als „unbestechliche“ Tonquelle dient wie auch bei LowBeats der Netzwerkplayer Grimm MU1.  (Foto: J. Schröder)

Allerdings lässt sich das Gesamtklangergebnis im wahrsten Wortsinn nochmals toppen: Die kunstvoll gefrästen Aluminium-Aufsätze Scala minimieren Kantenreflexionen oberhalb des Hochtöners, was das Klangbild hörbar entspannter und natürlicher werden lässt. Selbstverständlich, dass wir in diesem Umfeld auch klangliche Differenzen verschiedener Siltech-Kabelfamilien zu hören bekommen.

Multi-Amping – neu gedacht

Ebenso beeindruckend finde ich zudem die Demonstration einer sehr ungewöhnlichen, noch im Prototypen-Stadium befindlichen Verstärker-Lautsprecherkombination. Auch hier spielen wieder die kompakten Minissimo: Ebenfalls mit getrennten Terminals für Tiefmittel- und Hochton, jedoch unmittelbar zu den Treibern geführt ohne passive Frequenzweiche – vorbereitet also für aktives Bi-Amping. Die Frequenzweiche befindet sich nunmehr zwischen einem dem Pre-Amp nachgeschalteten Spannungsverstärker sowie dem eigentlichen Endstufen-Quartett: Gespeist von der (passiven) Frequenzweiche, arbeitet dieses im Buffer-Betrieb als reiner Leistungsverstärker mit 0 Dezibel Spannungsverstärkung (Unity Gain). Jedes Chassis wird also direkt von einer eigenen Endstufe angetrieben.

Vereinfacht ausgedrückt verbindet diese Konfiguration die Vorzüge passiver Hochpegel-Frequenzweichen mit einer vollständigen Entkopplung ihrer Teilfilter von den Treibern. Praktisch lastfrei, kann die Hochpegel-Passivweiche daher präzise und klirrarm arbeiten. Zudem lässt sie sich komplett aus Widerstands-Kondensator-Filtern (RC-Gliedern) aufbauen – verzerrungsträchtige Spulen nebst ihrer induktiven Verkopplungen untereinander entfallen daher. Hinzu kommt die unmittelbare Bedämpfung aller Lautsprecherchassis durch eigene Leistungsverstärker – das sorgt für präzises Impulsverhalten. Die Vorzüge dieses Konzepts sind denn auch unüberhörbar: Im Vergleich zur klassischen Passivausführung fällt der Zuwachs an Präzision, Tieftondynamik, aber auch an Raumtiefe geradezu dramatisch aus.

Siltech Potrait: passive dividing network without induktive components
Verzichtet vollständig auf verzerrungsträchtige Spulen: passive Hochpegel-Frequenzweiche (Mittelhochton) für das Siltech Symphony Speaker System. (Foto: J. Schröder)

Beim Referenz-Lautsprecher Siltech Symphony Speaker System gelangt dieses Verfahren in ähnlicher Form bereits zur Anwendung. Auch dieses nutzt das Unity-Gain-Buffer-Prinzip zur vollständigen Chassisentkopplung – die Ansteuerung der passiven Frequenzweichen übernimmt jedoch hier der vorhandene Voll- oder Leistungsverstärker. Der große Vorteil: Dieser kann völlig „befreit“ aufspielen, da er nunmehr keine rückgespeiste Gegen-EMK (Elektromotorische Kraft) der Chassis verarbeiten muss.

Im Siltech-Thinktank

Unsere ausgiebigen Hörsessions erstrecken sich bis zum späten Nachmittag, daher ist ein Großteil der Siltech-Crew bereits im wohlverdienten Feierabend. Einige fleißige Hände in der Fertigung erledigen noch die Vorarbeiten für den morgigen Tag. Dann nämlich heißt es für jeden Teilnehmer unserer Besuchergruppe, sein „persönliches“ Kleinsignalkabel selbst zu konfektionieren – selbstverständlich unter sachkundiger Anleitung.

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Siltech Potrait: Cable Cutter
Dieser Automat kürzt Kabel präzise auf Länge – in diesem Falle das Classic Legend 380 Kleinsignalkabel. (Foto: J. Schröder)
Siltech Potrait: Manufacturing AC Power Chords
An diesem Arbeitsplatz entstehen gerade Netzkabel mit Schuko- und IEC-Armaturen. (Foto: J. Schröder)
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Jetzt aber steht erstmal eine Stippvisite in der Siltech-Entwicklungsabteilung an. Hier herrscht noch rege Aktivität: Kyan hat soeben per 3D-Drucker das Urmuster für eine neugestaltete Kabelführung beim Referenz-Lautsprecher Siltech Symphony Speaker System erstellt. Kingson dagegen arbeitet im Multitasking-Modus an zwei Computern: mittels COMSOL-Software an der Simulation elektromagnetischer Feldverläufe bei Audiokabeln sowie per selbstentwickelter Spektralanalyse-Software an einem Versuchsaufbau zur gezielten, nachträglichen Kompensation von Kanalübersprechen – ein echt spannendes Projekt.

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Siltech Potrait: prototype plug- and cable-holder
Chef-Designerin Kyan begutachtet ihr 3D-Druckmuster für eine Anschlusstecker- und Kabelführung. Man beachte auch die Lautsprecher-Desingstudien am rechten Bildrand. (Foto: J. Schröder)
Siltech Potrait: COMSOL Simulation audiophile cable concepts
Entwicklungsingenieur Kingson überträgt subtile elektromagnetische Einflussgrößen bei Audiokabeln in eine COMSOL-Multiphysics-Simulation (links). Der rechte Bildschirm zeigt ein selbstentwickeltes, hochempfindliches Spektralanalyseprogramm – hier genutzt zur Darstellung von Kanalübersprechen. (Foto: J. Schröder)
Siltech Potrait: tech-project induktive crosstalk cancellation
Spannendes Projekt: Zu sehen ist hier das Labormuster für eine induktiv arbeitende Einrichtung zum gezielten Auslöschen von Kanalübersprechen. (Foto: J. Schröder)
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Ebenso kreativ geht es auch in der benachbarten Marketing-Abteilung zu – unsere letzte Station für den heutigen Tag. Ob Prospekte, Flyer, oder Verpackungsdesign – die komplette Corporate Identity beider Marken Siltech und Crystal Cable wird hier erdacht und grafisch umgesetzt. Entsprechend künstlerisch gestaltet zeigt sich das Ambiente – fraglos initiiert durch Gabi Rynveld, die nicht nur Chefin, sondern auch aktive Konzertpianistin ist.

Siltech Potrait: Gaby Rynveld
Hier wird Kunst großgeschrieben: Chefin und Konzertpianistin Gabi Rynveld verantwortet das Artwork für die Produktlinie Crystal Cable. (Foto: J. Schröder)

Hands On!

„Build your own Siltech cable“ heißt es am nächsten Morgen für unsere Reisegruppe – mit einer Ausnahme: Als einziger Redakteur in der Runde bin ich freigestellt – fürs Fotografieren. Aufgeteilt in kleine Grüppchen und angeleitet durch jeweils einen Siltech-Spezialisten, geht’s jetzt ran an Schraubstock, Seitenschneider und Lötkolben. Bestens betreut durch unsere ebenso kompetente wie sympathische Tutorin Aysel, bilden Jörg Wiechen von Klang-Form Tönisvorst und ich ein Dreier-Team. Auf der To-Do-Liste: ein Stereo-Pärchen Kleinsignalkabel Typ Classic Legend 380 – einen Meter lang und bestückt mit symmetrischen XLR-Armaturen.

Nach annähernd zwei (unterhaltsamen) Stunden ist das Werk vollbracht und das Kabelpärchen liegt wie beim Endkunden sorgsam verpackt und personalisiert im Karton. Wie viele einzelne Schritte es dazu insgesamt brauchte, habe ich irgendwann aufgehört, zu zählen. Einige Stationen, jedoch längst nicht alle, zeigt nachfolgende Fotogalerie.

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Siltech Potrait: Step by Step Cable Worksheet
Masterplan: Für jedes Kabel existiert eine exakte Schritt-für-Schritt-Anleitung zu Konfektionierung – hier für das Kleinsignalkabel Siltech Classic Legend 380. (Foto: J. Schröder)
Siltech Potrait: Wirestripper
Von wegen Seitenschneider oder Kabelmesser: Fürs präzise Abisolieren der Kabel sorgt ein professioneller, programmierbarer Wirestripper. (Foto: J. Schröder)
Siltech portrait: Auflöten der Crimphüle auf das Schirmgeflecht
Saubere Sache: Aufgelötete Aderendhülsen sorgen für einen definierten Abschluß des Schirmgeflechts. Die eigentliche Masseverbindung erfolgt über einen Beilauf-Silberdraht. (Foto: J. Schröder)
Siltech Potrait: Aufziehen des Außengeflechts
Maßgeschneidert: Aysel beim Aufziehen des äußeren, engen Gewebeschlauchs – bitte noch vorm Anlöten der zweiten Armatur, sonst passt’s nicht mehr. (Foto: J. Schröder)
Siltech portrait: Anlöten der Leiter an den XLR-3M-Stecker
Gelötet – nicht gebraten: Aysel beim Verlöten der Leiter an die XLR-3F-Kupplung. (Foto: J. Schröder)
Siltech portrait: Fixing the shrinking tube
Versiegelt: Anschließend wird der Verbindungsstelle ein kurzes Stück Schrumpfschlauch übergezogen. (Foto: J. Schröder)
Siltech portrait: mounting the shrinking tube
Auf diese Weise sorgfältig verschlossen, bleibt sie mechanisch und vor Umwelteinflüssen geschützt. (Foto: J. Schröder)
Siltech Potrait: Final testing
Finale Kontrolle: Anschließend wird das konfektionierte Kabel penibel auf Längs- und Isolationswiderstand gemessen – diesmal ist alles im grünen Bereich. (Foto: J. Schröder)
Siltech Potrait: Mounting the RFID-Chip
Eine echte Siltech-Spezialität: Aysel beim Anbringen des RFID-Chips – damit ist jedes Kabel eindeutig identifiziert und lässt sich vom Endkunden per App personalisieren. (Foto: J. Schröder)
Siltech Potrait: cable set is ready – excellent teamwork
Aysel and Jörg are proudly presenting: Siltech Cable – Handmade in the Netherlands. (Foto: J. Schröder)
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Als Fotograf gehe ich zwar leer – sprich ohne „mein“ Kabel aus, nehme aber dennoch einiges mit. Zunächst mal technisch: Kabelenden nicht wie üblich vorher verzinnen, sondern das Leitermaterial unmittelbar auf die Anschlussfahnen der Armaturen löten – das Lot sollte nicht im Signalweg liegen, sondern ausschließlich den mechanischen Halt bewirken. Aber auch ideologisch: Audiokabel von Siltech fallen nicht einfach vom Fließband – vielmehr sind sie echte Manufakturprodukte, die mit wirklicher Hingabe entstehen.

Das ist es denn auch, was alle Teilnehmer unserer Besuchergruppe nachhaltig beeindruckt. Darauf angesprochen, geht Edwin Rynveld in unserer abschließenden Runde auf dieses Thema ein: „Tatsächlich haben wir versucht, die Kabelfertigung teilweise zu automatisieren – doch es erreichte nicht die Qualität der Handarbeit“.

Siltech Potrait: Edwin Rynveld
Aus erster Hand: Edwin Rynveld erklärt, wie sich elektromagnetische Streufelder aus Netzkabeln in den Signalkreislauf einschleichen – und welche Mindestabstände man zu ihnen einhalten sollte. (Foto: J. Schröder)

Kabelklang – alles „Snake Oil“?

Während meine Reisebegleiter von Edwin noch einiges zum Thema Wellenwiderstand von Digitalkabeln und Jitter erfahren, muss ich mich beeilen, noch meinen Zug nach Hause zu erwischen. Die erste Etappe per Regionalexpress von Arnhem nach Duisburg verschafft mir ausreichend Zeit, die vergangenen zwei Tage Revue passieren zu lassen: Die Fahrt entlang des Niederrheins zählt mindestens ebenso viele Stationen wie unser Kabelbau-Tutorial mit Aysel.

Klar, dass sich die eingangs gestellt Frage nun aufdrängt: Was hat’s gebracht – bin ich jetzt wirklich schlauer, warum das Leitermaterial den Klang von Kabeln beeinflusst? Die Antwort ist ein klares Jein: Nein, weil ich noch immer keine messbare Größe kenne, die materialbedingten Klang quantifiziert. Ja deshalb, weil ich während des Besuchs eine ziemlich klare Vorstellung von den Vorgängen in Leitermaterialien bekam, die klanglichen Einfluss haben könnten. Darüber hinaus meinte Edwin Rynveld bei einem seiner Vorträge verschmitzt: „Ja, wir haben auch Geheimnisse. Aber da ihr die nicht kennt, könnt ihr auch nicht danach fragen.“

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Freilich wäre es spannend gewesen, in unserer Besuchergruppe zumindest einen Kabelklang-Skeptiker vorzufinden. Ich bin mir sicher, dass er angesichts des Gebotenen seinen Standpunkt zumindest überprüft hätte. Uns alle jedenfalls hat es sehr beeindruckt, wie akribisch und zielgerichtet, aber auch mit welchem Aufwand und Sachverstand Siltech (nicht nur) seine Kabelprodukte entwickelt und fertigt – hier kocht man nicht mit „Mondwasser“, sondern hochgradig seriös.

An dieser Stelle sei ein wenig Schelte in eigener Sache erlaubt: Kurz vor der Jahrtausendwende versuchte sich einer meiner HiFi-Berufskollegen in Zusammenarbeit mit dem NDR als „Enthüllungjournalist“ zum Thema Kabel im Audiobereich – und diskreditierte damit nachhaltig die gesamte Branche. Sein Ergebnis: Alles Beutelschneiderei – meist kommt eh nur günstig hergestelltes Industriekabelmaterial zum Einsatz, was dann teuer verkauft wird. Hätte sich der Kollege mal bei Siltech umgeschaut, wäre es zu dieser Entgleisung gar nicht erst gekommen. Nicht zuletzt deshalb ist dieser Bericht recht ausführlich geraten, damit sich der Leser ein eigenes Bild machen kann.

In diesem Porträt erwähnte Beiträge:

Kabelklang im HiFi – Mythos oder Realität?
Ratgeber: Hörvergleiche mit Lautsprecherkabeln
Auf dem Prüfstand: neue Messungen für Lautsprecherkabel

Mehr von Siltech:

Test: Lautsprecherkabel-Trio Siltech Classic Legend – Gold für Silber

Autor: Jürgen Schröder

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Toningenieur, R&D-Spezialist und das (mess-)technische Gewissen von LowBeats. Kümmert sich am liebsten um Wissens-Themen, Musik und den spannenden Bereich zwischen Studio und HiFi.