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T+A Solitaire Criterion S 230 Ambiente
Die S 230 ist ein das älteste Mitglied der aktuellen Criterion-Familie, aber mit einem Paarpreis von 9.500 Euro zugleich auch das vielleicht attraktivste (Foto: T+A)

Test Standbox T+A Criterion S 230: mit langer Leitung zum Spitzenklang

Die Solitaire S 430 erwies sich im LowBeats Test ja als echtes Ausrufezeichen: Noch nie klang ein T+A-Lautsprecher bei LowBeats derart universell fein, dynamisch und bassstark. Aber sie kostet halt angemessene 27.000 Euro. Umso gespannter waren wir auf die T+A Criterion S 230: Sie stammt aus der kleineren Criterion Serie, ist aber trotz ähnlicher Designsprache, vergleichbarer Technologie und einer ebenfalls exzellenten Verarbeitungsqualität erheblich günstiger (Paarpreis: 9.500 Euro). Vor allem aber ist sie etwas für Technik-Feinschmecker: Sie arbeitet anders als die Bassreflex-Box S 430 mit einer Transmissionline im Tiefton.

Das Bassprinzip mit der langen Leitung gilt ja bei vielen HiFi-Fans als Königin der Bass-Wiedergabe. Ist sie richtig ausgelegt, sind Bass-Tiefe und Präzision Maßstab-setzend. Diese Haltung findet sich auch bei T+A, wo Firmengründer und Senior-Chef Siegfried Amft schon seit Jahrzehnten nach der besten Auslegung dieses Prinzips forscht. Seit einigen Jahren hat Amft mit Max Kirschke einen Lautsprecher-Entwickler an der Seite, der ebenfalls die Transmissionline immer mal wieder neu denken will. Und so haben die neuen T+A-Transmissionlines nur wenig mit den Ungetümen der 1970er und 1980er Jahre zu tun, sondern orientieren sich eher an den wohnraumfreundlichen Abmessungen, wie es auch PMC gelingt; der britische Studio-Profi vertraut ja ebenfalls auf die lange (Bass-) Leitung.

T+A Criterion S230 vorn und Seite
Die T+A Criterion S 230 hat am unteren Ende der Front den Ausgang der Transmissionline. Von der Seite zeigt sich, dass die stattliche Box leicht geneigt ist (Fotos: T+A)

Die Besonderheiten der T+A Criterion S 230

Da wäre zunächst die schon angekündigte Transmissionline: Zwei 17 Zentimeter Tieftöner werden von ihr im Tieftonbereich unterhalb 100 Hertz unterstützt. Die von T+A ersonnene Variante, welche die Herfoder „Multi-Resonator“ nennen, verfügt über mehrere Schallführungen und maximiert nicht nur den Schalldruck im Tieftonbereich, sondern verbessert auch das Ausschwing- und Impulsverhalten. Zudem arbeitet es etwas breitbandiger als die meisten Transmissionlines oder erst recht als die klassischen Bassreflex-Konstruktionen.

T+A Criterion S230 Transmissionline
Im Gegensatz zu Transmissionlines der 70er und 80er Jahre sitzen die Tieftöner der Criterion S230 nicht am Anfang der Line, sondern auf 3/5 der Strecke. Zudem ist sie spärlich bedämpft – das erhöht den Wirkungsgrad im Bass Foto: (T+A)

Unsere Messungen zeigen eine sehr tiefe, aber „trockene“ Abstimmung. Der Tiefton fällt zwar beginnend bei 50 Hertz ab, hat aber auch zwischen 20 bis 30 Hertz noch ordentlich Energie.

Rein elektrisch reicht der Bassbereich der T+A bis 200 Hertz. Ab dort übernimmt eine Mittelhochton-Kombination, bestehend aus zwei hochbelastbaren 12 Zentimeter Tiefmitteltönern plus einer 25 Millimeter Metallkalotte in der Mitte. Die symmetrische Anordnung hat ihren Grund:  Die Herforder Entwickler erreichen mit ihr gewollte Auslöschungen in der vertikalen Abstrahlung. Reflektionen an der Decke und dem Boden werden so eingeschränkt.

T+A Criterion S230 Mittelhochton
Tiefmittel- und Hochtöner in „Symmetric Directivity“-Anordnung sorgen für weniger Reflektionen von der Decke und dem Boden (Foto: H. Biermann)

Was man von T+A immer erwarten darf, sind blitzsaubere Entwicklungen und eine ebenfalls blitzsaubere Umsetzung. Dazu gehören stets auch üppig bestückte Frequenzweichen auf doppelt kaschierten Platinen, die genauso für einen optimalen Stromfluss sorgen wie die spezielle Innenverkabelung der T+A-Schallwandler.

T+A Criterion S230 Frequenzweiche
Auch bei der Criterion S 230 verwendet T+A die doppelseitigen „Fast Signal Response“-Platinen für ihre üppig bestückten Frequenzweichen (FSR); (Foto: T+A)

Und ebenfalls immer auf der Habenseite ist die Top-Verarbeitung: Das Gehäuse der neuen Criterion S 230 ist absolut stabil aufgebaut und in den Ausführungen seidenmattes Schleiflack Schwarz, Schleiflack Silber sowie Makassar-Furnier (Bild) erhältlich.

T+A Criterion S230 Form
Das Gehäuse verjüngst sich nach hinten leicht und ist – im Falle des Testmusters – tipptopp furniert und lackiert (Foto: H. Biermann)

Praxis

Die Mess-Ergebnisse stellen der S 230 ein gutes Zeugnis aus. Impedanz, Phase und EPDR verlaufen in Bereichen, die angemessene Verstärker klaglos stemmen.

LowBeats Messung T+A Criterion S230 Impedeanz, Phase, EPDR
Impedanz (rote Kurve) und Phase (blaue Kurve) verlaufen einigermaßen linear. Und auch der aus beiden Werten resultierende EPDR-Wert läuft noch oberhalb 2 Ohm (Messung: J. Schröder)

Denn auch der Wirkungsgrad von 86,6 dB ist bei so viel Tiefgang ordentlich. Allerdings erfordert dies mindestens 200 Watt pro Kanal (4 Ohm), wenn der geneigte Besitzer den (Dauer-) Maximalpegel von 108 dB nehmen und halten will. Aber Leistung kann man ja eh nie genug haben. Hier die Mess-Diagramme zum Thema Pegel und Verzerrung:

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LowBeats Pegel-Messung &+A Criterion S230 @85dB
Bei der Wohnzimmerpegel-Messung von 85 dB zeigt die S 230 nur minimalste Verzerrungen um 50 Hertz (Messung: J. Schröder)
LowBeats Pegel-Messung &+A Criterion S230 @108dB
Auch die Mess-Pegelgrenze erreicht die T+A eigentlich mit erfreulich niedrigem Verzerrungsverhalten, aber die Spitze um 50 Hertz limitiert das Ganze bei 108 dB (Messung: J. Schröder)
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Bei der Aufstellung hatten wir mit der S 230 kaum Probleme. Weil sie vergleichsweise tief baut, stellt man sie eh mit nur geringem Abstand zur Rückwand auf. Ihr trocken abgestimmter Bassbereich macht das problemlos möglich – ohne, dass der Tiefton zu mollig wird. Auf der anderen Seite gehört die T+A zu jenen Lautsprechern, bei denen der Hörabstand auch mal ein bisschen größer sein darf. Wegen der „Symmetric Directivity“-Anordung der Mittel- und Hochtöner ergibt sich auch bei einer Distanz von über vier Metern noch ein schlüssiges Klangbild.

Und weil die Criterion insgesamt eher trocken und direkt klingt, muss man auch nicht zwangsweise auf die Elektronik aus dem Hause T+A setzen; mit einem eher wärmer klingenden Verstärker wie dem Marantz Model 10, dem Cambridge Edge A oder einem Rotel MICHI (die allesamt über erfreulich hohe Leistungen verfügen) kommt man ebenfalls recht weit.

Hörtest

Mir gefällt an der Criterion S 230 ihre unmittelbare Direktheit. Es ist herrlich, mit welcher Energie sie Schlagwerk in den Raum drückt, mit wieviel Kraft sie auch große Chöre dynamisch-prachtvoll darstellen kann. Nach einer gewissen Einlauf- und Einhör-Zeit war der Vergleich zur oben mehrfach erwähnten Solitaire S 430 der erste Ansatz, um zu ermitteln, wie sich die Criterion schlägt. Antwort: Absolut überzeugend, aber die Sensation blieb aus: Die dreimal so teure Solitaire klingt im Mittelhochton eben doch noch das Stückchen feiner und farbiger, im Bass satter und insgesamt räumlich überzeugender. So bleibt das Ordnungsprinzip bei T+A gewahrt.

T+A Criterion S230 vs S430
T+A-Geschwister im LowBeats Hörraum: links die Criterion, rechts die Solitaire (Foto: H. Biermann)

Was die kleiner Criterion aber fraglos auf ihrer Habenseite hat, ist dieser wunderbar knochige, sehr tiefe extrem gut durchhörbare Bass: So muss eine Bassdrum klingen, wenn sie mit großer Energie getreten werden, so müssen die Saiten eines Kontrabasses ausschwingen, wenn der Bassist zum Tutti kommt. In dieser Disziplin schob sich die Criterion auch vor ihre große Schwester.

Und vor viele andere Lautsprecher ihrer Preisklasse. Zum Beispiel jene, die wir aktuell noch im Referenz-Lager stehen haben: die Audio Physic Tempo und die Børresen X2. Beide klasse, aber beide deutlich eine Gewichtsklasse leichter als die T+A. Die sauerländische Tempo ist der westfälischen Criterion dabei vom Klang-Charakter her gar nicht so unähnlich. Ebenfalls ein unglaublich sauber-konturierter Bass und eine ebenfalls sehr habhafte, sehr neutrale und kernige Mittenwiedergabe. Die dänische Børresen ist dagegen etwas dezenter, bisweilen feiner und sonorer abgestimmt.

Jeder der Lautsprecher hat seine Meriten, aber die T+A schiebt die beiden kleineren Mitbewerber mit sehr viel mehr Pegel, mehr Dynamik, vor allem aber mit diesem substanziell großartigen Bass eindrucksvoll vor sich her. Man möge sich dazu nur einmal das (für höhere Pegel trefflich geeignete) “LoCKeDoWN2” der Hamburger Techno Marching Band Meute (Album: Empor) anhören. Die harten elektronischen Beats, das quirlige Xylophon und die massiven Bläsersätze darüber: Das ist pure Energie – welche die T+A zielgenau auf den Musikhörer lenkt. Ein Erlebnis!

Fazit T+A Criterion S 230

Bei der S 230 kommen viele Vorzüge zusammen: tolle Verarbeitung, eine hohe Pegelfestigkeit und ein hoher Maximalpegel. Letztendlich aber ist es ihre hohe Neutralität und dieser trocken-tiefe Bass, der sie über das Gros der Lautsprecher ihrer Klasse (knapp unter 10.000 Euro) hebt. Mit ihr demonstriert T+A, dass die Transmissionline noch längst nicht zum alten Eisen gehört, sondern – richtig gemacht – Maßstäbe setzt.

T+A Criterion S 230
2025/01
Test-Ergebnis: 4,5
ÜBERRAGEND
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Hoch dynamischer, ausgewogener Klang mit wunderbar festem Bass
Gute Verarbeitung
Hoher Maximalpegel
Vergleichsweise hoher Leistungsbedarf

Vertrieb:
T+A Elektroakustik GmbH & Co. KG
Planckstraße 9–11
D-32052 Herford

T +49 (0) 5221-7676-0
F +49 (0) 5221-7676-76
www.ta-hifi.de

Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
T+A Criterion S 230: 9.500 Euro


Technische Daten

T+A Solitaire Criterion S 230
Konzept:Passvie Standbox, Transmissionline
Bestückung:TT: 2 x 17 cm, MT: 2 x 15 cm, HT: 1 x 25 mm
Übertragungsbereich:30 – 45.000 Hz
Wirkungsgrad:86,5 dB
Impedanz:3,7 Ohm
Maximalpegel (Dauer / kurzfristig):108 / 120 dB
Mindestleistung für Max. Pegel (Dauer):220 Watt an 4 Ohm
Besonderheit:Transmissionline
Gehäuse:Seidenmatter Schleiflack schwarz, Schleiflack silber, Makassar-Furnier
Abmessungen (B x H x T):118,0 x 26,0 x 44,0 cm (mit Standfuß)
Gewicht:37,5 Kilo
Alle technischen Daten
Mit- und Gegenspieler:

Erster Test Vollverstärker Marantz Model 10: das Beste aus allen Welten
Erster Test: Vollverstärker Cambridge Audio Edge A
Test Standlautsprecher Audio Physic Tempo: alte Liebe rostet wunderschön
Test Børresen X2: die Bestie im Maßanzug

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Autor: Holger Biermann

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Chefredakteur mit Faible für feinste Lautsprecher- und Verstärkertechnik, guten Wein und Reisen: aus seiner Feder stammen auch die meisten Messe- und Händler-Reports.