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TA Solitaire S430 Ambiente
Aus der edlen Solitaire Familie von T+A ist die S 430 die Kleinste – womöglich aber die Interessanteste. Der Paarpreis liegt bei 25.000 Euro (Foto: T+A)

Test T+A Solitaire S 430: Standbox vom Feinsten

The Special One: T+A baut in seiner höchsten Lautsprecherklasse mit einem Magnetostaten als Hochtöner. Zudem schwenken die Westfalen von ihrem Transmission-Grundsatz ab und setzen bei der T+A Solitaire S 430 zurück auf eine Bassreflex-Konstruktion. Da kann Wundersames passieren.

In der griechischen Antike gab es den schönen Spruch „Eulen nach Athen tragen“. Im Kern steht es für eine dumme Idee, da alles im Überfluss vorhanden ist. Die Eule war Symbol der Göttin Athene, der Schutzheiligen der Stadt – und sie stand für Reichtum wie Intelligenz. Warum also diese in die damals reichste und von Philosophen überfüllte Stadt tragen?

Genau so sollten wir mit T+A umgehen. Wie kaum eine andere Company in Deutschland hat T+A die besten Ingenieure des High-Ends versammelt. Über Jahre. Natürlich sind die Elektronik-Bausteine die Heroen im Katalog. Aber da wären auch die Lautsprecher. Mit genau diesen hat Siegfried Amft die GmbH mit dem vollen Namen „Theorie und Anwendung in Sachen Audio-Technik“ begründet. Der Vergleich zu den großen Philosophen der Griechen ist gar nicht so weit abgehoben. Siegfried Amft hat bei Fritz Sennheiser studiert – und ist der Region um Hannover treu geblieben. Die Firmenzentrale von T+A liegt ein paar Kilometer westlich in Herford. Die ersten Produkte waren Lautsprecher, die omnidirektional abstrahlten. Mutiges Konzept, aber in den Archiven verschwunden. Dem Transmission-Aufbau hingegen ist T+A bisweilen noch heute treu.

TA Solitaire S430 komplett
Die Verarbeitung der S 430 ist vom Allerfeinsten. Das Gehäuse aus 30 Millimeter starken Wänden ist mit 26 (!) Lackschichten überzogen, die auf eine stolze Dicke von 2 Millimetern kommen. Die Schallwand selbst ist 35 Millimeter stark und wird mit einer eingelassenen Aluminiumplatte zusätzlich versteift. Auch die massive Sockel-Aluplatte trägt zum resonanzarmen Verhalten bei. So baut man Gehäuse! (Foto: T+A)

T+A Solitaire S 430: Technik aus dem Kopfhörerbau

Schnitt, maximaler Bruch: Wir beschäftigen uns hier mit der Solitaire S 430 – die ein lupenreiner 3-Wege-Aufbau nach dem Bassreflexprinzip ist. Seltsam, aber sehr glücklich in vielen Details. Zum ersten ist dies der günstigste Lautsprecher der höchsten Solitaire-Serie – wenn man denn 25.000 Euro für das Paar noch als günstig erachten darf. Den Impuls für die Konstruktion erhielt Siegfried Amft von seinem Sohn Conradin. Der wollte die Company in den Markt der Kopfhörer bringen. Nach einigen Diskussionen und Denkpausen ist das fulminant gelungen. Als der T+A Solitaire P gemeinsam mit dem Kopfhörerverstärker HA 200 erschien, waren nicht nur wir aus dem Häuschen. Einziger Haken: Das Duo ist dramatisch teuer. T+A ließ günstigere Modelle folgen, sehr schlau wurde hier eine eigen-erforschte und -finanzierte Technologie in neue Zielgruppen gebracht.

Was der Standlautsprecher S 430 damit zu tun hat? Viel, denn Siegfried Amft wollte einen magnetostatischen Hochtöner. Hier kam das Firmenwissen um die Kopfhörer gelegen. Der Hochtöner namens Mag50 wird in Herford aufwändig von Hand gefertigt und penibel vermessen. Wer ihn genauer betrachtet, wundert sich über die Wellen in den Leiterbahnen. Ist das Absicht? Ja, T+A hat diese Wellen bewusst berechnet, um die Abstrahlcharakteristik zu idealisieren und böse Wellen zu verhindern. Doch ein Grundproblem wird jeder interessierte Boxenbauer kennen: Magnetostaten sind keine Monster des Schalldrucks. Um die nötigen Pegel aufbauen zu können, hat T+A in einen mächtigen Antrieb investiert. Es gibt großformatige Magnete, dazu die hohe Kontrolle des Klirrs. Bis 50 Kilohertz geht es linear hinauf, das ist wacker.

Die weiteren Details der S 430 sind schon in die Gene von T+A übergegangen. „Symmetric Directivity“ nennen es die Ostwestfalen. Durch die symmetrische Anordnung wird die Abstrahlkeule des Mittelhochton-Arrays nach oben und nach unten etwas eingeschränkt; die Westfalen vermeiden somit Decken- und Bodenreflektionen. Das macht Sinn.

TA Solitaire S430 MHT-Abteilung
Die beiden 15 cm großen Mitteltöner nehmen den Magnetostaten in die Zange (Foto: H. Biermann)

Den zentralen Magnetostaten umfasst T+A mit zwei klassisch-dynamischen Mitteltönern aus eigener Fertigung. Wieder geht es um Klirr und maximale Linearität. Natürlich wurde dies alles am Computer animiert, durchgespielt, optimiert – doch im Finale haben die Ohren der Ingenieure und des Firmengründers bestimmt.

TA Solitaire S430 Xover
Die Frequenzweiche ist doppelt kaschiert und mit ordentlichen Bauteilen bestückt. Die Übergabefrequenzen liegen bei 200 und 2200 Hertz (Foto: T+A)

Praxis

Auf der Rückseite, genauer gesagt am Bi-Wiring Anschlussfeld, finden sich drei Wippen im klassischen T+A-Design. Sie erlauben eine Feinjustage von null, plus und minus 1,5 Dezibel für jede der drei Wege. Das ist Lebenserfahrung und auch die Umsetzung von vielen Kundenwünschen. Wir kennen die Höhen-Fans ebenso wie die Bass-Freaks. Doch um diese Zielgruppen geht es nicht. Vornehmlich hat T+A erkannt, dass Lautsprecher nicht in jedem privaten Wohnzimmer gleich gut klingen. Ist der Raum zu stark bedämpft, darf man schon in der Höhe den kleinen 1,5-dB-Schritt nach oben gehen. Gibt es Hall, Glasfronten, dann runter mit der Energie. Die Spielregeln für die Basspräsenz in Ecken oder weit von der Rückseite entfernt, kennt jeder HiFi-Enthusiast aus eigener Erfahrung. Also eine schlaue Option, in der Nullstellung fließen die Signale komplett linear.

TA Solitaire S430 Anschluss
Hier sieht man, dass T+A auch exzellente Elektronik baut: das Anschlussfeld der S 430 (Foto: H. Biermann)

Weil die Entwickler den Tieftonbereich sehr tiefzogen (wir haben 25 Hertz bei -3 dB im Raum gemessen) liegt der Wirkungsgrad eher im unteren Durchschnittsbereich. Dafür aber schafften die Entwickler einen im HiFi ausßergewöhnlichen Maximalpegel von 109 Dezibel (Dauer) und kurzfristig (also mit Musik und nicht mit Messtönen) sogar 121 Dezibel. LowBeats Messcjef Jürgen Schröder: „Damit kannst du Wände einreißen…“

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LowBeats Pegelmessung TA S430@85dB
(Messung: J. Schröder)
LowBeats Pegelmessung TA S430@109dB
(Messung: J. Schröder)
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Aber bescheidene Effizienz und hoher Maximalpegel erfordern leider viele Watt. Will man die Solitaire S 430 komplett ausreizen, muss der geneigte Hörer (beziehungsweise der Verstärker) knapp 500 Watt (an 4 Ohm) mitbringen. So viele Verstärker, die das können, kenne ich gar nicht…

Unsere Canor Monos der Referenzkette kommen auf 150 Watt. Damit entlockt man den S 430 schon extrem hohe Pegel. Aber es bleibt der Eindruck, dass da noch ein bisschen mehr ginge. Allerdings ist die S 430 alles andere als anspruchsvoll: Die Impedanz liegt immer über 3,2 Ohm, die Phase ist wunderbar glatt. Das mögen Verstärker…

LowBeats Messung TA S430: Impedanz, Phase und EPDR
Impedanz (rote Kurve) und Phase (rote Phase) sind minmal wellig, aber wie auch der EPDR-Wert 8graue Kurve) auf absolut Verstärker-freundlichem Niveau (Messung: J. Schröder)

Noch ein Wort zur Aufstellung: Das ging im Hörraum völlig problemlos. Weil die S 430 Rollen im Beipack haben, konnten wir einfach extrem viel Positionen ausprobieren. Aber dank der Anpassung klangen alle gut oder sehr gut.

T+A Solitaire S 430 – der Hörtest

Womit wir mitten in den Impressionen unseres Hörtests gelandet sind. Ganz frisch hat sich unser Rezensent Claus Dick von Joe Jackson begeistern lassen. „What A Racket!“ springt in die Variété-Welt um 1900. Der Titelsong klingt wie Vaudeville unter Speed. So muss man sich ein Oktoberfest vor 120 Jahren in London mit kultureller Aneignung vorstellen. Die Solitaire S 430 war gefordert. Wie schnell kann sie, wie breit ist das Klangbild, und gibt es noch den Extra-Kick an alkoholgeschwängerter Luft hinzu? Alles da, in Pracht und Reichtum. Klasse, wieviel von Joe Jackson gewünschtem „Schmutz“ diese edle Erscheinung im feinen Alugehäuse zulassen kann (gibt es auch in hochglänzendem Schwarz und Makassar).

TA Solitaire S430 im LowBeats Hörraum
Die T+A Solitaire S 430 im LowBeats Hörraum. Für die Aufstellungs-Versuche blieben erst einmal die Rollen unterm Fuß (Foto: H. Biermann)

Der Klassiktipp für die kalten, dunklen Tage: Das Philharmonia Orchestra in London unterhält sein eigenes Label. Den „Nussknacker“ von Tschaikowsky kennt jeder, wissentlich oder unwissentlich. Da gibt es keine Begegnungsängste. Doch so populär die unterschiedlichen Balletteinlagen klingen – sie sind Miniaturen eines genialen Kopfes und Arrangeurs. Zumal das Philharmonie Orchestra hier mit 24 Bit und 192 Kilohertz sehr gezielt die Gemeinschaft der High-End-Fans anspricht. Santtu-Matias Rouvali dirigiert – der Finne ist der heißeste junge Interpret in der Klassikwelt, jede Phrase schwingt hier, das hält den Vergleichen mit den ganz großen Aufnahmen statt, überbietet sie sogar.

Wenn der „Blumenwalzer“ startet, lässt die T+A die hellen Saiten der Harfe aufblitzen – ein Fest für audiophile Gemüter, jede Saite ist ein Hochamt der hellen Energie. Dann der warme Einsatz der Hörner und der Soloklarinette. Da beginnt man eine Liebe zu entwickeln, zum Magnetostaten und seiner harmonisch perfekten Einbindung in die beiden Mittenchassis. Die Streicher nehmen einen dann in Rausch und Fülle.
Der Bass? Kommt bei Tschaikowsky nicht an seine Grenzen. Deshalb nochmals das Genre wechseln und auf Jazz umschwenken. Bei ECM könnten wir wieder den Vergleich von Eulen und Athen anführen – die Produzenten und Tontechniker haben es einfach drauf. „Uncle John’s Band“ – drei Herren grooven hier: John Scofield, Vicente Archer und Bill Stewart. Als hätten sie einen Zaubertrank genossen, der sie in die frühste Jugend zurückbringt, 20-Jährige in der Haut alter Männer. Anspieltipp: „Somewhere“ von Leonard Bernstein aus seiner berühmten „West Side Story“. Alles höchst fein, kantig, wie die S 430 dem schwingenden Kontrabass Präsenz und Druck verleiht. Sehr analytisch was den Raum, seine Größe und das Tempo der Reflexionen angeht – zugleich entspannt; nach den sechs Minuten wünscht man sich, dass das Trio den Song auf eine halbe Stunde gestreckt hätte und die T+A weiter swingt.

TA Solitaire S430 vs FinkTEam Borg
Optisch zwei grundsätzlich unterschiedliche Charaktere: Die T+A Solitaire S 430 und die Fink Borg. Klanglich liegen sie in etwa auf einem Niveau (Foto: H. Biermann)

Wir stellten die Borg des FinkTeams daneben. Hier werden die Höhen einem Air Motion Transformer zugewiesen, aber im Rücken sitzen auch hier einige Drehregler für die optimale Raumanpassung. Preislich liegt man auf ähnlichem Niveau, in der Designsprache aber Welten entfernt. Chefredakteur Holger Biermann kürte die Borg zur Referenz und verpflichtete sie als Dauergast für den LowBeats Hörraum. Obwohl beide Lautsprecher in Deutschland erdacht wurden, folgen sie tendenziell unterschiedlichen Ansätzen. Die Borg liebte es in unserem Vergleich plastisch bis zum Hineingreifen, die T+A suchte die elegantere Interpretation mit der deutlich feineren Raumdefinition. Die Borg lockte die mächtigsten Pegel, das konnte die T+A auch, fühlte sich aber etwas mehr der Analyse verpflichtet. Ich mag beide. Aber mein Faible für komplexe Klassik-Aufnahmen, aber auch das Kind im Manne ließen mich am Ende eher zur T+A tendieren. Denn, was die S 430 bei einer Lautstärkestellung von etwa 15 Uhr an (fast) unverzerrtem Pegel in den Hörraum drückte, ließ keinen von uns unbewegt. Brutal. Oder noch einmal den Kollegen Schröder zitiert: „Damit kannst du Wände einreißen…“

Fazit T+A Solitaire S 430

Doch der hohe Pegel ist ja „nur“ Ausdruck bester deutscher Ingenieneurskunst und keine Bestimmung: Die Solitaire S 430 ist ein Apoll – offen, transparent, der Ehrlichkeit und Schlankheit verpflichtet. Den Rausch sollen andere zelebrieren. Obwohl: Es gibt auch den Sogfaktor, wenn Raum, Antrieb und Aufnahme stimmen. Da zocken die Ostwestfalen regelrecht ihr größtes Pfund heraus, den Magnetostaten in der Höhe. Der bringt Luft ins audiophile Spiel, verleiht eben den typischen T+A-Mix aus Eleganz und heller Pracht, glänzt aber auch mit erstaunlicher Pegelfestigkeit. Oder andersherum: Ich habe schon viele große T+A-Speaker gehört. Die S 430 hat im Moment den größten Sex-Appeal: Ein rundum überzeugendes Angebot.

T+A Solitaire S 430
2023/12
Test-Ergebnis: 4,6
ÜBERRAGEND
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Feinnerviger, sehr breitbandiger Klang
Fantastische Verarbeitung
Außergewöhnlich hoher Maximalpegel
Vergleichsweise hoher Leistungsbedarf

Vertrieb:
T+A Elektroakustik GmbH & Co. KG
Planckstraße 9–11
D-32052 Herford

T +49 (0) 5221-7676-0
F +49 (0) 5221-7676-76
www.ta-hifi.de

Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
T+A Solitaire S 430: 25.000 Euro


Technische Daten

T+A Solitaire S 430
Konzept:3-Wege Standbox, Bassreflex
Bestückung:TT: 2 x 22 cm, MT: 2 x 15 cm, HT: 1 x 5 cm Magnetostat
Nennimpedanz:4 Ohm
Maximalpegel (Dauer / kurzfristig):109 / 121 Dezibel
Mindest-Leistung für Max.-Pegel
>500 Watt (4 Ohm)
Besonderheiten:
Feinanpassung für jeden Zweig
Abmessungen (H x B x T):118,0 x 26,2 x 44,1 cm
Gewicht:
48,2 Kilo
Alle technischen Daten
Mit- und Gegenspieler:

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Test Vor-/Endstufen-Kombination Canor Hyperion P1 + Virtus M1

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Autor: Andreas Günther

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Der begeisterte Operngänger und Vinyl-Hörer ist so etwas wie die Allzweckwaffe von LowBeats. Er widmet sich allen Gerätearten, recherchiert aber fast noch lieber im Bereich hochwertiger Musikaufnahmen.