Dipol-Abstrahlung, elektrostatischer Antrieb und ein aktiver Subwoofer – die Lautsprecher von Martin Logan sind in allen Belangen etwas Besonderes und immer offen für das Gute. Innerhalb der Martin Logan ESL-Familie ist die Verwandtschaft unverkennbar: Unten der Bass in einem klassischen Holzgehäuse, darüber die leicht gebogene und nach hinten geneigte, perforierte elektrostatische Fläche in einem offenen Aluminium-Rahmen, die den gesamten Mittelhochtonbereich oberhalb 350 Hertz wiedergibt. Auch die hier vorgestellte Martin Logan Montis, in der Hierarchie genau zwischen den kleineren Theos und Ethos sowie den größeren Summit X und CLX angeordnet, ist eindeutig als Mitglied dieser Familie zu erkennen. Doch hört man sich mal alle nacheinander an, scheint dieser Lautsprecher irgendwie gleicher zu sein als die anderen …
Vielleicht ist die Montis einfach auch nur der beste Kompromiss aus Größe, Dynamikfähigkeit und Preis. In jedem Fall ist ihr physischer Auftritt noch dezent und weil ihre elektrostatische Fläche wie alle Mittelhochtonpanel von Martin Logan semi-durchsichtig ist, wirkt sie kleiner, als sie wirklich ist. Dieses elektrostatische Panel ist ein akustisches Meisterwerk, weil es von Martin Logan in den letzten 30 Jahren permanent weiter entwickelt wurde. Der letzte Schritt war die Anschaffung einer Vakuum-Kammer in der Herstellung, in der die (schwingende) Folie in den Rahmen und zwischen die Statoren eingespannt wird. Das geschah vorher von Hand und barg so einige Serienschwankungen.
Das Prinzip Elektrostatischer Lautsprecher …
…ist älter als der sehr viel weiter verbreitete dynamische Lautsprecher mit Schwingspule in einem Magnetsystem. Beim Elektrostaten schwingt eine – in diesem Fall sehr große, aber extrem dünne und leichte, zudem unter Hochspannung stehende – Folie in dem bestehenden Raum zwischen den sogenannten Statoren. Das sind die gelochten Abdeckungen, die man gefahrlos anfassen kann: Die Spannung ist zwar hoch, aber es fließt quasi kein Strom. Die Folie kommt in Bewegung, weil das Musiksignal sowohl auf den vorderen als auch auf den hinteren Stator gegeben wird – nur bei dem einen um 90° phasenverkehrt angesteuert. Die aufgeladene Folie wird nun zwischen den Statoren angezogen und abgestoßen: Sie schwingt. Nicht viel, aber weil sie so groß ist, genügen hier Bewegungen im Millimeterbereich.
Das Panel ist nicht nur nach vorn, sondern auch nach hinten offen. Es ist ein Prinzip ohne Gehäuse, was einen ganz entscheidenden Vorteil hat: Kein Gehäuse, keine Gehäusevibrationen. Mitschwingende Gehäuse sind ein wesentlicher Faktor, warum Musik über eine Anlage erkennbar “unecht” klingt. Hier sind also beste Voraussetzungen gegeben. Ein zweiter Charakterzug dieses offenen Gehäuses ist die nach hinten im gleichen Maße wie nach vorn abgestrahlte Energie. “Dipol-Abstrahlung” nennt man das. Am Nullpunkt der Achse, also am Panel selbst ergibt sich eine relativ starke Auslöschung. Je größer die Entfernung von diesem Punkt, desto stärker wird die Schallabstrahlung. Würde man von oben auf die Montis schauen und wäre die Schallenergie sichtbar, ergäbe sich die Abstrahlung in Form einer Acht: ein Kegel nach vorn, einer nach hinten.
Theoretisch kann dieses Panel auch Bässe wiedergeben. Aber nicht angemessen laut und nicht angemessen tief. Deshalb setzt Martin Logan schon seit je her auf hybride Konstruktionen – also mit einem klassischen Tieftöner für die Bässe.
Die perfekte Bass-Ergänzung für den Elektrostaten kann nur aktiv sein. Eine Digitalendstufe mit einem ICE-Power-Modul von B&O mit 200 Watt Leistung hat hier den 10 Zoll Bass bestens im Griff. Schon seit geraumer Zeit werden die Logan Speaker ja bei Paradigm gefertigt. Was kaum einer weiß: Die Kanadier sind echte Subwoofer-Spezialisten mit mehr als 20 Modellen im Programm. Und die meisten von denen sind richtig, richtig gut. Und das Subwoofer-Modul der Montis ist besonders gut gelungen. Die Einstellmöglichkeiten sind begrenzt, aber es hat genau die richtige Abstimmung zwischen knackig und satt, sodass es hier normalerweise wenig zu mäkeln gibt. Die Hybrid-Idee von passivem Mittelhochtonbereich und aktivem Bass lässt natürlich sofort alle Audiophile freudig erschauern: Wenn der Elektrostat nicht so viel Leistung braucht, weil er im Bass keine Pegel bringen muss, könnte man doch vielleicht mit einer kleinen Röhre … War das nicht schon in der 1950er und 1960er Jahren DIE Traumkombi? Man denke nur an Quad ESL 57 plus Quad-II. Damals vielleicht, heute – beziehungsweise mit Martin-Logan-Modellen – sollte man das nicht tun. Die elektrostatischen Flächen von Martin Logan sind top-modern, fallen aber im Hochton auf unter 2 Ohm in der Impedanz. Ich habe an dieser Stelle viele Röhren-Amps ausprobiert und so sehr ich eine solche Kombination auch gewollt habe – es klang meist ziemlich müde. Ein technisch stabiler Transistor ist hier die bessere Wahl. Super klingt es mit einem PASS INT 60. Das wird vielen zu teuer sein, schlägt dieser Super-Vollverstärker doch mit 12.000 Euro zu Buche. Aber auch mit der LowBeats 3.000-Euro Klassen-Referenz Yamaha A-S 1100 für 2.700 Euro klingt die Montis überragend.
Messungen und Aufstellung der Martin Logan Montis
Die Messung erfolgte ungefiltert im LowBeats Hörraum. Wie man sehen kann, hat Martin Logan das Prinzip mittlerweile bestens im Griff. Der Frequenzgang fällt zu höheren Frequenzen ganz sachte ab. So soll es sein. Die Senke zwischen 150 – 300 Hertz ist ein Charakterzug quasi aller Logan Modelle und auch bei Messungen in reflexionsfreien Räumen zu sehen. Diese Delle sorgt für eine schlackenfreie Grundtonwiedergabe. Über eine geschickte Aufstellung in Wandnähe könnte man die kleine Senke sogar “auffüttern”. Aber das ist nicht im Sinne des Erfinders. Die Martin Logan Montis ist ein Dipol-Strahler, der nach hinten die gleiche Energie abstrahlt wie nach vorn. Es ist also akustisch sinnvoll, einen gewissen Abstand zur Rückwand zu halten. Martin Logan selbst empfiehlt einen Mindestabstand von 60 Zentimeter. Aber das ist wohl eher ein Kompromiss-Tipp, weil ein Lautsprecher, der unbedingt komplett frei im Raum stehen muss, vielleicht schlechter verkaufbar ist …
Eine griffige und allgemein gültige Formal dazu habe ich noch nicht gefunden. Meine Empfehlung lautet: nicht unter 1,5 Meter Abstand nach hinten, mehr schadet nicht. Aber in jedem Fall muss man es ausprobieren, denn ein Elektrostat ist in Bezug auf die Aufstellung anspruchsvoll – auch wegen des sehr gerichteten Bündelungsverhaltens der großen Fläche.
Wie die Zeichnung verdeutlicht, ist das Abstrahlfeld der Montis sowohl in der Vertikalen als auch in der Horizontalen vergleichsweise eng. Das hat einige Vorteile – beispielsweise kommt es kaum zu Decken-, Boden- oder Seitenwandreflexionen. Der Schall trägt weit. Auf der anderen Seite aber müssen die Montis exakt auf den Hörplatz ausrichtet sein und dieser muss genau an der Spitze des Hördreiecks stehen; da sind Elektrostaten unerbittlich. Außerhalb des sogenannten “Sweet Spot” verliert die Montis ihre Faszination rapide.
Beim Hörtest der Martin Logan Montis muss sich erst mal ein bisschen einhören. Liegt es an der Kunststoff-Folie oder an dem Fehlen jeglichen Gehäuseklangs? Irgend etwas ist anders als bei klassischen Lautsprechern. Aber schon nach kurzer Zeit überwiegt die Faszination. Zum Beispiel diese Genauigkeit bei der Abbildung. Lisa Bessange, die Sängerin von Nylon, modellierte die Montis atemberaubend echt in den Raum – etwa ein Meter vor die Lautsprecher und auch in der Höhe absolut realistisch. Die Sprachverständlichkeit dieser Aufnahme ist exzellent und der Montis gelang es, jedes einzelne Detail herauszuarbeiten: Überragend. Oder das obertonreiche Gitarrenspiel von David Sylvians “When Poets Dreamed Of Angels”: Das perlte so fein und funkelnd aus den Schallwänden – das können die meisten konventionellen Lautsprecher einfach nicht. Alles hatte viel Luft, Leichtigkeit, Spielfreude. Dass aber die Montis kein bauchloser Kulturlautsprecher ist und sie auch richtig derben Rock kann, bewies sie dann mit Metallica S&M: Bei “Master Of Puppets” drückten die Kontrabässe und Celli wuchtig aufs Zwerchfell.
Nun sind große Dynamiksprünge mit Live-Pegeln nicht unbedingt die Stärke der Montis. Da gibt es im Bereich der dynamischen Lautsprecher Besseres. Unerreicht indes ist die Homogenität der Wiedergabe, besonders gut zu hören mit Stimmen – weshalb ich seit vielen Jahren und immer noch mit großer Freude “Peter und der Wolf”, gesprochen von Loriot, zum Testen verwende. Die Stimme kennt jeder und jeder wird bestätigen, dass sie über die Montis absolut echt klingt. Ich habe etliche Freunde, die zu Hause mit einer Logan hören. Wenn die mich auf HiFi-Messen begleiten und wir konventionelle Lautsprecher hören, passiert stets das Gleiche: Kurzes konzentriertes Hören, dann die Entspannung und dieses wissende Grinsen: An den Klang meines Elektrostaten kommt das hier nie ran …
Fazit: Eine Martin Logan Montis macht vieles anders – und vieles einfach besser
Während des zweitägigen Hörtests hatten wir verschiedene Konstruktionen zum Vergleich: die German Physiks HRS 130, die Bauer Audio LS 3.0 und die Klipsch Cornwall III. Diese Lautsprecher sind natürlich konzeptionell schwer miteinander zu vergleichen, aber man bekommt doch eine gute Einschätzung. Jeder dieser Lautsprecher hat Meriten, mit denen er die Montis überflügelt. Und dennoch waren sich alle Anwesenden einig, dass die Montis am Ende die meiste audiophile Faszination versprühte. Wie gesagt: Man braucht eine kurze Zeit, um sich einzuhören. Aber danach fällt es schwer, auf die klassischen “Boxen” zurückzuschalten.
Zwei Filme habe ich gefunden, welche die Martin Logan Montis schön umschreiben. Sehr ausführlich und anhörenswert der Youtube Bericht von Stefan Gellrich vom HiFi-Studio SG Akustik in Karlsruhe. Beim Montis-Movie von Logan selbst schlafen einem schnell die Füße ein, aber dafür haben die Amerikaner so schöne Bilder von ihrer Montis gemacht, dass auch dieses Filmchen trotz der unterlegten, überseichten Fahrstuhlmusik sehenswert ist.
Bewertung
BewertungKlangVerarbeitungPraxisGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Unfasslich feiner, luftiger Klang |
| Straffer, gut dosierbarer Bass |
| Extrem exakte Abbildung |
| Braucht viel Platz bei der Aufstellung |
Vertrieb:
Audio Components
Harderweg 1, 22549 Hamburg
www.audio-components.de
Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
Martin Logan Montis: 12.900 Euro (schwarz), 14.500 Euro (Hochglanz weiß/schwarz), 13.700 (Zebra), 14.700 (Hochglanz Kirsche)
Im Beitrag erwähnt:
Test Vollverstärker Yamaha A-S 1100
Test Rundumstrahler German Physiks HRS 130
Test Standlautsprecher Bauer Audio LS 3.0
Test Klipsch Cornwall III: Hornbox mit viel Hubraum